Abgabeerlaubnis von Arzneimitteln - die Bedeutung der vier Gruppen

In Deutschland unterliegt die Abgabe von Medikamenten an den Verbraucher strengen Kriterien. So teilt man Arzneimittel in vier unterschiedliche Gruppen ein.

Von Jens Hirseland

Unter Medikamenten oder Arzneimitteln versteht man Stoffe, die zur

  • Heilung
  • Linderung oder
  • Vorbeugung

von Krankheiten, Verletzungen und Beschwerden dienen. Medikamente haben die Eigenschaft, auf verschiedene Weise in den menschlichen Organismus einzugreifen. In manchen Fällen können sie allerdings auch unerwünschte Nebenwirkungen hervorrufen oder sogar zu einer Medikamentenabhängigkeit führen.

Um den Verbraucher vor schädlichen Wirkungen zu schützen, wurde die Abgabe von Arzneimitteln durch das Arzneimittelgesetz streng geregelt. So darf der Großteil der Medikamente nur in Apotheken abgegeben werden, in denen eine fachkundige Beratung stattfindet.

Außerdem regelt das Arzneimittelgesetz, welche Medikamente ausschließlich von einem Arzt verordnet werden dürfen und welche Mittel sich zur Selbstmedikation eignen.

Abgabe von Medikamenten

Je nach Abgabeerlaubnis unterteilt man in Deutschland Arzneimittel in vier Gruppen.

Dabei handelt es sich um

  • freiverkäufliche Medikamente
  • apothekenpflichtige Medikamente
  • verschreibungspflichtige Medikamente und
  • Betäubungsmittel.

Ob sich ein bestimmtes Medikament ohne ein Rezept erwerben lässt oder es der Rezeptpflicht unterliegt, ist von unterschiedlichen Faktoren abhängig, die einer gründlichen Untersuchung bedürfen. Dazu zählen vor allem

  • die Art der Erkrankung
  • ob das Medikament die Beschwerden erfolgreich behandeln kann, sowie
  • mögliche Nebenwirkungen.

Im Folgenden stellen wir Ihnen die verschiedenen Arzneimittelgruppen vor.

Freiverkäufliche oder rezeptfreie Medikamente

Nach Paragraph 44 des Arzneimittelgesetzes (AMG) ist es zulässig, freiverkäufliche Medikamente auch außerhalb von Apotheken anzubieten. Solche Arzneimittel bezeichnet man als "apothekenfrei". Eine zusätzliche Beratung durch einen Apotheker ist also nicht notwendig.

Merkmale und Arten

Als freiverkäufliche Medikamente stuft das Arzneimittelgesetz Arzneien ein, bei denen keinerlei Risiko besteht, dass sie die Gesundheit des Verbrauchers gefährden können. Bei den meisten freiverkäuflichen Medikamenten handelt es sich um Mittel zur Vorbeugung, die auch Nichtheilmittel genannt werden.

Dies sind zumeist

Ebenfalls frei verkäuflich sind verschiedene

Auflagen

Allerdings gibt es auch für freiverkäufliche Medikamente bestimmte Auflagen. So müssen die Verkaufsstellen speziellen Anforderungen, die die Lagerung der Mittel betreffen, genügen. Dazu gehört vor allem die vorgeschriebene Lagertemperatur. Diese Bedingungen erfüllen normalerweise Drogerien und Reformhäuser. Aber auch in Supermärkten sind freiverkäufliche Medikamente zunehmend erhältlich.

Zu den Voraussetzungen für den Verkauf von Arzneimitteln gehört zudem die Sachkenntnis im Umgang mit den Medikamenten, die angeboten werden. So muss stets eine sachkundige Person anwesend sein, die über bestimmte pharmazeutische Grundkenntnisse verfügt und über die sachgerechte Lagerung der Arzneimittel Bescheid weiß. Nicht erforderlich dazu sind therapeutische Kenntnisse.

