Immunisierungsarten und Wirkungsweisen

Durch eine Impfung ist es möglich, sich vor verschiedenen schweren Infektionskrankheiten zu schützen. Es wird zwischen zwei unterschiedlichen Immunisierungsarten unterschieden.

Von Jens Hirseland

Schutzimpfungen gelten als wichtigste und wirksamste medizinische Präventivmaßnahme gegen Infektionskrankheiten. So ließen sich in der Vergangenheit durch gezielte Impfprogramme gefährliche Krankheiten zurückdrängen oder sogar weltweit ausrotten, wie zum Beispiel die Pocken. Aus diesem Grund zählt man die Impfung auch zu den größten medizinischen Errungenschaften.

Impfstoffe

Um einen Impfschutz im Körper aufzubauen, ist es erforderlich, einen speziellen Impfstoff zu verabreichen. Dabei wird zwischen so genannten Totimpfstoffen und Lebendimpfstoffen unterschieden.

Totimpfstoffe bezeichnet man auch als inaktivierte Impfstoffe. Das heißt, dass sie abgetötete Krankheitserreger enthalten, die nicht mehr imstande sind, sich im Körper zu vermehren.

In manchen Fällen werden auch nur Bestandteile der Erreger verabreicht. Der Organismus registriert diese als fremde Stoffe und bildet deswegen Antikörper. Zu einem Ausbruch der Krankheit kommt es jedoch nicht.

Zum Einsatz gelangen Totimpfstoffe vor allem gegen:

  • Tetanus (Wundstarrkrampf)
  • Polio (Kinderlähmung)
  • Diphtherie
  • Keuchhusten
  • Hepatitis B
  • Hib (Haemophilus influenzae Typ B)

Von Lebendimpfstoffen spricht man, wenn der Impfstoff kleine Mengen von vermehrungsfähigen Krankheitserregern enthält. Diese werden allerdings derart abgeschwächt, dass sie keine Erkrankung auslösen können.

Bei manchen Menschen kommt es jedoch mitunter zu einer leichten Impfkrankheit. Dazu zählen beispielsweise die Impfmasern, bei denen es sich um einen leichten und nicht ansteckenden masernähnlichen Ausschlag handelt. Lebendimpfstoffe werden u.a. gegen Windpocken, Masern, Röteln und Mumps eingesetzt.

Impfstoff verabreichen

Impfstoffe lassen sich auf unterschiedliche Weise verabreichen, was auch von der Art der Immunisierung abhängt.

  • So unterscheidet man zwischen aktiver und passiver Immunisierung. Eine aktive Impfung erfolgt pararental mithilfe einer Spritze. Das bedeutet, dass der Magen-Darm-Trakt dabei umgangen wird.

  • Eine Injektion kann entweder unter die Haut (subkutan), in die Haut (intradermal) oder in den Muskel (intramuskulär) gegeben werden. Für eine intradermale Injektion stehen auch spezielle Impfpistolen oder Lanzetten zur Verfügung.

  • Manche Impfungen erfolgen auch auf orale Weise. In diesem Fall spricht man von einer Schluckimpfung.

In den meisten Fällen erhält der Patient jedoch eine intramuskuläre Injektion in den Oberarm. Bei Kindern kann der Impfstoff auch in den Oberschenkel gespritzt werden. Erfolgt eine passive Immunisierung, wird die Injektion meist in den Gesäßmuskel verabreicht. Noch im Entwicklungsstadium befindet sich die so genannte Pulverinjektion. Dabei schießt man einen festen Impfstoff in die Oberhaut (Epidermis).

Im Folgenden stellen wir Ihnen die unterschiedlichen Immunisierungsarten und Wirkungsweisen im Detail vor.

Aktive Immunisierung

Impfungen werden in aktive und passive Immunisierung unterteilt. Die aktive Immunisierung ist die gängigste Impfform.

Im Rahmen einer aktiven Impfung können sowohl Lebendimpfstoffe als auch Totimpfstoffe zum Einsatz kommen. Dabei verabreicht man dem Patienten abgeschwächte oder abgetötete Krankheitserreger, um auf diese Weise dem Organismus eine Infektion vorzutäuschen, ohne dass eine Krankheit ausbricht.

