EHEC-Infektion - Ursachen, Symptome und Behandlung
Zu den unangenehmsten bakteriellen Darmerkrankungen gehört die EHEC-Infektion, eine Infektion mit Enterohämorrhagische Escherichia coli. Die Erreger können blutige Durchfälle verursachen. Meist hat die Erkrankung einen milden Verlauf; sie kann aber auch zu Komplikationen, wie etwa dem hämolytisch-urämischen Syndrom, führen. Lesen Sie alles Wissenswerte über Ursachen, Symptome und Behandlung einer EHEC-Infektion.
Krankheitsbild
Durch die EHEC-Krankheitswelle im Frühling 2011 in Deutschland ist die EHEC-Infektion ins Bewusstsein der Öffentlichkeit gerückt. Dabei kam es außergewöhnlich häufig zu schweren Krankheitsverläufen.
An den Folgen der Erkrankung starben 53 Menschen. Doch nicht immer verläuft eine EHEC-Infektion derart schwer.
Entstehung
Der Begriff "EHEC" steht für Enterohämorrhagische Escherichia coli. Dabei handelt es sich um eine spezielle Form von Kolibakterien. Kolibakterien leben im Darm des Menschen, was eigentlich ganz natürlich ist. Der EHEC-Typ kommt jedoch nur im Verdauungstrakt von Tieren vor.
Gelangen die EHEC-Bakterien in den menschlichen Organismus, besteht die Gefahr von schweren und blutigen Durchfällen. Außerdem können lebensbedrohliche Komplikationen wie das hämolytisch-urämische Syndrom (HUS) auftreten. In den meisten Fällen verlaufen EHEC-Infektionen allerdings milde, sodass sie häufig gar nicht bemerkt werden.
Risikogruppen und Formen
Besonders betroffen von Erkrankungen durch EHEC sind
- Babys
- kleine Kinder
- ältere Menschen sowie
- Menschen mit einem geschwächten Immunsystem.
Zu EHEC-Infektionen kommt es auf der ganzen Welt. Die bekannteste Variante ist der Serotyp EHEC-O157:H7, durch den es häufig zu schweren Krankheitsverläufen kommt.
In Deutschland gibt es jedes Jahr etwa 900 bis 1.200 registrierte EHEC-Infektionen. Insgesamt kennt man bislang 42 EHEC-Bakterienstämme, die Erkrankungen verursachen können.
Auslöser für die Beschwerden sind so genannte Shiga-Toxine. Dabei handelt es sich um Zellgifte, die die EHEC-Bakterien herstellen.
Als Hauptreservoir der EHEC-Bakterien gelten Rinder. Sie kommen aber auch häufig bei Ziegen und Schafen oder anderen Tieren vor, ohne dass diese davon krank werden.
Übertragungswege
Zu einer Übertragung von EHEC-Keimen kann es auf verschiedene Weise kommen. Dazu gehört zum Beispiel der unmittelbare Kontakt mit einem infizierten Tier.
So ist es möglich, dass sich im Fell von Nutztieren Kotverschmutzungen befinden. Berührt man die Tiere dann mit der Hand, besteht das Risiko, dass die Bakterien von dort aus in den Mund gelangen.
Ebenso können Flächen oder Gegenstände wie Türklinken sowie Lebensmittel durch die Hände verunreinigt werden. Zudem ist eine Übertragung durch kontaminiertes Wasser, zum Beispiel beim Baden, möglich.
Eine weitere Gefahr ist der Verzehr von Lebensmitteln, die mit dem Darmkeim belastet sind. Die Bakterien können in den menschlichen Organismus gelangen, wenn rohes oder nicht durchgegartes Fleisch wie Hackfleisch oder Rohwürste gegessen werden. Aber auch durch den Verzehr von nicht pasteurisierter Rohmilch oder pflanzlichen Lebensmitteln, die mit kontaminiertem Wasser oder Gülle in Berührung gekommen sind, ist eine Übertragung der EHEC-Bakterien möglich.
Darüber hinaus kann der Darmkeim von Mensch zu Mensch durch Schmierinfektion übertragen werden. So besteht die Gefahr, dass die Erreger bei unzureichender Hygiene auf Gegenstände oder Flächen wie Handtücher oder Waschbecken gelangen.
