Traumatherapie - Funktion, Anwendungsgebiete und Ablauf

Die Traumatherapie stellt ein Verfahren aus dem psychotherapeutischen Bereich dar. Sie soll dabei helfen, ein schlimmes Erlebnis zu verarbeiten. Gestalt- und Verhaltenstherapie zählen dabei zu den gängigen Methoden, die angewandt werden. Ergänzend kommen weitere psychotherapeutische Verfahren zur Anwendung. Lesen Sie alles Wissenswerte über Funktion, Anwendungsgebiete und Ablauf der Traumatherapie.

Gracia Sacher
Von Gracia Sacher

Traumatherapie - Merkmale und Anwendungsgebiete

Bei einem Trauma oder Psychotrauma handelt es sich um eine erhebliche psychische Belastung, die durch ein bestimmtes Traumaerlebnis zustande kommt. Mithilfe einer Traumatherapie, deren Methoden aus der Tiefenpsychologie und der Verhaltenstherapie stammen, soll erreicht werden, dass der Patient wieder zur Ruhe findet und das belastende Erlebnis bewältigt.

Es handelt sich um eine spezielle Therapie für Personen, die in ihrem Leben unter starken Beeinträchtigungen zu leiden haben, da sie ein katastrophales Erlebnis durchmachen mussten und unter diesem leiden.

Merkmale eines Traumas

Ein Trauma liegt dem statistischen Handbuch psychischer Störungen dann vor, wenn ein Mensch

  • mit dem tatsächlichen oder aber drohenden Tod konfrontiert worden ist
  • eine ernsthafte Verletzung erlitten hat oder
  • wenn seine eigene oder fremde körperliche Unversehrtheit einer Bedrohung ausgesetzt war und
  • er daraufhin eine große Hilflosigkeit und Angst sowie Entsetzen verspürt hat.

Dabei kann nicht jedes als schlimm angesehene Erlebnis als Träume angesehen werden. Es immer davon abhängig, wie stark das Empfinden einer Belastung ist. Sofern man nach einem solchen Erlebnis das Gefühl hat, sich nicht zu wehren und auch nicht fliehen zu können, kommt es zu einer starken Hilflosigkeit - aus dieser kann man sich auch nach der erlebten Situation nicht befreien.

Es werden zwei Schweren von Traumata unterschieden. So gibt es Typ-I-Traumata, die wie ein Unfall einmalig passiert sind, sowie Typ-II-Traumata, die wiederholt auftreten, so etwa Misshandlungen.

Indikationen für die Traumatherapie

Durchgeführt wird eine Traumatherapie bei Patienten, die unter einem Psychotrauma leiden. Dieses bildet sich durch einzelne Ereignisse, die eine dauerhafte psychische Belastung des Patienten zur Folge haben. Dabei handelt es sich beispielsweise um:

  • den Tod eines nahestehenden Menschen
  • einen Unfall
  • eine Naturkatastrophe
  • einen Gewaltakt
  • einen Krieg
  • eine schwere Krankheit

Symptome und Folgen eines Traumas

Zu psychischen Beschwerden kommt es entweder kurze Zeit nach dem negativen Erlebnis oder erst lange Zeit später. Dabei werden die Patienten in ihren Gedanken immer wieder mit dem Ereignis konfrontiert und leiden zum Beispiel unter:

Sie probieren, sich von Situationen fern zu halten, durch die sie an das Trauma erinnert werden. Es kommt zu belastenden Erinnerungen; manchmal sind auch Erinnerungslücken möglich. Typisch ist eine hohe Schreckhaftigkeit.

Die erwähnten Symptome verschwinden bei vielen Betroffenen nach einiger Zeit wieder; bei bis zu einem Viertel der Menschen bleibt das Trauma jedoch bestehen. Als Folge kommt es zur posttraumatischen Belastungssttörung. Mögliche Folgen sind auch

Traumatherapie bei Kindern und Jugendlichen

Die Traumatherapie wird auch bei Kindern und Jugendlichen angewandt. Dies ist besonders wichtig, damit die Auswirkungen des Traumas bis ins Erwachsenenalter möglichst vermieden werden können.

Bei der Behandlung von Kindern fokussiert man sich auf die Erschaffung eines sicheren Umfeldes. Hier sind vor allem die Bezugspersonen gefragt: sie sollten für die Vermittlung von Strukturen und Geborgenheit sorgen.

Kontraindikationen: Wann sollte keine Traumatherapie durchgeführt werden?

In einigen Fällen ist es nicht sinnvoll, den Patienten mit dem Trauma zu konfrontieren. Eine solche Situation ist beispielsweise bei Personen,

  • bei denen starke Dissoziationen vorliegen
  • die Suizidgedanken haben oder
  • die bei Misshandlungen noch mit dem Täter Kontakt haben,

gegeben.

Wirkungsweise der unterschiedlichen Verfahren der Traumatherapie

Eine Traumatherapie kann auf unterschiedliche Weise erfolgen. Zu den gängigsten Verfahren zählen die Gestalttherapie und die Verhaltenstherapie.

Gestalt- und Verhaltenstherapie

Im Rahmen einer Gestalttherapie führen Patient und Therapeut Gespräche über das belastende Ereignis. Als Variante gilt die Narrative Expositionstherapie. Dabei berichtet der Patient aus der Distanz über sein Leben und das traumatische Ereignis und ordnet dieses ein. Bei einer Verhaltenstherapie versucht man die schmerzlichen Gedanken an das Traumaerlebnis sowie das daraus resultierende negative Verhalten zu behandeln.

