Autismus - Ursachen, Symptome und Behandlung
Unter Autismus versteht man eine komplexe, psychische Entwicklungsstörung. Genaue Ursachen für die Entstehung des Autismus sind noch nicht bekannt. Es handelt sich hierbei um eine chronische Erkrankung, die meist nicht vollständig geheilt werden kann. Die Diagnose wird meist im Kindesalter durch den Kinderarzt gestellt. Lesen Sie, wodurch sich Autismus äußern kann, und wie die Erkrankung behandelt wird.
Krankheitsbild
Autismus ist eine tiefgreifende Entwicklungsstörung in der Psyche von Kindern. Der Begriff Autismus ist abgeleitet aus dem Griechischen und bedeutet "selbst". Betroffene leben in der inneren Zurückgezogenheit der eigenen Welt.
Autistische Kinder können sich unter anderem nicht normal unterhalten oder verstehen auch keine nonverbale Kommunikation wie Lächeln. Autismus liegt in unterschiedlichen Ausprägungen vor. Hilfe finden Betroffene in pädagogischen und therapeutischen Behandlungen, die ganz individuell ansetzen.
Folgen von Autismus
Durch Autismus wird die Persönlichkeitsentwicklung der betroffenen Personen stark beeinträchtigt. Auch soziale Kontakte leiden erheblich unter der Störung. Nicht selten kommt es zu komorbiden Störungen wie zum Beispiel
- ADHS
- Psychosen
- Depressionen
- Phobien
- Zwangsstörungen
- Schlafstörungen
- Essstörungen
- nonverbale Lernstörungen
- Gefühlsblindheit oder
- dem Tourette-Syndrom.
Ursachen
Mit hoher Wahrscheinlichkeit wird die Veranlagung zum Autismus vererbt. In Familien, in denen ein autistisches Kind vorkommt, sind meist auch die Geschwister auffällig.
Bei einigen Autisten ist auch der Gehalt an drei Botenstoffen des Gehirns auffällig. Einer der Botenstoffe ist beispielsweise auch bei Menschen mit geistiger Behinderung erhöht.
Eine weitere mögliche Ursache kann eine schlechte Durchblutung des Gehirns sein. Bei einigen Patienten sind die Regionen des Gehirns nur unzureichend entwickelt, die für die sprachlichen Fähigkeiten und das soziale Verhalten zuständig sind.
Erkrankt eine Frau in der Schwangerschaft an den Röteln, hat das ungeborene Baby ebenfalls ein erhöhtes Risiko, an Autismus zu erkranken.
Eine Form des Autismus kann sich hingegen bilden, wenn das Kind psychisch vernachlässigt wird und bereits die genetischen Risiken eines Autismus in sich trägt.
Verlauf
Der Autismus ist bei Kindern meist ausgeprägter als bei Erwachsenen. Je nachdem, wie ausgeprägt die Symptome des Autismus sind, können diese in wenigen Fällen völlig zurückgehen oder auch nur minimal gebessert werden.
Autisten im Berufsleben
Der Einstieg in ein reguläres Berufsleben ist für die meisten Autisten überaus problematisch. So sind sie den hohen sozialen Anforderungen der modernen Arbeitswelt oft nicht gewachsen. Aus diesem Grund fällt die Arbeitslosenquote unter Autisten sehr hoch aus. Ein großes Problem ist, dass die meisten Autisten es nicht schaffen, sich in die sozialen Strukturen zu integrieren. Außerdem fällt ihnen die Kommunikation mit anderen Menschen schwer.
Nicht selten werden Schule oder Ausbildung von ihnen vorzeitig abgebrochen. Da die Lebensläufe von Autisten bei Auswahlverfahren schnell aussortiert werden, bekommen sie auf dem Arbeitsmarkt keine Chance. Sogar Autisten, die über gute Qualifikationen verfügen, finden nur selten einen Job.
In vielen Fällen führt die Perspektivlosigkeit zu Frust bei den Betroffenen. So leiden sie nicht nur unter finanziellen Sorgen, sondern auch unter
- Selbstzweifeln
- Depressionen oder
- einem Burnout-Syndrom.
Dabei verfügen zahlreiche Autisten über außergewöhnliche Fähigkeiten.
