Leben mit Armprothese - Arten, Materialien und Nutzen

Die Armprothese kann einem Menschen, dem aufgrund eines Unfalls oder aber einer angeborenen Fehlbildung ein Arm fehlt, in vielen Bereichen helfen. So wird zum einen das äußere Erscheinungsbild wieder weitestgehend normalisiert. Je nach Bauform ist es zudem möglich, die Bewegungs- und Greiffunktion wieder zu erlangen. Informieren Sie sich über Arten, Materialien und Nutzen von Armprothesen.

Gracia Sacher
Von Gracia Sacher

Armprothese - Merkmale und Funktion

Unter einer Armprothese versteht man ein medizinisches Hilfsmittel, welches individuell angefertigt wird, um eine Behinderung auszugleichen. Dabei kann es sich um eine angeborene Fehlbildung handeln oder um eine Amputation aufgrund einer Verletzung oder Erkrankung.

Mithilfe der Prothese können sowohl optische als auch praktische Defizite ausgeglichen werden. So soll das natürliche Erscheinungsbild weitestgehend wieder hergestellt; außerdem sollen Fixierungs- und Greifvorgang wieder ermöglicht werden.

Armprothesen zählen zu den Exoprothesen, also solchen, die sich außerhalb des Körpers befinden. Durch sie wird lediglich der Stumpf oder aber diesen plus ein angrenzendes Gelenk umschlossen. Bei Bedarf kann man die Armprothese auch ablegen.

Die Wahl der richtigen Armprothese

Je nach Verwendungszweck und Anbringungshöhe können unterschiedliche Varianten von Armprothesen zum Einsatz kommen.

  • Kosmetische Armprothese: diese Art der Prothese hat keinen funktionellen Nutzen. Sie dient dem kosmetischen Ausgleich und ist unkompliziert in der Handhabung. Sie sind für alle Amputationshöhen geeginet und werden besonders nach hohen Amputationen eingesetzt.

  • Silikonprothese: lassen sich in verschiedenen Amputationshöhen einsetzen. Sie dienen etwa der Wiederherstellung des Gegenhalts, der beim Greifen von Gegenständen notwendig ist. Meist werden vorab Probeprothesen zum Testen angefertigt.

  • Mechanische Armprothese: Diese Prothese gibt es für den Unter- oder Oberarm. Die Steuerung erfolgt beispielsweise durch das gegenüberliegende Schultergelenk über Kraftzugbandagen. Durch Eigenkraft kann die Hand geöffnet und geschlossen werden.

  • Myo-Elektrische Armprothese: Bei dieser Art handelt es sich um eine Fremdkraftprothese. Kommt es zur Muskelkontraktion, wird auf der Haut eine elektrische Spannung gemessen, welche der Prothesensteuerung dient. Im Prothesenschaft befinden sich meist zwei Elektroden, welche Muskelspannungen am Stumpf abnehmen und verstärken.

Bionische Armprothesen

Im Bereich der Armprothesen stellt auch die bionische Armprothese eine immer wichtigere Form dar. Man findet sie auch unter der Bezeichnung "Roboterarm". Durch Nerventransplantation soll dieser sich wie ein echter Arm anfühlen und dem Träger zahlreiche Bewegungen ermöglichen.

Armprothese kaufen: Kosten und Kostenerstattung

Die Armprothese wird von einem Spezialisten angefertigt und individuell angepasst. Die Kosten variieren - bei High Tech Modellen muss mit einem Betrag von 40.000 bis 60.000 Euro gerechnet werden. Sie werden von der Krankenkasse oder der Berufsgenossenschaft nach Prüfung des Einzelfalls übernommen.

Leben mit Armprothese: Arten, Materialien und Nutzen

Im Folgenden gehen wir auf unterschiedliche Formen von Armprothesen ein.

