Gleitzeit - Regelungen, Möglichkeiten, Vor- und Nachteile
Die Gleitzeit oder auch gleitende Arbeitszeit ist ein Modell der Arbeitszeitregelung, welches bereits von vielen Unternehmen adaptiert wurde. Arbeitnehmern wird somit innerhalb eines bestimmten Rahmens die Möglichkeit gegeben, Arbeitsbeginn und -ende selbst zu bestimmen. Doch die Einführung einer Gleitzeit wird nicht stets von jedem begrüßt. Erfahren Sie, in welchen Betrieben die Arbeitnehmer eine gleitende Arbeitszeit haben und worin die Vor- und Nachteile liegen.
Gleitzeit - eine Definition
Die Gleitzeit stellt ein Modell der flexiblen Arbeitszeit dar. Arbeitnehmer haben somit die Möglichkeit, die Arbeitszeit durch eigenständige Festlegung des Arbeitsbeginns und -endes individuell zu gestalten.
Gängig ist, dass die Festlegung der Gleitzeit in der Betriebsvereinbarung erfolgt. In seltenen Fällen gibt es diesbezüglich auch eine Regelung direkt im Arbeitsvertrag.
Bezüglich der vorgeschriebenen Arbeitszeiten findet man häufig den Begriff "betriebliche Einteilung". Bei dieser handelt es sich beispielsweise um den Zeitraum 9 bis 18 Uhr. Gibt es eine Gleitzeit, richtet sich auch diese nach bestimmten Vorgaben; den Mitarbeitern wird dabei jedoch ein bestimmer Spielraum, der so genannte Gleitzeitrahmen, gegeben.
Regelung durch die Betriebsvereinbarung
Feste Arbeitszeitregelungen gelten heutzutage als weitestgehend veraltet. So setzt bereits die Mehrzahl deutscher Unternehmen auf Gleitzeiten, welche in Form der Betriebsvereinbarung festgelegt werden. Doch was ist die Betriebsvereinbarung überhaupt genau und welche Möglichkeiten gibt es, die Gleitzeiten ökonomisch sinnvoll zu gestalten?
Bei einer Betriebsvereinbarung handelt es sich um Abkommen zwischen dem Betriebsrat und dem Arbeitgeber, welche alle Arbeitnehmer eines Unternehmens betrifft. Werden demnach Regelungen über die Gleitzeiten in Form einer Betriebsvereinbarung erlassen, dann betrifft diese Regelung die gesamte Belegschaft. Die Möglichkeiten der Gleitzeitregelungen, welche in einer Betriebsvereinbarung abgeschlossen werden können, sind dabei breit gefächert.
Kurzzeit- und Langzeitkonten
Prinzipiell kann man in diesem Zusammenhang zunächst einmal zwischen Kurzzeit- und Langzeitkonten unterscheiden. Während der Berechnungszeitraum für Ausgleiche bei Kurzzeitarbeitskonten nur ein Jahr beträgt, können Langzeitkonten auch Veränderungen über mehrere Jahre berücksichtigen.
Ampelkonto
Des Weiteren kann in einer Betriebsvereinbarung auch das so genannte verankert werden. Der Name dieser Kontogattung leitet sich von den Farben der Phasen ab, in welchen sich ein Mitarbeiter befinden kann.
- Sind aktuell nur geringe Abweichungen vom Sollwert gegeben, dann trägt der Mitarbeiter selbst die Verantwortung über die Gestaltung der Arbeitszeit.
- In der gelben Phase wird dieser wiederum schon durch Vorgesetzte angesprochen und zu mehr beziehungsweise weniger Arbeit aufgefordert, da schon größere Abweichungen vom Sollwert festzustellen sind.
- In der roten Phase wird dem Mitarbeiter schließlich das Recht genommen, die Arbeitszeit selbst zu kontrollieren, da es zu sehr starken Abweichungen gekommen ist.
Arbeitszeitkorridore
Eng mit dem Ampelkonto gehen auch Arbeitszeitkorridore einher. Diese setzen allerdings nicht auf fixe Zeitwerte, welche bei der Ampelphase charakteristisch sind. Stattdessen hat jeder Monat einen individuellen Sollwert, an welchen man sich im Rahmen des Zeitkorridors halten soll. Sieht ein Monat in der Hochsaison beispielsweise 200 Arbeitsstunden im Monat vor, so kann man dann zwischen 190 bis 210 Arbeitsstunden ableisten, sobald eine Toleranzschwelle von 10 Stunden gegeben ist.
Sabbatical
Zu der Gattung der Langzeitkonten gehört letztlich das sogenannte Sabbatical. Bei diesem handelt es sich um eine Art Langzeiturlaub, welcher im Durchschnitt in etwa ein halbes Jahr dauert. Hierzu erlauben es Unternehmen, auch langfristig mehr Überstunden zu leisten, so dass sich ein langer Urlaub zum Ausgleich genehmigt werden kann.