Asperger-Syndrom
Patienten mit einer bestimmten Form des Autismus, dem so genannten Asperger-Syndrom, können in der Regel ein selbstständiges Leben führen. Diese Form des Autismus zeichnet sich dadurch aus, dass die Betroffenen äußerst intelligent sind. Sie können sich selbstständig versorgen, schotten sich jedoch meist völlig von ihren Mitmenschen ab.
Kanner-Syndrom
Patienten mit dem so genannten Kanner-Syndrom, einer weiteren Form des Autismus, haben nur eine unzureichende geistige Entwicklung und sind meist nicht in der Lage, mit anderen Menschen zu sprechen. Diese Form beginnt bereits bei den Babys.
Sie schreien ohne Grund stundenlang und suchen keinen Blickkontakt zu Mutter oder Vater. Auch Berührungen mögen sie nicht. Diese Patienten sind meist ein Leben lang pflegebedürftig und werden oft in speziellen Einrichtungen betreut.
Auch Patienten mit anderen Formen des Autismus sind auf die Hilfe anderer Menschen angewiesen, da sie sich selbst nicht versorgen können. Je nachdem, inwieweit die Patienten auf die Hilfe anderer Menschen angewiesen sind, hängt auch ihr weiteres Leben davon ab. Es gibt durchaus Autisten, die ein annähernd normales Leben führen und einen Beruf ergreifen.
Symptome
Autismus betrifft deutlich mehr Jungen als Mädchen und macht sich - je nach Form der Erkrankung - bereits im Säuglings- oder Kleinkindalter bemerkbar.
Autistische Menschen halten keinen Blickkontakt zu anderen Personen. Sie sprechen kaum und lächeln nicht. Auch körperlichen Kontakt zu anderen Menschen meiden sie, beispielsweise Umarmungen.
Wenn Autisten sprechen, wiederholen regelmäßig Worte oder ganze Sätze. Autistische Menschen sind nicht in der Lage, die Gefühle anderer Menschen zu erkennen.
Sie wissen nicht, dass es Gefühle gibt. Ein autistisches Kind, das traurig ist, sucht beispielsweise keinen Trost bei den Eltern, wie dies andere Kinder tun. Betroffene Kinder ahmen auch die Gefühlsregungen der Erwachsenen nicht derart nach, wie dies gesunde Kinder tun.
Zum Abschied winken autistische Kinder zum Beispiel nicht. Die Kinder spielen lieber alleine als mit anderen Kindern und haben daher kaum Freundschaften.
Autistische Personen brauchen die Regelmäßigkeit. Bestimmte Abläufe müssen immer genau gleich durchgeführt werden.
Beispielsweise muss immer der gleiche Weg zum Supermarkt gegangen werden. Autisten üben bestimmte Körperbewegungen häufig aus, wie zum Beispiel das Bewegen der Hand.
Werden Möbel in der Wohnung umgestellt, wirkt dies für autistische Personen äußerst Angst einflößend und sie können mit der neuen Wohnsituation nicht umgehen.
Autistische Kinder vertauschen Fürwörter oder schaffen neue Wörter - beispielsweise. Weitere Symptome sind scheinbare Taubheit oder fehlende Kreativität beim Spielen.
Besondere Stärken
Andererseits können Autisten auf bestimmten Gebieten wie Musik oder Mathematik besonders ausgeprägte Fertigkeiten erlangen. Die intellektuelle Entwicklung ist gleichfalls sehr unterschiedlich - von geistiger Behinderung bis normaler Intelligenz. Übrigens gibt es bekannte Autisten wie Axel Brauns, Schriftsteller und Filmemacher, oder Richard Borcherds, Mathematik-Professor an der University of California, Berkeley.
Trotz aller Probleme haben Autisten somit auch ihre Stärken. Vor allem in analytischem und logischem Denken gelten sie als überdurchschnittlich gut. Zum Beispiel sind viele Autisten imstande,
- in Mustern zu denken und visuelle Strukturen rasch zu erkennen.
- Flüchtigkeitsfehler unterlaufen ihnen kaum, da sie auch kleinste Fehler schnell aufspüren.
- Ihre Arbeiten erfüllen sie überaus genau, sorgfältig und konzentriert.
Typisch für Autisten ist, dass sie sich für bestimmte Spezialgebiete interessieren, mit denen sie sich geradezu exzessiv befassen. Nicht selten sind sie in ihren Fachgebieten wahre Meister, die über ein umfangreiches Wissen verfügen.
