Seitenstechen - Ursachen und Behandlung
Jeder Mensch hat vermutlich schon einmal Seitenstechen verspürt. Eine ärztliche Behandlung muss hier nicht erfolgen.
Vor allem Jogger, Radfahrer und Ausdauersportler werden immer wieder von Seitenstichen heimgesucht. Laut Schätzungen müssen rund 20 Prozent der Läufer regelmäßig einen unfreiwilligen Stopp einlegen, weil es plötzlich in der rechten oder linken Bauchseite oder gar auf beiden Seiten heftig zieht, sticht und reißt. Auch Schwimmer und Ruderer werden immer wieder von den fiesen Stichen in der Bauchregion geplagt.
Ursachen
Weshalb Seitenstechen auftritt, ist noch nicht eindeutig geklärt. Es gibt mehrere Theorien, die die Entstehung der schmerzhaften Stiche erklären können.
Untersuchungen Betroffener gestalten sich schwierig, denn sobald die Anstrengung beim Laufen oder Radfahren nachlässt, verschwinden auch die lästigen Stiche unter den Rippenbögen. Sportmediziner verweisen darauf, dass die bisherigen Thesen für die Entstehung von Seitenstechen nur Erklärungsansätze sind.
Annahme: Unzureichende Luftzufuhr der Lunge
Die Vermutung, dass die Lungen bei anstrengenden Aktivitäten durch unzureichende Luftzufuhr Seitenstiche hervorrufen, gehört laut Sportmedizinern ins Land der Märchen. Jogger, die plötzlich Seitenstiche bekommen, müssen keine Angst haben, dass nicht genug Luft in die Lunge gelangt. Seitenstechen ist zwar schmerzhaft, erzeugt jedoch keine ernsthaften Gesundheitsprobleme.
Annahme: Belastung des Zwerchfells
Eine weitverbreitete Annahme klassifiziert das Zwerchfell als Übeltäter. Der Betroffene atmet während des Sports tiefer und unregelmäßiger als sonst und so wird das Zwerchfell überbelastet.
Die Muskel- und Sehnenplatte fungiert als Trennung von Brusthöhle und Bauchregion. Bei starker Anstrengung kommt es zu einer Belastung des Zwerchfells, so dass es nicht mehr ausreichend sauerstoffreiches Blut erhält. Bei diesem Prozess entstehen die krampfartigen, ziehenden Schmerzen, die unterhalb der Rippenbögen entstehen.
Dieser These folgen auch verschiedene Experten. Dagegen halten zahlreiche Sportmediziner die Hypothese für nicht stimmig, da das Zwerchfell ja permanent durch das Atmen belastet ist und darüber hinaus zu den trainiertesten Muskeln im Körper gehört. Als Auslöser für Seitenstiche scheint das Zwerchfell also kein geeigneter Kandidat.
Annahme: Seitenstechen durch vollen Bauch
Mediziner halten es für wahrscheinlicher, dass körperliche Anstrengung nach dem Essen ein Grund für das Seitenstechen sein kann, da Magen und Darm zur Verdauung Blut benötigen. Die Muskeln allerdings auch, weshalb diese "Konkurrenz" bei vollem Bauch zu Schwierigkeiten bei der Umverteilung des Blutes führt.
Der erhöhte Blutbedarf der Muskulatur sorgt dafür, dass Leber und Milz je nach Anstrengung weniger als üblich durchblutet werden. Die Kapseln beider Organe reagieren besonders sensibel und sind schmerzempfindlich.
Bei sportlichen Aktivitäten kommt es zu Verformungen der Bindegewebsstrukturen, was Ultraschallbilder zeigen. Diese Organveränderungen könnten ursächlich für die Entstehung von Seitenstichen sein.
Die Erklärung scheint schlüssig, weil es inzwischen zumindest einige Befunde gibt. Sportmediziner empfehlen Läufern, Radfahrern und Schwimmern, weder mit zu vollem Bauch, noch mit knurrendem Magen an den Start zu gehen.
