Mindestlohn - Branchenunterschiede und Berechnungsgrundlagen

Der Mindestlohn beschreibt ein Arbeitsentgelt, welches durch Gesetz oder Tarifvertrag festgelegt ist und als Mindestpreis gilt - dieser darf nicht unterschritten werden. Die Debatte um das Thema Mindestlohn dürfte auch in den nächsten Jahren nicht abreisen. So handelt es sich hierbei um ein hochsensibles Thema, welches auf politischen Grundeinstellungen beruht. Lesen Sie alles Wissenswerte zum Thema Mindestlohn - von branchenspezifischen Unterschieden bis hin zu diversen Berechnungsmodellen.

Christian Steinfort
Von Christian Steinfort

Mindestlohn: Ziel und Zweck

Beim Mindestlohn handelt es sich um ein Mindestarbeitsentgelt für Arbeitnehmer, welches gesetzlich festgelegt wird. Hierzulande wurde er 2015 eingeführt und zwei Jahre später erhöht. Somit beträgt der aktuelle Mindestlohn in Deutschland 8,84 brutto pro Stunde.

Neben Angestellten haben auch Praktikanten Anspruch auf den Mindestlohn, vorausgesetzt, sie arbeiten länger als drei Monate im Betreib oder aber sie können ein abgeschlossenes Studium vorweisen.

Ausnahmen

Für einige Praktikumsarten jedoch gilt der Mindestlohn nicht. Dabei handelt es sich um

  • Praktika zwecks Orientierung vor dem Studium mit einer Dauer von weniger als drei Monaten
  • Praktika als Pflichtteil des Studiums
  • Studiumsbegleitende Praktika bis zu drei Monate, sofern es nicht zuvor bereits ein Praktikumsverhältnis gegeben hat
  • die praktischen Phasen in einem dualen Studium

Außerdem steht

  • Jugendlichen unter 18 Jahren ohne abgeschlossene Berufsausbildung
  • an einer Einstiegsqualifizierung teilnehmende Jugendliche
  • Auszubildende während der Ausbildungsdauer
  • Langzeitarbeitslose während der ersten sechs Monate der neuen Tätigkeit
  • Ehrenamtliche

der Mindestlohn nicht zu.

Bewertungsgrundlagen

Viele Länder dieser Erde setzen auf Mindestlöhne, um die Arbeiterschicht vor einer direkten Bedrohung der eigenen Existenz zu schützen und sozialen Frieden zu wahren. Die Werte, welche hierfür ermittelt werden, variieren jedoch weltweit sehr stark.

Einkommensdurchschnitt

Zunächst einmal spielt der Einkommensdurchschnitt des jeweiligen Landes eine entscheidende Rolle. So kann man sich bei der Festlegung des Mindestlohns an diesem orientieren und dieses nach eigenem Ermessen unter diesen Wert ansiedeln.

Lebenshaltungskosten

Noch wichtiger dürften allerdings die Lebenshaltungskosten sein. Hierunter versteht man jenen Geldwert, welcher ein Mensch innerhalb einer bestimmten Gesellschaft benötigt, um problemlos überleben und sich auch in angemessenem Rahmen Luxusgüter leisten zu können.

In Deutschland wird zu diesem Zweck der Preis des so genannten Warenkorbs ermittelt. Dieser enthält eine durchschnittliche Anzahl an Bedarfsgütern und steht somit repräsentativ für den Bedarf eines Haushalts. Werden daraufhin noch weitere Kostenpunkte, beispielsweise Mietkosten mit verrechnet, erhält man die Lebenshaltungskosten.

Bei der Berechnung des Mindestlohns sollte nun darauf geachtet werden, dass eine Arbeitskraft in Vollzeit über genügend Kapital verfügen muss, um die Lebenshaltungskosten decken zu können. Die Lebenshaltungskosten sind deshalb ein Maßstab, welcher mindestens durch die Mindestlöhne abgedeckt sein muss, damit es nicht zum Phänomen der so genannten "Working Poor" kommt. Hierunter versteht man Menschen, welche trotz einer Arbeit in Vollzeit nicht in der Lage sind, selbst ihren Lebensunterhalt zu bestreiten und deshalb auf finanzielle Hilfe durch das soziale Umfeld, den Staat oder der Wirtschaft angewiesen sind.