Oberarmprothese

Die Arme gelten dem Menschen als eines der wichtigsten Werkzeuge, die er besitzt. Mit ihnen kann er große Kräfte beim

  • Reißen
  • Heben
  • Drücken und
  • Ziehen

entfalten. Verliert eine Person allerdings ihren Arm, so muss eine aufwendige Prothese gefertigt werden. Sie soll jedoch nicht nur optischen Aspekten genügen, sondern auch die Funktionalität übernehmen.

Wie geht es der Schulter?

Eine wichtige Frage für die Fertigung und Anpassung der Oberarmprothese liegt darin, ob und inwieweit die Schulter beschädigt ist. So kann es nötig oder für die weiteren Schritte einfacher sein, auch das Schultergelenk zu entfernen und stattdessen ein künstliches Gelenk einzusetzen, auf dem dann später der reproduzierte Arm befestigt wird.

Ist die Schulter dagegen intakt, bleibt dem Betroffenen ein operativer Eingriff erspart und die Prothese kann an dem bestehenden Stumpf des Armes angesetzt werden. Aus beiden Varianten können sich unterschiedliche Konsequenzen für die anschließende Nutzung des Armes ergeben.

Nicht selten wird jedoch die Auswechslung des Schultergelenks bevorzugt. Es muss jedoch im Einzelfall zu entscheiden sein, welcher Weg gegangen wird.

Ein kompliziertes System

Entscheidend bei der Oberarmprothese ist es daneben, dass sie von der Hand bis zur Schulter in mehrere Partien unterteilt ist und jede davon ästhetisch wie funktionell nachzuahmen versucht. Betrachtet man sich den gesamten Arm aber einmal anatomisch, so wird schnell klar, dass es sich hierbei um ein sehr komplexes Geflecht aus

  • Muskeln
  • Sehnen
  • Knochen und
  • dem dazugehörigen Gewebe

handelt. Gerade bei den aktiven Prothesen, die also eine Aufgabe übernehmen sollen, reicht es somit nicht aus, lediglich ein Kunststoffmodell zu fertigen. Dieses muss sich vielmehr auch steuern lassen, um Bewegungen ausführen zu können und Kräfte einzusetzen. Eine gelungene Anfertigung wirft somit hohe zeitliche Mühen und finanzielle Kosten auf, trägt aber auch zur Steigerung der Lebensqualität bei.

Das verwendete Material bei der Oberarmprothese

Im Gegensatz zu anderen künstlichen Körperteilen, die zumeist lediglich auf den Stumpf eines Armes oder Beines gestreift werden, erfordert die Oberarmprothese bereits bei der Wahl der Materialien eine hohe Kompetenz. Gerade dann, wenn auch die Schulter zerstört ist und das entsprechende Gelenk ausgetauscht werden muss, wird zumeist auf Metalle wie Titan oder Chrom zurückgegriffen, zumindest bei jenen Teilen, die im Körper selbst verankert werden.

Die äußere Hülle der Prothese wird aus Kunststoff hergestellt. Dieses weist sehr angenehme Eigenschaften auf: es ist haltbar und stabil, dabei aber leicht im Gewicht und komfortabel in der Anwendung.

Idealerweise sollte der künstliche Arm den Betroffenen nicht beeinträchtigen - körperliche wie seelische Folgen werden also vermieden.

Kosmetische oder funktionale Armprothese?

Bei der Herstellung einer solchen Prothese des Oberarms ist allem voran zu hinterfragen, welchem Zweck sie dienen soll.

  • Handelt es sich um ein rein passives Exemplar, so ist der Aufwand in der Produktion relativ gering.
  • Je mehr Aufgaben der künstliche Arm aber übernehmen soll, desto eher fällt die Wahl auf eine aktive Prothese. Eine solche also, die sich bewegen und zugreifen kann.

Besonders ausgefeilte Exemplare werfen dabei hohe Kosten auf, bilden das anatomische System des menschlichen Armes aber auch nahezu perfekt nach. Der Betroffene kann somit wieder seine Kräfte einsetzen und den Arm für vielerlei Tätigkeiten verwenden.

