Pilates - Basisübungen nach den sechs Prinzipien
Pilates verdankt seinem Namen Schöpfer Joseph Pilates. Der Trainer, der in Mönchengladbach geboren wurde und später in die USA übersiedelte, wollte eine völlig neue Trainingsform entwickeln, die Körper und Geist gleichermaßen fördern könnte. Um dieses Ziel zu erreichen, entwickelte er sechs Prinzipien im Pilates, denen alle Übungen seines Namens gehorchen sollen - diese sind: Das Prinzip der Atmung, der Konzentration, der fließenden Bewegungen, der Kontrolle, der Zentrierung und der Präzision. Informieren Sie sich über die sechs Prinzipien des Pilates und werfen Sie einen Blick auf entsprechende Basisübungen.
Von Contrology zu Pilates
Pilates ist ein systematisches Training für den ganzen Körper, das vor allem zur Kräftigung der Muskulatur im Bereich
dient.
Joseph Pilates nannte seine Methode ursprünglich Contrology, die es ermöglichen soll, die Muskeln des Körpers gezielt mit dem Geist zu steuern. Dazu entwarf er die sechs Prinzipien, mit dessen Hilfe man den Geist beherrschen können soll, damit dieser anschließend den Körper kontrollieren kann.
Pilates als Lebensschule
Joseph Pilates verstand dabei sein System vom ersten Tag an als Lebensschule. Wer sich an die sechs Prinzipien halte und sie in den Übungen anwende, der werde sie auch im Alltag benutzen und hier von ihnen profitieren, war der Mönchengladbacher überzeugt. Dabei gilt sowohl für die Übungen als auch für den Alltag: Nur die korrekte Anwendung der sechs Prinzipien garantiert für ihre volle Entfaltung und damit für eine maximale Wirkung.
Im Folgenden gehen wir genauer auf die sechs Prinzipien ein...
Das Prinzip Atmung
Pilates rügte, das vollständige Entleeren der Lungen sei eine "Kunst für sich, [...] die leider am wenigsten verstanden werde." Deshalb entwickelte der Trainer eine neue Atemtechnik, welche die Lungen "auswringen" soll, um auf diese Weise den Muskeln mehr Kraft zu verleihen.
Die Kritik von Pilates an bisherigen Atemtechniken
Pilates ging mit den bisherigen Atemtechniken, die bis dahin im Sport üblich waren, hart ins Gericht. Sie berücksichtigen nicht genug die außerordentlich wichtige Rolle des Sauerstoffes, kritisierte der gebürtige Mönchengladbacher, der daran erinnerte, dass das erste und das letzte, was ein Mensch in seinem Leben tue, das Atmen sei.
Die zentrale Rolle des Sauerstoffs
Wie gut unsere Muskeln arbeiten und wie viel Kraft wir als Mensch abrufen können, hängt von der Sauerstoffanreicherung der jeweiligen Körperregion ab. Deshalb müsse man, folgerte Pilates, eine möglichst optimale Sauerstoffanreicherung schaffen - und auf "guten, frischen" Sauerstoff setzen.
Die richtige Atemtechnik
Pilates empfiehlt deshalb kraftvolle Atemzüge, wobei man durch die Nase ein- und durch den leicht geöffneten Mund wieder ausatmet. Zwei Dinge sind dabei zentral: Keinesfalls dürfe man zwischendurch die Luft anhalten und zudem müsse man die knappe, flache Atmung, die man im Alltag pflege, durchbrechen und zu intensiven Atemzügen finden, die einem als Belohnung ein Optimum an abrufbarer Muskelkraft garantierte.
Das Prinzip Konzentration/Aufmerksamkeit
Pilates, der in fernöstlichen Trainingspraktiken geschult war, betrachtet die Konzentration als ein Tor zu einem tieferen Bewusstsein und zu einer Steigerung des Selbstwertgefühls. Durch seine Übungen sollen die in diesem Augenblick "Schüler" lernen, ihren Blick auf das hier uns jetzt zu richten, um so für das Leben gestärkt zu werden. Einige der Pilates-Übungen helfen dabei, diesen hohen Anforderungen gerecht zu werden.
Die Mahnung von Pilates an die Konzentration
Gerade für Einsteiger findet sich in dem Buch von Pilates eine Mahnung, die diese durchaus ernst nehmen sollten: Man solle sich voll auf jede Übung konzentrieren und fokussieren, mahnt der Schöpfer der beliebten Wellness-Sportart, denn ansonsten würden diese den größten Teil ihrer Wirkung verlieren.
Dabei muss erwähnt werden, das Pilates der festen Überzeugung ist, dass sich dieser Satz auf jeden Lebensbereich übertragen lässt. Konzentration ist der Schlüssel zum Verstehen und damit zum Bewusstsein und damit zum Erfolg, lautet der philosophische Ansatz hinter diesem Prinzip.
Wer sich in der folgenden Übung auf die arbeitende Muskulatur konzentriert, kann den Effekt verstärken. Körper und Geist profitieren durch eine bessere Zusammenarbeit. Folglich verbessert man das Körperbewusstsein und präzisiert die Ausführung der Bewegungen.
Die richtige Übung, um die Konzentration zu steigern
Wer seine Konzentrationsfähigkeit durch Pilates steigern möchte, sollte die Wirbelsäulen-Verjüngung einsetzen. Man liegt flach auf einer Matte, die Beine sind angewickelt, wobei die Fußsohlen ganz auf dem Boden aufliegen. Die Arme liegen flach neben dem Körper, dabei liegen die Handflächen vollständig auf.
Nun beginnt man in den Füßen Druck auf den Körper aufzubauen, der sich immer weiter Richtung Kopf fortentwickelt. Die Füße bleiben aber dem Boden und die Beine angewinkelt. Der Rest des Körpers wird bis zu den Schultern gerade angehoben. Der Körper bildet eine Brücke.
In diese Position versucht man nun beim Ausatmen den Bauchnabel in Richtung Wirbelsäule zu ziehen. Der Körper wird dabei gestreckt. Der Körper wird durch die Übung entlastet und entspannt, so dass sich der Geist besser konzentrieren kann.
Das Prinzip Kontrolle
Wer seinen Geist kontrollieren können möchte, der muss in der Lage sein, den eigenen Körper zu beherrschen - dieser Philosophie folgt das Prinzip der Kontrolle. Dabei zählt bei den Bewegungen der Übungen vor allem Qualität und nicht Quanität - Pilates ist kein Ausdauersport, sondern ein Spiel der Beherrschung des eigenen Seins.
Der Zusammenfluss von Geist und Körper
Wohl in keinem anderen Prinzip fließt der ganzheitliche Aspekt von Pilates so zusammen, wie beim Prinzip der Kontrolle. Es geht bei der Kontrolle vor allem um die "Meisterschaft des Geistes", wie Pilates schreibt. Wer seinen Körper nicht beherrschen könne, der werde diese nicht erreichen können.
Das Prinzip der Lebensschule, welche für Joseph Pilates in allen seinen Prinzipien und deshalb auch in allen Übungen steckt, scheint hier durch: Um im beruflichen und privaten Alltag geistig stets die Übersicht behalten zu können, muss man stets im privaten auch etwas für seinen Körper tun.
Der Vierfüßler als mögliche Übung, um die Kontrolle zu steigern
Es gibt viele Übungen, die einem dabei helfen, dem Prinzip der Kontrolle gerecht zu werden. Dazu gehört vor allem der Vierfüßler.
Man geht in den betreffenden Stand mit runder Wirbelsäule. Die Hände liegen flach auf den Flächen auf.
Beim Einatmen streckt man nun das linke Bein und die richtige Hand. Beim Ausatmen geht man in die ursprüngliche Position zurück, um beim Einatmen nun den anderen Arm und das andere Bein zu strecken. Man trainiert durch die Übung vor allem die Bauchmuskeln, schult aber insgesamt die Körperkontrolle.
Das Prinzip Zentrierung
Zentrierung hat eine doppelte Bedeutung: Körperlich versteht Joseph Pilates darunter, dass die Übungen alle von der "Mitte des Körpers", seinem Powerhouse, durchgeführt werden. Geistig knüpft das Prinzip der Zentrierung an das Prinzip der Konzentration an: Der Sportler muss sich und seinen Geist auf das hier und jetzt fokussieren, um die Übungen bewusst und konzentriert ausführen zu können.
Pilates nannte das Powerhouse nicht immer bei diesem Namen. Erst, als er in die USA auswanderte, taufte der Mönchengladbacher es auf die englische Bezeichnung. Noch in Deutschland verwendete er die Bezeichnung "Korsettmuskulatur", die besser verdeutlicht, wo sich das Powerhouse befindet.
Die passende Übung zur Aktivierung des Powerhouses
Um es zu aktivieren, muss man sich mit angewinkelten Beinen auf den Boden legen. Die Hände ruhen dabei unter dem Kopf.
Beim Einatmen geht man in ein verstärktes Hohlkreuz, um anschließend bei Ausatmen den unteren Rücken so weit zu senken, dass er ganz mit der Matte verbunden ist. Beim nächsten Ausatmen lässt man den Rücken in eine S-Form gleiten, so ist der Rücken neutral und das Powerhouse aktiviert und bereit, weitere Übungen zu unterstützen.