Die möglichen Interessengebiete von Autisten sind sehr mannigfaltig und reichen von Sport über Astrologie, Geschichte und Internet bis hin zu komplizierter Technik. Eine weitere Stärke von Autisten ist, dass sie sprachlich und künstlerisch sehr begabt sind.
Formen
Es gibt unterschiedliche Diagnoseformen beim Krankheitsbild Autismus:
- den frühkindliche Autismus (Kanner-Syndrom)
- den atypische Autismus
- das Asperger-Syndrom und
- das Rett-Syndrom.
Nach dem deutschen Schwerbehindertenrecht zählt Autismus zu den psychischen Behinderungen. Dabei gilt es, zwischen den einzelnen Schweregraden zu unterscheiden.
Besonders schwerwiegend ist der frühkindliche Autismus, bei dem es nur selten zu einer Besserung der Symptome kommt. So benötigen zwischen 85-90 Prozent aller Betroffenen in der Regel ihr Leben lang Hilfe durch andere Menschen. Dagegen sind Autisten, die unter dem Asperger-Syndrom leiden, durchaus in der Lage, ihre Probleme zu kompensieren, was allerdings stark von ihrer Entwicklung und ihren intellektuellen Fähigkeiten abhängt.
Diagnose
In der Regel wird die Diagnose Autismus im Kleinkindalter gestellt, so dass die Diagnostik beim Kinderarzt erfolgt. Um andere Erkrankungen als Ursache für die Symptome auszuschließen, erfolgt zuerst eine körperliche Untersuchung des Kindes. Auch einen Seh- sowie einen Hörtest führt der Arzt durch.
Die Eltern werden genau nach den vorliegenden Symptomen befragt. Dies erfolgt in Form eines Gespräches sowie durch Ausfüllen eines Fragebogens.
Behandlung
Eine kausale Therapie gegen Autismus ist bislang nicht verfügbar. Das liegt daran, dass man sich über das Zusammenwirken der unterschiedlichen auslösenden Faktoren nicht im Klaren ist. Darüber hinaus muss sich die Behandlung meist nach dem individuellen Fall richten, da die Ausprägungen des Autismus sehr verschieden sind.
Als sinnvoll gilt eine so genannte Komplextherapie, bei der mehrere Behandlungsverfahren gleichzeitig zur Anwendung kommen. Dabei ist eine enge Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Therapeuten und den Eltern überaus wichtig. Zu den unterschiedlichen Behandlungsverfahren gehören unter anderem
- die Verhaltenstherapie
- die Musiktherapie
- die Ergotherapie
- die medikamentöse Therapie
- die sensorische Integrationstherapie
- die Aufmerksamkeits-Interaktionstherapie sowie
- körperbezogene, sprachunterstützende und sprachersetzende Behandlungen.
Einigen Autisten werden somit Medikamente verordnet. Diese Präparate bewirken unter anderem eine Verbesserung des Verhaltens, haben jedoch auch Nebenwirkungen.
Meist erfolgt jedoch eine langfristige Behandlung bei einem Psychologen. Im Rahmen des so genannten Verhaltenstrainings übt der Therapeut mit dem Kind zum Beispiel die Kontaktaufnahme zu anderen Kindern.
Jedes Mal, wenn das Kind etwas geschafft hat, wird es belohnt. Auch die Eltern werden in diese Therapie integriert.
Einige autistische Kinder werden auch im Rahmen einer Delfintherapie behandelt. Hier werden oftmals gute Erfolge erzielt, die jedoch wissenschaftlich nicht belegt sind.
In jedem Fall erhalten die Patienten jedoch logopädische Behandlungen, in denen die Sprache und die Gespräche geübt werden. Auch Krankengymnastik ist oftmals nötig.
Unterstützungsmaßnahmen
Um autistischen Menschen die Teilhabe an einem gemeinschaftlichen und beruflichen Leben zu ermöglichen, gibt es verschiedene Möglichkeiten. Besteht der Verdacht, dass ein Kind unter Autismus leidet, ist es wichtig, die Entwicklungsstörung in der Kinder- und Jugendpsychiatrie diagnostizieren zu lassen.
