Dementielles Syndrom - Formen, Symptome, Risikofaktoren und Pseudodemenz

Unter dem dementiellen Syndrom versteht man einen Abbau der kognitiven, also geistigen und intellektuellen Fähigkeiten. Charakteristisch sind auftretende Gedächtnisstörungen, die im weiteren Verlauf auch zu einer Persönlichkeitsveränderung führen. Zu den bekanntesten Formen zählen die Alzheimer-Demenz, vaskuläre Demenz und die Lewy-Body-Demenz. Lesen Sie hier mehr über die verschiedenen Formen des dementiellen Syndroms, den Sonderfall Pseudodemenz sowie Symptome und Risikofaktoren.

Von Jens Hirseland

Das Dementielle Syndrom dient als Oberbegriff für verschiedene Erkrankungen, bei den denen es zu einem Abbau der geistigen und intellektuellen Fähigkeiten kommt. In den meisten Fällen handelt es sich bei einem dementiellen Syndrom um Morbus Alzheimer oder die vaskuläre Demenz.

Nicht selten tritt aber auch eine Mischung aus beiden Formen (Mischform) auf. Das dementielle Syndrom kann aber auch Folge einer Hirnschädigung oder von Alkoholmissbrauch sein.

Merkmale des dementiellen Syndroms

Zu den typischen Charakteristika des dementiellen Syndroms gehört ein allgemeiner Abbau der geistigen Fähigkeiten. Dabei treten zunächst Gedächtnisprobleme und Orientierungsstörungen auf. Außerdem leiden die Betroffenen unter emotionalen Beeinträchtigungen. Je länger die Krankheit anhält, desto mehr verändert sich auch die Persönlichkeit des Patienten.

Das dementielle Syndrom geht darüber hinaus mit neurologischen Ausfallerscheinungen einher. Dazu gehören zentralnervöse Störungen von höhergradigen Leistungen des menschlichen Gehirns. So sind die betroffenen Personen nicht mehr in der Lage, bekannte Gegenstände - wie zum Beispiel bestimmte Lebensmittel - zu erkennen und büßen die Fähigkeit des Schreibens ein. Außerdem schaffen sie es nicht mehr, Handlungsabläufe gezielt zu steuern und leiden unter Sprachstörungen.

Pseudodemenz

Eine Sonderform des dementiellen Syndroms stellt die Pseudodemenz dar. Damit gemeint sind Hirnleistungsstörungen, die nur zeitweilig auftreten.

Sie entstehen durch Hemmungen des Denkens oder Antriebs und gehen oft auf eine schwere Depression zurück. So bildet die depressive Pseudodemenz die häufigste Variante der Erkrankung.

Da sich die Pseudodemenz von Demenzerkrankungen wie Morbus Alzheimer nur schwer unterscheiden lässt, fällt ihre Diagnose oft schwer. Daher ist eine genaue Beobachtung des Patienten erforderlich. Wird die verursachende Depression therapiert, geht für gewöhnlich auch die Pseudodemenz wieder zurück.

Formen und Ursachen des dementiellen Syndroms

Bei den meisten Formen des dementiellen Syndroms liegt eine primäre Erkrankung vor. Verantwortlich dafür sind also keine anderen Krankheiten, sondern degenerative Prozesse innerhalb des Gehirns. Zu den häufigsten Demenzformen zählen:

Alzheimer-Demenz

Mit einem Anteil von mindestens 50 bis 60 Prozent stellt Alzheimer die am häufigsten vorkommende Form des dementiellen Syndroms dar. Die Alzheimer-Krankheit zählt zu den neurodegenerativen Erkrankungen, bei denen es zu einem voranschreitenden Verlust der Nervenzellen kommt. Wodurch Morbus Alzheimer verursacht wird, ist nicht bekannt.

Ausführliche Informationen zur Alzheimer-Demenz lesen Sie in unserem Artikel Alzheimer.

Vaskuläre Demenz

Die zweithäufigste Form des dementiellen Syndroms ist mit einem Anteil von etwa 20 Prozent die vaskuläre Demenz. Hervorgerufen wird sie durch Beeinträchtigungen der Gehirngefäße. Dabei kann es sich um einen Schlaganfall oder die Folgen einer Arterienverkalkung handeln.

Mischformen

Unter Mischformen werden Kombinationen aus der Alzheimer-Krankheit und der vaskulären Demenz verstanden. Zu ihren Ursachen zählen sowohl Morbus Alzheimer als auch Schädigungen der Hirngefäße. Sie machen unter den Demenzformen etwa 15 Prozent aus.

