Entstehung, Bewegung und sonstige Merkmale unterschiedlicher Gletschertypen
Als Gletscher bezeichnet man Eismassen, die aus Schnee hervorgehen. Es wird zwischen verschiedenen Gletschertypen unterschieden. Gletscher sind weltweit zu finden. Der größte Gletscher der Erde liegt in der Antarktis. Zu den typischen Merkmalen von Gletschern gehören Gletscherspalten. Diese spaltartigen Öffnungen können jedoch für Menschen eine tödliche Gefahr darstellen. Lesen Sie alles Wissenswerte über Gletscher und informieren Sie sich über die Gefahren von Gletscherspalten.
Gletscher - Generelle Merkmale
Die imposanten Gletscher sind aus Schnee hervorgegangene Eismassen. Sie verfügen über ein klares Einzugsgebiet. Durch bestimmte Faktoren wie
- Eisstruktur
- Hangneigung
- Eismasse und
- Temperatur
kommt es zu einer Schubspannung, die zu eigenständigen Bewegungen des Gletschers führt.
Eigenschaften von Gletschern
Gletscher haben einen bedeutenden Anteil an der Landschaftsgestaltung der Erde. So bildeten sich durch sie Seen, Hügel und Täler. Darüber hinaus stellen sie die größten Süßwasserspeicher unseres Planeten dar.
In den Polargebieten werden große Landflächen von ihnen bedeckt. Zahlreiche Flusssysteme erhalten Wasser von Gletschern. Darüber hinaus beeinflussen die Eisriesen das Weltklima.
Entstehung von Gletschern
Zur Bildung von Gletschern kommt es, wenn in einer kalten Region mehr Schnee fällt, als er abtaut oder verdunstet. Erfolgt auf dem bereits vorhandenen Schnee weiterer Schneefall, führt dies zu einem zunehmenden Zusammendrücken der unteren Schneekristalle, was wiederum die Entstehung von Firneis bewirkt.
Weitere Schneeschichten sorgen dafür, dass dieses Firneis sich immer mehr verdichtet und letztlich zu Gletschereis wird. Erreicht der Gletscher eine bestimmte Dicke, führt die Schwerkraft dazu, dass er sich hinab bewegt.
Gletscherbewegung
Gletscher werden nur Eismassen genannt, die in der Lage sind, sich zu bewegen. Eisberge oder Packeis, die auf Wasser treiben, zählen jedoch nicht zu den Gletschern. Bei der Bewegung der Gletscher unterscheidet man zwischen zwei Formen: dem Eisfließen und dem basalen Gleiten.
Beim Eisfließen wird von den orografisch höher liegenden Gletscherteilen eine Schubspannung auf tiefere Abschnitte ausgeübt. Der Abbau des Drucks erfolgt durch die Fließbewegung des Eises.
Zu basalem Gleiten kommt es nur, wenn die Gletscher eine Temperatur knapp unter 0 Grad Celsius aufweisen. Durch die Anomalie des Wassers lässt sich das Eis trotz niedriger Temperaturen verflüssigen, wenn der Druck ausreichend hoch ist.
Sofern der von der Masse des Gletschers erzeugte Druck hoch genug ist und die Eistemperatur für ein Aufschmelzen ausreicht, ist es möglich, dass ein kompletter Gletscherabschnitt auf dem entstehenden Wasserfilm entlanggleitet. Bei diesem Vorgang kommt es zum Abbau des Drucks. Das Wasser gefriert wieder bis erneut ausreichender Druck entsteht.
Gletschertypen
Gletscher werden in verschiedene Arten eingeteilt. Man unterscheidet sie je nach ihrer Entstehung und ihren Entwicklungsstadien. Zu den bekanntesten Gletschertypen gehören:
Talgletscher
Talgletscher werden Eismassen genannt, deren Einzugsgebiet klar begrenzt ist. Sie bewegen sich durch die Schwerkraft abwärts innerhalb eines Tales. Zu den typischen Talgletschern zählen die Gebirgsgletscher.
Fließgeschwindigkeit und Schmelzwassermenge des Gletschers variieren im Laufe des Jahres, wobei sie ihr Maximum in den Sommermonaten erreichen. Talgletscher machen zwar nur etwa ein Prozent aller Gletschergebiete aus, zählen aufgrund ihres beeindruckenden Aussehens jedoch zu den bekanntesten Gletschertypen. Größter Talgletscher der Erde ist der im Pamir gelegene Fedtschenko-Gletscher, gefolgt vom Kahiltnagletscher am Mount McKinley.
Lawinengletscher
Unter Lawinengletschern versteht man Gletscher, die sich unter der Schneegrenze befinden. Aus diesem Grund haben sie kein eigenes Nährgebiet.