Weitere Annahmen
Möglicherweise entsteht das Seitenstechen dadurch, dass der Körper während der sportlichen Betätigung besser durchblutet wird und sich dadurch auch die Milz vergrößert, die sich links unterhalb der Rippen befindet.
Auch zu geringes oder falsches Aufwärmen vor dem Sport kann zu Seitenstechen führen. Menschen, die eine zu wenig trainierte Bauchmuskulatur haben, können zudem ebenfalls leichter unter Seitenstechen leiden.
Komplikationen
Ernsthafte Komplikationen durch Seitenstiche sind nicht bekannt. Im schlimmsten Fall kann dem Betroffenen allerdings die Lust am Sport vergehen.
Wann zum Arzt?
Ein Besuch beim Arzt ist bei Seitenstechen normalerweise nicht nötig, da die Schmerzen rasch wieder verschwinden. Ist dies jedoch nicht der Fall, kann sich eine behandlungsbedürftige Grunderkrankung hinter den Beschwerden verbergen. Als mögliche Krankheiten kommen
- eine Nierenbeckenentzündung
- Gallensteine
- eine Gallenblasenentzündung
- eine Blinddarmentzündung sowie
- eine Gallen- oder Darmkolik
infrage. Der Betroffene sollte sich dann zur Abklärung an einen Arzt wenden.
Diagnose
Die Diagnose Seitenstechen kann die betroffene Person meist selbst stellen. Als Seitenstechen gelten plötzlich auftretende Schmerzen an der Flanke während körperlicher Anstrengung. Halten die Schmerzen nach Beendigung der sportlichen Aktivitäten an, muss ein Arzt zu Rate gezogen werden.
Ärztliche Untersuchung
Ein Arzt ist aufzusuchen, wenn die Schmerzen an der Flanke auch nach Ende der körperlichen Anstrengung anhalten. So besteht dabei die Gefahr einer schweren Grunderkrankung.
Um diese auszuschließen oder zu bestätigen, wird eine medizinische Untersuchung durchgeführt. Dazu gehören vor allem
- eine körperliche Untersuchung sowie
- die Anwendung von bildgebenden Verfahren wie einer Computertomographie (CT).
Selbsttherapie
Seitenstechen lässt sich in der Regel selbst behandeln. Dazu ist es nicht einmal nötig, Schmerzmittel einzunehmen.
So reicht es oftmals schon aus, die Schmerzstelle etwas zu massieren und mit der Faust zu drücken. Auf diese Weise kann sich die betroffene Körperstelle wieder entspannen, was zum Abklingen des Schmerzes führt.
Wer Sport treibt, sollte beim Auftreten von Seitenstechen die Trainingsübungen beenden oder wenigstens deutlich verringern. Zeigen sich die Seitenstiche zum Beispiel beim Joggen, wird empfohlen, das Lauftempo ungehend zu reduzieren und nur noch langsam zu gehen.
Mit der Erhöhung des Tempos muss gewartet werden, bis die Schmerzen wieder verschwunden sind. Als hilfreich gegen Seitenstiche gilt auch das Vorbeugen des Oberkörpers, während man gleichzeitig die Arme in die Höhe streckt. Beim Ausatmen werden die Arme dann wieder abgesenkt.
Vorbeugung
Normalerweise ist es möglich, schmerzhaftem Seitenstechen vorzubeugen, wenn man einige Regeln beachtet. Vor allem für Sportanfänger ist es überaus wichtig, sich vor den sportlichen Aktivitäten gründlich aufzuwärmen. Das heißt, dass die einzelnen Muskeln gut gedehnt werden sollten, damit es beim Sport nicht zu Seitenstichen kommt.
Beginnt man mit einer sportlichen Übung, wird empfohlen, zunächst nur ein leichtes Tempo anzuschlagen. Dadurch ist die Anpassung des Körpers an die steigenden Belastungen möglich. Im weiteren Verlauf kann das Tempo der Übung dann allmählich gesteigert werden.
Eine wichtige Rolle spielt dabei auch die passende Atemtechnik, damit der Organismus stets genug Sauerstoff erhält. So sollte möglichst gleichmäßig tief in den Bauch geatmet werden.
