Neuroborreliose - Ursachen, Symptome und Behandlung

Die Neuroborreliose kann in Folge einer Lyme-Borrelliose, also der Infektion mit dem Erreger Borrelia burgdorferi, auftreten. Diese Bakterien, die meist durch einen Zeckenbiss in den Körper gelangen, breiten sich dabei im Nervensystem und Gehirn aus und können diverse Symptome hervorrufen. Erfahren Sie hier mehr über die akute und chronische Verlaufsform der Neuroborreliose und wie diese diagnostiziert und behandelt werden kann.

Von Jens Hirseland

Die Neuroborreliose stellt eine Manifestationsform der Lyme-Borrelliose dar. Sie bildet also keine eigenständige Krankheit, sondern geht aus einer Infektionskrankheit, der Lyme-Borrelliose, hervor, die wiederum von dem Bakterium Borrelia burgdorferi hervorgerufen wird.

In Europa ist in erster Linie eine Zeckenart - der Gemeine Holzbock (Ixodes ricinus) - für die Übertragung der Krankheit verantwortlich. Mitunter entsteht die Lyme-Borreliose aber auch durch Stechmücken oder Pferdebremsen.

Da es sich bei der Borreliose um eine systemische Erkrankung handelt, besteht das Risiko, dass sie unterschiedliche Organsysteme in Mitleidenschaft zieht. So können zum Beispiel das zentrale Nervensystem (ZNS) sowie das periphere Nervensystem befallen werden.

Allein in der Bundesrepublik erkranken jährlich ungefähr 100.000 Menschen an einer Borreliose. Nach dem Erythema migrans bildet die Neuroborreliose mit einem Anteil von etwa 50 Prozent die am häufigsten vorkommende Manifestation der Borreliose auf dem europäischen Kontinent, was auch für Deutschland gilt.

Ursachen

Zecke auf der Haut
Die Zeckenart "Gemeiner Holzbock" ist der bekannteste Überträger der Borreliose

Verursacht wird eine Neuroborreliose letztlich durch einen Zeckenbiss, bei dem es zur Übertragung von Borrelia-burgdorferi-Bakterien kommt. Etwa 35 Prozent aller in Deutschland beheimateten Zecken weisen diese gefährlichen Keime auf.

Die meisten Menschen bemerken den Zeckenbiss überhaupt nicht, wodurch keine frühzeitige Therapie erfolgt. Außerdem treten zunächst nur bei wenigen Betroffenen klinische Symptome auf.

Als wichtigster Überträger der Borreliose gilt der Gemeine Holzbock aus der Familie der Schildzecken.

Symptome

Die Neuroborreliose ruft eine Vielzahl unterschiedlicher Symptome hervor, die allerdings nicht bei jedem Patienten auftreten:

Seltenere Symptome sind außerdem:

Akute Neuroborreliose

Macht sich die Neuroborreliose bemerkbar, nimmt sie bei 90 bis 95 Prozent aller betroffenen Personen einen akuten Verlauf.

Bis sich die ersten Beschwerden nach einem Zeckenstich zeigen, vergehen in der Regel mehrere Wochen oder sogar Monate. Dabei kommt es zu einer nicht-eitrigen Hirnhautentzündung. Ebenso werden die Nervenwurzeln des Rückenmarks von einer Entzündung befallen, was Mediziner als Meningopolyradikulitis bezeichnen. An den Nervenbahnen und Nervenwurzeln zeigen sich dabei oft intensive Schmerzen, die besonders in der Nacht vorkommen.

In manchen Fällen leiden die Patienten auch unter Sensibilitätsstörungen und Lähmungserscheinungen. Nicht selten tritt am Gesicht eine Fazialisparese auf, die sowohl einen einseitigen als auch einen beidseitigen Verlauf nehmen kann, weil der 7. Hirnnerv durch die Neuroborreliose in Mitleidenschaft gezogen wird. Des Weiteren besteht die Gefahr, dass auch die anderen Hirnnerven von der Entzündung beeinträchtigt werden. Infolgedessen drohen Hörminderungen oder Lähmungen der Augenmuskeln.

Die Dauer einer akuten Neuroborreliose beträgt maximal sechs Monate.

Chronische Neuroborreliose

Etwa 5 bis 10 Prozent aller Patienten leiden unter einer chronischen Neuroborreliose, die sich schleichend entwickelt, was Monate oder sogar Jahre in Anspruch nehmen kann. Dabei kommt es zu einer chronischen Entzündung von Gehirn und Rückenmark. In der Medizin ist dann von einer Enzephalomyelitis die Rede.