Um eine Erkrankung auszulösen, reichen bereits zehn bis einhundert Bakterien aus, da die Erreger magensäureresistent sind. Von erkrankten Personen können die Keime sogar noch einen Monat nach Ende der Infektion ausgeschieden werden. Daher sind strenge Hygienemaßnahmen sehr wichtig, um sich vor einer Ansteckung zu schützen.
Symptome
Zu den typischen Symptomen einer EHEC-Infektion gehören
- wässriger Durchfall
- Bauchkrämpfe
- Übelkeit
- Erbrechen und
- leicht erhöhte Temperatur.
Verläuft die Erkrankung jedoch schwer, was bei ca. 10-20 Prozent aller Erkrankten vorkommt, leiden die Betroffenen unter
- kolikartigen Bauchschmerzen
- blutigem Durchfall und
- Fieber.
In solchen Fällen muss unbedingt ein Arzt konsultiert werden. Es ist aber auch möglich, dass die Krankheit mild abläuft, sodass es nur zu leichtem Durchfall kommt. Manchmal treten bei einer EHEC-Infektion auch gar keine Symptome auf.
Krankheitsverlauf
Die Inkubationszeit bei einer EHEC-Infektion beträgt mitunter bis zu zehn Tage; in den meisten Fällen bricht die Krankheit jedoch schon nach drei bis vier Tagen aus. Bei vielen erwachsenen Patienten verläuft die Infektion mild, sodass sie nach einer Woche wieder überstanden ist.
Mögliche Komplikationen
Doch auch schwere Krankheitsverläufe, bei denen es zu einer hämorrhagischen Colitis kommt, sind möglich. Die gefürchtetste Komplikation bei einer EHEC-Infektion ist das hämolytisch-urämische Syndrom, das sich bei etwa 5 bis 10 Prozent aller Erkrankten entwickelt.
Dabei treten schwere Nierenfunktionsstörungen auf, die im schlimmsten Fall sogar zum Tode führen können. Doch selbst dann, wenn eine schwere EHEC-Infektion überstanden ist, besteht die Gefahr von anhaltenden Nierenfunktionsstörungen.
Weitere mögliche Komplikationen einer EHEC-Darmerkrankung können
- eine Pankreatitis (Bauchspeicheldrüsenentzündung)
- Ateminsuffizienz
- eine Gehirnentzündung (Enzephalitis) oder
- Störungen der Gehirnfunktionen (Enzephalopathie)
sein. Besonders gefährdet für schwere EHEC-Verläufe sind Kinder. Bei Menschen unter 60 Jahren verläuft die Erkrankung dagegen meist leicht.
Diagnose
Ein Arzt sollte aufgesucht werden, wenn der Durchfall blutig ist oder länger als drei Tage anhält. Zudem ist eine Stuhlprobe auf EHEC in folgenden Situationen angebracht:
- Durchfall und einer der folgenden Fälle: wenn es sich um ein hospitalisiertes Kind bis 6 Jahre handelt, bei sichtbarem Blut im Stuhl, bei nachgewiesener hämorrhagischer Kolitis, wenn der Patient mit der Herstellung von Lebensmitteln zu tun hat
- bei einem Patienten mit akutem Nierenversagen
- bei nachgewiesenem HUS
- bei einer Kontaktperson eines Patienten mit HUS
Blutuntersuchung
Um eine EHEC-Infektion und ihr Ausmaß zu diagnostizieren, untersucht man das Blut des Patienten in einem Labor. Bei diesen Untersuchungen lassen sich
- erhöhte Leberwerte
- Blutarmut (hämolytische Anämie)
- ein Mangel an Blutplättchen (Thrombozytopenie) oder
- Bruchstücke von Erythrozyten
feststellen. Außerdem ist es möglich, die Shiga-Toxine der EHEC-Bakterien im Blutserum nachzuweisen.
Mittlerweile ist auch ein Schnelltest für den neuen Erregertyp EHEC O104:H4 verfügbar, der die Krankheitswelle 2011 ausgelöst hat. So kann eine sichere Diagnose bereits nach wenigen Stunden erstellt werden.
Sowohl eine EHEC-Infektion als auch eine HUS-Infektion unterliegen in Deutschland gemäß dem Infektionsschutzgesetz der Meldepflicht. Das heißt, dass Laborärzte jeglichen Nachweis eines EHEC-Stammes dem Gesundheitsamt mitteilen müssen.
