Leben mit künstlichem Darmausgang - Gründe, Behandlung und Ernährungstipps
Der künstliche Darmausgang wird auch als Enterostoma bzw. Anus praeter bezeichnet. Es handelt sich um eine Verbindung des Darms mit der Bauchdecke, um eine Ableitung des Darminhalts zu ermöglichen. Es gibt unterschiedliche Stomaarten, je nachdem in welchem Darmabschnitt sie zur Anwendung kommen. Informieren Sie sich über Gründe für einen künstlichen Darmausgang und holen Sie sich Tipps zum richtigen Umgang.
Künstlicher Darmausgang (Anus praeter) - Merkmale und Funktion
Einen künstlichen Darmausgang bezeichnet man auch als Enterostoma oder Anus praeter. Dabei verbindet man im Rahmen eines operativen Eingriffs den Darm mit der Bauchdecke, um über diese Verbindung die Ableitung des Darminhalts sicherzustellen. Aufgefangen wird die abgehende Ausscheidung von einem speziellen Beutel aus Kunststoff, der angehängt wird.
Je nachdem, in welchem Darmabschnitt sich die Verbindung zur Bauchdecke befindet, spricht man von unterschiedlichen Stomaarten:
- Ileostomie: Verbindung zwischen Krummdarm und Bauchdecke
- Colostoma: Verbindung zwischen Dickdarm und Bauchdecke
- Transversostoma: Verbindung zwischen querverlaufendem Anteil des Dickdarms und Bauchdecke
- Deszendostoma: Verbindung zwischen absteigendem Teil des Dickdarms und Bauchdecke
Indikation: Mögliche Gründe für einen künstlichen Darmausgang
Ein künstlicher Darmausgang wird dann empfohlen, wenn der Patient nicht mehr in der Lage ist, selbstständig den Darm zu entleeren. Das Anlegen eines künstlichen Darmausgangs kann aufgrund verschiedener Darmerkrankungen erforderlich sein, bei denen eine Darmoperation vorgenommen wird. Dies trägt die Bezeichnung protektives Ileostoma.
Dem Patienten ist es dann nicht möglich, die Stuhlausscheidung willkürlich zu steuern. Bei einem Kolostoma kann der Patient den Darm zu festen Zeiten entleeren; dies geschieht durch eine so genannte Irrigation, eine Spülung. In manchen Fällen kann das Anlegen eines Anus praeter auch bei Verlegungen oder Verengungen des Darms nötig sein.
Bei bestimmten Darmkrankheiten trägt ein künstlicher Darmausgang zur Schonung des Darms bei und stellt dann eine vorübergehende Lösung dar. Kommt es zu einer völligen Zerstörung des Afters, ist ebenfalls ein Anus praeter notwendig, der sogar dauerhaft getragen werden muss. In den meisten Fällen wird der künstliche Darmausgang jedoch nach zwei bis vier Monaten wieder zurückverlagert.
Der künstliche Darmausgang wird angelegt, um nach Darmoperationen oder bei bestimmten Darmkrankheiten den unteren Abschnitt des Darms zu schonen. Auf diese Weise lässt sich die Belastung des erkrankten Bereichs durch Kot vermeiden.
Mögliche Gründe für das Anlegen eines künstlichen Darmausgangs sind:
- Krebserkrankungen
- Unfälle
- Organfehlbildungen bei Neugeborenen
- entzündliche Darmkrankheiten wie Colitis ulcerosa, Morbus Crohn oder Divertikulitis
Künstliche Darmausgänge kommen in allen Altersgruppen vor. Man vermutet, dass es in Deutschland etwa 100.000 Stomaträger gibt.
Gründe für das Einsetzen eines Ileostomas
Das Ileostoma ist die zweithäufigste Stomaart. Nötig wird das Schaffen eines künstlichen Ausgangs meist nach der kompletten Entfernung des Dickdarms oder bei schweren Darmverletzungen. Im Falle von Verletzungen legt man meist ein doppelläufiges Ileostoma an, das man später wieder zurückversetzt.