Weitere Formen

Formen des dementiellen Syndroms, die deutlich seltener vorkommen:

Seniorin guckt sich alte Fotos an
Neben dem Verlust diverser kognitiver Fähigkeiten treten vor allem Gedächtnisstörungen auf

Risikofaktoren

Es gibt einige Risikofaktoren, die das Auftreten eines dementiellen Syndroms fördern können. Dazu gehört in erster Linie ein hohes Lebensalter. Frauen sind häufiger von Demenz betroffen als Männer, was auf ihre höhere Lebenserwartung zurückgeführt wird.

Einen weiteren Risikofaktor stellen Depressionen dar. Sie zeigen sich vorwiegend in den frühen Stadien des dementiellen Syndroms.

Als weitere Risikofaktoren gelten auch:

Symptome

Das dementielle Syndrom kann sehr unterschiedliche Symptome zeigen. Besonders betroffen sind geistige Leistungsfähigkeiten wie das Gedächtnis, die Lernfähigkeit, der Orientierungssinn und das Denkvermögen. Aber auch das soziale Verhalten der Patienten verändert sich. Welche Beschwerden konkret auftreten, hängt auch von dem jeweiligen Krankheitsstadium ab.

Veränderungen des Gedächtnisses und Intellekts

Bemerkbar macht sich eine Demenz in der Regel zunächst durch das Nachlassen des Kurzzeitgedächtnisses. In den späteren Stadien ist auch die Erinnerung an Dinge, die in der Vergangenheit erlernt wurden oder an Vertrautes betroffen.

Auch folgende geistige Störungen können auftreten:

  • Unvermögen, Situationen einzuschätzen
  • Probleme mit dem Einprägen von neuen Informationen
  • Konzentrationsschwierigkeiten
  • Wortfindungsstörungen
  • Verstehen von Zusammenhängen
  • Probleme bei Planung und Organisation
  • Zeitliche oder örtliche Orientierungsstörungen
  • Schwierigkeiten mit dem vorgesehenen Umgang von Gegenständen

Veränderungen des Verhaltens

Auch das Verhalten der Patienten wird durch das dementielle Syndrom in Mitleidenschaft gezogen, wobei die Ausprägung individuell unterschiedlich ausfällt. Zu den wichtigsten Merkmalen zählt die Teilnahmslosigkeit der betroffenen Personen. Möglich sind außerdem folgende Verhaltensauffälligkeiten:

  • Häufiges Wiederholen derselben Bewegungsabläufe
  • Größere Unruhe
  • Erhöhte Anspannung
  • Enthemmung
  • Steigerungen von Bewegungen
  • Aggressives Verhalten
  • Weinanfälle und depressive Phasen
  • Angstzustände

Persönlichkeitsveränderung und körperliche Beschwerden

Im Laufe der Erkrankung verliert der Betroffene mehr und mehr die Kontrolle über seine Gefühle, was sich auf seine Persönlichkeit auswirkt.

In späteren Stadien besteht das Risiko, dass auch körperliche Beschwerden auftreten wie Störungen des Tag-Nacht-Rhythmus, Verstopfung oder Harninkontinenz.

Alte Frau bekommt eine Hand gereicht
Im weiteren Verlauf verlieren Betroffene häufig den Sinn für Zeit und Orientierung

Diagnose

Bei Verdacht auf ein dementielles Syndrom kann die Diagnose oft schon durch den Hausarzt erfolgen. Zeigt sich die Demenz jedoch ungewöhnlich früh oder bestehen untypische Symptome wie ausgeprägte Verhaltensauffälligkeiten, sollte ein Facharzt für Neurologie aufgesucht werden. Gleiches gilt, wenn sich die Symptome rasch verschlimmern.

Der erste Diagnoseschritt des Arztes besteht in einem Gespräch mit dem Patienten, aber auch mit dessen Angehörigen. So erhält der Mediziner von Menschen, die dem Erkrankten nahe stehen, oft wichtige Hinweise, mit denen er das Ausmaß des dementiellen Syndroms beurteilen kann.

Neurologische Tests

Zur Beurteilung der Gedächtnisdefizite greift der Arzt auf neuropsychologische Tests zurück, die vor allem im frühen Stadium der Demenz als wichtig für die Diagnose gelten.