Apothekenpflichtige Medikamente

Medikamente, die der Apothekenpflicht unterliegen, dürfen nur in Apotheken an den Verbraucher abgegeben werden. So handelt es sich bei ihnen um Arzneimittel, bei denen Beratungs- und Kontrollbedarf besteht. Auf diese Weise erhält der Endverbraucher mehr Sicherheit.

In Deutschland sind die meisten Medikamente dem Gesetz nach apothekenpflichtig. Dabei unterliegen apothekenpflichtige Arzneimittel dem Selbstbedienungsverbot.

Auf diese Weise soll der Anlass zu einem Beratungsgespräch gegeben werden. So gelten Medikamente als Waren, die besonders beratungsbedürftig sind. Neben den Medikamenten besteht auch bei bestimmten medizinischen Produkten Apothekenpflicht.

Auflagen

Geregelt wird die einfache Apothekenpflicht in der Bundesrepublik Deutschland durch Paragraph 43 AMG. Die Regelung von Ausnahmen erfolgt durch die Paragraphen 44 bis 46.

Ob ein bestimmtes Medikament als apothekenpflichtig eingestuft wird, entscheidet das zuständige Bundesministerium nach der Anhörung von Gutachtern durch Rechtsverordnung. Dieser Verordnung muss vom Bundesrat zugestimmt werden.

Medikamente, die der Apothekenpflicht unterliegen, erhalten auf ihrer Verpackung die Kennzeichnung "apothekenpflichtig", sofern sie sich ohne Rezept erwerben lassen. Unterschieden wird zwischen apothekenpflichtigen Medikamenten und verschreibungspflichtigen Medikamenten, für die ein Rezept notwendig ist. Allerdings besteht auch bei verschreibungspflichtigen Arzneimitteln Apothekenpflicht.

Verschreibungspflichtige oder rezeptpflichtige Medikamente

Verschreibungspflichtige oder rezeptpflichtige Medikamente dürfen nur an den Endverbraucher abgegeben werden, wenn sie ein Arzt verordnet. Auf diese Weise soll der Verbraucher vor starken Nebenwirkungen geschützt werden.

Nach Paragraph 48 AMG handelt es sich bei rezeptpflichtigen Medikamenten um Arzneimittel, bei denen erhöhte Sicherheitsanforderungen bestehen. So können sie nur gegen ein Rezept, das ein

ausstellt, dem Verbraucher zugänglich gemacht werden. Bei diesen Mitteln besteht selbst bei korrekter Anwendung das Risiko von Gesundheitsgefährdungen.

Einstufungskriterien

Ob ein Medikament als verschreibungspflichtig eingestuft wird, hängt

  • vom jeweiligen Wirkstoff

ab. Doch auch

  • die Menge des Wirkstoffes

spielt eine wichtige Rolle. So lassen sich beispielsweise Mittel, die eigentlich rezeptpflichtig sind, wie Diclofenac, als einfache apothekenpflichtige Medikamente einstufen, wenn sie niedriger dosiert werden. Weitere Kriterien für die Einstufung eines Medikaments sind

  • die Anwendung und die Darreichungsform.

Setzt man zum Beispiel den Wirkstoff Acetylcystein intravenös als Gegenmittel im Falle einer Vergiftung mit Paracetamol ein, zählt er zu den verschreibungspflichtigen Medikamenten. Kommt er jedoch oral zum Hustenlösen bei einer Erkältung zum Einsatz, ist er lediglich apothekenpflichtig und dient zur Selbstmedikation.

Wie ein Medikament letztlich eingestuft wird, entscheidet der Bundesgesundheitsminister, der zuvor einen Sachverständigenausschuss anhört. Weder Ärzte noch Apotheker dürfen über die Einstufung eines Arzneimittels entscheiden. Verstoßen sie gegen die gesetzlichen Auflagen, droht ihnen nach Paragraph 96 AMG entweder eine Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe.