Die Lebenshaltungskosten als wichtige Bemessungsgrundlage
Die Lebenshaltungskosten als wichtige Bemessungsgrundlage

Qualifikation zur Ausführung einer Tätigkeit

Ein weiterer wichtiger Faktor, welchem zahlreiche Modelle zur Berechnung des Mindestlohns Beachtung schenken, ist die nötige Qualifikation zur Ausführung einer Tätigkeit. Dieser Faktor geht demnach davon aus, dass Menschen, welche mehr Zeit und Geld in eine Ausbildung und Aneignung von Fertigkeiten investiert haben, auch das Recht eines höheren Mindesteinkommens besitzen.

Arbeitsbedingungen

Ein weiteres großes Feld sind die Arbeitsbedingungen, welche oft nur schlecht objektiv bewertet werden können. Dieser Faktor beschreibt beispielsweise, zu welchen Zeiten oder unter welchen Bedingungen die jeweilige Arbeit in der Regel ausgeführt wird. Je schlechter die Bedingungen, desto höher fällt dann bei der Beachtung dieses Aspekts natürlich auch der Mindestlohn aus.

In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, welche Modelle es zur Berechung des Mindestlohns gibt...

Modelle zur Berechnung des Mindestlohns

Prinzipiell existieren zwei große Modelle, welche die Berechnung dieses Wertes erlauben und auch in der Praxis angewandt werden.

Neoklassisches Modell

Dies wäre einerseits das Neoklassische Modell. Dieses basiert auf den Mechanismen des Angebots und der Nachfrage, wobei unter Angebot die verfügbaren Arbeitskräfte und unter Nachfrage die Jobangebote zu verstehen sind.

Das Neoklassische Modell geht dabei davon aus, dass sich zwischen diesen beiden Parametern stets ein Gleichgewicht einstellen wird. Der Schnittpunkt ergibt dabei den Gleichgewichtslohn, also jenen Lohn, welchen Arbeitgeber in der Regel bereit sind unter den bestehenden Verhältnissen für eine Arbeitskraft auszugeben.

Ein Mindestlohn kann nun über oder unter diesem Gleichgewichtslohn angesetzt werden. Wird dieser unterhalb des bestehenden Niveaus angesetzt, dann ist kein Effekt zu erwarten. Stattdessen reguliert sich der Markt dann weiterhin selbst, ohne dass es nach dem Neoklassischen Modell zu einer Veränderung der Einkommensverhältnisse kommen würde.

Wird der Mindestlohn allerdings über dem Gleichgewichtslohn angesetzt, dann kommt es zu Veränderungen auf dem Markt. Um einen marktwirksamen Mindestlohn berechnen zu können, müssen Befürworter dieser Theorie demnach zunächst den Gleichgewichtslohn berechnen.

Sobald dieser Mindestlohn eingeführt wird, kommt es im Rahmen dieser Theorie aber nicht nur zu einem Anstieg des Lohnniveaus. Kritiker befürchten zudem einen Anstieg von Rationalisierungsmaßnahmen und einer Verlagerung der Arbeit ins Ausland, wo keine derartigen Auflagen bestehen.

Kaufkrafttheorie

Die Kaufkrafttheorie geht wiederum davon aus, dass Mindestlöhne eine Belebung der Wirtschaft darstellen. So erhalten die Empfänger dieses Mindestlohns im Endeffekt mehr Einkommen, sobald zuvor im Rahmen niedrigerer Lohnverhältnisse gearbeitet wurde.

