Schreibabys - wenn Babys nicht zur Ruhe kommen: Ursachen und mögliche Beruhigungsmaßnahmen

Babys schreien und stellen so die frisch gebackenen Eltern schon mal auf eine harte Geduldsprobe. Mit dem Schreien möchte das Baby auf seine Bedürfnisse aufmerksam machen. Ist es die nasse Windel, hat das Baby Durst oder langweilt es sich vielleicht einfach? Was aber, wenn es dem Babys scheinbar an nichts fehlt und es sich dennoch nicht beruhigen lässt?

Von Sibylle Fünfstück

Schreibabys erkennen

Ein Baby schreit in der Regel zwei bis drei Stunden am Tag. Schreit es mehr als drei Stunden und ist auch durch Wickeln, Füttern oder Schaukeln nicht zu beruhigen, so spricht man von einem Schreibaby.

Ein vermehrtes Schreien in den ersten Lebenswochen kann als normal angesehen werden und klingt in der Regel bald wieder ab. Etwa 20% aller Säuglinge werden aber auch nach den ersten Lebensmonaten nicht ruhiger.

Warum Babys schreien

Wenn ein Baby schreit, so hat dies normalerweise einen Grund:

In der ersten Lebensphase schreien Babys noch viel und man sagt bis zu zwei Stunden am Tag sei normal. Mit dem Schreien melden Babys ihre Bedürfnisse an. Vielleicht zahnt es auch gerade.

Das neue Leben mit einem Baby ist an sich schon anstrengend genug, der ganze Alltag wird auf den Kopf gestellt. Wenn das Kind dann auch noch exzessiv schreit, liegen die Nerven der Eltern blank. Alle guten Ratschläge und Durchhalteparolen helfen da wenig. Die Eltern brauchen oft professionelle und kompetente Hilfe.

Berechnung durch die Dreierregel

Die Frage, ob der Säugling zu übermäßigen und somit unnatürlichen Schreien neigt, lässt sich nach medizinischer Ansicht mit einer simplen Berechnung beantworten:

Sobald das Baby mehr als drei Stunden pro Tag lautstark zu hören ist, diese Intensität an mehr als drei Tagen in der Woche erreicht und damit wieder drei aufeinanderfolgende Wochen akustisch wahrnehmbar ist, liegen offensichtlich bestimmte Auffälligkeiten vor.

So kann es immer einmal vorkommen, dass das Kind gerade Schmerzen verspürt, Zähne bekommt oder unter anderen Einflüssen leidet. Wird aber der vorgenannte Wert erreicht, ist bereits nicht mehr von einem üblichen Verhalten des Neugeborenen auszugehen. Hier käme sogar die Vermutung in Betracht, dass es sich um ein so genanntes Schreibaby handelt.

Betroffene Eltern fühlen sich häufig schuldig und wissen nicht, wie sie es dem Kind recht machen können. Die Außenwelt reagiert nicht selten mit Ratschlägen, die die Eltern in ihrer Verzweiflung längst beherzigt haben. Auch Vorwürfe sind im Bereich des Möglichen.

Ein Wechselbad der Gefühle

Die Eltern-Kind-Interaktion kann bei Schreibabys und deren Eltern unter Umständen sehr schwierig sein. So werden Handlungen des Kindes vielleicht falsch interpretiert und als Ablehnung verstanden.

Eltern und Kind unterliegen meist einer großen Anspannung und einer damit verbundenen Überforderung. Eltern brauchen auch eine angemessene Beratung, um mit ihren Schuldgefühlen umgehen zu können. Sie befinden sich oft in wechselnden Phasen zwischen:

  • Anspannung
  • absoluter Erschöpfung
  • aufsteigender Wut

Mit diesen Gefühlen müssen sie lernen umzugehen und auch hier kann eine professionelle Unterstützung hilfreich sein.

Sie erleben widerstreitende Gefühle, die sie aus dem Gleichgewicht bringen können. Denn eigentlich sollte man glücklich sein, sagen die gesellschaftlichen Normen. Wer kann schon glücklich sein, wenn das Kind nur schreit? Das emotionale Wechselbad ist für die Eltern enorm kräftezehrend und unter Umständen kann hier eine Therapie helfen.