Die meisten Lawinengletscher werden von großen, der Sonne abgewandten, Bergwänden umgeben. Sie speisen sich aus dem abgelagerten Schnee von Lawinen.
Lawinengletscher werden zwar nicht sehr groß, verfügen jedoch über die typischen Merkmale eines Gletschers wie Gletscherspalten oder Eisbewegungen. Zu den tiefsten Lawinengletschern zählt die Eiskapelle, die sich am Fuße der Watzmann-Ostwand auf einer Höhe von rund 950 Metern befindet.
Eisschild oder Inlandeis
Die größten Gletscherflächen der Erde werden als Eisschild oder Inlandeis bezeichnet. Sie werden derart groß, dass das Relief von ihnen nahezu komplett überdeckt wird. Man findet sie vor allem in der Antarktis und in Grönland.
Eiskappe oder Plateaugletscher
Eiskappen, auch Plateaugletscher genannt, ähneln Eisschilden, sind jedoch weniger mächtig ausgeprägt. Zu den bekanntesten Plateaugletschern gehören der Jostedalsbreen in Norwegen und der Vatnajökull auf Island.
Eisstrom
Unter einem Eisstrom versteht man Bereiche von Eisschilden, deren Fließgeschwindigkeit deutlich über der des umgebenen Eises liegt. Der Abfluss der Eisschilde verläuft größtenteils über die Eisströme.
Eisstromnetz
Um ein so genanntes Eisstromnetz handelt es sich, wenn ein Talgletscher so stark anwächst, dass sein Eis über die Talscheiden fließt. Die Steuerung des Eises erfolgt durch das Relief. In der heutigen Zeit findet man Eisstromnetze noch in Alaska, Spitzbergen oder im Franz-Josef-Land.
Auslassgletscher
Bei Auslassgletschern handelt es sich um Gletscher, die sich am Rand von Eisschilden oder Eiskappen bilden. Dabei kann das Eis nur durch schmale Auslässe fließen, die das Relief vorgibt. Die meisten Auslassgletscher haben die Form eines Talgletschers.
Hanggletscher und Hängegletscher
Von Hanggletschern spricht man bei kleinen Eisansammlungen an einem Berghang. Die Hanggletscher haben jedoch keine deutliche Zungenbildung oder brechen über eine Wandstufe ab.
Eine extreme Variante von Hanggletschern sind Hängegletscher. Sie werden so bezeichnet, weil sie an steilen Felswänden hängen. Ihr Nährgebiet bilden Hanggletscher, Eiskappen oder Firnrinnen.
Vorlandgletscher oder Piedmontgletscher
Als Vorlandgletscher oder Piedmontgletscher werden Gletscher bezeichnet, die sich aus Gebirgstälern vorschieben. Sie haben die Eigenschaft, sich im vorgelagerten Flachland fächer- oder ringförmig auszubreiten. Größter Vorlandgletscher ist der in Alaska gelegene Malaspinagletscher.
Kargletscher
Bei Kargletschern handelt es sich um Eismassen, die in einem so genannten Kar, einer sonnengeschützten Mulde, liegen. Im Gegensatz zu anderen Gletschern verfügen Kargletscher nicht über eine ausgeprägte Gletscherzunge. Nicht selten sind Kargletscher Hängegletscher.
Bekannte Gletscher der Erde
In der heutigen Zeit bedecken Gletscher rund 15 Millionen Quadratkilometer der festen Erdoberfläche, was zehn Prozent der gesamten Landfläche entspricht. Die bekanntesten Gletscher befinden sich in Europa, die größten Eisriesen liegen jedoch in der Antarktis.
Lambert-Gletscher
Größter Gletscher der Welt ist der Lambert-Gletscher, der in Ostantarktika zu finden ist. So erreicht er eine Länge von 420 Kilometern sowie eine Breite zwischen 90 und 130 Kilometern.
Sein Einflussgebiet erstreckt sich auf rund 10 Prozent des antarktischen Eisschildes. Das Eis des riesigen Gletschers fließt vom Polarplateau zur Küste hin. Dort geht es in das Amery-Schelfeis über.
Malaspina
Der größte Gletscher nicht-polaren Ursprungs ist der Malaspina in Alaska. Mit einer Fläche von ca. 4.275 Quadratkilometern zählt er zu den größten Vorlandgletschern und liegt an der südlichen Pazifikküste, wo er in den Golf von Alaska mündet. Als Namensgeber für den Eisriesen diente der italienische Seefahrer Alessandro Malaspina (1754-1810).
Austfonna
Als flächenmäßig größter Gletscher von Europa gilt der Austfonna im norwegischen Spitzbergen, genauer gesagt auf der Insel Nordostland. So verfügt er über eine Gesamtfläche von 8105 Quadratkilometern.
