Tipps zur Tragedauer und -häufigkeit und einer schonenden Art und Weise

Das Tragen ist die natürlichste und ursprünglichste Art das Baby zu transportieren und es immer bei sich zu haben. Das Kind sucht den Körperkontakt und das Tragen gibt ihm Geborgenheit, Schutz und Sicherheit.

Von Claudia Rappold

Positive Auswirkungen des Tragens

Dabei sind Babys aber ganz unterschiedlich, manche schlafen gerne im Bettchen oder im Kinderwagen und andere suchen den nahen Kontakt zu den Eltern und wollen immer getragen werden. Manche Kinder lassen sich nur durch Herumtragen beruhigen.

Transport und der Wunsch nach Nähe

Es gibt zwei unterschiedliche Motive das Baby zu tragen:

  1. um es zu transportieren
  2. um es zu beruhigen und ihm die gewünschte Nähe zu geben

Grundsätzlich gilt, dass das Baby so oft und so lange getragen werden kann wie es dem Kind und dem Tragenden gefällt. Da gibt es wohl keine Richtschnur, je älter das Kind wird, umso anstrengender wird auch das Tragen.

Rücken und Schultern des Tragenden werden stark beansprucht und irgendwann kann es dann auch mal zu viel werden. Das Kind signalisiert meist ganz klar, wenn es sich beim Tragen nicht mehr wohl fühlt.

Angeblich ist der Mensch zum Tragen gemacht und die Nähe der Eltern schafft eine Grundlage für eine positive psychische und physische Entwicklung des Babys. Zu keinem späteren Zeitpunkt ist soviel Nähe zwischen Eltern und Kind möglich. Diese Nähe stärkt das Urvertrauen und hilft, dass sich das Kind zu einer starken Persönlichkeit entwickeln kann.

Beide Seiten müssen sich wohlfühlen

Tragehilfen erleichtern das Herumtragen, denn man hat die Hände dabei frei. Es gibt Mütter, die ihren ganzen Haushalt mit dem Baby im Tragetuch machen. Das Kind spürt die Wärme und den vertrauten Herzschlag der Mutter, es fühlt Begrenzung und fühlt sich aufgehoben.

Je mehr dieser Sicherheit es erfährt, umso besser kann sich das Kind später von den Eltern abnabeln. Aufmerksamkeit und Zuwendung sowie das Befriedigen seiner Bedürfnisse ist für das Baby am wichtigsten. Die meisten Eltern können intuitiv erspüren, was für ihr Kind richtig ist und auch wie oft oder wie lange es getragen werden soll.

Wichtig dabei ist, dass beide sich wohl fühlen. Mit der stetigen Gewichtszunahme des Kindes kann sich die Muskulatur des Tragenden an das zunehmende Gewicht gewöhnen. Unmittelbar nach der Geburt sollten sich Frauen noch etwas schonen.

Tragepositionen für unterschiedliche Entwicklungsphasen des Säuglings

Tragehilfen unterstützen und erleichtern das Herumtragen des Babys. Im Idealfall sollen die den Tragenden entlasten und das Baby gut stützen.

Bauchlage

Babys suchen Nähe und sie lieben einen sicheren Halt. In den ersten Lebensmonaten sollte das Baby nur auf dem Bauch und mit dem Gesicht zum Tragenden getragen werden.

Mit dem Blick nach vorne wäre es noch überfordert und die vielen optischen Reize könnten zu viel werden und zu einer Überflutung führen. Außerdem sucht das noch kleinere Kind den Blickkontakt zu den Eltern, dies gibt ihm Schutz und Geborgenheit.

Mit dem Blick nach vorne wird auch ein Hohlkreuz beim Baby gefördert, die Schultern sind dabei eher überstreckt.

Hüftsitz und Rückenposition

Erst wenn das Kind sitzen und das Köpfchen alleine heben kann, sollte man den Hüftsitz und die Rückenposition ausprobieren, ob sich das Kind dabei wohl fühlt.

Das Kind muss so hoch getragen werden, dass beim Laufen kein Druck auf seine Oberschenkel ausgeübt wird. Ebenso muss die Tragehilfe so angelegt sein, dass sie nicht beim Kind einschneiden kann.

Das Kind sollte aufrecht sitzen, dabei muss der Rücken optimal gestützt werden. Auch das Köpfchen muss seitlich und hinten gestützt werden.

Der Hüftsitz gilt also nur für ältere Kinder, hier wird der Rücken entlastet, dafür gibt es aber eine einseitige Lastenverteilung. Deshalb sollte man die Seite öfters wechseln.

  • Beim Hüftsitz sollte das Becken nicht seitlich heraus geschoben werden, um das Gewicht auszubalancieren, sondern es ist immer auf eine gerade Haltung zu achten.

  • Beim richtigen Tragen sollte das meiste Gewicht von den Schultern auf die Hüfte genommen werden. Damit wirkt man Schultern- und Nackenverspannungen entgegen.

  • Ein orthopädisch richtiges Tragen ist immer auch ein rückenschonendes Tragen. Dabei soll das Gewicht des Kindes immer nah am Körper sein und beim Anheben immer in die Hocke gehen und aus den Knien heraus anheben.