Die Zellen des Immunsystems stufen die Eiweißstoffe und Zuckermoleküle der Erreger als körperfremd ein. Daraufhin produziert der Organismus als Antwort Lymphozyten, die ihrerseits Antikörper gegen die Antigene herstellen.

Schlüsselelement: Gedächtniszellen

Außerdem bilden sich Gedächtniszellen, die in Lymph- und Blutbahn verbleiben, wodurch es zu einem lang anhaltenden Schutz gegen die Antigene kommt. Gerät der Körper später einmal wirklich mit dem echten Erreger in Berührung, ist er durch die Gedächtniszellen in der Lage, diesen wirkungsvoll noch vor dem Ausbruch der Krankheit zu bekämpfen.

Impfschutz aufbauen

Um einen aktiven Impfschutz aufzubauen, müssen mehrere Teilimpfungen vorgenommen werden, was man auch als Grundimmunisierung bezeichnet. Mithilfe eines speziellen Impfschemas legt man die einzelnen Impfpunkte fest.

Während manche Impfungen für den Rest des Lebens anhalten, sind bei anderen regelmäßige Auffrischungen erforderlich. So werden bei Jugendlichen und Erwachsenen Auffrischungsimpfungen durchgeführt, die zur Erinnerung des Immunsystems dienen und den Impfschutz sicherstellen.

Passive Immunisierung

Unter passiver Immunisierung versteht man das direkte Verabreichen der Antikörper. Auf diese Weise muss der Körper des Patienten nicht erst selbst Antikörper herstellen.

Die in dem Impfstoff enthaltenen Antikörper erkennen die schädlichen Erreger im Organismus sofort und bewirken ihre Verklumpung zu unbeweglichen Einheiten. Das Abwehrsystem des Geimpften kann sie dann problemlos zerstören.

Probleme und Gefahren

Allerdings hat eine passive Immunisierung auch Nachteile.

  • So dauert ihre Wirkung nur ein paar Wochen, denn die Antikörper werden vom Organismus wieder abgebaut, wodurch die Gefahr einer erneuten Infektion mit denselben Krankheitserregern besteht.

    Grund dafür ist, dass durch die passive Immunisierung die Stimulation des Immunsystems ausbleibt. Daher kommt es auch nicht zur Bildung eines eigenen Immungedächtnisses.

  • Vor allem bei tierischen Antikörpern besteht die Gefahr, dass diese vom Körper als Fremdeiweiß eingestuft werden, was wiederum zur Herstellung von Antikörpern führt, die die Antikörper des Impfstoffes beseitigen.

  • Für die passive Impfung verwendet man Konzentrate von Antikörpern. Diese stammen meist von Menschen, bei denen bereits eine Immunität durch eine Impfung besteht.

Simultanimpfung

Streng genommen handelt es sich bei der passiven Immunisierung nicht um eine Impfung, weil dabei keine Gedächtniszellen ausgebildet werden. Stattdessen stellt sie vielmehr eine Notfallmaßnahme dar, wenn ein Mensch keinen Impfschutz hat und sich mit gefährlichen Krankheitserregern infiziert. Dazu gehören vor allem Infektionskrankheiten wie Tollwut und Tetanus.

Lässt sich der Impfstatus eines Patienten nicht eindeutig klären, erhält er sowohl eine aktive als auch eine passive Immunisierung, damit es nicht zu einer lebensgefährlichen Infektion kommt. Mediziner sprechen in diesem Fall von einer Simultanimpfung. Zu diesem Zweck werden die beiden Impfstoffe in unterschiedliche Körperstellen injiziert, damit sich Stoffe nicht gegenseitig neutralisieren.

Die Auffrischung einer Impfung

Während einige Impfungen lebenslangen Schutz vor bestimmten Krankheiten bieten, muss bei anderen eine regelmäßige Auffrischungsimpfung erfolgen. Dazu gehört zum Beispiel die Tetanus-Impfung, deren Grundimmunisierung 10-15 Jahre anhält. Danach ist mindestens alle zehn Jahre eine Auffrischung notwendig. Zum Erneuern des Impfschutzes genügt bereits eine einzelne Injektion.

Verabreichung und Dauer des Impfschutzes

Eine Auffrischungsimpfung wird auch als Wiederholungsimpfung oder Boosterimpfung bezeichnet. Im Unterschied zur Grundimmunisierung lässt sich eine rasche effektive Immunität schon durch das einmalige Verabreichen eines geringer dosierten Impfstoffes erzielen.

