Platonische Liebe - Ursprung, Merkmale und mögliche Probleme
Wenn man an Liebe denkt, denkt man häufig an die Liebe zwischen Mann und Frau, die neben der seelischen Liebe auch die körperliche Liebe mit einschließt. Doch gerade die platonische Liebe ist häufig eine Liebe, die ein Leben lang hält. Manchmal wird aus so einer Freundschaft aber auch eine Liebesbeziehung. Informieren Sie sich über den Ursprung, die Merkmale und mögliche Probleme im Zusammenhang mit der platonischen Liebe.
Häufig hört man von der so genannten platonischen Liebe sprechen, doch vielen Menschen ist nicht so ganz klar, wobei es sich darum nun genau handelt. Dass es aber eine sehr ungewöhnliche Form der Liebe ist, das sagt schon ihr Name. Woher die platonische Liebe ihren Namen hat und welche Gedanken sich ihr Begründer machte, dazu lesen Sie hier mehr.
Ursprung der platonischen Liebe
Der Begründer der platonischen Liebe war der griechische Philosoph Platon, der in der Antike von etwa 428 bis 348 vor Christus lebte. Seine Definition der platonischen Liebe legte er einem komplexen philosophischen Gedankenprinzip zugrunde.
Im heutigen, moderneren Verständnis bedeutet die platonische Liebe eine eng verbundene Freundschaft, die auf einer seelischen Verbundenheit und einer Art Seelenverwandtschaft beruht. Ob gleichgeschlechtlich oder zwischen Mann und Frau - die platonische Liebe zwischen zwei Menschen ist etwas ganz Besonderes und gibt oft ein Leben lang Halt.
Es ist eine Liebe auf geistiger Ebene mit einer tiefen seelischen Verbundenheit. Sexualität und sexuelles Begehren kommt in ihr nicht vor.
Altersunterschiede spielen keine Rolle, jedoch bleibt nach wie vor das Bild bestehen, dass die platonische Liebe einen bestimmten Bildungsrang oder zumindest eine sehr starke emotionale Reife der Beteiligten voraussetzt. Da die platonische Liebe in keinster Weise erotisch motiviert ist, ist sie keine Gefahr für eine bereits bestehende Partnerschaft.
"Liebe unter Gleichen"
Platon definiert, dass diese Liebe nur "unter Gleichen möglich" sei. Damit möchte er sagen, dass die Beteiligten in ihrem Seelenleben gleich entwickelt sind.
Die Aussage wird jedoch oft dahingehend missverstanden, dass eine platonische Liebe vor allem unter gleichgeschlechtlichen Partnern entsteht, und deshalb mit Homosexualität einhergeht. Dies ist jedoch völlig falsch. Dagegen ist eine platonische Liebe natürlich auch unter homosexuellen Partnern möglich.
Gemeinsamkeiten zwischen Freundschaft und Liebe
Das Wesen von Freundschaft und Liebe ähnelt sich. Es ist geprägt von:
- Zuneigung
- Herzenswärme
- Fürsorge
- der gegenseitigen Verantwortung füreinander
Denn so, wie liebende Partner sich füreinander verantwortlich fühlen, so sollten auch gute Freunde füreinander eintreten. Egal ob Freundschaft oder Liebe, das Wohl des anderen steht im Vordergrund.
Geht es ihm (oder ihr) nicht gut, dann sollte man sich um denjenigen kümmern. Auch wenn man dabei vielleicht kurzfristig auf eine eigene geplante Unternehmung oder Ähnliches verzichtet.
Von oberflächlichen bis innigen Gefühlen
Viele Freundschaften und Bekanntschaften sind oberflächlich. Dies ist nicht weiter verwerflich, denn die Kapazität eines jeden Menschen für tiefe und anspruchsvolle Freundschaften ist begrenzt. Wichtig ist dabei nur, dass beide Freunde die Wichtigkeit Ihrer Verbindung als gleich hoch einschätzen.
In einer sehr guten Freundschaft können sich über die Jahre hinweg deshalb wirklich tiefe Gefühle von ehrlicher Zuneigung entwickeln. Je näher man sich ist, desto wichtiger wird der Freund auch für das eigene Leben.
