Lumbalpunktion - Funktion, Anwendungsgebiete und Risiken
Als Lumbalpunktion bezeichnet man in der Medizin eine Untersuchung von Liquor (Gehirn-Rückenmark-Flüssigkeit). Das Verfahren fällt in der Bereich der Liquordiagnostik und dient zur frühzeitigen Erkennung von Hirn- und Rückenmark-Erkrankungen. Zu diesen zählen beispielsweise die Hirnhautentzündung oder Multiple Sklerose. Lesen Sie alles Wissenswerte über Funktion, Anwendungsgebiete und Risiken der Lumbalpunktion.
Lumbalpunktion - Ziel und Zweck
Ziel und Zweck einer Lumbalpunktion ist die Entnahme von Nervenwasser (Liquor cerebrospinalis) bzw. Gehirn- und Rückenmarkflüssigkeit. Dafür wird eine Punktion des Duralsacks, der sich in der Lendenwirbel-Region befindet, vorgenommen.
Eigenschaften der Gehirn-Rückenmark-Flüssigkeit
Die Gehirn-Rückenmark-Flüssigkeit ist farblos und steht mit der Gewebsflüssigkeit des Gehirns in Verbindung, wodurch sich auch die Zusammensetzung ähnelt. Entdeckt wurde der Liquor cerebrospinalis von dem französischen Physiologen Francois Magendie (1783-1855).
Gebildet wird der Liquor von speziellen Ephitelzellen, die sich in den Adergeflechten der Hirnkammern befinden. Die Flüssigkeit ist für das Gehirn und das Rückenmark wie ein hydraulischer Stoßdämpfer, ohne die der Mensch bei jeder Bewegung eine Gehirnerschütterung erleiden würde.
Funktionsprinzip der Lumbalpunktion
Zur Entnahme der Flüssigkeit wird eine Punktionskanüle (Hohlnadel) auf der Höhe der Lende in den Lumbalkanal eingeführt. Der Einstich erfolgt im Bereich der Dornfortsätze zwischen dem zweiten und dem fünften Lendenwirbel. Entnommen werden ca. drei bis fünf Milliliter des Nervenwassers.
Eine Lumbalpunktion ist das gängigste Verfahren, um Liquor zu entnehmen. Erstmals angewendet wurde diese Untersuchungsmethode im Jahr 1891 von dem deutschen Mediziner Heinrich Irenaeus Quincke (1842-1922).
Anwendungsgebiete der Lumbalpunktion: Warum bzw. bei welchen Krankheiten wird die Lumbalpunktion durchgeführt?
Da sich zahlreiche entzündliche und chemische Veränderungen im zentralen Nervensystem (ZNS) aufgrund des Filtersystems zwischen Blut und Gehirngewebe (Blut-Hirn-Schranke), nicht im Blut feststellen lassen, ist oftmals eine Untersuchung der Gehirn-Rückenmark-Flüssigkeit erforderlich. So können durch eine Liquor-Untersuchung bestimmte Krankheiten nachgewiesen werden, die man mit einer Blutuntersuchung nicht entdecken würde.
Durchgeführt werden Lumbalpunktionen bei:
- Gehirnentzündungen (Enzephalitis)
- Gehirnhautentzündungen (Meningitis)
- Multipler Sklerose (MS)
- SAB (Subarachnoidalblutungen) im Gehirn
- Rückenmark- und Gehirntumoren
Ebenso kann auf diese Weise ein Krebsbefall der Hirnhäute, wie bei Lymphomen oder Leukämie, festgestellt werden.
Behandlungsmöglichkeiten durch eine Lumbalpunktion
Darüber hinaus lässt sich eine Lumbalpunktion auch für bestimmte Behandlungen einsetzen. So können auf diese Weise spezielle Präparate in den Rückenmarkskanal eingebracht werden.
Durch das Verabreichen von lokalen Betäubungsmitteln kann mit einer Lumbalpunktion zum Beispiel eine Spinalanästhesie durchgeführt werden. Für Menschen, die unter einem Wasserkopf (Hydrozephalus) leiden, kann eine Lumbalpunktion erleichternd wirken, da überschüssiges Hirnwasser abgeleitet wird.
Kontraindikationen: Wann darf eine Lumbalpunktion nicht durchgeführt werden?
Nicht möglich ist eine Lumbalpunktion bei erhöhtem Hirndruck sowie auch bei Entzündungen der Haut bzw. Unterhaut und Muskeln. Außerdem muss zuvor eine Blutungsneigung ausgeschlossen werden.
Wichtig ist zudem das Absetzen von Blutverdünnern. Ist die Lumbalpunktion bei Patienten mit Thrombozytopenie unbedingt notwendig, kann man diesen Blutplättchen zuführen.
Ablauf einer Lumbalpunktion
Bevor eine Lumbalpunktion durchgeführt wird, muss sichergestellt werden, dass der Patient nicht an erhöhtem Hirndruck oder Blutgerinnungsstörungen leidet, da sonst diese Methode nicht zum Einsatz kommen darf.
Bei Gerinnungsstörungen kann es zu gefährlichen Einblutungen, die zu Schmerzen und Lähmungen führen können, kommen.
Durchführung der Lumbalpunktion
Zu Beginn der Lumbalpunktion wird der zu untersuchende Patient so hingelegt oder hingesetzt, dass er eine günstige Position einnimmt. Damit die Abstände zwischen den hinteren Wirbelkörper-Fortsätzen so groß wie möglich sind, sollte der Rücken so krumm wie es geht gemacht werden, indem die Stirn Richtung Knie gesenkt wird. Auf diese Weise können die Zwischenräume der Wirbel vom Arzt besser ertastet und die Punktionskanüle leichter in Position gebracht werden.