Ursachenforschung

Wenn beim Kinderarzt bereits abgeklärt wurde, dass das Kind gesund ist und alle anderen Möglichkeiten wie Hunger, Durst, Bauchschmerzen, eine volle Windel oder Lärm, zu grelles Licht, und was sonst noch zum Unbehagen des Kindes beitragen könnte ausgeschlossen sind, dann muss man nach anderen Ursachen suchen.

Die Ursachen für Schreibabys sind nicht klar definiert, vielmehr gibt es eine Vielzahl an Möglichkeiten.

Die Ursachen können:

  1. psychischer Natur sein
  2. physischer Natur sein
  3. ernährungsbedingter Natur sein

Schlafmangel

Der Schlafrhythmus von Schreibabys ist in der Regel gestört:

  • sie schlafen schlecht ein
  • sie haben einen unruhigen Schlaf
  • sie schrecken schnell hoch
  • sie schlafen meist nur, indem sie getragen werden

Dieser Schlafmangel führt dazu, dass sie ständig überreizt sind. Die nervliche Belastung für die Eltern ist groß.

Weitere mögliche Ursachen

Es gibt noch eine Reihe weiterer Probleme, die als individuelle Ursache in Frage kommen könnten:

  1. Als Ursache können auch die so genannten Dreimonatskoliken in Frage kommen.

  2. Eine problematische und belastete Schwangerschaft und Ablehnungsgefühle gegen das Kind können mit eine Ursache sein.

  3. Man rechnet auch schwere Geburten, Kaiserschnitte und Medikamente während der Entbindung sowie Drogen in der Schwangerschaft zu den möglichen Ursachen.

  4. Auch psychosoziale Belastungen im Elternhaus können eine Rolle spielen. Eltern sind mit einem schreienden Baby oft überfordert und diese Unruhe überträgt sich auch auf das Kind.

  5. Bei der Ernährung können Nahrungsunverträglichkeiten vorliegen. Der Magen-Darm-Trakt ist bei dem Baby noch nicht ganz ausgereift, die Verdauung muss sich erst an bestimmte Nahrung gewöhnen, da kann es zu Blähungen und Bauchschmerzen kommen.

  6. Es kann auch eine ernsthafte körperliche Erkrankung dahinter stecken.

Sind Schreibabys einfach zu neugierig?

Mittlerweile weiß man, dass Schreibabys sehr empfindsame, neugierige und wissbegierige Kinder sind. Es scheint als hätten sie Angst, etwas zu verpassen und sie wollen alle Eindrücke sammeln und wahrnehmen.

Dies führt dann auch wieder zu einer Überreizung; die Eindrücke können nicht mehr verarbeitet werden und das Kind kann sich nicht beruhigen. Die meisten Babys sind in den ersten drei Lebensmonaten betroffen, ein geringer Prozentsatz auch darüber hinaus.

Fazit

Trotzdem sind dies alles eher Vermutungen und die wirklichen Ursachen sind nicht ganz klar. Wahrscheinlich ist die Ursache für ein Schreibaby auch das Zusammenspiel verschiedener Faktoren, die sich dann wechselseitig auch noch verstärken können.

Auffälliges Schreiverhalten hat Auswirkungen auf die zukünftige Entwicklung

Den Eltern ist natürlich meist daran gelegen, dem Kind das auffällige Verhalten abzugewöhnen. Gelingt das nicht, können Ruhe und Entspannung schnell einmal zu Fremdwörtern werden.

Doch nicht alleine das Hier und Jetzt ist entscheidend.

  • Wissenschaftliche Untersuchungen haben ergeben, dass Kinder, die in ihren ersten Lebenswochen zu solchen übermäßigen Schreien tendiert haben, auch in den folgenden Jahren oft Abweichungen in ihrem Verhalten erkennen lassen.

Diese werden dann als charakterlich schwierig eingeschätzt: Sobald der eigene Wunsch nicht erfüllt wird, so kennt man bereits das Druckmittel, mit dem man sich Gehör verschaffen kann: Schreien. Es ist für die Mama und den Papa daher ratsam, dieses Vorgehen zu unterbinden.

Mögliche Maßnahmen zum Beruhigen von Schreibabys

In jedem Fall sollten die Eltern bei einer Schreiattacke versuchen, den Grund des Schreiens aufzuspüren. Es dauert meistens einige Wochen, ehe die Eltern ein Gefühl für die Bedürfnisse ihres Nachwuchses haben.