Seine Eisdecke erreicht durchschnittlich 235 Meter. Die Eiskappe umfasst insgesamt 200 Kilometer.
Aletschgletscher
Der Aletschgletscher ist der flächenmäßig längste und größte Gletscher der Alpen. Zu finden ist er in den Berner Alpen in der Schweiz. Der Gletscher erreicht eine Fläche von 81,7 Quadratkilometern sowie eine Länge von 22,75 Kilometern.
Nördlicher Schneeferner
Umfangreichster Gletscher Deutschlands ist der Nördliche Schneeferner mit einer Fläche von 0,278 Quadratkilometer. Er befindet sich in den Bayerischen Alpen auf dem Zugspitzblatt auf einer Höhe von 2.630 Metern.
Genährt wird er von dem Niederschlag, der auf seine Oberfläche herabfällt sowie von Lawinenschnee. Besonders beliebt ist der Nördliche Schneeferner wegen seiner optimalen Wintersportmöglichkeiten.
Campo de Hielo Sur
Auch in Südamerika befinden sich Gletscher. Größtes Gletschergebiet auf dem südamerikanischen Kontinent ist der Campo de Hielo Sur, der sowohl in Argentinien als auch in Chile liegt und eine Fläche von rund 13.000 Quadratkilometern erreicht. Er bildet das größte Reservoir an Süßwasser in Südamerika.
Quelccaya-Eiskappe
Selbst in der tropischen Klimazone finden sich Gletscher wie die Quelccaya-Eiskappe im Süden von Peru. Sie gilt als größtes tropisches Eisfeld auf der Erde und erreicht eine Ausdehnung von 44 Quadratkilometern. Allerdings zieht sich der Quelccaya-Gletscher jedes Jahr immer mehr zurück.
Die Gefahren von Gletscherspalten
Bei Gletscherspalten handelt es sich um spaltartige Öffnungen in der Oberfläche von Gletschern. Man unterscheidet zwischen Längsspalten und Querspalten. Während Längsspalten in der Regel schräg aufwärts zur Gletschermitte hin verlaufen, zeigen sich Querspalten an Gefälleknicken im Felsenuntergrund.
Bildung von Gletscherspalten
Zur Entstehung von Gletscherspalten kommt es bei Störungen des Eisflusses. Diese können durch
- unterschiedliches Untergrundgefälle
- Felserhebungen unterhalb des Eises
- verschiedene Fließgeschwindigkeiten im Gletscher oder
- den Zusammenfluss von mehreren Gletschern
hervorgerufen werden.
Gefahren durch Gletscherspalten
Gletscherspalten stellen für alpine Hochtourengeher und Bergsteiger unter Umständen eine tödliche Gefahr dar. Dies ist vor allem dann der Fall, wenn die Spalte von Schnee bedeckt wird und deshalb nicht sichtbar ist, was wiederum zu fatalen Abstürzen führen kann.
Dagegen besteht durch sichtbare Gletscher ohne Schneebedeckung normalerweise keine Gefahr. So liegen die Gletscherspalten offen sichtbar und die Ränder lassen sich meist belasten. Es ist dann durchaus möglich, die Spalten zu überspringen oder zu umgehen.
Zu den möglichen Gefahren zählen solche durch
- Geometrie- und Längenänderungen
- Gletscherhochwasser
- Eis- und Gletscherstürze
- Gletscherspalten und
- das Abtauen von Gletscherdämmen.
Risiken bei Alt- und Neuschnee
Als besonders gefährlich gelten Gletscherspalten, die oberflächlich mit Altschnee oder Neuschnee bedeckt sind. Bei Altschnee spielen auch die Tagestemperaturen und die Festigkeit des Schnees eine bedeutende Rolle. So ist das Risiko von Unfällen in den Morgenstunden weniger groß als am Nachmittag.
Dagegen ist Neuschnee wegen seiner Instabilität zu jeder Tageszeit gefährlich. Darüber hinaus können Gletscherspalten breiter sein, als es auf Anhieb zu erkennen ist, da die Ränder mit Schnee bedeckt sind.
Um Stürze in Gletscherspalten zu vermeiden, wird empfohlen, allgemeine Vorsichtsmaßnahmen zu ergreifen.
- So sollte eine Spur durch die Senken des Gletschers und nicht über seine Aufwölbungen angelegt werden, denn dort ist die Wahrscheinlichkeit eines Aufreißens der Gletscherspalte am höchsten.
- Darüber hinaus ist es ratsam, vor Beginn der Mittagszeit in die schneefreie Zone zurückzukehren.
- Durch das Tragen von Schneeschuhen oder Skiern lässt sich das Risiko des Einbrechens reduzieren, wenn auch nicht beseitigen.
- Bergsteiger und Tourengeher sollten einen Gletscher stets nur mit Hochtourenausrüstung und angeseilt begehen.