Funktion und Ablauf der Strukturanalyse beim Kieferorthopäden
Als Strukturanalyse bezeichnet man eine kieferorthopädische Diagnosemethode. Sie dient dazu, Fehlstellungen des Kiefers festzustellen.
Bei der kieferorthopädischen Strukturanalyse wird zwischen der manuellen und der instrumentellen Strukturanalyse unterschieden.
Die manuelle Strukturanalyse ist auch unter den Bezeichnungen klinische Funktionsanalyse oder manuelle Funktionsanalyse bekannt. Gemeint ist damit ein kieferorthopädisches Diagnoseverfahren, das ohne technische Hilfsmittel auskommt. Entwickelt wurde die manuelle Strukturanalyse von dem Zahnmediziner Axel Bumann.
Ziel und Zweck der Strukturanalyse
Die manuelle oder instrumentelle Strukturanalyse dient dazu,
- die Funktionen der Kiefergelenke
- die Kaubewegungen sowie
- das Kausystem
zu beurteilen. Dabei befasst sich der Kieferorthopäde mit Faktoren, die wichtig für das Sprechen, das Kauen und das Abbeißen sind.
So ist eine reibungslose Kaufunktion sowohl für
- die Kiefergelenke
- den Kieferknochen
- die Kaumuskeln
- die Zähne und
- angrenzende Strukturen wie den Kopf und die Wirbelsäule
überaus wichtig.
Die manuelle Strukturanalyse
Bei der manuellen Strukturanalyse (MSA) überprüft der Kieferorthopäde unterschiedliche Funktionen des Kiefers, die wichtig für das Kauen sind. Das heißt, dass er die Beweglichkeit und Belastungsfähigkeit des Kiefers sowie den Kieferzusammenschluss beurteilt. Außerdem werden Geräusche überprüft, zu denen es bei Kiefer- oder Muskelbewegungen kommt.
Für eine manuelle Strukturanalyse sind keinerlei medizinische Instrumente oder Apparate nötig. Damit die Diagnosemethode aussagekräftig ist, muss der untersuchende Kieferorthopäde jedoch über viel Erfahrung und spezielle Fähigkeiten verfügen, da dabei bestimmte manuelle Techniken und Handgriffe erfolgen. Als einzige technische Hilfestellung dient dem Kieferorthopäden eine spezielle Software, mit der er die Untersuchungsresultate ordnen und erfassen kann.
Anwendungsgebiete
Mithilfe der manuellen Strukturanalyse lassen sich krankhafte Veränderungen oder Verschiebungen
- am Gebiss
- am Kiefergelenk oder
- an den Muskeln
feststellen. Darüber hinaus liefert das Verfahren Hinweise auf die wechselseitigen Auswirkungen zwischen
- Kieferfehlstellungen
- Zahnfehlstellungen und
- der Haltung der Wirbelsäule.
So gibt es oftmals Zusammenhänge zwischen Kopfschmerzen und Zähneknirschen.
Ergänzende Untersuchungen
Um eine manuelle Strukturanalyse zu ergänzen, besteht die Möglichkeit, bildgebende Verfahren wie
- eine Röntgenuntersuchung oder
- eine Computertomographie (CT) sowie
- eine instrumentelle Strukturanalyse
durchzuführen.
Nachteile
Ein Nachteil der manuellen Strukturanalyse ist, dass die Kosten für die Untersuchung von den gesetzlichen Krankenkassen nicht übernommen werden. Der Patient muss also selbst für sie aufkommen.
Da sich einige der manuellen Untersuchungstechniken der Strukturanalyse wissenschaftlich nicht hinreichend belegen ließen, zählt sie in Deutschland nicht zu den vollständig anerkannten Diagnoseverfahren.
Die instrumentale Strukturanalyse
Kieferorthopäden bezeichnen die instrumentelle Strukturanalyse auch als instrumentelle Funktionsanalyse. Ebenso wie bei der manuellen Strukturanalyse handelt es sich dabei um eine kieferorthopädische Untersuchungsmethode, um funktionelle und räumliche Zusammenhänge zwischen dem Kiefer und anderen Körperstrukturen wie dem Kopf, dem Hals und der Wirbelsäule aufzudecken. So lassen sich mit dieser Methode mögliche Störkontakte erkennen, die negative Auswirkungen auf die Kaumuskulatur und die Zähne, aber auch auf den Nacken oder die Schultern haben.
Ein großer Unterschied zur manuellen Strukturanalyse besteht jedoch darin, dass die instrumentelle Funktionsanalyse für ihre Diagnostik auf medizinische Instrumente und Apparate zurückgreift. Dazu gehört zum Beispiel der Artikulator. Diese Geräte ermöglichen eine optimale Planung der Behandlung.
Anwendungsgebiete
Da sich mit der instrumentellen Funktionsanalyse fehlerhafte Kieferfunktionen genauestens feststellen lassen, wird das Verfahren vor zahlreichen kieferorthopädischen Behandlungen angewandt. Neben Kieferorthopäden profitieren auch Zahnärzte von dieser Methode und nutzen sie vor der Versorgung des Gebisses mit Zahnersatz wie Zahnprothesen, Kronen oder Brücken.
So lassen sich die späteren Verhältnisse im Gebiss mithilfe der instrumentellen Strukturanalyse optimal simulieren. Dadurch kann der Zahnarzt die Funktionstüchtigkeit des Zahnersatzes schon im Vorfeld abklären.
Ablauf
Vor einer instrumentellen Strukturanalyse ist es ratsam, zunächst eine manuelle Strukturanalyse durchführen zu lassen. Weist diese auf Einschränkungen der Kieferfunktionen hin, erfolgt danach eine instrumentelle Funktionsanalyse.
Ein wichtiger Bestandteil der instrumentellen Strukturanalyse sind zwei Geräte. Dabei handelt es sich um den Gesichtsbogen und den Artikulator, der einem Kausimulator ähnelt.
Mithilfe des Gesichtbogens kann der Kieferorthopäde die Winkelverhältnisse des Oberkiefers ermitteln. Dieser Schritt ist notwendig, um in dem Artikulator ein Gipsmodell in einem bestimmten räumlichen Verhältnis zu positionieren.
Zu Beginn der instrumentellen Strukturanalyse befestigt der Kieferorthopäde den Gesichtsbogen beidseitig am Nasenrücken und der Öffnung der Ohren. Anschließend muss der Patient auf eine spezielle Gabel beißen, die mit einer weichen Masse gefüllt ist. Ist die Masse ausgehärtet, lässt sie sich in den Artikulator einbringen. Auf diese Weise wird das Modell aus Gips eingefügt.
Mithilfe des Artikulators ist es möglich, eine präzise Simulation des Kauvorgangs durchzuführen. Nicht selten werden erst durch die Nachstellung der Kieferbewegungen Fehlfunktionen außerhalb des Mundraums festgestellt.
Weitere Geräte
Mittlerweile kommen noch weitere Geräte bei einer instrumentellen Strukturanalyse zum Einsatz. So arbeiten viele Kieferorthopäden seit einigen Jahren mit
- elektrischen
- optischen
- ultraschallgesteuerten und
- magnetischen
Diagnosesystemen. Außerdem greifen sie in zunehmendem Maße auf Computer zurück.
Kritik
Nicht alle Zahnmediziner und Kieferorthopäden sehen die instrumentelle Strukturanalyse als sinnvoll an. So weisen Kritiker der Methode darauf hin, dass die Messungen oft zu ungenau ausfallen und es zu unterschiedlichen Resultaten kommt. Dadurch können manche Therapien sogar überflüssig sein.
Anderseits besteht die Gefahr, dass eine eigentlich notwendige Behandlung nicht stattfindet, weil die instrumentelle Funktionsanalyse falsche positive Ergebnisse liefert.
Fazit
Als Ergänzung zu den herkömmlichen zahnmedizinischen Untersuchungsmethoden kann die instrumentelle Strukturanalyse durchaus sinnvoll sein. Ob dies letztlich tatsächlich der Fall ist, wird vom behandelnden Kieferorthopäden oder Zahnarzt entschieden.