Pick-Krankheit (Morbus Pick) - Ursachen, Symptome und Prognose der frontotemporalen Demenz
Bei der Pick-Krankheit, auch Morbus Pick oder frontotemporale Demenz (FTD) genannt, handelt es sich um eine seltene Demenzform. Dabei kommt es zu einer fortschreitenden Veränderung der Persönlichkeit. Möglich sind beispielsweise Ruhelosigkeit, Reizbarkeit und auch ein aggressives Verhalten. Die Erkrankung ist nicht heilbar; lediglich eine Linderung der Symptome ist möglich. Lesen Sie alles Wissenswerte über die Pick-Krankheit.
In der Medizin bezeichnet man die Pick-Krankheit auch als Morbus Pick oder frontotemporale Demenz (FTD). Sie betrifft in erster Linie das Frontal- und Temporalhirn. Benannt wurde die seltene Demenzerkrankung nach dem Neurologen und Psychiater Arnold Pick (1851-1924), der sie um 1900 beschrieb.
Vorkommen
Verglichen mit anderen Demenzerkrankungen tritt die Pick-Krankheit eher selten auf. Ihr Anteil an sämtlichen Demenzen liegt etwa zwischen 1 bis 2 Prozent.
In den meisten Fällen zeigt sich Morbus Pick zwischen dem 50. und dem 60. Lebensjahr. Nur selten kommt es zu Erkrankungen vor dem 40. Lebensjahr.
Männer und Frauen sind von dieser Demenzform gleichermaßen betroffen. Die durchschnittliche Überlebenszeit beträgt ca. 7-8 Jahre. Mitunter kann sie aber auch deutlich kürzer oder länger sein.
Besondere Merkmale der Pick-Krankheit
Typisch für die Pick-Krankheit ist, dass sie oftmals mit psychischen Störungen verwechselt wird, was auf das auffällige und unsoziale Verhalten der betroffenen Personen zurückzuführen ist. Im Unterschied zu anderen Demenzformen wie Alzheimer bleibt das Gedächtnis bei Morbus Pick zunächst noch weitgehend intakt, wodurch die Patienten nicht durch Vergesslichkeit und Orientierungslosigkeit auffallen.
Stattdessen kommt es zu erheblichen Persönlichkeitsveränderungen und seltsam anmutenden Benehmen. So reagieren manche Patienten
- sehr gereizt
- ruhelos und
- aggressiv.
Andere Betroffene ziehen sich dagegen immer mehr zurück und verspüren keinerlei Freude mehr. Da die Erkrankten alltägliche Situationen häufig falsch einschätzen, fallen sie durch peinliche Bemerkungen auf, die eigentlich untypisch für sie sind.
Während die einen in der Öffentlichkeit laute Witze machen, begehen andere sogar Diebstähle, da die ethischen Werte immer mehr verloren gehen. Spricht man die betroffenen Personen auf ihr Verhalten an, reagieren sie überrascht oder verärgert, da sie kaum mehr zu Selbstkritik fähig sind.
Im weiteren Verlauf der Pick-Krankheit kommt es auch zu Symptomen, die für Alzheimer typisch sind. Schließlich werden die Patienten nun auch immer vergesslicher. In den meisten Fällen stellt man Morbus Pick erst in diesem Stadium fest.
Klassifikation
Man teilt fronto-temporale Demenzen heute in zwei Hauptgruppen ein: die frontale/Verhaltens-Variante und die primär progressiven Aphasien mit schwindendem Sprachvermögen. Letztere wird des Weiteren unterteilt in die logopenische progressive Aphasie, die progressive nicht flüssige Aphasie und die semantische Demenz.
Ursachen
Die genauen Ursachen der Pick-Krankheit sind noch unbekannt. Man weiß jedoch, dass es zu einer starken Schrumpfung des Stirn- und Frontallappens des Gehirns sowie dem Absterben der Nervenzellen kommt.