Zwar zeigen sich dabei keine Schmerzen, doch treten Bewegungs- und Gangstörungen auf. Außerdem kann es zu Problemen beim Entleeren der Harnblase kommen.

Diagnose

Eine Neuroborreliose zu diagnostizieren, fällt nicht immer leicht. In der Regel wird bei Beschwerden der Hausarzt aufgesucht, der sich mit der Krankengeschichte befasst. Liegt ein erkannter Zeckenstich vor, nährt dieser den Verdacht, dass eine Neuroborreliose besteht. Selbst dann, wenn sich der Patient nicht an einen Zeckenstich erinnern kann, gelten Arbeiten im Garten oder Spaziergänge im Wald als Verdachtsmomente.

Um den Verdacht auf eine Neuroborreliose abzuklären, kann der Arzt verschiedene Labortests durchführen lassen. Dabei werden das Blut sowie die Flüssigkeit aus dem Gehirn und Rückenmark (Liquor) auf spezifische Antikörper untersucht, die sich gegen Borrelien-Bakterien richten.

Allerdings geben die Ergebnisse dieser Untersuchungen keine absolute Sicherheit. So können auch gesunde Personen durchaus Antikörper gegen Borrelien im Blut tragen, ohne dass sie Anzeichen für eine Borreliose aufweisen. Bei einer Neuroborreliose besteht zudem eine verstärkte Anzahl an Leukozyten (weißen Blutkörperchen), wofür aber auch viele andere Ursachen in Frage kommen.

Und auch der Nachweis des Erregers und seines Erbgutes innerhalb des Liquors lässt sich nicht immer erbringen.

Weitere Untersuchungsverfahren

Falls nötig, können noch weitere Untersuchungen stattfinden. Im Falle einer Entzündung von Gehirn und Rückenmark gilt die Durchführung einer Magnetresonanztomographie (MRT) von Wirbelsäule und Schädel als sinnvoll.

Ebenfalls möglich ist eine Elektroneurographie zur Kontrolle der Signalweiterleitung unterschiedlicher Nerven. Eine andere Option bildet die Elektromyographie, die die elektrischen Aktivitäten der Muskeln überprüft.

Behandlung

Blaue Tabletten
Antibiotika sind bei Borreliose das Mittel der Wahl

Ebenso wie bei der Lyme-Borreliose kommen auch bei der Neuroborreliose Antibiotika zum Einsatz, um die Erkrankung zu behandeln.

Liegt eine akute Neuroborreliose vor, erhält der Patient in der Regel Tabletten mit Doxycyclin. Bei einigen Personen lässt sich ein Antibiotikum wie Ceftriaxon auch unmittelbar in eine Vene darreichen. Diese Behandlung nimmt zumeist zwei Wochen in Anspruch.

Eine intravenöse Antibiotika-Therapie erfolgt zumeist auch bei einer chronischen Neuroborreliose. Hier liegt die Dauer der Behandlung bei zwei bis drei Wochen. Länger sollte die Gabe der Antibiotika jedoch nicht dauern, weil dabei die Gefahr von Nebenwirkungen besteht.

Sind nach sechs Monaten Antibiotikabehandlung noch immer Beschwerden vorhanden, wird wiederum eine Untersuchung der Hirn-Rückenmarksflüssigkeit vorgenommen. Ergibt der Test erneut eine hohe Menge an Leukozyten, ist es möglich, die Antibiotika-Therapie noch einmal durchzuführen.

Vorbeugung

Damit es gar nicht erst zu einer Neuroborreliose kommt, ist es wichtig, Zeckenstiche zu vermeiden. Zu diesem Zweck kann der Körper bei Waldspaziergängen oder Streifzügen durch hohe Gräser mit langen Hosen und Hemden bedeckt werden. Bis zu einem gewissen Grad schützen auch Insektenabwehrmittel vor Zecken. Nach Aufenthalten in Wäldern, hohen Gräsern oder Gärten sollte der Körper genauestens auf Zeckenbisse überprüft werden.

Liegt ein Zeckenstich vor, empfiehlt es sich, die Zecke aus der Haut zu entfernen, ohne sie zu drehen, damit der Speichel der Zecke, der Borrelien enthalten kann, nicht in den Körper gelangt. Anschließend ist die Wunde zu desinfizieren.

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  • Uwe Beise, Uwe Beise, Werner Schwarz Gesundheits- und Krankheitslehre: Lehrbuch für die Gesundheits-, Kranken- und Altenpflege, Springer Medizin Verlag, 2013, ISBN 9783642369834
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  • Reinhard Strametz Grundwissen Medizin: für Nichtmediziner in Studium und Praxis, UTB GmbH, 2017, ISBN 3825248860

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