Ergänzende psychotherapeutische Verfahren

Ergänzend können aber noch weitere psychotherapeutische Verfahren notwendig sein. Dazu gehören zum Beispiel:

  • die mehrdimensionale psychodynamische Traumatherapie (MPTT)
  • die Ego-State-Therapie
  • die psychodynamisch imaginative Traumatherapie (PITT)
  • Hypnose
  • das Debriefing
  • die Bewegungstherapie

Falls erforderlich, ist auch eine medikamentöse Therapie möglich, bei der Beruhigungsmittel oder Antidepressiva gegen die Beschwerden, die durch das Psychotrauma entstehen, verabreicht werden.

Ablauf: Durchführung der drei Phasen der Traumatherapie

Eine Traumatherapie erfolgt zumeist ambulant. In schweren Fällen wird jedoch auch eine stationäre Behandlung durchgeführt. Wie lange die Therapie dauert, hängt vom Ausmaß des Traumas ab und wie gut die Behandlung ausfällt.

Zunächst einmal gilt es, eine Diagnose zu stellen. Anschließend kann der Therapeut entscheiden, wie die geeignete Therapie aussieht. Bei mehreren psychischen Störungen kann es notwendig sein, diese zunächst vor der Traumatherapie zu behandeln, so etwa bei einer Suchterkrankung, die in einer besonderen Klinik behandelt wird.

Eine Traumatherapie lässt sich in drei Phasen einteilen. Dabei handelt es sich um die Stabilisierungsphase, die Bearbeitungsphase und die Integrationsphase. Diese Phasen können sich aber auch überschneiden.

Stabilisierungsphase in der Traumatherapie

Im Rahmen der Stabilisierungsphase gilt es zunächst, den Patienten zu entlasten. Zudem soll eine emotionale Stabilisierung erzielt werden. Dies gelingt nur dann, wenn sich eine gute Beziehung zwischen Patient und Therapeut aufbauen kann.

Es muss Vertrauen zum Therapeuten aufgebaut werden. Dies setzt voraus, dass dieser sich langsam an das Trauma heranarbeitet.

Die Stabilisierungsphase nimmt bei Patienten mit Typ-II-Traumata in der Regel mehr Zeit in Anspruch. Bei Menschen, die längerer Zeit traumatischen Situationen ausgesetzt waren, müssen dabei erst wieder lernen, ihre Gefühle zu regulieren.

Es kommen diverse Techniken zur Anwendung. Möglich ist beispielsweise die Aufforderung an den Patienten, sich gedanklich an einen sicheren Ort zu begeben, an den er dann auch innere Helfer setzt.

Bearbeitungsphase in der Traumatherapie

In der Bearbeitungsphase erfolgt die Bearbeitung des Traumas. Diese Phase beginnt, sobald der Patient sich besser mit dem traumatischen Erlebnis zurechtfindet. Die Bearbeitungsphase dient dazu, das Selbstverständnis der betroffenen Person zu stärken.

In dieser Phase wird meist die kognitive Verhaltenstherapie empfohlen. Es gilt, sich aktiv mit dem Trauma auseinander zu setzen; so wird der Betroffene mit seinen Ängsten konfrontiert.

Auf diese Weise kann er bzw. sie die Einsicht erlangen, dass die Befürchtungen, die bestehen, nicht eintreten werden. Auch Techniken zur Angstkontrolle werden erlernt.

Jetzt ist auch die Veränderung destruktiver Gedanken wichtig. So geben sich beispielsweise Vergewaltigungsopfer häufig selbst die Schuld für das, was passiert ist. Diese Gedanken müssen abgelegt werden.

EMDR (Eye Movement Desensitization and Reprocessing) in der Bearbeitungsphase der Traumatherapie

Möglich ist die Anwendung des EMDR-Verfahrens. Dabei soll der Patient durch Augenbewegungen desensibilisiert werden, um auf diese Weise das Trauma verarbeiten zu können. Er begibt sich emotional in dieses Erlebnis, während der Therapeut seine Hand abwechselnd in jede Richtung bewegt.

Der Patient folgt diesen Bewegungen, so lange, bis das Gefühl der Angst nachlässt. Das Verfahren erfolgt in Anlehnung an den REM-Schlaf, eine Phase, in der man sehr lebendig träumt und Erlebtes verarbeitet.

Medikamente in der Bearbeitungsphase der Traumatherapie

Auch Medikamente können in dieser Phase eingesetzt werden. Sie sollten nur kurzzeitig verwendet werden. Typisch sind beispielsweise Antipsychotika und Antidepressiva.

Integrationsphase in der Traumatherapie

Letzte Phase der Behandlung ist die Integrationsphase. Dabei nimmt der Patient das Trauma als Teil seines Lebens an, wodurch er es bewältigt. In dieser Phase ist die Traumatherapie von einer konventionellen Psychotherapie kaum noch zu unterscheiden.

Ausbildung/Weiterbildung im Bereich der Traumatherapie

Die Ausbildung bzw. Weiterbildung im Bereich der Traumatherapie kann an speziellen Akademien erfolgen. Zu den möglichen Themeninhalten zählen etwa

  • theoretische Grundlagen der Diagnostik und Differenzialdiagnostik
  • Techniken zur Ressourcenaktivierung
  • Techniken zur Förderung der Affektregulation
  • Konfrontative Bearbeitung von Traumafolgesymptomen
  • Behandlung akuter Traumafolgestörungen und Krisenintervention
  • Behandlung komplexer Traumafolgestörungen

In der Regel gibt es somit mehrere Module, die die Zertifizierung bei der Deutschen Gesellschaft für Psychotraumatologie (DeGPT) ermöglicht. Wer lieber einen besonderen Schwerpunkt legen oder seinen Kenntnisstand erweitern möchte, kann meist auch Einzelseminare buchen.