Am häufigsten gelangt der MMSE-Test zur Anwendung. MMSE ist die Abkürzung für "Mini Mental State Examination" und nimmt nur 15 Minuten in Anspruch. Er trägt auch die Bezeichnung Mini-Mental-Status-Test (MMST) oder Folstein-Test. Im Rahmen des Verfahrens führt der Arzt ein kurzes Gespräch mit dem Patienten und überprüft dabei dessen zentrale kognitive Funktionen.

Weitere simple psychometrische Testverfahren stellen der DemTect und der Uhrentest dar. Sie eignen sich auch, um den Verlauf des dementiellen Syndroms zu kontrollieren.

Weitere Untersuchungen

Zur Klärung der Ursache des dementiellen Syndroms werden weitere Diagnoseverfahren durchgeführt. Zu den wichtigsten Methoden zählen die körperliche Untersuchung und eine Blutanalyse. Ebenso lassen sich bildgebende Untersuchungsmethoden vornehmen wie die Computertomographie (CT) oder die Magnetresonanztomographie (MRT). In manchen Fällen finden auch Spezialverfahren statt wie eine Hirnwasseruntersuchung, SPECT oder eine Genanalyse, was von der vermuteten Demenzursache abhängt.

Um die häufigste Form des dementiellen Syndroms, Morbus Alzheimer, sicher feststellen zu können, erfolgt eine Ausschlussdiagnose. Wurde sicher abgeklärt, dass keine andere Ursache für die Erkrankung infrage kommt, lautet die Diagnose Morbus Alzheimer.

Behandlung

Auch wenn ein dementielles Syndrom nur sehr selten heilbar ist, gilt eine Behandlung der Erkrankung als überaus wichtig. Je eher mit der Therapie begonnen wird, umso größer sind die Erfolgschancen, die Demenz positiv zu beeinflussen.

Bei der Behandlung des dementiellen Syndroms sollen die Symptome reduziert, die Lebensqualität des Patienten sowie seiner Angehörigen verbessert und das Voranschreiten der Krankheit verzögert werden. Darüber hinaus können Patienten, bei denen eine frühzeitige Behandlung stattfindet, länger ihre Eigenständigkeit bewahren. Im Laufe der Zeit lässt das Gedächtnis allerdings immer weiter nach, sodass sie letztlich auf die Hilfe anderer Menschen angewiesen sind.

Behandlung mit Medikamenten

Arzneimittel, die zur Therapie des dementiellen Syndroms verabreicht werden, tragen die Bezeichnung Antidementiva. Zu den wichtigsten Wirkstoffgruppen zählen zentral wirksame Cholinergika (Cholinesterasehemmer) wie Rivastigmin, Galantamin und Donepezil.

Die Wirkung der Medikamente fällt allerdings von Patient zu Patient sehr unterschiedlich aus. Während einige Erkrankte von ihnen profitieren, zeigt sich bei anderen überhaupt keine Wirkung. Im günstigsten Fall halten die dargereichten Mittel das dementielle Syndrom ein bis zwei Jahre auf, sofern ihre Gabe frühzeitig erfolgt. In späteren Stadien bleiben die Medikamente jedoch meist wirkungslos.

Tablette in einer Hand einer Seniorin
Nicht immer ist eine medikamentöse Behandlung sinnvoll

Weitere Behandlungsmethoden

Darüber hinaus stehen verschiedene nicht-medikamentöse Therapieverfahren zur Verfügung:

  • Hirnleistungstraining zur Förderung oder Aufrechterhaltung der geistigen Fähigkeiten
  • Physiotherapie, die zur Verbesserung der körperlichen Leistungskraft dient
  • Ergotherapie, mit der sich die Fähigkeiten des Alltags verbessern lassen
  • Verhaltenstherapie und Erinnerungstherapie zur Förderung des seelischen Wohlbefindens

Grundsätzlich muss jeder einzelne Fall des dementiellen Syndroms individuell behandelt werden. So treten nicht bei jedem Patienten auch die gleichen Symptome auf, was wiederum unterschiedliche Behandlungsmethoden erfordert. Gemeinsam mit dem Patienten und dessen Angehörigen entscheiden die Ärzte, welche Therapiemaßnahmen sinnvoll sind.

Verlauf

Das typische dementielle Syndrom, das im Alter auftritt, wie die Alzheimer-Demenz, schreitet nur langsam voran, was mehrere Jahre in Anspruch nehmen kann. Einige Demenzformen setzen jedoch früher ein und schreiten schneller voran. Auch ein schwankender Verlauf ist möglich.