Spreiz-Anhock-Haltung

Wichtig ist die Spreiz-Anhock-Haltung, und dass der natürliche Rundrücken des Kindes unterstützt wird. Das Kind sollte so getragen werden, dass sich seine Knie etwa in Höhe des Bauchnabels des Tragenden befinden. Der Steg, auf dem das Kind sitzt, sollte von Kniekehle zu Kniekehle des Kindes reichen.

Wer sicher gehen will, lässt mit seiner Tragehilfe das richtige Tragen noch einmal von der Hebamme überprüfen, damit das Kind wirklich optimal sitzt.

Auf das Kind und den eigenen Körper achten

Gerade bei längerem Tragen sind die richtige Haltung und der richtige Sitz des Kindes wichtig, damit es nicht zu Fehlhaltungen kommt. Aber auch für den Tragenden ist ein richtiger Sitz der Tragehilfe wichtig, um den eigenen Rücken und die Schultern zu schonen.

Das Kind kann so lange getragen werden wie es Tragendem und Kind gut tut. Meist signalisieren Kinder, wenn sie sich nicht mehr wohl fühlen und der Tragende spürt, wenn es ihm zu anstrengend und zu schwer wird. Das Tragen ist die innigste Art das Baby zu transportieren, aber es sollte in der richtigen und gesunden Weise geschehen.

Anforderungen an eine gute Tragehilfe

Die Tragehilfe muss die ergonomisch richtige Haltung des Babys unterstützen und eine optimale Haltung fördern. Durch das Tragen des Babys wird die Rückenmuskulatur der tragenden Person trainiert. Die richtige Tragehilfe ist diejenige, welche sich optimal in Form und Größe dem Körper des Babys, sowie dem Erwachsenen anpasst.

Manduca und Bondolino

Für ein rückenschonendes Tragen für die tragende Person empfehlen viele Experten und Hebammen neben den Tragetüchern die sehr gut gepolsterten Tragehilfen Manduca und Bondolino, gerade wenn das Kind schon älter und damit schwerer ist. Sowohl bei Tragetüchern als auch bei anderen Tragehilfen ist die richtige Größe im Verhältnis zur Größe der tragenden Person zu beachten.

Auf die richtige Bindetechnik achten

Nicht jede Bindetechnik eines Tragetuches ist auch schonend zum Rücken. Außerdem sind die unterschiedlichen Bindetechniken auch nicht für jedes Alter des Kindes geeignet.

Hebammen wissen Rat

Die meisten Hebammen bieten Hilfe und Unterstützung an beim Anlegen der verschiedenen Tragehilfen und zeigen die korrekte Tragetechnik. Hebammen können in Kursen auch Übungen empfehlen, um die Wirbelsäule zu stabilisieren.

Vorteile des Tragetuchs und seine Auswirkungen auf die kindliche Entwicklung

Wiederentdeckt wurde das Tragetuch in den 70er und 80er Jahren von jungen Müttern, die erkannt hatten, wie wichtig gerade in den ersten Jahren der Körperkontakt zu ihrem Baby ist. Er verschafft den Kleinen Geborgenheit, und das Gefühl von Sicherheit und Halt.

Das ist enorm wichtig für die spätere Persönlichkeitsentwicklung, vor allem für die Entwicklung von wirklicher Bindungsfähigkeit, ebenso wie das Stillen.

Sterilität zwischen Mutter und Kind durch gesellschaftliche Werte

Unsere Wohlstandsgesellschaft mit ihren Werten und Normen hat eine Menge Sterilität zwischen Mutter und Kind geschaffen:

  • die Abschaffung des gemeinsamen Wochenbetts
  • vom Tragetuch in den Kinderwagen und
  • das Füttern mit dem Fläschchen statt zu stillen.

Babys haben heute sehr wenig Gelegenheit, die Nähe der Mutter wirklich zu erleben und die daraus resultierende Unsicherheit hat in vielen Fällen tiefgreifende Auswirkungen auf die Persönlichkeitsentwicklung.

Ursprung des Wickeltuchs

Das Tragetuch war eine Erfindung der Naturvölker - damals eine zwingende Notwendigkeit, um das Baby bei sich zu tragen und dennoch die Hände frei zu haben, um den nötigen täglichen Verrichtungen nachgehen zu können.

Viele berichten heute, dass gerade größere Kinder oft schnell zu quengeln anfangen, wenn sie getragen werden - das erklärt sich auch damit, dass bei den primitiven Völkern vor allem körperliche Tätigkeiten im Vordergrund standen, und das Kind wie in einer natürlichen Wiege quasi ständig "mitbewegt" wurde, und auch der Rhythmus der Bewegungen immer wechselte - je nachdem ob gerade Feldarbeit verrichtet wurde, oder ein langer Marsch anstand.

Bewegung nutzen und Nähe zulassen

Unsere heutige Gesellschaft ist sehr viel bewegungsärmer und dadurch wird auch das Kind im Tragetuch oft eher "statisch" gehalten, was beim Baby und erst recht bei größeren Kindern eher unangenehme Gefühle auslöst.

Dem kann man aber einfach entgegenwirken, indem man sich selber mehr bewegt, auch zum Nutzen der eigenen Gesundheit. In jedem Fall aber sollte man diese Möglichkeit, wenigstens in den ersten Lebensjahren seinem Kind Nähe und Geborgenheit zu vermitteln, nicht ausschlagen - gerade in der kalten und sterilen Wohlstandswelt erhält das Kind diese Chance nicht so leicht wieder.