Kindergärten
Selbst wenn eine Behinderung droht, kann eine Frühförderung durch entsprechende Frühförderstellen beansprucht werden. Durch eine frühzeitige Förderung und geeignete Therapiemaßnahmen lässt sich die Entwicklung des betroffenen Kindes positiv beeinflussen. Unter speziellen Rahmenbedingungen ist auch eine Integration des autistischen Kindes in einen Regelkindergarten möglich. Als Alternative kommen Sonderkindergärten infrage.
Schulen
Eine wichtige Hilfe bei der Auswahl einer geeigneten Schule können Beratungslehrer für Autismus sein. Welcher Schultyp sich für das Kind am besten eignet, hängt von dem Ausmaß der Behinderung ab. Wichtige Kriterien für eine integrative Beschulung sind
- kleine Klassen
- entsprechend ausgebildetes Personal
- qualifizierte Lehrer
- geeignetes Lernmaterial sowie
- individuelle Lehr- und Förderpläne.
Berufsausbildung
Ist eine berufliche Ausbildung von jungen autistischen Menschen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht durchführbar, besteht die Option, diese in einer überbetrieblichen Ausbildungsstätte durchzuführen. Um einen Beruf auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ausüben zu können, muss in der Regel eine geeignete Stelle vermittelt werden. Diese Vermittlung erfolgt durch den IFD (Integrationsfachdienst zur beruflichen Eingliederung behinderter Menschen).
Grundvoraussetzung ist die Inanspruchnahme eines speziellen Job-Trainers. Dieser hat die Aufgabe, Menschen, die unter Autismus leiden, in die Arbeitstätigkeit einzuführen und sie dabei zu begleiten.
Eine weitere berufliche Förderungsmöglichkeit für Autisten ist eine zweijährige Ausbildung in einer Behindertenwerkstatt. Im Anschluss daran kann eine berufliche Tätigkeit in einem geschützten Produktionsbereich erfolgen.
Richtiges Arbeitsumfeld sehr wichtig
Damit Autisten in ihrem Beruf optimale Leistungen erbringen können, ist es überaus wichtig, sie an der richtigen Stelle einzusetzen. So benötigen sie an ihrem Arbeitsplatz eine gewisse Freiheit sowie einen geschützten Raum, in dem sie so sein können, wie sie sind und sich nicht verstellen müssen.
Mittlerweile haben auch einige Unternehmen das Potential von Autisten erkannt und nutzen es für sich. So arbeiten zum Beispiel manche Autisten aufgrund ihrer besonderen Fähigkeiten in Software-Firmen, wo sie die Software auf mögliche Fehler untersuchen. Ein Stück Teilhabe am normalen Arbeitsleben ist also auch für Autisten durchaus möglich.
Vorbeugung
Bisher sind keine Maßnahmen bekannt, um der Erkrankung vorzubeugen.
Mehr zum Thema im Internet
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autismus Deutschland e.V. Informationen zum Thema Autismus und dem Bundesverband autismus Deutschland e.V.
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autismus-web.de - Frühkindlicher Autismus Homepage basierend auf einer Diplomarbeit aus dem Jahr 1996 zu dem Thema "Frühkindlicher Autismus".
-
Aspies e.V. - Autismus & Asperger Aspies e.V., die Selbsthilfeorganisation von Menschen im Autismus-Spektrum (einschl. Asperger Autismus) bietet Informationen über Autismus.
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- Intelligenz: Formen, Entwicklung und beeinflussende Faktoren
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- Repetitorium für die Facharztprüfung Innere Medizin: Mit Zugang zur Medizinwelt, Urban & Fischer Verlag/Elsevier GmbH, 2017, ISBN 3437233165
- BASICS Pädiatrie, Urban & Fischer Verlag/Elsevier GmbH, 2019, ISBN 3437422197
Unsere Artikel werden auf Grundlage fundierter wissenschaftlicher Quellen sowie dem zum Zeitpunkt der Erstellung aktuellsten Forschungsstand verfasst und regelmäßig von Experten geprüft. Wie wir arbeiten und unsere Artikel aktuell halten, beschreiben wir ausführlich auf dieser Seite.
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Gestützte Kommunikation im Widerstreit, Wissenschaftsverlag Volker Spiess, 2000, ISBN 3891669887
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Autistische Menschen zwischen Jugend- und Behindertenhilfe, Lambertus-Verlag, 2000, ISBN 3784112145
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Zum Leben wiederfinden, Brandes & Apsel, 2001, ISBN 3860992104
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