Existenzgründung mal anders - Merkmale und Vorteile einer Geschäftsübernahme

Eine von mehreren Möglichkeiten zur Existenzgründung ist die Geschäftsübernahme. Damit wird ein schon bestehendes Unternehmen nachbefolgt. Der Jungunternehmer sollte mit Blick auf seine zukünftige Existenz sorgfältig prüfen, aus welchen Gründen das Geschäft vom bisherigen Inhaber aufgegeben wird, und warum ausgerechnet ihm die Geschäftsübernahme zugetraut beziehungsweise übertragen wird. Informieren Sie sich hier über die Vorteile einer Geschäftsübernahme und erfahren Sie, worauf dabei zu achten ist.

Christian Steinfort
Von Christian Steinfort

Unternehmensübernahme vs. Geschäftsübernahme

Der Begriff einer Geschäftsübernahme ist von dem der Unternehmensübernahme deutlich zu trennen.

  • Unternehmensübernahme bedeutet, die Kontrolle über das Unternehmen zu erhalten. Fachsprachlich wird in die freundliche sowie in die feindliche Übernahme unterschieden. In beiden Fällen geht die Initiative von dem übernehmenden Unternehmen aus.

  • Bei der Geschäftsübernahme hingegen ist es umgekehrt. Der bisherige Geschäftsinhaber sieht sich außerstande, das Unternehmen selbst weiterzuführen. Er möchte es jedoch nicht liquidieren oder auflösen, sondern seinen Fortbestand erhalten. Dafür sucht er einen Nachfolger, der sein Geschäft übernimmt und fortführt.

Der Unterschied zwischen den beiden Übernahmen liegt also darin, dass bei der hier angesprochenen Geschäftsübernahme die Geschäftstätigkeit aufgegeben werden müsste, wenn sich kein Nachfolger finden ließe. Bei der Unternehmensübernahme stellt sich für das übernommene Unternehmen die Existenzfrage meistens nicht. Es wird aus wirtschaftlichen Gründen übernommen und in das übernehmende Unternehmen integriert.

Gründe für eine Geschäftsübernahme

  • Altersgründe des Inhabers
  • Erkrankung des Inhabers
  • Fehlende Unternehmensnachfolge im Familienunternehmen

Vorteile der Geschäftsübernahme als Existenzgründung

Für einen Existenzgründer als Jungunternehmer bietet die Geschäftsübernahme den großen Vorteil, dass er auf Bestehendem aufbauen kann. Zwar kann er sich nicht ins gemachte Nest setzen und sich dort ausruhen - die Aufbauarbeit eines neuen Unternehmens lässt sich jedoch mit einer Geschäftsübernahme deutlich verkürzen und auch reduzieren.

Vieles ist vorhanden - es braucht nicht alles in vollen Umfange neu angeschafft, sondern bestenfalls partiell und sukzessive erneuert zu werden. Seine Entscheidung für die Geschäftsübernahme muss der zukünftige Geschäftsinhaber vergleichbar gründlich vorbereiten wie die Existenzgründung eines neuen, also bisher noch nicht existierenden Unternehmens.

Eine erfolgreiche Geschäftsübernahme setzt gute Recherche und viel Insiderwissen voraus
Eine erfolgreiche Geschäftsübernahme setzt gute Recherche und viel Insiderwissen voraus

Welche Aspekte es zu beachten gilt:

  • Bisherige finanzielle und wirtschaftliche Entwicklung des Geschäftes
  • Standortwahl und Wettbewerbsfähigkeit
  • Anpassung des bisherigen Geschäftsmodells an eigene Geschäftsideen
  • Berücksichtigung aller rechtlichen sowie steuerlichen Aspekte

Notwendige Unterlagen zur Vorlage bei der IHK

Der bisherige Geschäftsinhaber ist ganz zwangsläufig ein Mitglied der örtlich zuständigen IHK, der Industrie- und Handelskammer. Sofern die Geschäftsübernahme nicht in Publikationen wie IHK-Zeitschrift oder IHK-Website angeboten, also inseriert wird, sondern beispielsweise nur in der Tagespresse, sollte der Grund dafür hinterfragt werden.

Die IHK ist ihren Mitgliedern in vielen Situationen behilflich, so auch bei der Geschäftsaufgabe und einer damit verbundenen Übergabe. Für die abgelaufenen drei bis fünf Geschäftsjahre muss der Geschäftsinhaber die Steuer- und die Handelsbilanz nebst Anlagen, sowie die damit verbundenen Gewinn- und Verlustrechnungen zur Einsicht überlassen. Hinzu kommen die monatlichen beziehungsweise vierteljährlichen betriebswirtschaftlichen Auswertungen des laufenden Geschäftsjahres.

Die Chronologie dieser Unterlagen lässt Rückschlüsse auf die wirtschaftliche Unternehmensentwicklung zu. Diese Unterlagen lässt der Existenzgründer von "seinem" Steuerberater prüfen - also bestenfalls von demjenigen Steuerberater, der bisher schon für ihn selbst tätig ist.

Diese Informationen sollten, müssen jedoch nicht unbedingt ergänzt werden

  • um die Steuererklärungen und Steuerbescheide der vergangenen Jahre
  • um den letzten steuerlichen Betriebsprüfungsbericht sowie
  • um eine Nachweis zu möglicherweise erhaltenen öffentlichen Fördermitteln, Zuschüssen und dergleichen.

