Die Rechte und Pflichten in der Berufsausbildung
Die meisten Auszubildenden sind mehr als froh, überhaupt einen Arbeitsplatz gefunden zu haben. Deshalb nehmen sie lieber schlechte Arbeitsbedingungen und unfaire Bezahlung hin, anstatt sich zu beschweren und damit im schlimmsten Fall den Chef gegen sich aufzubringen. Auszubildende haben jedoch genauso Rechte und Pflichten, wie jeder andere Arbeitnehmer auch. Wer sich ungerecht behandelt fühlt, sollte daher zuerst im Gesetz nachlesen und dann mit dem entsprechenden Paragraphen im Rücken den Vorgesetzten aufsuchen. Informieren Sie sich über die Rechte und Pflichten von Auszubildenden.
Mit dem Beginn einer Ausbildung startet man zugleich in einen neuen Lebensabschnitt. Man geht die ersten Schritte in der Berufswelt und eignet sich dabei neues Wissen an, welches man anschließend im Job benötigt.
Die Betriebe erwarten dementsprechend auch vollen Einsatz von ihren Auszubildenden. Diese sollten, neben ihren Pflichten, aber auch über ihre Rechte Bescheid wissen, bestenfalls, bevor sie den Ausbildungsvertrag unterschreiben.
Rechte in der Berufsausbildung
Glücklicherweise ist Kinderarbeit in Deutschland strikt verboten. Wenn man mit 16 Jahren die Schule verlässt und eine Ausbildung beginnt, fühlt man sich natürlich nicht mehr als Kind, vor dem Gesetz gilt man jedoch nach wie vor als Minderjähriger, der durch ganz spezielle Regelungen geschützt wird.
Ob minderjährig oder nicht: als wichtigstes Dokument, in denen die Rechte und Pflichten des Auszubildenden beschrieben werden, gilt der Arbeitsvertrag bzw. Ausbildungsvertrag. In diesem müssen folgende Punkte enthalten sein:
- der betriebliche Ausbildungsplan
- Ausbildungsbeginn und -dauer
- Ausbildungsort sowie evtl. Ausnahmen (bei Fahrten zu anderen Einsatzorten, als im Vertrag festgelegt, muss der Arbeitgeber für die Kosten aufkommen)
- die tägliche Arbeitszeit
- Probezeitdauer (mind. 1, maximal 4 Monate)
- die Ausbildungsvergütung in Form des Brutto-Gehalts
- Urlaubstage
- Kündigungsvoraussetzungen
Arbeitszeitregelungen
Besonders häufig gibt es Streit um die Arbeitszeit. Hier hilft das Gesetz in jedem Fall weiter, man muss jedoch stets darauf achten, ob nicht eventuell eine Ausnahmeregelung vorliegt. Minderjährige dürfen beispielsweise nicht länger als 40 Stunden pro Woche beschäftigt werden, wobei die tägliche Arbeitszeit nicht mehr als 8 Stunden betragen darf.
In Ausnahmefällen darf der Arbeitgeber auch einmal auf einen 8,5 Stunden Tag bestehen. Darüber hinaus ist es verboten, Minderjährige zwischen 22:00 und 06:00 Uhr zu beschäftigen.
Allerdings dürfen sich Hotelfachleute beispielsweise nicht auf diese Regelungen stützen, da sie im Tourismusgewerbe beschäftigt sind. Hier gelten andere Regelungen, die der Natur des Berufs entgegen kommen.
Bei Berufen in der Gastronomie und im Tourismus beispielsweise dürfen Azubis auch nachts sowie am Wochenende eingesetzt werden, da die Natur des Berufes solche Arbeitszeiten einfach mit sich bringt. Auch ein Bäckerlehrling muss sehr früh aufstehen, damit die Brötchen vor dem Morgengrauen fertig werden.
Ähnlich geht es auch allen anderen Azubis aus dem Gastgewerbe. Dieselben Gesetze gelten auch für volljährige Azubis, nur dass diese entsprechend länger eingesetzt werden können und weniger Pausen zugestanden bekommen: Die Arbeitszeit darf auf 10 Stunden verlängert werden, sofern man innerhalb sechs Kalendermonate oder innerhalb von 24 Wochen durchschnittlich nicht länger als acht Stunden pro Werktag (Montag bis Samstag) gearbeitet hat.
Pausen
Ein minderjähriger Azubi hat auch ein Recht auf regelmäßige Pausen. Nach 4,5 Stunden müssen es mindestens 15 Minuten sein, bei bis zu 6 Stunden 30 Minuten und bei einer noch längeren Arbeitszeit sogar eine Stunde. In dieser Zeit darf der Auszubildende tun und lassen was er möchte, der Arbeitgeber kann keine bestimmten Aktivitäten untersagen.
Schichtarbeit
Bei unter 18-Jährigen gibt es auch spezielle Regelungen zur Schichtarbeit. Zwischen zwei Schichten müssen beispielsweise mindestens 12 Stunden Pause liegen, außerdem darf eine Schicht nicht länger als zehn Stunden dauern.