Bevor die Punktion beginnt, werden die Stellen zwischen dem dritten, vierten und fünften Lendenwirbel markiert. Dann erfolgt eine Desinfektion der betroffenen Hautstellen. Falls erforderlich, wird eine lokale Betäubung verabreicht.
Anschließend wird die Punktionskanüle, eine sehr dünne Hohlnadel, an der markierten Stelle in den Körper eingeschoben. Wenn die Kanüle den Rückenmarkskanal erreicht hat, tropft das Nervenwasser durch die Nadel ab.
Dabei werden rund drei bis fünf Milliliter von einem kleinen Röhrchen aufgefangen. Nach der Entnahme des Liquors wird die Kanüle wieder aus dem Körper abgezogen und der Patient erhält einen Verband.
Analyse der Probe: Dauer bis zu den Ergebnissen
Diese Probe wird nach der Entnahme zur weiteren Untersuchung an ein Labor überstellt. Dort kommt es zu ausführlichen labortechnischen Untersuchungen der Flüssigkeit. Dabei wird beurteilt, ob der Liquor Blut, Blutgerinnsel, Eiter oder sonstige Verfärbungen aufweist. Weiterhin werden die Proteine, Enzyme, Elektrolyten und der Liquorzucker bestimmt. Außerdem wird die Anzahl der Zellen im Nervenwasser festgestellt.
Anschließend werden die Zellen mikroskopisch untersucht. Dazu werden sie auf Glasplättchen ausgestrichen und gefärbt. Darüber hinaus wird die Flüssigkeit auf Pilze, Bakterien und Antikörper untersucht.
Handelt es sich um Routineparameter, können die Ergebnisse dem Arzt bereits nach einer Stunde vorliegen. Bei speziellen Untersuchungen können jedoch schon mal ein paar Tage verstreichen.
Gesunder Liquor
Ist der Liquor gesund, ist seine Substanz farblos und wasserklar. Der Zellgehalt ist nur gering und der Eiweißgehalt beträgt 0,15 bis 0,45 Gramm pro Liter. Der Gehalt des Blutzuckers liegt im Normalfall bei 50 bis 70 Prozent.
Erkrankter Liquor
Liegt eine Entzündung im Liquor vor, lässt sich dies an einer Trübung der Flüssigkeit erkennen. Blutungen können durch roten oder gelben Liquor festgestellt werden.
Kann eine Lumbalpunktion ambulant durchgeführt werden?
Die Lumbalpunktion wird in den meisten Fällen während eines Aufenthaltes im Krankenhaus bzw. in einer Klinik durchgeführt. Es ist im Prinzip aber auch möglich, sie ambulant erfolgt.
In der Regel muss man nach der Behandlung für mindestens eine Stunde in der Klinik bzw. Praxis bleiben. Dies ist davon abhängig, wie groß die Menge an entnommenem Nervenwasser ist, und ob bei der Punktion auch eine Behandlung durchgeführt worden ist.
Schmerzen - Ist eine Lumbalpunktion schmerzhaft?
Wer schmerzempfindlich ist, hat die Möglichkeit, die Lumbalpunktion unter örtlicher Betäubung durchführen zu lassen. Trotzdem wird der Eingriff als unangenehm empfunden. Dies ist darauf zurück zu führen, dass man beim Einführen der Punktionsnadel die Meningen, also die Hirnhäut reizt.
Mögliche Komplikationen und Risiken der Lumbalpunktion und alternative Untersuchungsmethoden
Risiken bei der Liquordiagnostik bestehen nur während der Lumbalpunktion. Diese darf nicht bei erhöhtem Hirndruck vorgenommen werden, da sonst die Gefahr von Blutungen und Infektionen besteht.
Zu den möglichen Komplikationen bei einer Lumbalpunktion gehören:
- Kopfschmerzen nach der Untersuchung
- Infektionen
- Blutungen
- Nervenverletzungen
Alternativen zu einer Lumbalpunktion sind eine Magnetresonanztomographie (MRT) oder eine Computertomographie (CT).
Wie lange liegen bleiben? Das richtige Verhalten nach einer Lumbalpunktion
Nach dem Eingriff muss der Patient eine halbe bis ganze Stunde auf dem Bauch liegen bleiben. Auf diese Weise verhindert man nachfließendes Nervenwasser. In den weiteren paar Stunden ist das Einhalten von Bettruhe zu empfehlen.
Kopfschmerzen nach einer Lumbalpunktion
Besonders häufig kommt es nach der Lumbalpunktion zu Kopfschmerzen, die man in diesem Zusammenhang auch als postpunktionellen Kopfschmerz bezeichnet. In den meisten Fällen fangen die Kopfschmerzen einige Stunden bis hin zu ein bis zwei Tage nach der Behandlung auf.
Vor allem jüngere und schlankere Patienten sind betroffen. Dabei können die Schmerzen sehr heftig ausfallen.
Wie viel Liquor entnommen wird und wie lang die Punktion dauert, hat keinen Einfluss auf das Auftreten von Kopfschmerzen. Reduzieren lässt sich das Risiko mit dünneren und nichttraumatischen Punktionsnadeln.
Bleibende Schäden nach einer Lumbalpunktion?
Man schätzt das Risiko bleibender Schäden durch eine Lumbalpunktion auf 1 zu 11.000. In diesem Zusammenhang sind Blutungen und Nervenverletzungen zu nennen.
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