Kallusdistraktion - Die operative Behebung einer zu kurzen Elle oder Speiche

Bei einer zu kurzen Elle oder Speiche kann ein operativer Eingriff zur Behebung erforderlich sein. Als Behandlungsmöglichkeit kommt eine Kallusdistraktion infrage.

Von Jens Hirseland

Am menschlichen Unterarm bzw. Handgelenk kann es zu unterschiedlichen Fehlstellungen kommen, die eine Operation zur Behebung notwendig machen. Zu solchen Fehlstellungen zählt unter anderem eine zu kurze Elle oder Speiche.

Der menschliche Unterarm verfügt über zwei lange Röhrenknochen: die Speiche (Radius) und die Elle (Ulna). Bei Brüchen an diesen Unterarmknochen oder durch andere Verletzungen besteht die Gefahr, dass eine Veränderung eintritt, die eine Fehlstellung des Handgelenks hervorruft. In manchen Fällen kann solch eine Fehlstellung aber auch bereits angeboren sein.

Ausprägungsformen und Beschwerden

Fehlstellungen sind meist unterschiedlich ausgeprägt und haben verschiedene Formen. So kann es an der Elle oder Speiche sowohl zu einer Verlängerung als auch zu einer Verkürzung kommen. Außerdem ist es möglich, dass an den Seiten, am Handrücken oder an den Handflächen Abweichungen oder Verdrehungen der Strukturen auftreten.

Aufgrund solcher Fehlstellungen besteht die Gefahr von Beschwerden wie Bewegungseinschränkungen oder Schmerzen. Da der Gelenkknorpel ständig belastet wird, kommt es mit der Zeit schließlich zu einer Arthrose.

Diagnose

Feststellen lässt sich eine zu kurze Elle oder Speiche durch eine eingehende körperliche Untersuchung sowie die Anfertigung von Röntgenaufnahmen. Auf konservative Weise lassen sich die Fehlbildungen nicht beheben, daher muss stets ein operativer Eingriff erfolgen.

Diagnose mittels Röntgen
Diagnose mittels Röntgen

Durchführung der Operation

Vor dem Eingriff verabreicht man dem Patienten entweder eine Regionalanästhesie des Arms oder eine Vollnarkose. Häufig nimmt man vor der Operation auch eine so genannte Blutleere vor.

Zu diesem Zweck wird dem Patienten eine Manschette um den Arm gelegt, damit die Blutzufuhr gestoppt werden kann. Auf diese Weise erhält der behandelnde Chirurg eine bessere Sicht. Darüber hinaus fällt der Verlust an Blut deutlich geringer aus.

Der Operateur hat durch die Blutleere eine bessere Sicht und der Patient weniger Blutverlust
Der Operateur hat durch die Blutleere eine bessere Sicht und der Patient weniger Blutverlust

Bestandteile der Kallusdistraktion

Bei einer zu kurzen Elle oder Speiche wird als Operationsmethode oftmals eine Kallusdistraktion durchgeführt. Die Kallusdistraktion, die auch als Distraktionsosteogenese bezeichnet wird, dient zur Verlängerung von Knochen.

Dabei wird der Knochen, der verlängert werden soll, zunächst einmal vom Operateur durchtrennt. Danach setzt man eine spezielle Konstruktion, einen so genannten Fixateur externe ein, der die Knochen von außen festhält.

Mithilfe des äußeren Festhalters verlängert man die Elle oder Speiche über einem Zeitraum von mehreren Wochen Schritt für Schritt durch Zugeinwirkung.

Die beiden durchtrennten Knochenhälften bewegen sich an ihrer Längsachse kontinuierlich auseinander. Schließlich kommt es zwischen den Hälften zur Bildung von neuer Knochensubstanz. Zur Darstellung des Heilungsprozesses erfolgen regelmäßige Röntgenuntersuchungen.

Nach der Operation muss der Patient seinen Arm und seine Hand für eine Weile schonen. Zur positiven Beeinflussung des Heilungsprozesses können krankengymnastische Übungen beitragen.

Physiotherapie beeinflusst den Heilungsverlauf positiv
Physiotherapie beeinflusst den Heilungsverlauf positiv

Komplikationen

Wie bei jedem chirurgischen Eingriff, kann es auch bei einer Kallusdistraktion zu Komplikationen kommen. Möglich sind die gängigen Risiken wie Blutungen, Nervenverletzungen und Hämatome. Auch Wundheilungsstörungen, Infektionen und eine übermäßige Narbenbildung sind möglich.

Erfolgt die Knochengewebsheilung eingeschränkt, sind Knochenfrakturen sowie die Bildung einer gelenkähnlichen Struktur (Pseudoarthrose) möglich. Zudem kann es zu Fehlstellungen der neuen Knochenstruktur kommen.

Denkbar ist auch die Schädigung von angrenzenden Gelenken. Wird ein Verband angelegt, kann dies die Knochen stark schwächen. Treten zudem starke Schmerzen auf, spricht man vom Sudeck-Syndrom.