Ursachen, Diagnose und Behandlung männlicher Unfruchtbarkeit

Unfruchtbarkeit kann auch bei Männern auftreten. Die Gründe dafür sind vielfältig.

Von Jens Hirseland

Nicht immer liegt es an der Frau, wenn sich der Kinderwunsch eines Paares nicht erfüllt. So ist für etwa 30 Prozent aller unerfüllten Kinderwünsche der Mann verantwortlich, der unter Unfruchtbarkeit leidet.

Als unfruchtbar oder steril gilt ein Mann, wenn sich trotz regelmäßigem Geschlechtsverkehrs auch nach mehr als zwei Jahren kein Nachwuchs einstellt.

Ursachen für männliche Unfruchtbarkeit

Ursache für eine Sterilität des Mannes sind zumeist die Hoden, die zu wenige Spermien herstellen, die nicht nur gesund, sondern auch gut beweglich sind. In der Regel befinden sich in einem Milliliter Sperma ca. 20 Millionen Spermien.

Wichtig ist, dass mindestens 50 Prozent von ihnen gut beweglich sind und wenigstens 30 Prozent eine normale Form aufweisen. Ist dies nicht der Fall, können vom Mann normalerweise keine Kinder gezeugt werden.

Störungen der männlichen Spermienproduktion sind aus unterschiedlichen Gründen möglich.

Hormonelle Ursachen

Einen wichtigen Einfluss auf die Entwicklung der Spermien üben Hormone wie das Sexualhormon Testosteron aus. So kann ein Mangel an Testosteron eine Verminderung der Spermienanzahl im Ejakulat zur Folge haben.

Eine weitere hormonelle Ursache für Sterilität ist die Entstehung eines Prolaktinoms. Dabei handelt es sich um einen gutartigen Tumor im Hypophysenvorderlappen, von dem das Hormon Prolaktin gebildet wird.

Anatomische Ursachen

Nicht selten sind auch anatomische Faktoren für eine Unfruchtbarkeit des Mannes verantwortlich. Dazu zählt vor allem der Hodenhochstand (Kryptoorchismus). Normalerweise kommt es bis spätestens zum ersten Lebensjahr zur Abwanderung der Hoden aus dem Bauchraum in den Hodensack.

Bleiben die Hoden jedoch weiterhin im Bauchraum oder der Leistenregion, sind sie dort höheren Temperaturen ausgesetzt, was sich wiederum negativ auf die Entwicklung der Spermien auswirkt. Außerdem leidet ihre Beweglichkeit darunter.

Eine weitere anatomische Ursache für Spermienbeeinträchtigungen können Varikozelen sein. Dabei handelt es sich um krampfaderartige gestaute Venen im Hodenbereich.

Krankheiten

Auch bestimmte Krankheiten können sich auf die Fruchtbarkeit des Mannes negativ auswirken. Dazu gehören vor allem Chromosomenstörungen wie das Klinefelter-Syndrom, bei dem der Mann zwei X-Chromosomen und nicht nur eins hat, sowie Mumps-Infektionen nach der Pubertät oder Chlamydien-Infektionen.

Ebenso können Verletzungen der Hoden durch einen Unfall Unfruchtbarkeit hervorrufen. In manchen Fällen bilden sich in der Samenflüssigkeit auch Antikörper, die sich gegen die eigenen Spermien richten.

Schädliche äußere Einflüsse

Nicht selten wird die männliche Fruchtbarkeit durch äußere Einflüsse beeinträchtigt. Dabei kann es sich um starken Nikotinkonsum, Umweltgifte, Stress, Sitzheizungen oder Alkohol- und Drogenmissbrauch handeln.

Nebenwirkungen von medizinischen Behandlungen

Mitunter bewirken auch bestimmte medizinische Behandlungen eine zeitweilige Beeinträchtigung der Spermienproduktion, wie zum Beispiel die Einnahme von Medikamenten oder Bestrahlungen.

Bei manchen operativen Eingriffen besteht die Gefahr einer versehentlichen Durchtrennung der Samenleiter.

Retrograde Ejakulation

Von einer retrograden Ejakulation spricht man, wenn der Samenerguss nicht nach außen gelangt, sondern stattdessen nach innen in die Harnblase abgegeben wird. Als mögliche Ursache für eine retrograde Ejakulation kommt die Zuckerkrankheit (Diabetes mellitus) infrage.

Idiopathische Sterilität

Lässt sich keine konkrete Ursache für die Unfruchtbarkeit des Mannes finden, handelt es sich um eine idiopathische Sterilität. Davon betroffen sind etwa 15 Prozent aller Paare.