Mitunter stoppt ein dementielles Syndrom auch und schreitet nicht weiter fort. Sogar eine Umkehr des Verlaufes ist möglich. Dabei handelt es sich allerdings ausschließlich um sekundäre Demenzen, die durch eine Grunderkrankung verursacht werden. Gehirn und Nervenzellen sind in diesem Fall nicht primär betroffen.

Prognose

Das dementielle Syndrom ist in den meisten Fällen unheilbar. Sein Voranschreiten lässt sich nur begrenzt aufhalten und kann durch eine Behandlung nicht gestoppt werden. Früher oder später ist jeder Demenzpatient auf Pflege angewiesen.

Vorbeugung

Eine gezielte Prävention des dementiellen Syndroms ist nicht möglich. Allerdings lassen sich einige Risikofaktoren vermeiden, die das Entstehen einer Demenz begünstigen. Als vorbeugende Maßnahmen werden daher der Verzicht auf Alkohol und Rauchen, der Abbau von Übergewicht, eine ausgewogene Ernährung, viel Bewegung sowie die Behandlung von auslösenden Grunderkrankungen empfohlen.

Passend zum Thema

  • Uwe Beise, Uwe Beise, Werner Schwarz Gesundheits- und Krankheitslehre: Lehrbuch für die Gesundheits-, Kranken- und Altenpflege, Springer Medizin Verlag, 2013, ISBN 9783642369834
  • Susanne Andreae, Peter Avelini, Peter Avelini, Martin Hoffmann, Christine Grützner Medizinwissen von A-Z: Das Lexikon der 1000 wichtigsten Krankheiten und Untersuchungen, MVS Medizinverlage Stuttgart, 2008, ISBN 3830434545
  • Susanne Andreae, Peter Avelini, Melanie Berg, Ingo Blank, Annelie Burk Lexikon der Krankheiten und Untersuchungen, Thieme Verlagsgruppe, 2008, ISBN 9783131429629
  • Frank H. Netter Netter's Innere Medizin, Thieme Verlagsgruppe, 2000, ISBN 3131239611
  • Gerd Herold Innere Medizin 2019, Herold, 2018, ISBN 398146608X
  • Gerd Herold Innere Medizin 2020, Herold, 2019, ISBN 3981466098
  • Malte Ludwig Repetitorium für die Facharztprüfung Innere Medizin: Mit Zugang zur Medizinwelt, Urban & Fischer Verlag/Elsevier GmbH, 2017, ISBN 3437233165
  • Stefan Gesenhues, Anne Gesenhues, Birgitta Weltermann Praxisleitfaden Allgemeinmedizin: Mit Zugang zur Medizinwelt (Klinikleitfaden), Urban & Fischer Verlag/Elsevier GmbH, 2017, ISBN 3437224476
  • Reinhard Strametz Grundwissen Medizin: für Nichtmediziner in Studium und Praxis, UTB GmbH, 2017, ISBN 3825248860
  • Wolfgang Maier, Jörg B. Schulz, Sascha Weggen, Sascha Weggen Alzheimer & Demenzen verstehen: Diagnose, Behandlung, Alltag, Betreuung, TRIAS, 2011, ISBN 383046441X
  • Elisabeth Lange Demenz - gelassen betreuen und pflegen: Das stärkende Hilfebuch für Betroffene und Angehörige, GRÄFE UND UNZER Verlag GmbH, 2017, ISBN 9783833861079
  • Claus-Werner Wallesch, Hans Förstl Demenzen, Thieme Verlagsgruppe, 2017, ISBN 3132417076
  • Ulrich Kastner, Rita Löbach Handbuch Demenz, Urban & Fischer Verlag/Elsevier GmbH, 2018, ISBN 3437280031
  • Marika Wöhrle Demenz verstehen: Anzeichen einer Demenz erkennen und Demenz vorbeugen, 2018, ISBN 1980357471
  • Proske Markus Demenz Knigge: Praktische Tipps für den Umgang mit Demenzerkrankten, Nachschlagewerk für Pflege Personal und pflegende Angehörige, mit Glossar mit medizinischen Begriffserläuterungen, corporate minds, 2018, ISBN 3981973003

Unsere Artikel werden auf Grundlage fundierter wissenschaftlicher Quellen sowie dem zum Zeitpunkt der Erstellung aktuellsten Forschungsstand verfasst und regelmäßig von Experten geprüft. Wie wir arbeiten und unsere Artikel aktuell halten, beschreiben wir ausführlich auf dieser Seite.