Durch die Auffrischung kommt es zur

  • Bildung von Antikörpern und
  • Aktivierung der langlebigen Gedächtniszellen.

In welchen Zeitabständen eine Auffrischungsimpfung erforderlich ist, lässt sich nicht allgemein sagen, da dies von den jeweiligen Impfstoffen abhängt. Vor allem bei Lebendimpfungen hält der Impfschutz mitunter so lange an, dass keine Auffrischung erfolgen muss.

  • So besteht zum Beispiel nach Impfungen gegen Mumps, Masern und Röteln meist auch nach 20 Jahren noch ein ausreichender Schutz vor den Krankheitserregern.
  • Bei Keuchhusten lässt der Antikörperspiegel dagegen nach etwa 4-12 Jahren wieder nach, sodass nach zehn Jahren eine Auffrischungsimpfung sinnvoll ist.

Ob und wann eine Auffrischungsimpfung durchgeführt werden muss, lässt sich anhand des Impfpasses feststellen. Daher sollte man diesen von Zeit zu Zeit seinem Hausarzt vorlegen.

Nicht zu verwechseln ist eine Auffrischungsimpfung mit einer Teilimpfung. Letztere erfolgt im Rahmen der Grundimmunisierung.

Nebenwirkungen von Impfungen (Impfreaktionen und Impfkomplikationen)

Während es in früheren Zeiten häufiger nach Impfungen zu erheblichen Nebenwirkungen oder so genannten Impfkomplikationen kam, fallen heutzutage die Begleiterscheinungen meist nur gering aus. So werden Impfungen, bei denen früher oft Komplikationen auftraten, heute nicht mehr empfohlen.

Dazu zählen zum Beispiel die Tuberkulose-Impfung und die Pocken-Impfung. Bei Kinderlähmung kommen im Gegensatz zu früheren Jahren in der heutigen Zeit keine Lebendimpfstoffe, sondern nur noch Totimpfstoffe zur Anwendung, um Komplikationen zu vermeiden.

Bei Nebenwirkungen nach Impfungen unterscheidet man zwischen:

  1. Impfreaktionen
  2. Impfkomplikationen

Impfreaktionen

Unter Impfreaktionen versteht man kurze und örtlich begrenzte Begleiterscheinungen, die nur vorübergehender Natur sind. Dabei kann es sich um

handeln. Mitunter treten

bei den geimpften Personen auf. Manchmal kommt es bei den Patienten auch aus Angst vor schweren Nebenwirkungen zu Befindlichkeitsstörungen, die jedoch nichts mit der Impfung zu tun haben.

Impfkomplikationen

Von einer Impfkomplikation spricht man, wenn das normale Maß einer Impfreaktion überschritten wird. Vor allem Lebendimpfstoffe können mitunter die Krankheit hervorrufen, gegen die man eigentlich einen Impfschutz aufbauen will.

Zu solchen Impfkomplikationen gehören vor allem die so genannten Impfmasern, die bei ca. 3-5 Prozent aller geimpften Personen auftreten. Die Symptome wie Fieber oder Ausschlag fallen jedoch in der Regel deutlich milder aus als bei einer natürlichen Erkrankung.

Anaphylaktischer Schock

Die schwerste Form einer Impfkomplikation ist der allergisch-anaphylaktische Schock, der als Reaktion auf Bestandteile des Impfstoffesentsteht. Dabei kann es sich um den Wirkstoff selbst, aber auch um zusätzliche Stoffe handeln, wie beispielsweise:

  • Hühnereiweiß
  • Antibiotika
  • Quecksilberverbindungen
  • Aluminiumverbindungen
  • Formaldehyd

Ärzte haben die Pflicht, den Patienten vor einer Impfung über die möglichen Risiken aufzuklären. Das Gleiche gilt für die allgemeinen Risiken von Impfungen.

Seit dem Jahr 2001 sind Ärzte auch dazu verpflichtet, Impfkomplikationen, die über das normale Maß hinausgehen, dem Gesundheitsamt zu melden. Auf diese Weise sollen mögliche Impfnebenwirkungen und Risiken frühzeitig erkannt werden.