Hypophyse (Hirnanhangdrüse) - Aufbau, Funktion und mögliche Erkrankungen
Bei der Hypophyse handelt es sich um eine zentrale Hormondrüse. Sie wird auch Hirnanhangsdrüse genannt.
Die Hypophyse oder Hirnanhangsdrüse (Glandula pituitaria) ist eine Hormondrüse, die von festem Bindegewebe umschlossen wird und die Größe eines Haselnusskerns hat. Von ihr wird gewissermaßen eine Schnittstelle gebildet, über die das Gehirn durch die Freisetzung von Hormonen wichtige Körperprozesse wie
- Stoffwechsel
- Wachstum und
- Fortpflanzung
reguliert.
Anatomie
Zu finden ist die Hirnanhangsdrüse im so genannten Türkensattel (Sella turcica). Dabei handelt es sich um eine knöcherne Vertiefung auf Nasenhöhe in der mittleren Schädelgrube. Den Sitz der Hypophyse bezeichnet man auch als Hypophysenloge.
Vom Gehirn abgegrenzt wird die Hypophysenloge durch das Diaphragma sellae. Über den Hypophysenstiel (Infundibulum) besteht eine Verbindung zum Hypothalamus.
In der Anatomie teilt man die Hirnanhangsdrüse in drei Bereiche ein. Dies sind
- der Hypophysenvorderlappen (HVL), auch Adenohypophyse genannt,
- der Hypophysenzwischenlappen (HZL) sowie
- der Hypophysenhinterlappen (HHL), der auch die Bezeichnung Neurohypophyse trägt.
Zwischen den einzelnen Hypophysenlappen bestehen sowohl funktionelle als auch entwicklungsgeschichtliche Unterschiede. Die Sekretion der Hypophysenvorderlappenhormone erfolgt durch die Steuerung von Inhibiting- und Releasing-Hormonen aus dem Hypothalamus. Da die Hypophysenhinterlappenhormone eigentlich aus dem Hypothalamus hervorgehen, findet ihre Freisetzung erst in der Hypophyse statt.
Aufbau und Hormone des Hypophysenvorderlappens (Adenohypophyse)
Der Hypophysenvorderlappen (HVL) bildet den größten Teil der Hirnanhangsdrüse. Man bezeichnet ihn auch als Adenohypophyse.
Aufbau
Entwicklungsgeschichtlich entstammt der Hypophysenvorderlappen der Rathke-Tasche der Mundbucht. Das heißt, dass er im Gegensatz zum Hypophysenhinterlappen nicht als Teil des Gehirns gilt.
Drei Bereiche
Zusammengesetzt wird die Adenohypophyse aus drei Bereichen. Dabei handelt es sich um
- die Pars distalis (Vorderlappen)
- die Pars intermedia (Zwischenlappen) und
- die Pars tuberalis (Trichterlappen).
In der Pars distalis, die den vorderen Bereich der Adenohypophyse bildet, befinden sich
- azidophile Alphazellen
- chromophobe Gammazellen
- basophile Betazellen sowie
- azdiophile Etazellen.
Die Zellen der Pars intermedia stellen Melanotropin her. Unklar ist bisher, welche Funktion die Pars tuberalis ausübt.
Hormone des Hypophysenvorderlappens
Im Hypophysenvorderlappen entsteht eine Vielzahl an Hormonen. Diese wirken als Steuerhormone oder Effektorhormone. Für die Steuerung der Hormonproduktion sind
- Inhibiting-Hormone (Statine)
- Release-Hormone (Liberine) und
- regulierte periphere Hormone
zuständig. Bei den Hormonen der Adenohypophyse unterscheidet man zwischen glandotropen Hormonen und nichtglandotropen Hormonen. Von den glandotropen Hormonen wird die Steuerung von anderen endokrinen Organen wie der Schilddrüse oder der Nebennierenrinde geregelt.
Glandotrope Hormone
Zu den glandotropen Hormonen zählen
- FSH (follikelstimulierendes Hormon) sowie LH (luteinisierendes Hormon)
- ACTH (Adrenokorticotropes Hormon) und
- TSH (thyreoideastimulierendes Hormon).
Nichtglandotrope Hormone
Bei nichtglandotropen Hormonen handelt es sich um Effektorhormone. Diese wirken nicht auf endokrine Drüsen, sondern stattdessen unmittelbar auf Erfolgsorgane. Zu den nichtglandotropen Hormonen zählen
- Prolaktin
- MSH (Melanozytenstimulierendes Hormon) und
- STH (Somatotropes Hormon), auch Somatotropin genannt.
Aufbau und Hormone des Hypophysenzwischenlappens
Beim Hypophysenzwischenlappen (Pars intermedia lobi glandularis) handelt es sich um einen Bestandteil der Adenohypophyse. Da er beim Menschen nur rudimentär ausgebildet ist, findet er in der Fachliteratur nicht immer Erwähnung.
Der Hypophysenzwischenlappen (HZL) befindet sich zwischen dem Vorderlappen und dem Hinterlappen der Adenohypophyse. Seine Zellen bilden das Melanozyten-stimulierende Hormon (MSH).
Die melanozyten-stimulierenden Hormone werden auch als Melanotropine bezeichnet und zählen zu den Peptidhormonen. Zu ihren Aufgaben gehören
- die Regulierung der Melanozytenexpansion
- die Pigmentdispersion und
- die Melaninsynthese.
Darüber hinaus sorgen sie für die Begrenzung der Fieberreaktion. Auch beim Regulieren von sexueller Erregung und Hunger spielen sie eine Rolle.