So entstehen Gefühle, die zwar nicht erotisch motiviert sind, ansonsten denen der Liebe zu einem Partner aber stark ähneln. Bleiben dabei gewisse Grenzen der Selbstbestimmung gewahrt, ist dies durchaus in Ordnung.
Merkmale: eine Liebe für's Leben
Platonische Liebe entwickelt sich meist nicht, sondern ist häufig die berühmte Liebe auf den ersten Blick. Die platonische Liebe zeichnet sich durch eine enge Vertrautheit von Anfang an aus.
Häufig beschreibt man die platonische Liebe auch als Seelenverwandtschaft, denn auch dieses Wort drückt das Gefühl der platonischen Liebe sehr gut aus. Wer seine platonische Liebe gefunden hat, hat einen Vertrauten für das ganze Leben gefunden.
Sie sorgt dafür, dass man sich ohne viele Worte versteht. Durch sie entsteht ein enges Band, das die Freunde miteinander verbindet. Diese Gefühle sind fast so stark wie die der Liebe.
Mit der platonischen Liebe wird ein Austausch möglich, der sehr intim und vertraut ist. Sich auch bei unangenehmen Themen einfach gut aufgehoben fühlen und zu wissen, dass ein ehrliches Feedback liebevoll verpackt zurück kommt - diese Art von Beziehung gibt es nur einmal im Leben.
Vollkommene Form der Liebe
Platon propagiert die platonische Liebe als eine höhere, vollendetere Stufe der Liebe, die das körperliche Begehren bereits überwunden hat. Sie strebt nach einer Lebenseinstellung, nach Wissenschaft und schönen Gedanken.
Als vollkommenste Form der Liebe verehrt sie Ideale wie Schönheit, Wahrheit und Göttlichkeit, die sie zu erreichen sucht. Das Modell der platonischen Liebe geht davon aus, dass Sexualität diese geforderte emotionale und geistige Entwicklung hemmt, und daher als Störfaktor betrachtet und ausgeschaltet wird. In der heutigen Zeit spricht man von einer platonischen Liebe jedoch vielmehr dann, wenn sich die Beteiligten eng verbunden sind, ohne ein sexuelles Verhältnis zu haben.
Die platonische Liebe in einer modernen Welt
Gerade junge Menschen sind oft verunsichert, wenn sie auf ihre platonische Liebe treffen. Häufig macht die plötzliche Vertrautheit unsicher. Gerade in der modernen Welt, in der es häufig nach Äußerlichkeiten und Oberflächlichkeiten geht, ist die platonische Liebe oft unvorstellbar.
Doch wer seine wirkliche platonische Liebe trifft, wird davon nicht los kommen und sehr schnell merken, was diese Vertrautheit wert ist. Gerade in der heutigen Zeit wird ein fester Halt immer wichtiger, um den Anforderungen der Zeit gerecht zu werden und dabei sich nicht selbst zu verlieren.
Mögliche Probleme
Während die gleichgeschlechtliche platonische Liebe als enge Freundschaft von der Gesellschaft und vor allem auch in Partnerschaften akzeptiert wird, so ist die platonische Liebe zwischen Mann und Frau oft problematisch. Gerade neue Partner tun sich häufig schwer zu sehen wie der eigene Partner eine enge Beziehung zu einem Mitglied des anderen Geschlechts hat. Die Partnerschaft wird häufig sehr belastet und auf die Probe gestellt, denn wenn der eigene Partner mit einem anderen Menschen eng vertraut ist, kommt häufig die Eifersucht hoch und es ist für viele Menschen sehr schwierig, damit umzugehen.
Wenn aus Freundschaft Liebe wird
Schwierig wird es auch, wenn aus Freundschaft tatsächlich Liebe wird. Am häufigsten geschieht dies natürlich zwischen Freunden unterschiedlichen Geschlechts.
Meist kommt diese Entwicklung jedoch nicht aus heiterem Himmel. Ihre Anzeichen waren meist vorher schon deutlich. Sehr häufig bestanden auch nur Hindernisse für eine Liebe, zum Beispiel in Form einer bestehenden Partnerschaft.
Seltener dagegen kommt es vor, dass aus einer gleichgeschlechtlichen Freundschaft Liebe wird. Dieses Phänomen ist vor allem bei Frauen zu beobachten, die zuvor kein Interesse an gleichgeschlechtlichen Partnerschaften zeigten. Männerfreundschaften sind meist weniger emotional gesteuert und daher weniger für verliebte Gefühle anfällig.
Wenn eine Liebe aus einer zuvor platonischen Liebe oder Beziehung erwächst, dann hat sie meist sehr gute Chancen auf Beständigkeit, da sich beide Partner vorher bereits gut kennen und sich gegenseitig zu schätzen wissen. Eine Gefühlsverwirrung aufgrund rein optischer Reize oder visueller Fehlinformationen kann also nahezu ausgeschlossen werden.
Auch vermeintliche gesellschaftliche Schranken - wie zum Beispiel ein sehr großer Altersunterschied - können durch das platonische Verhältnis zu Beginn gut überwunden werden.
Alte Bindungen lösen und neue eingehen
Ungünstig ist es natürlich, wenn die Partner der platonischen Liebe für eine erotisch motivierte Liebe nicht wirklich frei, sondern bereits anderweitig gebunden sind. Doch selbst dann hat die platonische Liebe nur eine Chance zur Weiterentwicklung, wenn sie stärker als die bestehenden Bindungen ist oder diese bereits nicht mehr gut funktionieren. Einer harmonischen Beziehung oder Ehe kann eine platonische Beziehung zu einer dritten Person im allgemeinen nichts anhaben.
Gefühlschaos auf beiden Seiten
Ist man bereits lange auf platonische Weise befreundet, so kann es mitunter gar nicht so einfach sein, dem Partner seine sich verändernden Gefühle einzugestehen. Man kennt sich bereits so gut, dass die sonstigen typischen Eroberungsspielchen und -schachzüge lächerlich wirken würden. Am besten offenbart man sich also so gut es möglich ist und hofft darauf, dass es dem Partner ähnlich ergeht und sich auch bei ihm etwas Neues entwickelt hat.
Doch natürlich ist es auch möglich, dass sich in der Freundschaft zwischen Frau und Mann keine Liebesgefühle entwickeln...
Wie die Freundschaft zwischen Frau und Mann funktionieren kann
Können Männer und Frauen einfach so miteinander befreundet sein - ohne letzlich doch "mehr" vom anderen zu wollen? Wir zeigen, wie eine Freundschaft funktionieren kann und welche Voraussetzungen es dafür bedarf.
Auf den ersten Blick sind Freundschaften zwischen Männern und Frauen längst kein Thema mehr. Blicken wir einige Jahrzehnte zurück, in die prüden 50er Jahre zum Beispiel, dann umgab man sich in der Regel mit gleichgeschlechtlichen Freunden.
Ehemann bzw. Ehefrau waren häufig der einzige Bezugspartners des anderen Geschlechts - wer gegen diese Regel verstieß, der wurde zumindest schräg angeschaut - oder bekam den Umgang mit weiblichen bzw. männlichen Freunden schnell vom eigenen Ehepartner verboten.
Es ist also alles andere als selbstverständlich, dass Männer und Frauen heute einfach so miteinander befreundet sein können. Noch heute sind viele Menschen der Ansicht, dass eine solche Freundschaft nicht ohne sexuelle Anziehung funktioniert, weshalb das Doppel "Mann/Frau" in Form von "homosexueller bester Freund/beste Freundin" oder umgekehrt als echter Klassiker und zudem für beide Seite unverfänglich wirkt.
Keine falschen Hoffnungen oder Erwartungen
Wer eine faire Freundschaft für beide Seiten möchte, der sollte dem anderen also keine falschen Hoffnungen machen - und selbst keine Erwartungen hegen, dass aus der Freundschaft irgendwann eine Beziehung oder zumindest eine heiße Affäre werden könnte. Sich einzugestehen, dass man für den anderen doch mehr empfindet, als einem lieb ist, kann sehr schmerzhaft sein.
Trotzdem ist eine kritische Selbstbefragung notwendig, damit die Freundschaft wirklich funktionieren kann - und damit niemand enttäuscht wird. Idealerweise entspricht der beste Freund oder eben die beste Freundin einfach nicht dem eigenen "Beuteschema", womit sich erotische Avancen zumindest auf ein Minimum reduzieren lassen.
Was tun, wenn nur einer "mehr" will?
Natürlich kann es vorkommen, dass sich nur auf einer Seite sexuelle Gefühle für den anderen entwickeln. Und während man die ersten Annäherungsversuche startet, bekommt man von dem Freund bzw. der Freundin zu hören, dass er/sie die Beziehung zu einem als rein platonsich ansieht; dabei war man sicher, dass es auch bei ihm/ihr "mehr" war, als ein reines Freunschaftsgefühl.
An dieser Stelle wird es schwierig für den verliebten Partner. Spätestens, wenn er seinen/ihren Schwarm mit einer/einem anderen sieht, wird ein Ertragen schwer. Wie geht man in so einem Fall am besten vor?
Möchte man die Freundschaft zu dieser Person auf keinen Fall beenden, indem man den Kontakt abbricht, bleiben letztendlich zwei Möglichkeiten. Entweder, man versucht, sich von dem Gedanken, dass mehr daraus entstehen könnte, zu lösen. Dies wird sicherlich einige Zeit dauern und wird vermutlich darauf hinauslaufen, dass man sich zumindest eine Weile lang nicht sieht.
Allerdings ist es nicht unwahrscheinlich, dass das Verhältnis danach nicht mehr so ist, wie zuvor. Das Liebesgeständnis kann die Art, wie man miteinander umgeht, deutlich verändern.
Die andere Möglichkeit ist es, den anderen doch von einer Liebesbeziehung zu "überzeugen", einfach abzuwarten, ob sich bei ihm/ihr nicht doch noch stärkere Gefühle entwickeln können. Doch dass dies gelingt, ist natürlich nicht sicher. Wer letztendlich nicht damit klarkommt, dass der andere eine reine Freundschaft möchte, wird den Kontakt abbrechen müssen.
Das Problem der Eifersucht
Trotzdem: Ganz ausschließen lassen sich Eifersüchteleien bei einer Freundschaft zwischen Mann und Frau nie. Probleme tauchen zum Beispiel dann auf, wenn der andere einen neuen Schwarm kennenlernt oder plötzlich mehr Zeit mit dem Partner verbringen möchte. Dann sollte man kurz innehalten und sich selbst fragen, welche Erwartungen man in dieser Situation an einen gleichgeschlechtlichen Freund stellen würde - und ob diese gerechtfertigt sind.
Letztendlich funktioniert die Freundschaft auf lange Sicht nur, wenn die Weichen klar gestellt sind und man sich der gegenseitigen Sympathie sicher sein kann. So sicher, dass auch ein neuer Partner im Leben des anderen nicht als Bedrohung empfunden wird.
Fazit
Da platonische Liebe frei von erotischer Anziehung ist, kann die platonische Liebe über Jahrzehnte bestehen und jeder kann seine Beziehungen und Partnerschaften aufbauen, mit der Gewissheit, dass die platonische Liebe immer erhalten bleibt. Nach Platon steht die platonische Liebe sogar über der Beziehung mit körperlicher Liebe, denn platonische Liebe ist die Vereinigung zweier Seelen, die nicht mehr getrennt werden können.
- Platonische Liebe: Platons Eros und was wir heute darunter verstehen, GRIN Verlag, 2009, ISBN 364045488X
- Von Liebe, Freundschaft und Feindschaft, marix Verlag ein Imprint von Verlagshaus Römerweg, 2010, ISBN 3865392431
- Liebe jenseits der achtzig: Vier autobiografische Geschichten über erotische und platonische Liebe mit jüngeren Männern, CreateSpace Independent Publishing Platform, 2013, ISBN 1493740776
- Platonische Liebe und Frauengemeinschaft: Platons Ideenlehre Band III, Graue Edition, 2005, ISBN 390633645X
- Platonische Liebe: Ein Gang durch Platons Symposion, Books on Demand, 2017, ISBN 3743163950
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