Diagnostik

Besteht der Verdacht, dass ein Mann unfruchtbar sein könnte, befragt ihn der untersuchende Arzt nach seiner Krankengeschichte, seinen Lebensgewohnheiten sowie nach möglichen aktuellen Beschwerden.

Darüber hinaus erfolgt eine gründliche körperliche Untersuchung, bei der besonders auf hormonelle Störungen geachtet wird. Des Weiteren tastet der Arzt die Geschlechtsteile ab und bestimmt mithilfe einer Sonographie (Ultraschalluntersuchung) das Volumen der Hoden, da kleine Hoden oft ein Hinweis auf eine Beeinträchtigung der Spermienentwicklung sind.

Darüber hinaus lassen sich mit einer Sonographie Varikozelen, Entzündungen oder Hodentumore feststellen.

Eine weitere Untersuchungsmethode ist das Erstellen eines Spermiogramms. Dabei wird die Samenflüssigkeit des Mannes gründlich untersucht. Je nach Untersuchungsresultat kann zusätzlich auch eine Gewebeentnahme erfolgen.

Liegt der Verdacht vor, dass die Sterilität eine hormonelle Ursache hat, wird eine Blutuntersuchung vorgenommen, um spezielle Hormone wie Testosteron, Prolaktin oder FSH zu bestimmen.

In manchen Fällen erfolgen auch weitergehende Untersuchungen wie eine Chromosomenanalyse oder eine Kernspintomographie (MRT).

Behandlung

Um eine männliche Unfruchtbarkeit zu behandeln, gibt es verschiedene Möglichkeiten. Ist zum Beispiel ein Mangel an Testosteron für die Sterilität ursächlich, wird eine Testosterontherapie durchgeführt.

Liegt dagegen eine bakterielle Infektion mit Chlamydien an den Geschlechtsteilen vor, bekämpft man diese mit Antibiotika.

Werden die Spermien von körpereigenen Antikörpern angegriffen, besteht die Option, Kortikosteroide zu verabreichen. Diese haben die Eigenschaft, das Immunsystem zu unterdrücken.

Für den Fall, dass im Ejakulat eines Mannes keinerlei Spermien zu finden sind, ist eine operative Spermiengewinnung möglich. Dabei werden die Samenzellen durch operative Verfahren aus den Hoden oder Nebenhoden gewonnen.

Lesen Sie über die verschiedenen Verfahren der operativen Spermiengewinnung hier mehr...

Künstliche Befruchtung

Ist keine ursächliche Therapie möglich, wird auf künstliche Befruchtung zurückgegriffen.

IVF

Dazu gibt es verschiedene Methoden wie zum Beispiel die In-vitro-Fertilisation (IVF), bei der man zunächst der Frau Eizellen entnimmt.

Danach führt man die Eizellen mit den Spermien des Partners zusammen und setzt sie nach der Befruchtung wieder in die weibliche Gebärmutter ein.

Insemination

Ein anderes Verfahren ist die Samenübertragung (Insemination), bei der eine spezielle Aufbereitung der Samen erfolgt, die anschließend direkt in die Eileiter oder die Gebärmutter übertragen werden. Auf diese Weise müssen Spermien, die schlecht beweglich sind, nicht den Weg zur Eizelle zurücklegen.

ICSI

Ebenfalls zu den künstlichen Befruchtungsmethoden zählt die intrazytoplasmatische Spermieninjektion (ICSI). Dabei entnimmt man zunächst eine weibliche Eizelle, in die dann ein einzelnes Spermium gespritzt wird. Der nächste Schritt ist das Einbringen der befruchteten Eizelle in die Gebärmutter.

Nicht zu lange mit der Behandlung warten

Mit einer Behandlung der Sterilität sollte nicht zu lange gewartet werden, denn je länger die Unfruchtbarkeit anhält, desto schwieriger wird es, sie wirksam zu behandeln. Stellt sich ein Kinderwunsch nach einem Jahr Wartezeit nicht ein, ist es daher ratsam, sich an einen Arzt zu wenden.

Bei etwa 20 Prozent aller behandelten Paare kommt es anschließend tatsächlich zu einer Schwangerschaft. Allerdings besteht oft ein erhöhtes Risiko von Fehlgeburten oder Frühgeburten.

Nicht selten entstehen auch Mehrlingsschwangerschaften.

Vorbeugung

Einer Sterilität vorzubeugen, ist nur dann möglich, wenn ihre Ursachen nicht angeboren sind. Sonst besteht die Möglichkeit, das Unfruchtbarkeitsrisiko durch Maßnahmen wie eine gesunde Lebensweise und den Verzicht auf Stress, Alkohol, Zigaretten und Drogen abzusenken.

Außerdem kann sich der Mann durch die Verwendung von Kondomen vor Chlamydien-Infektionen schützen.