Gründe für das Einsetzen eines Kolostomas
Das Anlegen eines Kolostoma erfolgt meist, um den Darm zu entlasten, was vor allem bei einem Darmverschluss oder Darmkrebs nötig ist. Je nachdem, welcher Abschnitt des Darms für den künstlichen Darmausgang verwendet wird, handelt es sich um
- ein Colostoma (Colon sigmoideum)
- ein Transversostoma (Colon transversum) oder
- ein Coeceostoma (Blinddarm).
Vorbereitung auf einen künstlichen Darmausgang
Ob ein künstlicher Darmausgang angelegt wird oder nicht, hängt von vorherigen operativen Eingriffen und der Schwere der Erkrankung ab. Muss eine Operation (Enterostomie) vorgenommen werden, erhält der Patient zuvor eine Vollnarkose. Wird ein Zweiteingriff ausschließlich an dem Anus praeter durchgeführt, kann auch eine Regionalanästhesie ausreichend sein.
Hat man den Bauch nicht bereits im Rahmen einer Bauchoperation geöffnet, erfolgt zunächst ein Bauchschnitt (Laparotomie). Alternativ kommt aber auch eine schonendere Bauchspiegelung (Laparoskopie) infrage.
Zu diesem Zweck schneidet der behandelnde Chirurg einige Stellen am Bauchnabel sowie an der Bauchdecke kurzstreckig ein. Nach der Ausführung der kleinen Schnitte schiebt man ein Laparoskop in den Bauch ein. Dabei handelt es sich um ein optisches Gerät, das mit einer kleinen Videokamera versehen ist.
Zudem werden weitere medizinische Instrumente, die für die Operation verwendet werden, eingeschoben. Mithilfe eines Bildschirms, der mit dem Laparoskop verbunden ist, kann der Chirurg die zu operierenden Stellen genau betrachten.
Durchführung: Einsetzen eines künstlichen Darmausgangs
Während des Eingriffs zieht man den zu operierenden Abschnitt des Dickdarms zur Bauchdecke hin, um den künstlichen Darmausgang anzulegen. Falls dies im Rahmen einer Bauchoperation nicht bereits geschehen ist, trennt man den Darm auf und vernäht ihn mit der Bauchdecke, sodass es zu einer äußeren Öffnung des Darms kommt.
Je nach Stomaart werden beim Anlegen eines künstlichen Darmausgangs unterschiedliche Schritte vorgenommen. Beim endständigen Stoma erfolgt eine Öffnung in der Bauchdecke, auf die ein Beutel geklebt wird.
Das endständige Stoma wird in den meisten Fällen bei Menschen angelegt, bei denen der folgende Abschnitt des Darms entfernt werden musste. Der künstliche Darmausgang stellt hier eine dauerhafte Lösung dar. Bei einem endständigen Anus praeter verschließt man den Darmstumpf, der in Richtung des Afters liegt, mit einer Naht, sofern nicht der Rest gemeinsam mit dem After entfernt werden muss.
Beim doppelläufigem Stoma werden zwei Verbindungen zwischen Bauchdecke und Darm angelegt - eine zum Stoma, die andere vom künstlichen Darmausgang weg. Durch den zuführenden Teil wird die Nahrung ausgeschieden, um ein Passieren der folgenden Darmabschnitte zu vermeiden.
Der wegführende Teil verbindet vorübergehend ungenutzten Darmabschnitt und Darmausgang. Nachdem der künstliche Darmausgang rückverlegt wird, kann er seine Funktion wieder aufnehmen, sodass eine natürliche Ausscheidung des Stuhls möglich wird.
Geschaffen wird ein Ileostoma im Rahmen einer Ileostomie, die im rechten Unterbauch erfolgt. Dabei unterscheidet man zwischen einer endständigen sowie einer doppelläufigen lleostomie.