Möglichkeiten der Zeiteintragung
Das System der Gleitzeit erfordert eine Dokumentation der Arbeitsstunden, wie lange jeder Mitarbeiter pro Tag an der Arbeitsstätte verbringt. Im Laufe der Jahrzehnte wurden hierzu verschiedene Möglichkeiten der Zeiterfassung ermittelt. Doch was gibt es überhaupt für verschiedenen Möglichkeiten der Zeiterfassung bei Gleitzeit, um eine sichere Ermittlung des Arbeitspensums zu garantieren?
Die schriftliche Ermittlung
Die klassische Variante ist die schriftliche Ermittlung. Bei dieser Möglichkeit trägt jeder Mitarbeiter seine Arbeitszeit schriftlich in ein Formblatt ein. Anzugeben sind dabei zumeist
- der Arbeitsbeginn
- das Arbeitsende
- eventuelle Pausen und
- die daraus resultierende gesamte Arbeitszeit.
Dieses Arbeitszeitblatt wird dann dem Vorgesetzten am Ende des Monats eingereicht. Diese Variante mag dabei sehr einfach sein. Allerdings stellt sie auch jene Möglichkeit dar, welche am stärksten von Missbrauchsfällen der Mitarbeiter betroffen ist.
Viel zu leicht fällt es nämlich, jeden Tag geringe Zeiträume zusätzlich einzutragen, welche nicht wirklich der Wahrheit entsprechen. Alternativ kann man bei der schriftlichen Zeiteintragung auch darauf setzen, dass der Vorgesetzte täglich die Arbeitsstunden der Mitarbeiter festhält. Dies ist aber nur bei Kleinbetrieben möglich, da sonst die Übersicht und Effizienz der Erfassung verloren gehen würde.
Technische Möglichkeiten
Daneben gibt es heutzutage noch eine Vielzahl technischer Gerätschaften, welche eine schnelle und akkurate Zeitnahme ermöglichen sollen. Der Klassiker ist hierbei die Stempeluhr, welche es bereits seit Ende des 19. Jahrhunderts gibt.
Bei diesem System erhält jeder Mitarbeiter eine Stempelkarte, welche er täglich mit sich führen muss. Zu Beginn eines jeden Arbeitstages wird die Karte dann in die Stempeluhr gegeben, welche die aktuelle Uhrzeit einträgt. Gleiches geschieht beim Gehen, wobei die Stempeluhr auch wieder die Uhrzeit in der gleichen Zeile festhält.
Die Stempeluhr ist dabei so eingestellt, dass sich der Drucker jeden Tag bewegt und die Uhrzeit in die richtigen Spalten der Stempelkarte einträgt. Neben den Stempelkarten setzen heutzutage viele Unternehmen aber auch auf elektronische Systeme der Zeiterfassung, bei welchen Chipkarten und Terminals zum Einsatz kommen.
In diesem Zusammenhang muss man noch zwischen zwei Varianten unterscheiden. Einerseits gibt es solche Chipsysteme, bei welchen man die Karte jeden Tag vor ein Terminal halten bzw. diese in den Kartenslot stecken muss, damit die Zeitabrechnung erfolgt. Bei anderen Terminals reicht es bereits aus, nur den Eingangsbereich zu betreten, wodurch es automatisch zu einer Zeiterfassung kommt, welche im Terminal gespeichert wird.
Vor- und Nachteile
Die Möglichkeit der Gleitzeit hat sowohl Vor- als auch Nachteile.
Nachteile
Wendet man sich zunächst den Nachteilen zu, dann fällt vor allem das hohe Maß an potentiellem Missbrauch auf. Arbeitnehmern fällt es bei vielen Systemen relativ leicht, bei der Angabe der eigenen Arbeitszeit zu lügen und mehr Stunden anzugeben, als eigentlich gearbeitet wurden.
Für das Unternehmen ist dies natürlich mit einem direkten Kapitalverlust gleichzusetzen, da Arbeitzeit entlohnt wird, welche als solche überhaupt nicht getätigt wurde. Weiter gedacht stellt der Missbrauch aber auch einen Nachteil für den Arbeitnehmer dar.
Viele Arbeitnehmer werden bei Gleitzeiten dazu verleitet, in kleinem Maße bei der Angabe der Anwesenheit zu betrügen, da es das System vergleichweise einfach macht. Eben durch diesen kleinen Betrug wird aber das Vertrauensverhältnis missbraucht, was wiederum eine fristlose Kündigung rechtfertigt.
Gleitzeiten bringen demnach die Anstellung vieler Arbeitnehmer in Gefahr, welche sich den möglichen Konsequenzen für teils nur minutenübergreifenden Betrugs nicht bewusst sind. Des Weiteren sorgen Gleitzeiten aber auch dafür, dass es Zeiten im Arbeitsalltag gibt, an welchen nicht alle Mitarbeiter anwesend sind. Dies führt wiederum zu Kommunikationsproblemen, da nicht stets Kontakt zu jedem anderen Mitarbeiter während der Arbeitszeit aufgenommen werden kann.