Das richtige Atmen lässt sich in den eigenen vier Wänden mit Yoga-Atemübungen trainieren. Doch ganz vermeiden lässt sich Seitenstechen nicht, selbst Hochleistungssportler haben immer wieder mit den zwickenden Schmerzen zu tun.
Nahrung
Auch das Essen kann zur Entstehung von Seitenstechen beitragen. Daher ist es wichtig, nicht mit vollem Magen zu trainieren. Ist der Magen-Darm-Trakt nämlich mit der Verdauung beschäftigt, erhalten andere Körperfunktionen weniger Blut. Aus diesem Grund sollten Mahlzeiten, die als schwer verdaulich gelten, mindestens zwei bis drei Stunden vor dem Ausüben des Sports verzehrt werden.
Passend zum Thema
- Symptome verstehen - Interpretation klinischer Zeichen (KlinikPraxis), Urban & Fischer Verlag/Elsevier GmbH, 2019, ISBN 3437439804
- Die Botschaft deines Körpers: Die Sprache der Organe, mvg Verlag, 2004, ISBN 9783868822311
- Was Dir Deine Krankheit sagen will: Aktiviere die Heilkraft deiner Seele, mvg Verlag, 2005, ISBN 9783636070968
- Krankheit als Symbol: Ein Handbuch der Psychosomatik. Symptome, Be-Deutung, Einlösung., C. Bertelsmann Verlag, 1996, ISBN 3570122654
- Kinderkrankheiten: Alles, was wichtig ist, GRÄFE UND UNZER Verlag GmbH, 2016, ISBN 3833844566
- Kinderkrankheiten: Das Standardwerk für Kinder von 0 bis 16 Jahren, GRÄFE UND UNZER Verlag GmbH, 2013, ISBN 9783833829093
- Gesundheit heute: Krankheit - Diagnose - Therapie: das Handbuch, TRIAS, 2014, ISBN 9783830481164
- Krankheiten auf einen Blick erkennen: Antlitz- und Körperdiagnose sowie weitere Techniken, um Menschen ganzheitlich zu erfassen, mvg Verlag, 2013, ISBN 3868824499
- Basislehrbuch Innere Medizin: kompakt-greifbar-verständlich, Urban & Fischer Verlag/Elsevier GmbH, 2017, ISBN 3437411152
- Netter's Innere Medizin, Thieme Verlagsgruppe, 2000, ISBN 3131239611
- Differentialdiagnose der medizinisch-klinischen Symptome. Lexikon der klinischen Krankheitszeichen und Befunde., UTB, 1994, ISBN 3825280667
- Praxisleitfaden Allgemeinmedizin: Mit Zugang zur Medizinwelt (Klinikleitfaden), Urban & Fischer Verlag/Elsevier GmbH, 2017, ISBN 3437224476
- Innere Medizin 2019, 2018, ISBN 398146608X
- Innere Medizin 2020, 2019, ISBN 3981466098
- Differenzialdiagnose Innerer Krankheiten: Vom Symptom zur Diagnose, Thieme, 2017, ISBN 3133448218
- Kursbuch Gesundheit: Gesundheit und Wohlbefinden. Symptome und Beschwerden. Krankheiten. Untersuchung und Behandlung, Kiepenheuer&Witsch, 2006, ISBN 3462035932
- Repetitorium für die Facharztprüfung Innere Medizin: Mit Zugang zur Medizinwelt, Urban & Fischer Verlag/Elsevier GmbH, 2017, ISBN 3437233165
- Krankheit als Weg: Deutung und Bedeutung der Krankheitsbilder, Bassermann Verlag, 2008, ISBN 3809423777
Unsere Artikel werden auf Grundlage fundierter wissenschaftlicher Quellen sowie dem zum Zeitpunkt der Erstellung aktuellsten Forschungsstand verfasst und regelmäßig von Experten geprüft. Wie wir arbeiten und unsere Artikel aktuell halten, beschreiben wir ausführlich auf dieser Seite.