- Bei der endständigen Variante erfolgt entweder die Entfernung oder der Verschluss des abwärts führenden Darmanteils. Lediglich den Darmabschnitt, der vom Magen ausgeht, näht man in die Haut ein.
- Bei der doppelläufigen Variante näht man dagegen sowohl den vom Magen ausgehenden Abschnitt als auch den Teil, der zum After führt, ein.
Auch bei einem Kolostoma kommen sowohl die endständige als auch die doppelläufige Form zum Anlegen des Darmausgangs infrage.
Da sich der Stuhl bei einem künstlichen Darmausgang unwillkürlich entleert, klebt man in der Regel einen Einwegbeutel aus Plastik auf. Dieser Beutel muss regelmäßig ausgetauscht werden. Moderne Stoma-Systeme verfügen über einen Filter, der einen geruchsfreien Abgang aus dem Beutel gewährleistet.
Risiken beim Anlegen eines künstlichen Darmausgangs
Wie bei allen Operationen, kann es auch bei dem Anlegen eines künstlichen Darmausgangs zu Risiken und Komplikationen kommen. Mitunter kann es passieren, dass eine Nahtverbindung undicht wird, was zu schweren Folgen wie
- einer Blutvergiftung
- einer Bauchfellentzündung
- einer Darmlähmung oder
- einem Darmverschluss
führen kann. Fisteln sind eine mögliche Folge von Infektionen. Die Nahtverbindung kann nach Beenden des Eingriffs schrumpfen; dabei kommt es zu Verengungen, die wieder geweitet werden müssen. Bei Verwachsungen, die im Bauchbereich auftreten, können die Patienten auch noch Jahre später von chronischen Schmerzen betroffen sein.
Des Weiteren gibt es einige spezielle Stoma-Komplikationen. Dazu zählen
- Bakterien- oder Pilzinfektionen
- allergische Reaktionen auf das Stomamaterial
- ein Vorfall des Stomas (Prolaps)
- ein Rückzug des Stomas unter das Hautniveau (Retraktion)
- ein Bauchbruch (Hernie) sowie
- die Stomablockade, ausgelöst durch Verengungen.
Leben und Ernährung mit künstlichem Darmausgang: Was ist zu beachten?
Wird der künstliche Darmausgang gut angelegt, muss der Betroffene kaum Einschränkungen in seinem Leben befürchten.
Sport und Sex mit künstlichem Darmausgang
So lassen sich durchaus berufliche, sportliche und sexuelle Aktivitäten ausüben. Allerdings ist es ratsam, nicht mehr als 10 Kilogramm an Gewicht zu heben, damit es nicht zu einer Hernie kommt. Zum Schutz des Stomas lassen sich spezielle Schutzkappen, Bauchbinden oder Schwimmgürtel anlegen.
Ernährung bei künstlichem Darmausgang
Eine spezielle Diät ist für Träger eines künstlichen Darmausgangs nicht erforderlich. Es wird jedoch empfohlen Lebensmittel, die stark rohfaserhaltig sind, zu meiden.
Dazu gehören zum Beispiel
Der Genuss dieser Nahrungsmittel kann zu einer Verstopfung des Anus praeter führen.
Rückverlegung eines künstlichen Darmausgangs: Anwendung und Dauer
Bei doppelläufigem künstlichem Darmausgang ist eine Rückverlegung möglich, wenn der geschonte Abschnitt des Darms geheilt ist. Dies wäre etwa bei verheilten Darmnähten oder abgeklungenen Entzündungen der Fall.
Die Dauer beträgt bei einem protektiven Stoma sechs bis acht Wochen. Nach der Rückverlegung kann der Betroffene den Darm wieder über den natürlichen Darmausgang entleeren.
Im Rahmen der Rückverlegung löst man die Darmanteile aus der Bauchdecke heraus. Außerdem wird der Darm wieder zusammengenäht, um auf diese Weise einen kontinuierlichen Darmverlauf einzurichten.