Unterarmprothese

Bei Verlusten der Hand, die etwa durch Krankheiten, Unfälle oder Amputationen geschehen können, ist nicht selten gleichfalls der Unterarm in Mitleidenschaft gezogen oder sogar gänzlich zerstört. Muss auch er entfernt werden, kommt die Unterarmprothese zum Einsatz, die dem Betroffenen langfristig auch den Gebrauch der Hand wieder gewährleisten soll.

Den Grad der Beschädigung einkalkulieren

Die Größe der Unterarmprothese bemisst sich danach, welche Teile des Unterarms noch vorhanden sind und erhalten werden konnten. Denn im Regelfall wird nicht der gesamte Knochen bis an den Ellenbogen heran entfernt, sondern zu bestimmten Teilen belassen.

Auf diesem Stumpf kann anschließend das künstliche Modell gesetzt werden. Dabei wird es über den Arm gestreift und umschließt ihn somit völlig. Das gibt nicht nur den genügenden Halt, um die Prothese später nicht zu verlieren; vielmehr ist damit auch der funktionelle Zweck verbunden, die künstlichen Gliedmaßen steuern zu können. So ist zwar eine völlige Herstellung des Unterarmes noch nicht möglich, seine Leistungen lassen sich aber soweit rekonstruieren, dass dieser seine Aufgaben wieder übernehmen kann.

Unterarmprothese mit feiner Sensorik

Wird die Prothese über den Stumpf des Unterarmes gezogen, so kommt die Innenseite des künstlichen Modells in direkten Kontakt mit der Haut des Betroffenen. Jener Haut also, die Bewegungen der darunterliegenden Muskeln erkennbar werden lässt.

Der nachgeahmte Körperteil ist innen mit einer Vielzahl an feinen Sensoren ausgestattet. Diese sind in der Lage, jeden Impuls der Muskeln wahrzunehmen. Darüber hinaus wird jeder sich spannende oder erschlaffende Muskel eine geringe Menge an Energie über die Haut transportieren.

Auch diese lässt sich durch die Prothese messen - und nutzen. Denn die Ströme werden nun an die künstliche Hand weitergeleitet und dort zu Bewegungen, Griffen und Ähnlichem ausgeführt. Hand und Unterarm können damit wieder zu einer funktionalen Einheit reifen.

Aktive oder passive Unterarmprothese

Prothesen für den Unterarm lassen sich zunächst ganz grob in zwei Kategorien einteilen.

  • Die eine von ihnen bildet die so genannten passiven künstlichen Körperteile. Solche also, die lediglich dem ästhetischen Empfinden dienen und den Verlust der Gliedmaßen kompensieren sollen. Diese passiven Modelle übernehmen keinerlei echte Funktion, wie etwa das Greifen von Gegenständen.

  • Die andere Kategorie liegt in den aktiven Prothesen. Sie können - wie durch die Sensorik - mittels eigener Kraft des Patienten gesteuert oder von einem Motor angetrieben werden. Mit ihnen wäre es sehr wohl möglich, die Hand und den Unterarm wieder zu benutzen und damit auch alltägliche Aufgaben zu bewältigen oder Sport zu treiben.

Ein Blick in die Zukunft

Bereits heute sind Unterarmprothesen erhältlich, die über eine bestimmte Anzahl an Griffmustern, Bewegungen oder sogar Drehungen verfügen. Diese werden zumeist aber noch mittels eines Knopfdruckes bedient. Darin dürfte aber nicht der Weg in die Zukunft zu sehen sein.

Wahrscheinlicher ist es, dass die Techniker auf der Haut liegenden Sensorik künftig dazu führt, dass der Betroffene alleine über die Bewegung der Muskeln die künstliche Hand öffnen und schließen kann, dass sich einzelne Finger bewegen lassen und damit eine optimale Funktionalität gewährleistet ist.

Auch nach dem Verlust des Unterarmes könnten Arbeiten und Freizeitbeschäftigungen wieder ausgeführt werden. Die Lücke des Verlustes ließe sich auf diese Weise also durchaus schließen.