Das Prinzip Präzision
Immer wieder mahnt Joseph Pilates, man müsse seine Übungen mit der nötigen Konzentration und Präzision ausführen, um ihren vollen Effekt zu verspüren. Wer es an der nötigen Sorgfalt mangeln lasse, mahnt der Schöpfer des Konzepts, der werde das beste verpassen.
Auch hier ergibt sich wiederum das Muster der Lebensschule: Durch die Förderung von Geist und Körper durch die einzelnen Übungen verbessert sich durch das Prinzip der Präzision auch der Alltag.
Klasse statt Masse
Pilates bemerkt in seinem Buch, welches die heute so beliebte Wellness Sportart begründet hat, schon recht weit vorne, dass es sich bei seinem Konzept um kein willkürlich zusammengestelltes Trainingsprogramm handele, mit dem man sein Muskelwachstum optimieren könne. Wer dies wolle, dem stehe der Kraftraum offen. Stattdessen solle man möglichst viele Übungen machen, um so den Geist abzulenken und zu schulen, doch auch eine gewisse Präzision in der Durchführung von Bewegungen wie auch von alltäglichen Anforderungen selbstverständlich werden zu lassen. Der Lohn der Präzision sei bei den Übungen, dass man ihren vollen Effekt verspüre, was zu mehr Kontrolle und somit zu mehr Lebensqualität führe.
Übung zur Schulung der Präzision: Nackendehnung und Wirbelsäulenstreckung
Für die Übung setzt man sich aufrecht auf einen Gymnastikball. Der Rücken ist gerade, die Füße liegen voll auf dem Boden auf.
Für die Wirbelsäulenstreckung lässt man seine Schulterblätter abwärts in Richtung Becken gleiten. Dabei hängt man sich an einem goldenen Faden auf, der aus dem Brustbein aufrecht bis zur Decke zu gehen scheint.
Beim Einatmen streckt man das Brustbein weit nach vorne. Beim Ausatmen gleitet man wieder zurück und senkt den Kopf zur Brust und erreicht so die Nackendehnung.
Das Prinzip Bewegungsfluss
Ein wahrlicher Meister in Pilates ist man dann, wenn ein Außenstehender keine Unterschiede mehr zwischen den einzelnen Übungen erkennen kann, weil diese voller Anmut ineinander übergehen. Der Sportler müsse diesbezüglich zu einer Katze werden, fordert Joseph Pilates, der durch das Prinzip der fließenden Bewegungen Kraft und Schönheit zum Wohle des Menschen kombinieren möchte.
Mehr Geschmeidigkeit durch fließende Bewegungen
Aber auch Anmut und Schönheit sind kein Selbstzweck. Schön und anmutig sehe man auch beim Tanzen oder als Statue aus, formulierten beispielsweise Pilates-Trainer, die sich nach dem Schöpfer der Wellness-Sportart mit den Übungen beschäftigten.
Die fließenden Bewegungen fördern vielmehr die Athletik des Körpers und verhelfen ihm zu mehr Kraft und zu mehr Geschmeidigkeit. Dies soll einem dabei helfen, die Übungen leichter durchzuführen und sich mehr zu entspannen, wodurch der Geist von zusätzlichen Lasten befreit wird.
Neben diesen Basisübungen gibt es noch weitere, die einfach in der Ausführung sind und sich für Einsteiger eignen...
Weitere Pilates-Übungen
Pilates ist ein Ganzkörpertraining, das man mit den entsprechenden Übungsgeräten auch sehr gut für sich alleine zuhause durchführen kann. Damit sich keine Fehler einschleichen, ist aber die regelmäßige Teilnahme an Kursen sehr zu empfehlen. Hier werden die Teilnehmer von erfahrenen Trainern angeleitet, kontrolliert und verbessert.
Einige einfache Pilates-Übungen, die auch Einsteiger gut selbst durchführen können, beschreiben wir im Folgenden. Anschließend kommen Übungen für Fortgeschrittene hinzu. Wenn man sich eine gute Basis an Übungen angeeignet hat, kann man diese effizient in einen Trainingsplan integrieren - wie dieser aussehen könnte, zeigen wir hier.
Erste Übung
Nehmen Sie eine bequeme Rückenlage auf einer weichen Matte ein. Die Arme liegen lang am Körper gestreckt, die Handflächen sind am Boden und dienen später als Stütze. Der Kopf bleibt in gerader Haltung und die Atmung bleibt während der Übung ruhig und gleichmäßig.
Heben Sie nun beide Beine gleichzeitig an. Führen Sie die Bewegung langsam aus. Dabei bleiben die Beine bis in die Zehenspitzen gestreckt, so dass eine Körperspannung entsteht.