Solch kommunikative Schwierigkeiten können sich negativ auf die Zusammenarbeit als Team auswirken. Wichtige Arbeitsschritte müssen in diesem fall unter Umständen in kurzen Zeitfenstern, in denen alle Mitarbeiter anwesend sind, geklärt werden.
Vorteile
Neben diesen Nachteilen gibt es aber auch einige Vorteile, welche das Gleitzeitsystem bietet. Zunächst einmal genießt der Arbeitnehmer ein erhöhtes Maß an Flexibilität.
Dies betrifft einerseits die Morgenplanung. Dank des Gleitzeitsystems verfällt nicht jeder Morgen in ein hektisches Chaos mit dem Ziel, rechtzeitig an der Arbeitsstelle zu sein. Vielmehr kann entspannt in den Tag gestartet werden, da die Arbeitszeit dann beginnt, wenn man an der Arbeitsstätte ankommt.
Diesen Vorteil kann man sich auch hinsichtlich des Berufsverkehrs zunutze machen - wer Stau oder allzu vollen Bahnen aus dem Weg gehen möchte, fängt entsprechend später an. Was die Flexibilität angeht, kann sich diese auch positiv auf das Privatleben auwirken, da es der Arbeitnehmer leichter hat, auch private Angelegenheit regeln zu können, indem er die Arbeitszeit auch mal daran anpassen kann, wenn erforderlich.
Des Weiteren erlauben es Gleitzeitsysteme, dass sich Arbeitnehmer besser an zeitliche Anforderungen anpassen können. Ein Mitarbeiter, der beispielsweise täglich mit Kunden aus den USA in Kontakt steht, kann so erst später mit der Arbeit beginnen, um die sechs Stunden Zeitdifferenz auszugleichen.
Des Weiteren erlauben es langfristige Gleitzeitsysteme der Unternehmensleitung aber auch, die Arbeitskapazitäten langfristig an die Nachfrage anzupassen. So kann die Arbeitstätigkeit der Mitarbeiterschaft in der Nebensaison gedrosselt werden, um diese dann in der Hauptsaison hochzufahren.
Letztlich wirkt sich eine solch flexible Zeitgestaltung positiv auf die Motivation der Mitarbeiter aus. Das Privileg, eigene Entscheidungen treffen zu können, wird sich positiv auf die Laune auswirken. Und dies kommt wiederum dem Unternehmen zugute.
Betriebe mit gleitender Arbeitszeit
Gleitzeit ist eine moderne Form der Arbeitszeitregelung, welche sich in den letzten zwei Jahrzehnten zunehmend durchsetzen konnte. Dabei setzen immer mehr Betriebe auf dieses System, um die Arbeitseffizienz und das Wohlbefinden der Mitarbeiter zu steigern. Doch in welchen Betrieben haben die Arbeitnehmer denn nun überhaupt gleitende Arbeitszeiten?
Diese Frage lässt sich heutzutage nicht mehr pauschal mit einer kleinen Auflistung beantworten. Es wird nämlich davon ausgegangen, dass bereits zwei Drittel aller Unternehmen ein System der Gleitzeit eingesetzt haben.
Betriebe, in welchen die Arbeitnehmer eine gleitende Arbeitszeit haben, findet man in fast allen Branchen. So kann diese Regelung beispielsweise
- im Finanzsektor
- in der Forschung und
- in der Metallindustrie
vorgefunden werden.
Branchen, in denen eine Gleitzeit ausgeschlossen werden kann
Es gibt allerdings auch Ausnahmen bzw. einzelne Branchen, in welchen die Gleitzeit aus logischen Gründen niemals Anwendung finden wird. Dies wäre einerseits der Schichtdienst. Hier müssen sich die Arbeitszeiten der einander folgenden Mitarbeiter direkt anschließen, wobei weder Lücken noch Überschneidungen in Frage kommen.
Des Weiteren ist jede Form von Rufbereitschaft von Gleitzeiten ausgeschlossen, da man in einem solchen Fall der einzige ist, an welchen sich im Bedarfsfall gewandt werden kann. Aber auch für den Bildungssektor kommen Gleitzeiten nicht in Frage, da es wichtig ist, dass sich alle gleichzeitig zur jeweiligen Lerneinheit treffen, sei es eine Vorlesung, Schulstunde oder ein Lehrgang.
Insgesamt sind gleitende Arbeitszeiten auch in der freien Wirtschaft der neue Standard. Man sollte sich bei Arbeitsbeginn deshalb auch immer erkundigen, wie diese Thematik im jeweiligen Betrieb gehandhabt wird. So profitiert man letztlich in vielen Fällen von einem System, das einem mehr Freiheiten einräumt und viel Stress vermeidet.