Dieser Überschuss an Geld wird nach der Kaufkrafttheorie wiederum nicht nur gespart, sondern fließt auch in Form von Konsumausgaben zurück in die Wirtschaft. Die Wirtschaft wiederum profitiert von diesem Konsumhoch ebenso in Form positiver konjunktureller Entwicklungen, was wiederum mehr gut bezahlte Arbeitsplätze schafft, was das Bestehen eines Mindestlohns sogar überflüssig machen könnte.

Die Kaufkrafttheorie unterstützt den Einsatz von Mindestlöhnen allerdings nur. Es wird jedoch kein konkretes Modell geliefert, welches die genaue Höhe solcher Mindeststandards definieren würde.

Je nach Branchen gibt es Unterschiede in der Mindestlohnhöhe...

Unterschiedliche Branchen - Die höchsten und niedrigsten Mindestlöhne

Beim Mindestlohn handelt es sich keineswegs um einen Einheitswert; jede Branche kann einen eigenen Wert aufweisen. Doch was sind hierzulande überhaupt die Branchen mit den höchsten und niedrigsten Mindestlöhnen?

In diesem Zusammenhang sollte man die Höhe des allgemeinen gesetzlichen Mindestlohns in Deutschland kennen: seit 2017 beträgt dieser 8,84 € brutto je Zeitstunde. Alle Arbeitnehmer haben Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn, ebenso Praktikanten, welche eingestellt werden, sofern es sich nicht um eine Berufsausbildung handelt. Keinen Anspruch haben jugendliche Auszubildende und Arbeitnehmer.

Der Mindestlohn gilt seit 2017 in sämtlichen Branchen, auch, wenn laut Tarifvertrag ein niedrigeres Entgelt vorgesehen ist. Eine entsprechende Kontrolle des Mindestlohns bzw. dessen Einhaltung erfolgt durch die Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS) der Zollverwaltung.

Insgesamt fällt vor allem der Abfall des Mindestlohns von West nach Ost auf. Daneben spielt aber auch die Art der Tätigkeit und die erforderlichen Qualifikationen bei dessen Berechnung eine Rolle, was den meisten Arbeitnehmern nur gerecht erscheinen dürfte.

Es folgt ein Überblick mit den aktuellen Mindestlöhnen (Bruttoverdienst) in unterschiedlichen Branchen.

Wäschereidienstleistung

Im Bereich der Wäschereidienstleistung im Objektkundengeschäft liegt der Mindestlohn bei 8,84 Euro im Westen sowie im Osten.

Pflegebranche

Mitarbeiter der Pflegebranche erhalten einen Mindestlohn von 10,55 Euro im Westen und Berlin bzw. 10,05 Euro im Osten.

Abfallwirtschaft

Für Arbeitnehmer in der Abfallwirtschaft, also auch der Straßenreinigung und des Winterdiensts, existiert wiederum ein bundesweit einheitlicher Mindestlohn. Dieser beträgt derzeit 8,84 Euro.

Bauhauptgewerbe

Im Bauhauptgewerbe wird dagegen zwischen Hilfsarbeitern und Facharbeitern unterschieden, weshalb es auch zu einer Durchsetzung verschiedener Mindestlöhne innerhalb dieses Gewerbes kam.

Während ungelernte Hilfsarbeiter lediglich Anspruch auf 12,90 Euro im Westen haben, können Facharbeiter derselben Region mindestens 14,95 Euro einfordern. Ähnliches gilt für Hilfsarbeiter und Facharbeiter im Osten, wo die Mindestlöhne 11,75 Euro bzw. 14,80 Euro betragen.

Dachdeckerhandwerk

Das Dachdeckerhandwerk bewegt sich wiederum zwischen dieser Mindestlohnspanne innerhalb des Bauhauptgewerbes. So konnte hier ein bundesweiter Mindestlohn von 12,25 Euro durchgesetzt werden.

Gebäudereinigung

Im Bereich der Gebäudereinigung kam es 2017 zu einer einheitlichen Regelung. Der Betrag liegt seitdem bei 10,80 Euro.