Die Füße werden nun hinter den Kopf geführt, bis sie den Boden fast berühren. Die Übung wird langsam ausgeführt und auf dieselbe Weise wieder aufgelöst.
Zweite Übung
Nehmen Sie eine bequeme Rückenlage auf der Matte ein. Bringen Sie Ihre Beine und Ihren Rumpf nun in die Position der "Kerze". Dazu werden die Ellbogen am Boden abgestützt, während mit den Händen die Taille gestützt wird.
Die Beine werden senkrecht nach oben gestreckt, wobei das Gesäß von der Unterlage abhebt. Es liegt nur noch der obere Teil des Rumpfes auf der Matte auf.
Wenn Sie eine stabile Position gefunden haben, dann bewegt sich ein Bein gestreckt nach hinten, das andere nach vorne, ähnlich wie beim Gehen. Diese Übung wird abwechselnd durchgeführt. Achten Sie auf eine langsame Ausführung und eine gleichmäßige Atmung.
Dritte Übung
Diese Übung findet im Sitzen statt. Sitzen Sie aufrecht aber bequem auf die Matte. Achten Sie auf eine gerade Haltung der Wirbelsäule. Der Kopf zeigt nach vorne. Die Arme werden in Schulterhöhe nach rechts und links ausgestreckt und gehalten.
Aus dieser Position wird der Rumpf nun seitwärts gedreht, so weit es möglich ist. Dabei bleiben die Arme in ihrer Position.
Die Drehungen des Rumpfes erfolgen abwechselnd nach rechts und nach links. Die Übung wird jeweils langsam wieder aufgelöst, an der Ausgangsposition wird eine kleine Pause eingelegt. Auch hier ist eine gleichmäßige Atmung ganz besonders wichtig.
Hat man bereits ein wenig trainiert, lassen sich die folgenden Übungen sicher bald realisieren...
Beispielübungen für Fortgeschrittene
Pilates hat den Vorzug, dass man seine Trainingsfortschritte sehen und auch spüren kann. Man wird nicht nur fitter, sondern einem gehen die Übungen auch immer leichter von der Hand. Fortgeschrittene sollten sich deshalb mit Übungen wie dem Side Lift, dem Wirbelsäulendrehen und Criss Cross fit halten.
Der Side Lift
Der Side Lift kann in mehreren Positionen durchgeführt werden. Beispielhaft sei er im Kniestand erläutert.
Mit dem linken Bein geht man in den Kniestand. Das rechte Bein streckt man durch. Die linke Hand ist unterhalb des Schultergelenks aufgestellt.
Die rechte Hand liegt auf dem Oberschenkel des rechten Beins. Vermutlich ist diese Haltung bereits anstrengend, dies ist jedoch normal.
Nun atmet man ein. Mit dem Ausatmen führt man den rechten Arm zum Kopf, so dass die Hand darüber hinaus reicht. Als Variation kann man nicht nur den rechten Arm, sondern zeitgleich auch das rechte Bein heben.
Das Wirbelsäulendrehen im Sitzen
Der Sportler setzt sich Anfangs einfach auf die Matte. Die Beine sind dabei etwas mehr als schulterbreit geöffnet. Nun wird der Nacken dadurch gestreckt, dass der Scheitelpunkt leicht nach oben gezogen wird.
Zeitgleich senkt man das Steißbein leicht nach innen und bauchabwärts. Dabei sollte man die Knie etwas anwinkeln, was allerdings wie von selbst gehen sollte, wenn die Übung richtig ausgeführt wird.
Nun hebt man die gestreckten Arme auf Schulterhöhe, fast so als würde man einen riesigen Gymnastikball umfassen (es spricht nichts dagegen, dies zu Beginn tatsächlich zu tun), mit dem Ausatmen dreht man sich nach rechts.
Die anderen Körperregionen sollten ganz glatt bleiben. Dies betrifft insbesondere den Nacken.
Criss Cross
Hierfür legt sich der Sportler auf den Rücken. Die Füße werden aufgesetzt.
Die Hände kommen unter den Kopf an die Schädelbasis. Die Ellbogen werden auf die Matte gesenkt, die Schultern sollten entspannt sein. Nun gilt es einzuatmen.
Mit dem Ausatmen zieht man den Nabel zur Wirbelsäule hin und hebt die beiden angewinkelten Beine. Der Rücken bleibt dabei unbedingt stabil.
Die Kniescheiben zeigen in Richtung der Decke, die Fußgelenke befinden sich in Streckung. Mit dem nächsten Ausatmen hebt man den Oberkörper an. Nun dreht man beim Ausatmen den linken Ellbogen zum rechten Knie und umgekehrt.