Standortwahl

Die Entscheidung der Standortwahl ist recht schnell getroffen. Sie steht im engen Zusammenhang mit dem "wahren" Grund der Geschäftsaufgabe. Wenn die nachweislich aus einem der drei vorgenannten Gründe geschieht und das Geschäft im Übrigen wirtschaftlich gesund ist, dann bestehen keine Zweifel an der richtigen Standortwahl.

Der Standort sollte stets auf seine Qualität und die Wettbewerbsfähigkeit hin untersucht werden; dazu gilt es, folgende Standortfaktoren zu berücksichtigen:

  • Infrastruktur
  • Konkurrenz
  • Absatzmarkt
  • Arbeitsmarktbedingungen
  • Absatzkontakte
  • Absatz- und Ertragspotenzial
  • staatliche Unterstützung
  • Mietbedingungen

Mögliche Neuerungen

Die Geschäftsübernahme ist meistens keine Eins-zu-eins-Umsetzung, sondern mit der einen oder anderen Neuerung beziehungsweise Veränderung verbunden. Eins wie das andere wirkt sich organisatorisch, personell, strukturell und auch finanziell aus.

Der Existenzgründer muss geschickt vorgehen und beides, also das Bestehende mit der Neuerung, gekonnt verbinden. Einerseits gehen die Kunden davon aus, dass sich nichts ändert, dass alles so bleibt, wie sie es bisher gewöhnt sind. Sie brauchen sich nicht umzustellen.

Andererseits erwarten sie dennoch hier und da, dass sich etwas ändert. Es wirkt zumindest unbewusst etwas merkwürdig, wenn ein neuer Geschäftsinhaber exakt dasselbe macht wie sein Vorgänger. Das eine oder andere Neue wird nicht nur goutiert, sondern doch erwartet bis hin zu gewünscht.

Für die Geschäftsübernahme muss der Existenzgründer in seinem Business- und Budgetplan Ausgaben für Beratungskosten in ausreichender Höhe für Rechtsanwalt und Steuerberater vorsehen.

  • Hier sollte mit einem Betrag im vier- oder auch niedrigen fünfstelligen Eurobereich kalkuliert werden.
  • Die Geschäftsübernahme muss vertraglich fixiert und notariell beurkundet werden.
  • Sowohl steuerlich als auch rechtlich muss alles hieb- und stichfest sein - vom anwaltlich formulierten Übernahmevertrag bis hin zum steuerlichen Testat.

Trotzdem bleibt die letztendliche Beurteilung zur Geschäftsübernahme eine Entscheidung, die der Jungunternehmer selbst treffen muss. Sie ist mit hoher Wahrscheinlichkeit die erste ausschlaggebende Entscheidung des Existenzgründers.

Eine strukturierte Planung ist auch bei einer Geschäftsübernahme notwendig
Eine strukturierte Planung ist auch bei einer Geschäftsübernahme notwendig

Rechtliche Aspekte: Übernahmevertrag

Ohne einen Unternehmensberater oder Steuerberater bzw. Anwalt sollte die Geschäftsübernahme nicht stattfinden. Die Anfertigung eines Übernahmevertrags ist notwendig, beispielsweise, um sich gegen etwaige nicht mitgeteilte Mängel abzusichern. Wäre dies etwa der Fall, könnte der Kaufvertrag rückgängig gemacht oder zumindest der Kaufpreis reduziert werden.

Zu den Inhalten eines Übernahmevertrags zählen:

  • Gewährleistungen und Garantien
  • Pacht-/Mitvertrag
  • Inventarliste
  • das Betriebsvermögen im Überblick
  • offene Verbindlichkeiten und Forderungen
  • eine Übersicht der erforderlichen Steuerzahlungen sowie die möglicher Steuerrückstände
  • Wettbewerbsverbote
  • Kaufpreiszahlungsmodalitäten

Hierbei ist zu beachten, dass der Übernahmevertrag nicht die Haftung ausschließt. Wer das Unternehmen samt Firmennamen weiterführt, haftet als neuer Inhaber für alle Verbindlichkeiten des ehemaligen Inhabers. Wünscht man einen Haftungsausschluss, so muss dieser vertraglich vereinbart, im Handelsregister eingetragen oder den Gläubigern mitgetelt werden.

Wichtige Fragen, auf die auf man als Unternehmensnachfolger achten sollte

Bevor man in Erwägung zieht, ein bestehendes Geschäft zu übernehmen, sollte man sich einige Frage stellen. Besonders Jungunternehmern wird dabei geraten, sich von Nachfolgeberatern unterstützen zu lassen. Wichtig ist

  • die Frage nach dem Wert der Firma: zu diesem Zweck sollte man sich die Bilanzen der vergangenen drei Jahre zeigen lassen, um nicht zu viel zu bezahlen
  • die Frage nach den Entwicklungschancen: hierzu zählen eine mögliche treue Kundschaft, gute Mitarbeiter und das angestrebte Ziel in drei bis fünf Jahren
  • die Frage nach der Finanzierung der Geschäftsübernahme: dabei sollten u.a. auch Kreditmöglichkeiten verglichen werden
  • die Frage nach dem Ablauf der Übernahme: alle rechtlichen und steuerlichen Angelegenheiten sollten von einem Profi überprüft werden