Da ein Teil der betroffenen Gehirnsubstanz zum limbischen System zählt, hat dies affektive Symptome zur Folge. So sind zum Beispiel in den betroffenen Hirnregionen Benimm- und Sozialregeln abgespeichert. Außerdem sind sie wichtig für Organisation und Sprache.
Dagegen werden die Projektionsareale nicht in Mitleidenschaft gezogen. Alzheimer-Fibrillen oder Plaques ließen sich bislang nicht nachweisen.
Symptome
Bemerkbar macht sich die Pick-Krankheit zunächst durch ein vermindertes Leistungsvermögen. So sind die Patienten plötzlich nicht mehr dazu in der Lage, normale Routinearbeiten durchzuführen. Danach treten zunehmend Persönlichkeitsveränderungen in den Vordergrund.
Im weiteren Verlauf vernachlässigen die Patienten ihr Leben und ihr Umfeld mehr und mehr und kümmern sich nur noch um elementare Bedürfnisse. Mögliche Begleiterscheinungen der Krankheit können Tics oder Heißhungerattacken sein.
Manche Patienten wiederholen Worte, die sie zuvor gehört haben, wie ein Echo oder neigen zu sexuellen Anzüglichkeiten. Im Endstadium der Pick-Krankheit kommt es häufig zu primitiven Greifreflexen.
Außerdem
- verhalten sich die Patienten enthemmt,
- neigen zu Fresssucht und
- leiden zunehmend an Gedächtnis- und Orientierungsstörungen.
Bei der Verhaltens-Variante einer fronto-temporalen Demenz ist die Apathie, was bedeutet, dass Betroffene die Motivation und Lust an einst vorhandenen Aktivitäten verlieren, was zu einem sozialen Rückzug führt. Auch die Empathie für die Mitmenschen geht verloren.
Des Weiteren werden auch alltägliche Pflichten, wie etwa die Hausarbeit oder die Körperhygiene zunehmend vernachlässigt. Der parallele Verlust von Manieren und Anstand wird von Experten als Disinhibition bezeichnet. Betroffen sind vorwiegend Patienten mit Gewebeschwund von Schläfen- und Stirnhirn auf der rechten Seite.
Die primär progressive Aphasie einer fronto-temporalen Demenz zeichnet sich je nach Unterform mitunter durch
- Störungen im Sprachverständnis
- stockendes und angestrengtes Sprechen
- Störungen beim Abruf von Wörtern und Nachsprechen von Sätzen
- Störungen beim Verstehen einzelner Wörter
- eine Leseschwäche oder
- eine Schreibschwäche
aus.
Diagnose
Morbus Pick zu diagnostizieren, ist nicht einfach, da viele Ärzte die Demenzerkrankung häufig mit einem Burnout-Syndrom, Depressionen oder Schizophrenie verwechseln. Besteht jedoch ein konkreter Verdacht auf die Pick-Krankheit, werden spezielle neuropsychologische Tests durchgeführt.
Auf diese Weise lässt sich feststellen, in welchem Ausmaß Gedächtnis, Orientierung und Verhalten des Patienten beeinträchtigt sind. Darüber hinaus erfolgen bildgebende Verfahren wie eine Computer-Tomographie (CT) oder eine Magnetresonanztomographie (MRT), um möglichen Gewebeveränderungen in der Stirn- und Schläfenregion auf die Spur zu kommen.
Behandlung und Prognose
Die Prognose der Pick-Krankheit ist negativ. So gilt die Erkrankung als unheilbar. Daher ist lediglich eine Linderung der Symptome möglich. In der Regel erhalten die Patienten Medikamente wie Antidepressiva oder Neuroleptika.
Dagegen bleiben Medikamente gegen Alzheimer bei Morbus Pick wirkungslos. Bei aggressiven Patienten können sportliche Aktivitäten hilfreich sein, während lethargische Erkrankte oft positiv auf eine Musiktherapie oder Kunsttherapie reagieren. Im weiteren Verlauf ist es erforderlich, den Patienten dauerhaft und intensiv in einer stationären Einrichtung zu pflegen.
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