Aufbau und Hormone des Hypophysenhinterlappens (Neurohypophyse)
Der Hypophysenhinterlappen (HHL) ist auch unter der Bezeichnung Neurohypophyse bekannt. Entwicklungsgeschichtlich stellt er einen Bestandteil des Gehirns dar.
Aufbau
Der Hypophysenhinterlappen wird aus zwei Teilen zusammengesetzt; dies sind der Hypophysenstiel (Infundibulum) und der Hinterlappen (Pars nervosa). Während der Hinterlappen den hintersten Teil der Hirnanhangsdrüse bildet, stellt der Hypophysenstiel eine Verbindung zum restlichen Gehirn her.
Im Bereich des Hypophystenstiels liegt die Eminentia mediana. Diese bildet die bedeutendste Schnittstelle zwischen dem hormonellen Regulationssystem und dem Nervensystem. Über den Tractus hypothalamohypophysialis besteht eine Verbindung zwischen Neurohypophyse und Hypothalamus.
Hormone des Hypophysenhinterlappens
Auch im Hypophysenhinterlappen werden bestimmte Hormone hergestellt. Dabei handelt es sich um Oxytocin und das Antidiuretische Hormon (ASH), auch Vasopressin oder Adiuretin genannt.
Oxytocin
Durch Oxytocin wird das Zusammenziehen der glatten Muskulatur bewirkt. Das gilt vor allem für die weibliche Gebärmutter während des Geburtsvorganges. Außerdem stimuliert das Hormon die Ausschüttung von Milch in der Milchdrüse.
Antidiuretisches Hormon (ASH)
Das antidiuretische Hormon sorgt für die Regulierung der Wasserresorption innerhalb der Nieren. Dadurch kommt es zu einer stärkeren Konzentration des Urins, während zur gleichen Zeit der Blutdruck ansteigt.
Oxytocin, das im Nucleus paraventricularis gebildet wird, sowie ASH, das im Nucleus supraopticus entsteht, werden an Neurophysine gebunden. Axone des Tractus hypothalamohypophysialis transportieren die Hormone dann zur Neurohypophyse, wo ihre Speicherung erfolgt.
Besteht Bedarf, kommt es zur proteolytischen Spaltung der Hormone von ihrem Neurophysin sowie zu ihrer Abgabe in die Blutbahn. Eine wichtige Rolle bei diesem Freisetzungsvorgang spielen die Pituizyten, bei denen es sich um spezielle HHL-Zellen handelt. Durch den Freisetzungsprozess gilt der Hypophysenhinterlappen als Neurohämalorgan.
Blutversorgung
Die Blutversorgung der Hirnanhangsdrüse erfolgt über vier Arterien. Zwei Arteriae hypophysiales inferiores haben ihren Ursprung in der Pars cavernosa der inneren Halsschlagader (Arteria carotis interna).
Diese Arterien bilden besonders im Hypophysenhinterlappenbereich ein Kapillarnetz. In dieses Netz werden bestimmte Hormone abgegeben. Zwei Arteriae hypophysiales superiores entspringen der Pars cerebralis der inneren Halsschlagader.
In der Region der Eminentia mediana sowie des Hypophysenstiels bilden die beiden Arterien einen Primärplexus. Dort sezernieren einige Areale der Hirnanhangsdrüse Hormone wie Statine und Liberine. Über die Hypophysenpfortader (Venae portales hypophysiales) werden sie in den Sekundärplexus geleitet, der sich am Hypophysenvorderlappen befindet.
Innerhalb des Sekundärplexus können die Hypothalamushormone unmittelbar an ihren Wirkungsort gelangen. Des Weiteren werden dort die Hormone des Hypophysenvorderlappens in den Kreislauf des Körpers zur Entfaltung ihrer Wirkung abgegeben.
Erkrankungen der Hypophyse
Die Hirnanhangsdrüse kann durch bestimmte Krankheiten in Mitleidenschaft gezogen werden. Dazu gehören vor allem Mangelkrankheiten (Hypopituitarismus), die den Ausfall einzelner oder aller hormonproduzierenden Hypophysenanteile zur Folge haben, oder Hormonüberschüsse.
Letztere entstehen, wenn ein hormonproduzierender Teil der Hypophyse einen gutartigen Tumor bildet, der wiederum für einen krankhaften Hormonüberschuss (Hyperpituitarismus) sorgt. In der Medizin ist dann von einem Hypophysenadenom die Rede. Diese Tumore können
- Morbus Cushing
- Akromegalie oder
- Sehstörungen bis hin zur Erblindung
zur Folge haben.
Hypophyseninsuffizienz
Bei der Hypophyseninsuffizienz handelt es sich um eine Unterfunktion der Hypophyse, die den Hypophysenvorderlappen oder den Hypophysenhinterlappen betreffen kann. Zu den möglichen Ursachen zählen
- Verletzungen, wie z.B. ein Schädelhirntrauma
- Hirnnekrosen
- Tumore
- autoimmune Reaktionen oder
- Entzündungen.
Die Insuffizienz macht sich durch verschiedene Symptome bemerkbar. Zu diesen zählen
- Zyklusstörungen
- Wachstumsstörungen
- Diabetes insipidus
- Fettsucht
- das Ausbleiben der Pubertät
Therapiert wird medikamentös oder operativ.
Syndrom der inadäquaten ADH-Sekretion
Das Syndrom der inadäquaten ADH-Sekretion wird auch als Schwartz-Bartter-Syndrom (SIADH) bezeichnet. Hierbei wird zu viel des Antidiuretischen Hormons (ADH) ausgeschüttet. Zu den Ursachen zählen
- schwere Verbrennungen
- Hirnentzündungen
- bestimmte Medikamente oder
- eine Lungenentzündung.
Dieses Syndrom zeigt sich mitunter durch folgende Symptome: