Mehrsprachige Erziehung - Vorteile, Voraussetzungen und mögliche Probleme
Kinder, die mehrsprachig aufwachsen, lernen ganz nebenbei Fremdsprachen, ohne Vokabeln oder Grammatik pauken zu müssen. Doch so vorteilhaft eine mehrsprachige Erziehung sein kann, so entstehen im Alltag auch einige Probleme. Damit ein Kind bilingual aufwachsen kann, sind einige Voraussetzungen nötig. Entscheidend ist, dass Eltern ihren Nachwuchs nicht unter Druck setzen. Lesen Sie, worauf es bei der mehrsprachigen Erziehung ankommt, und welche Probleme mit dieser einhergehen können.
Die Merkmale mehrsprachiger Erziehung
Sprechen beide Eltern eine unterschiedliche Muttersprache, können sie ihren Nachwuchs bilingual erziehen, indem sie ihrem Kind beide Sprachen beibringen. Eine solche mehrsprachige Erziehung ist mit Vor- und Nachteilen behaftet.
So vertreten Befürworter beispielsweise die Meinung, dass man im keinem Alter eine weitere Sprache so gut lernen kann, wie während der Kindheit. Kritiker der bilingualen Erziehung hingegen sagen, dass das Kind in diesem Fall keine der Sprachen besonders gut lernen würde.
Es gibt immer wieder Studien, die sich mit diesem Thema beschäftigen. Man hat herausgefunden, dass bilingual aufwachsende Kinder durchschnittlich weniger Worte kennen, als diejenigen, die einsprachig erzogen werden. Allerdings zeigt sich ebenso, dass der geringere Wortschatz innerhalb der Jahre auf der Grundschule wieder ausgeglichen wird; insgesamt verfügen mehrsprachig erzogene Kinder über einen doppelt so großen Wortschatz.
Voraussetzungen
Damit eine mehrsprachige Erziehung funktionieren kann, müssen einige Voraussetzungen gegeben sein. So muss es eine Person im näheren Umfeld des Kindes geben, die die Sprache, welches man dem Kind beibringen möchte, als Muttersprache spricht. Nicht unbedingt immer handelt es sich dabei um einen Elternteil; auch Verwandte oder Erzieher sind möglich - entscheidend ist, dass das Kind häufig, regelmäßig und konsequent mit dieser Sprache in Berührung kommt, heißt, dass es aufgefordert wird, sich in dieser zu unterhalten.
Das sichere Beherrschen der Sprache ist dabei als Lehrender Pflicht; anderenfalls wird auch das Kind mögliche Fehler lernen, deren Behebung im späteren Leben deutlich schwieriger sein wird. Als optimales Alter für das Erlernen einer Sprache werden vier bis fünf Jahre angesehen.
Im Kleinkindalter verinnerlicht der Nachwuchs die neue Sprache intuitiv. Der Lernprozess ändert sich mit Eintritt ins Schulalter; jetzt kommt es auf die richtige Grammatik an - hierfür ist die Erfassung der Sprachstruktur wichtige Voraussetzung.
Im Idealfall macht sich das Kind mit beiden Sprachen als Muttersprache vertraut. Allerdings wird es im Verlauf zu Problemen kommen, wenn es sich bei der Sprache, die der Nachwuchs besser beherrscht, nicht um die Landessprache handelt. Sprechen beide Elternteile die Landessprache nicht gut, kommt es vor allem auch darauf an, dass das Kind diese im Kindergarten durch die Erzieher - und die anderen Kinder - vermittelt bekommt.
Auch die Wahl eines mehr- bzw. fremdsprachigen Kindergartens kann dazu beitragen, dass des Kind eine bilinguale Erziehung erfährt. Dies ist auch als Unterstützung zu empfehlen; beispielsweise sollte ein Elternteil, welches die Landessprache nicht gut beherrscht, besser in der Muttersprache mit seinem Kind kommunizieren, um ihm wiederum im Kindergarten die Chance zu geben, die Landessprache fehlerfrei zu lernen.
Vorteile
Neben den bereits erwähnten, gibt es noch weitere Vorteile, die mit der bilingualen Erziehung einhergehen. So kann das kindliche Gehirn im großen Ausmaß davon profitieren, nicht nur im Bereich des Beherrschens einer Sprache. So fällt es den Kindern beispielsweise leichter, sich in andere Personen hineinzuversetzen.
Außerdem kann das Gehirn lediglich in der Kindheit eine akzentfreie Sprache lernen. Auch im späteren Leben profitieren diejenigen davon, die mehrsprachig aufwachsen sind: wenn es um die Erkrankung an Demenz geht, trifft es sie durchschnittlich vier Jahre später, als Menschen, die als Kind einsprachig erzogen wurden.
Generell wird es auch als Erwachsener leichter fallen, eine weitere Sprache zu lernen, wenn man bereits als Kind mit unterschiedlichen Sprachen in Kontakt getreten ist. Zudem fördert man das Verständnis für unterschiedliche Kulturen. Weitere Vorteile:
- Kinder können sich meist besser konzentrieren
- Kindern fällt es leichter, gedanklich zwischen unterschiedlichen Aufgaben zu wechseln
- Kinder fördern ihre Fähigkeit, sich aufmerksam einer Sache zu widmen
- Im späteren Leben ergeben sich vielseitigere Berufsperspektiven
Von einer geistigen Verwirrung des kindlichen Gehirns, wie oftmals im Zusammenhang mit einer bilingualen Erziehung genannt, kann unterm Strich nicht die Rede sein.
Dennoch kann es dabei auch zu einigen Problemen kommen...
Mögliche Probleme
Wenn Kinder mehrsprachig aufwachsen, so kommt es immer wieder vor, dass
- sie Worte falsch aussprechen
- sie einen grammatikalisch inkorrekten Satz sagen oder
- ihnen Worte in der jeweiligen Sprache einfach nicht einfallen wollen.
Eltern sollten ihr Kind dann nicht besserwisserisch belehren, sondern ganz spielerisch behilflich sein. Wenn einem Kind beispielsweise ein Wort nicht einfällt, so kann man etwas nachhelfen und fragen, ob es dieser Gegenstand sei, den das Kind haben möchte.
Viele Kinder, die mit zwei oder mehr Sprachen aufwachsen, sprechen nicht jede Sprache gleich gut. Meistens ist es so, dass die Kinder in der einen Sprache bestimmte Dinge besonders gut sprechen können, in der anderen aber dafür grammatikalisch besser sind. Diesbezüglich müssen sich die Eltern aber keine Sorgen machen.
Mit der zweiten Sprache etwas abwarten
Ein Kind muss übrigens nicht von Geburt an mit einer zweiten Sprache groß werden, um diese perfekt sprechen zu können. Auch ältere Kinder können eine zweite Sprache lernen, wenn diese dann intensiv gesprochen wird. Ein entsprechender Auslandsaufenthalt verbessert die Sprachkenntnisse nochmals deutlich, weil das Kind dann eine Zeitlang nur in der noch neuen Sprache sprechen kann bzw. muss.
Probleme: Lesen und Schreiben
Viele Kinder, die mehrsprachig erzogen werden, können nur in einer Sprache richtig gut lesen und schreiben. Wird also ein Kind in Deutschland mehrsprachig erzogen, so kann es deutsche Worte in der Regel gut lesen und schreiben, die zweite Fremdsprache hingegen wesentlich schlechter. Eltern und die anderssprachige Verwandtschaft sollten sich daher angewöhnen, Mail oder Karten in der zweiten Muttersprache zu schreiben, so dass das Kind ganz nebenbei auch die Schreibweise dieser Worte kennenlernt.
Kinder nicht unter Druck setzen
Werden Kinder in der zweisprachigen Erziehung zu stark unter Druck gesetzt, so schadet ihnen dies nachweislich in ihrer Erziehung. Sprechen hingegen Mama und Papa im Alltag ganz selbstverständlich in unterschiedlichen Sprachen mit ihrem Kind, so sind die unterschiedlichen Worte jeder Sprache für das Kind gut zu trennen.
Häufig ist es jedoch so, dass das Kind nicht gleich von Anfang an die zweite Sprache sprechen möchte. Es saugt die Worte auf und fängt erst irgendwann an, in der zweiten Muttersprache zu sprechen.
Eltern sollten ihr Kind niemals überfordern oder unter Druck setzen, nur dann ist eine zwei- oder mehrsprachige Erziehung eine wahre Bereicherung für die Entwicklung des Kindes und zudem die Grundlage für andere Fremdsprachen. Mehrsprachig erzogene Kinder lernen nämlich wesentlich leichter eine neue Sprache als Kinder mit nur einer Muttersprache.