Wie aber sollen sich Mama und Papa verhalten, wenn der Sohn oder die Tochter partout nicht zur Ruhe zu bringen ist? Hier gilt: Weitsichtiges Handeln und ein frühzeitiges Eingreifen zahlen sich aus.

Es gibt vor allem zwei Faktoren, die beruhigend auf ein Baby wirken:

  1. Körperkontakt
  2. Schaukelbewegungen

Letztere kennt der neue Erdenbürger noch aus dem Mutterleib. Dieses vertraute Gefühl in Verbindung mit mütterlicher Wärme wird zum Beispiel durch ein Wickeltuch möglich. So kann das Baby ganz nah am Körper liegen und fühlt sich beschützt.

Auch ansonsten ist das Wiegen und Schaukeln eine gute Möglichkeit, um kleine Schreihälse zu beruhigen. Je aufgebrachter das Baby ist, umso intensiver darf die Schaukelbewegung sein - natürlich immer, ohne es zu gefährden.

Manche Babys lieben es, wenn Mama oder Papa mit ihnen auf dem Arm durchs Wohnzimmer tanzen oder auf einem Gymnastikball wippen.

  • Viele Kinder beruhigen sich, wenn man ihnen leise etwas vorsingt.

  • Während des Schreianfalls kann es helfen, wenn man den Säugling fest in eine Decke wickelt. Die Enge ist ihm aus dem Mutterleib vertraut.

  • Auch der Körperkontakt zur Bezugsperson kann Wunder wirken. Das Baby sollte auf den nackten Oberkörper gelegt werden.

  • Hilfreich kann auch der so genannte Fliegergriff sein; dabei legt man das Baby mit dem Bauch nach unten auf den Unterarm.

  • Leises Zusprechen kann zu einer schnellen Beruhigung beitragen.

  • Babys haben es besonders gern, wenn man sie streichelt und sanft massiert.

  • Die hüpfende Bewegung eines Gymnastikballs führt bei einigen Babys zur Beruhigung. Sollte dies helfen, bietet eine Federwiege die rückenschonendere Variante.

  • Manchen Babys hilft es auch, wenn man sie in den Kindersitz setzt und eine Runde mit dem Auto dreht - allerdings ist hierbei zu bachten, dass der Sitz keine optimale Position zum Schlafen bietet.

Zeigt das Baby Anzeichen von Müdigkeit, sollte es umgehend ins Bett gelegt werden. Laute Geräusche sollten nun vermieden werden, denn nur so kann das Baby endlich zur Ruhe kommen.

Beschäftigung

Oft hilft bereits eine Veränderung im Alltag des Kindes. Mehr Beschäftigung und Zuneigung fördern die Konzentration und führen zu einer erhöhten Müdigkeit. Das Baby nutzt die Wachphasen effektiver, findet daneben aber schneller in den Schlaf.

Körperliche Blockaden lösen

Sind ein paar Wochen seit der Geburt vergangen, so empfiehlt es sich ebenso, kleinere Bewegungsabläufe mit dem Nachwuchs vorzunehmen, wobei sich Blockaden des Körpers abbauen und etwaige schmerzende Herde gehemmt werden. Je sanfter diese Maßnahmen auf das Kind einwirken, desto höher ist im Regelfall deren Wirkung.

Das Baby kennenlernen

Ratsam ist es darüber hinaus, das Verhalten des Säuglings vom ersten Tag an genau zu beobachten: Abneigungen und Vorlieben lassen sich schnell erkennen.

Ebenso ist darauf zu achten, auf welche Zuwendungen der Eltern das Neugeborene positiv oder negativ reagiert. Daraus wiederum lässt sich oftmals der eine oder andere Trick ableiten, um exzessive Schreie zu unterbinden und dem Baby die Rückkehr in den Schlaf zu ermöglichen.

Babymassage und spezielle Geräusche

Manche Babys sprechen auf bestimmte Massagen sehr gut an, andere sind schlicht durch das Geräusch eines Föns oder Staubsaugers sehr gut zu beruhigen.

