Antiretrovirale Mittel - Anwendung, Wirkung und Nebenwirkungen
Unter Antiretroviralen Mitteln versteht man Medikamente, die die Vermehrung von Retroviren blockieren. Sie kommen vor allem bei der Behandlung von HIV (AIDS) zum Einsatz.
Zweck von antiretroviralen Medikamenten (ARV) ist die Hemmung der Vermehrung von Retroviren, damit diese sich nicht weiter im menschlichen Organismus ausbreiten können. Die Präparate kommen vor allem im Rahmen einer Hochaktiven antiretroviralen Therapie (HAART) zur Anwendung, um eine Infektion mit HIV (AIDS) zu behandeln.
Retroviren
Als Retroviren bezeichnet man Viren, die eine Zelle, in die sie eingedrungen sind, dazu bringen, nicht mehr ihre eigene DNA herzustellen. Stattdessen wird die DNA des Retrovirus produziert. Diese Umprogrammierung hat zur Folge, dass immer mehr schädliche Retroviren entstehen, sodass diese sich schließlich im ganzen Körper ausbreiten.
Auf diese Weise können bestimmte Krebserkrankungen oder die Immunschwächekrankheit AIDS (HIV) ausgelöst werden.
Wirkung
Mit Hilfe von antiretroviralen Medikamenten ist es möglich, die Neuproduktion von Retroviren zumindest zu verlangsamen. Darüber hinaus wirken sie sich stärkend auf das Immunsystem aus, damit mehr Abwehrkörper gegen die Retroviren gebildet werden können.
Anwendung
Haupteinsatzgebiet von antiretroviralen Mitteln ist die Autoimmunkrankheit HIV (AIDS). Durch die Anwendung der Medikamente kann die fortwährende Produktion von HI-Viren verlangsamt werden, wodurch sich eine Erkrankung an AIDS lange, oftmals um mehrere Jahre, hinausschieben lässt.
Geheilt oder gestoppt werden kann AIDS auch mit den antiretroviralen Medikamenten nach wie vor nicht, da sich das HI-Virus, das zu den Retroviren gehört, immer noch nicht vollständig zerstören oder aus dem Organismus entfernen lässt. Die Therapie von HIV muss also lebenslang durchgeführt werden.
Die Behandlung erfolgt zumeist als Hochaktive antiretrovirale Therapie (HAART), bei der verschiedene antiretrovirale Medikamente miteinander kombiniert werden.
Wirkstoffe
Zu den verschiedenen antiretroviralen Arzneistoffgruppen, die zum Einsatz gelangen, gehören Nukleosidanaloge Reverse Transkriptasehemmer (NRTI) und Nicht Nukleosidanaloge Transkriptasehemmer, die die ersten antiretroviralen Mittel auf dem Markt waren und die verhindern, dass sich das Viren-Enzym Reverse Transkriptase reproduzieren kann, wodurch eine Vermehrung des HI-Virus verhindert wird.
Weitere Arzneistoffe sind:
- Protease-Hemmer, die das Enzym HIV Protease blockieren und dadurch eine Vermehrung des HI-Virus in einem späten Lebenszyklus unterbinden
- Fusionshemmer, die eine Verschmelzung von Virus- und Zellmembran verhindern
- CCR5-Antagonisten, die das Eindringen von HI-Viren in die Immunzellen unterbinden, wodurch neue Zellen vor einer Vireninfektion geschützt werden können
- Integrase-Hemmer, die eine Hemmung des Virenenzyms Integrase bewirken, wodurch sich das Viruserbgut nicht in das menschliche Erbgut einbinden kann
Nebenwirkungen
Antiretrovirale Medikamente sind für die Behandlung von HIV unverzichtbar und tragen dazu bei, die Lebenserwartung eines AIDS-Patienten deutlich zu erhöhen. In der Regel ist die Verträglichkeit einer antiretroviralen Therapie gut. Es kann aber auch zu Nebenwirkungen kommen.
Mögliche Begleiterscheinungen
Vor allem zu Beginn einer Behandlung mit den Medikamenten treten oftmals Magen- und Darmbeschwerden wie
- Appetitlosigkeit,
- Völlegefühl,
- Übelkeit,
- Erbrechen und
- Durchfall
auf.
Zudem kann eine Erhöhung der Leberwerte die Folge sein. Schwere Leberschäden treten jedoch nur bei sechs Prozent aller Patienten ein.
- Bei der Anwendung von Nukleosidanalogen Reversen Transkriptase-Hemmern kann es zu einer Störung der Blutbildung im Knochenmark oder zu Hautausschlag kommen.
- Werden Protease-Hemmer eingenommen sind Veränderungen des Zuckerhaushaltes möglich, die sogar zu Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit) führen können.
- Darüber hinaus ist ein Verlust oder eine Verlagerung des Körperfettes im Bereich des Möglichen.
- Eine weitere, häufig auftretende, Nebenwirkung bei der Einnahme von antiretroviralen Medikamenten sind allergische Reaktionen.
Darüber hinaus besteht generell die Gefahr von Wechselwirkungen mit:
- cholesterinsenkenden Arzneimitteln
- antibiotischen Arzneimitteln
- antituberkulösen Arzneimitteln
Der Kampf gegen HIV
Trotz aller Nebenwirkungen ist eine Behandlung mit antiretroviralen Medikamenten die wirksamste und beste Methode, das Leben eines an HIV erkrankten Patienten zu verlängern. Dabei sollte der Patient jedoch stets darauf achten, die Medikamente auch vorschriftsmäßig einzunehmen, da es sonst langfristig zu einer Resistenz der Viren gegenüber den Arzneimitteln kommen kann.