Automatische Verschreibungspflicht

Seit 1964 besteht in Deutschland eine automatische Verschreibungspflicht für neue Arzneimittel, da diese Stoffe enthalten, die möglicherweise Eigenschaften aufweisen, die noch nicht hinlänglich bekannt sind. Das heißt, dass man die Risiken und Nebenwirkungen der neuen Mittel noch nicht präzise einschätzen kann, obwohl sie zuvor klinischen Tests unterzogen wurden. Kommt es zu Nebenwirkungen, lassen sich diese unter ärztlicher Kontrolle rasch behandeln.

Nach einem Zeitraum von fünf Jahren geht die automatische Verschreibungspflicht zu Ende. Danach besteht die Option, die Pflicht zu verlängern. Steht jedoch fest, dass keine weitere ärztliche Kontrolle mehr nötig ist, kann die automatische Verschreibungspflicht aufgehoben werden. Das Medikament unterliegt dann der einfachen Apothekenpflicht.

Medikamente, die von der Verschreibungspflicht zur Apothekenpflicht übergehen, bezeichnet man auch als Switches. Die Wirksamkeit des Arzneimittels wird dadurch nicht beeinträchtigt.

Betäubungsmittel (Betäubungsmittelrezept)

Zu den Betäubungsmitteln zählt man Stoffe, die zur Betäubung von starken Schmerzen dienen, wie zum Beispiel

  • Morphin
  • Methylphenidat oder
  • Fentanyl.

Um sie an Patienten oder Tiere abzugeben, ist ein Betäubungsmittelrezept (BtM-Rezept) erforderlich.

Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung

Die Regelung über die Verordnung von Betäubungsmitteln erfolgt durch die Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung. Demnach müssen Betäubungsmittel auf einem speziellen Formular verschrieben werden. Diese speziellen Rezepte stellt die Bundesdruckerei her. An

  • Ärzte
  • Zahnärzte> oder
  • Tierärzte

ausgegeben werden sie nach Anforderung von der Bundesopiumstelle. Da die Formblätter nummeriert sind, lässt sich der Verbleib jedes einzelnen Rezeptes präzise dokumentieren. Als ungültig gelten veraltete oder ausländische Rezepte. Der Arzt hat die Pflicht, die Betäubungsmittelrezepte sicher aufzubewahren, damit es nicht zu Missbrauch kommen kann.

Betäubungsmittelrezept

Zusammengesetzt wird ein Betäubungsmittelrezept aus drei Teilen. Zwei davon sind Durchschläge des ersten Teils.

  • Der Arzt bewahrt einen Teil drei Jahre als Dokumentation auf.
  • Der zweite Teil verbleibt für denselben Zeitraum in der Apotheke, in der das Rezept eingelöst wird.
  • Der dritte Teil geht zur Abrechnung an den Kostenträger.

Wichtig ist, dass das BtM-Rezept vollständig ausgefüllt und vom behandelnden Arzt unterzeichnet wird. Der Arzt darf nur zwei Betäubungsmittel zur gleichen Zeit verordnen.

Dabei kann er pro Mittel jedoch beliebig viele Darreichungsformen auswählen. So ist es möglich, gleichzeitig

  • Tabletten
  • Tropfen oder
  • Ampullen

zu verschreiben. Allerdings gelten bestimmte Höchstmengen in einem Zeitraum von 30 Tagen. Abweichungen dürfen nur in Ausnahmefällen erfolgen.

  • Besteht eine solche Ausnahmesituation, muss der Arzt auf dem Formular ein A vermerken.
  • Dient das Rezept zur Substitutionsbehandlung von Opioidsüchtigen, kennzeichnet man es mit einem S.

Berechtigt dazu sind allerdings nur bestimmte Fachärzte. Die Gültigkeit eines Betäubungsmittelrezeptes beträgt lediglich acht Tage. Nach diesem Zeitraum lässt es sich nicht mehr verwenden.