Schreien nicht tolerieren

Wichtig ist es, nicht jeden neuen Versuch des Kindes, zu abermaligem Weinen und Brüllen anzusetzen, zu akzeptieren. Ohne Strenge muss es gelingen, diese Neigung zu mildern und langfristig gänzlich auszuschließen. Auch der übliche Schlafrhythmus sollte nach wenigen Monaten einsetzen.

Hilfe annehmen

Wenn das Baby trotz aller Mühen einfach nicht ruhig zu bekommen ist und die Schreiattacken täglich von vorne beginnen, sind die Eltern oft schnell entnervt und fühlen sich überfordert. Das ist eine verständliche Reaktion. Das Problem sollte durchaus ernst genommen werden.

Für die Eltern ist es wichtig zu verstehen, dass das Baby nicht bösartig handelt und reagiert. Es ist noch nicht berechnend und will die Eltern auch nicht ärgern. Es meldet lediglich seine Bedürfnisse an und hat dazu keine andere Möglichkeit als zu schreien.

Am wichtigsten ist es, beim Kinderarzt zunächst zu klären, ob organische Ursachen für das Schreien infrage kommen. Ist das nicht der Fall, gibt es Schreiambulanzen, die helfen können. Oft entdeckt man schließlich doch eine Möglichkeit.

Die professionelle Unterstützung sorgt dabei nicht nur für ein Aufatmen bei den Eltern, sondern kann zudem späteren Problemen vorbeugen. Aus etwa vier Prozent der Schreibabys entwickeln sich Schreikleinkinder, die Verhaltens- und Aufmerksamkeitsauffälligkeiten aufweisen.

Professionelle Unterstützung durch Schreiambulanzen

In den so genannten Schreiambulanzen können erfahrene Hebammen und Ärzte den Eltern konkrete Möglichkeiten aufzeigen, wie sie mit einem Schreibaby umgehen können. Auch Psychologen kümmern sich hier um die hilfesuchende Familie.

Aufgaben und Angebote einer Schreiambulanz

Je nachdem, wie die Schreiambulanz besetzt ist, wird das Baby hier gründlich untersucht, so dass körperliche Ursachen als Grund für das Schreien ausgeschlossen werden können. Auch die Entwicklung des Babys wird genau kontrolliert. Sofern keine Ursache für das Schreien gefunden wird, geben die Mitarbeiter der Schreiambulanz Tipps, was die Eltern verändern können.

  • Dazu wird häufig Filmmaterial angefertigt, indem sich die Eltern in ihrem Tagesablauf mit ihrem Baby selbst filmen. Zusammen mit den Ärzten und Therapeuten wird dann erarbeitet, was zum Wohl des Babys verändert werden könnte.

    Sofern die Mitarbeiter dies als notwendig erachten, erhalten auch die Eltern psychologische oder psychotherapeutische Hilfe.

  • Das Wichtigste für die Eltern ist, dass sie in einer Schreiambulanz mit ihren Sorgen ernstgenommen werden. Während sie zuvor häufig schon eine Ärzte-Rallye hinter sich haben, nimmt man sich hier Zeit und hört sich die Sorgen der Eltern an.

    Wenn die Eltern ruhiger werden, spürt dies auch das Kind. Durch die Behandlungen und die Verhaltensänderungen der Eltern schaffen es die meisten Babys bereits nach wenigen Besuchen in der Schreiambulanz weniger zu weinen.

Homöopathie und osteopathische Behandlungen

Manche Eltern hatten auch Erfolg mit einer homöopathischen Behandlung des Kindes. Durch die Geburt kann es zu einer Fehlstellung der Wirbelsäule kommen, dies kann dem Baby auch Schmerzen verursachen. Hier wird von osteopathischen Behandlungen berichtet, die Linderung brachten.

Fazit

Für Eltern ist es wichtig zu wissen, dass

  • sie mit dem Problem nicht allein sind
  • sie als Eltern nicht versagt haben und
  • es für diesen Zustand einen Namen gibt.

Eltern von Schreibabys leiden unter einer sehr großen Anspannung, oft sind sie verzweifelt und leiden zusätzlich noch unter Schuldzuweisungen. Ihnen stehen verschiedene Anlaufstellen zur Verfügung und diese sollten sie auch wahrnehmen.

Auf keinen Fall sollten sie versuchen allein mit dem Problem fertig zu werden. Denn ein Austausch und Unterstützung kommt nicht nur dem Baby, sondern auch ihnen zugute.