Volljährige Auszubildende haben ähnliche Rechte, allerdings kann man von ihnen etwas längere Arbeitszeiten und auch kürzere Pausen erwarten.
Urlaubsanspruch
Der Urlaubsanspruch ist gesetzlich geregelt. Volljährige Auszubildende haben einen Anspruch auf mindestens 24 Urlaubstage im Jahr; eine anderweitige Erwerbstätigkeit zu dieser Zeit ist nicht gestattet. Bei Minderjährigen gelten folgende Regelungen:
- 30 Urlaubstage für unter 16-Jährige
- 27 Urlaubstage für 16-Jährige
- 25 Urlaubstage für 17-Jährige
Zielorientierte Lehre
Neben solchen nebensächlichen Dingen wie Arbeitszeit, Urlaub und Bezahlungen haben Auszubildende jedoch auch ein Recht auf eine zielorientierte Lehre. Der Ausbildungsbetrieb ist dazu verpflichtet, seinen Azubis all das mit auf den Weg zu geben, was für eine erfolgreiche Berufslaufbahn von Nöten ist.
Dazu gehört auch, dass der Auszubildende sich aktiv an der Arbeit beteiligen und auch bei Projekten mitwirken darf. Wer im dritten Lehrjahr also immer noch ausschließlich für Kaffeemaschine und Kopierer zuständig ist, der hat allen Grund zur Beschwerde.
Berufsschulsbesuchsrecht
Hindert der Arbeitgeber seinen Azubi wiederholt daran die Berufsschule zu besuchen, so ist dies ebenfalls ein gravierender Verstoß gegen die Rechte des Lehrlings.
Weitere Rechte im Überblick
Zu den weiteren Rechten eines Auszubilden gehören:
- eine angemessene Vergütung: dies gilt auch während des Urlaubs sowie während der Berufsschulzeit - Regelungen bzgl. der Höhe sind in den einzelnen Verträgen festgehalten
- Freistellung für Ausbildungsmaßnahmen
- lediglich Arbeiten, die eindeutig dem Ausbildungsziel dienen
- Kostenlose Ausbildungsmittel
- Zeugnisanspruch
- Angemessene Anleitung
- Besondere Kündigungsfrist (vier Wochen)
- Bildung einer Azubi- und Jugendwahlvertretung (bei mehr als fünf minderjährigen Auszubildenden)
- keine offizielle Leistung von Überstunden; sie können dies auf freiwilliger Basis tun
Pflichten in der Berufsausbildung
Neben den Rechten verpflichten sich die Auszubildenden mit ihrer Unterschrift auf dem Ausbildungsvertrag auch zu gewissen Punkten. Zu diesen zählen:
- die Mitwirkung an der Erreichung des Ausbildungsziels
- die Unterrichtsteilnahme bei dualer Ausbildung
- die Einhaltung der betrieblichen Vorschriften (Anweisungen, Arbeitsschutz)
- der sorgfältige Umgang mit Werkzeugen, Arbeitskleidung und Co.
- die Wahrung des Betriebsgeheimnisses
- frühzeitige Krankmeldung und zudem Attestabgabe ab dem dritten Krankheitstag
Bei Schwierigkeiten einen Fachmann hinzuziehen
Wer sich über etwas beschweren möchte, sollte vorher ausführlich im Gesetz nachlesen und dem Arbeitgeber den jeweiligen Paragraphen gleich direkt vorlegen. Nur so hat man etwas in der Hand, um seine Rechte auch wirklich durchsetzen zu können.
In der Schule ist man durch die Institution selbst und die Klassengemeinschaft geschützt. Wenn ein Lehrer einmal unrecht handelt, betrifft das meist mehrere Schüler oder gar die ganze Klasse. So ist man stets Teil einer festen Front.
Schließt man jedoch mit einem Unternehmen einen Ausbildungsvertrag, so ist man plötzlich auf sich selbst gestellt. Wird man ungerecht behandelt, muss man selbst für seine Rechte einstehen. Welche das sind, erfährt man aus dem Arbeitsgesetz, beziehungsweise dem Jugendarbeitsschutzgesetz.
Denn welches Gesetzbuch für den eigenen Fall gilt, hängt ganz vom Alter des Auszubildenden ab. Minderjährige werden durch das Jugendarbeitsschutzgesetz geschützt, während volljährige Arbeitnehmer sich auf das Arbeitsgesetz der Bundesrepublik Deutschland stützen können.
Da die Regelungen teilweise sehr kompliziert und ineinander verschlungen sind, sollte man im Zweifelsfall einen Fachmann befragen, bevor man sich an den Arbeitgeber wendet. Berechtigte Beschwerden kommen bei Weitem besser an als Nörgeleien, die auf unvollständigen oder falschen Informationen basieren. Wer etwas ändern möchte, braucht daher schlagkräftige und vor allem einleuchtende Argumente.
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