EHEC-Therapie
In den meisten Fällen beschränkt man sich bei einer EHEC-Infektion auf die Behandlung der Symptome. Obwohl es sich bei den Darmkeimen um Bakterien handelt, wird in der Regel auf den Einsatz von Antibiotika verzichtet. So besteht das Risiko, dass diese Mittel den Krankheitsverlauf negativ beeinflussen.
Viel Flüssigkeit zu sich nehmen
Da es aufgrund des starken Durchfalls zu einem Verlust an Wasser und Elektrolyten im Organismus kommt, sorgt man für einen Ausgleich. Für die Erkrankten ist es wichtig, viel Flüssigkeit zu sich zu nehmen und wenig zu essen. Empfohlen werden Tee und fertige Elektrolytpulver aus der Apotheke, die nur noch in Wasser aufgelöst zu werden brauchen.
Leidet der Patient unter blutigen Durchfällen oder HUS, ist eine stationäre Behandlung in einem Krankenhaus erforderlich.
Dialyse oder Bluttransfusion
Als Behandlungsmaßnahmen kommen eine Hämodialyse (Blutwäsche) oder eine Bluttransfusion infrage. Außerdem werden Medikamente verabreicht, die die Harnausscheidung beschleunigen sollen.
Eculizumab
Als wirksame Therapie bei einem hämolytisch-urämischen Syndrom gilt der Einsatz des monoklonalen Antikörpers Eculizumab. Diese Behandlungsmethode kam erstmals während der EHEC-Erkrankungswelle im Frühjahr 2011 zur Anwendung. Studienresultate bestätigen den positiven Effekt von Eculizumab.
Vorbeugemaßnahmen
Um sich vor einer EHEC-Infektion zu schützen, gibt es mehrere Möglichkeiten. Dazu gehört vor allem strenge Hygiene bei der Zubereitung des Essens. So ist es wichtig, Zubehör wie Messer, Teller und Bretter nach dem Bearbeiten von rohem Fleisch gründlich mit heißem Wasser abzuspülen.
Auch rohes Gemüse sollte stets gründlich gewaschen werden. Das Gleiche gilt für die Hände vor und nach der Zubereitung der Mahlzeiten.
Um das Erkrankungsrisiko durch Lebensmittel noch weiter zu senken, ist es ratsam, Fleisch vor dem Verzehr gut durchzugaren. So wird das bakterielle Zellgift, das die Erkrankung hervorruft, bei Temperaturen von mindestens 70 Grad Celsius unschädlich gemacht.
Rohes Fleisch bewahrt am besten getrennt von anderen Lebensmitteln auf. Rohmilch sollte vor dem Genuss unbedingt abgekocht werden. Außerdem ist es wichtig, Spüllappen und Handtücher regelmäßig auszuwechseln oder bei Temperaturen von über 60 Grad Celsius zu reinigen.
Was tun, wenn ein Familienmitglied erkrankt?
Kommt es innerhalb der Familie zu einer EHEC-Infektion, gilt es, sich vor Ansteckung zu schützen, indem man konsequent wichtige Hygieneregeln befolgt. So sollten für Erkrankte immer nur die gleichen Handtücher oder andere Utensilien verwendet werden.
Nach jedem Toilettengang sind die Hände gründlich mit Seife oder einem Desinfektionsmittel zu waschen. Außerdem wird empfohlen, Flächen oder Gegenstände, mit denen der Erkrankte in Berührung kommt, zu desinfizieren.
Während des Reinigens ist es ratsam, Einmalhandschuhe zu verwenden. Wer unter einer Durchfallerkrankung leidet, sollte grundsätzlich keine Mahlzeiten zubereiten oder in der Küche arbeiten.
Zu bedenken ist außerdem, dass die Erkrankten auch nach ihrer Genesung noch etwa vier Wochen lang EHEC-Bakterien ausscheiden und dadurch andere Personen anstecken können. Einen Impfschutz gegen EHEC gibt es bislang noch nicht. Eine Wiederzulassung in gemeinschaftliche Einrichtungen ist erst dann wieder möglich, wenn drei untersuchte Stuhlproben, die im Abstand von jeweils 1 bis 2 Tagen durchgeführt werden, negative Befunde aufweisen; dabei ist ein Attest in schriftlicher Form vorzulegen.
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- Praxisleitfaden Allgemeinmedizin: Mit Zugang zur Medizinwelt (Klinikleitfaden), Urban & Fischer Verlag/Elsevier GmbH, 2017, ISBN 3437224476
- Grundwissen Medizin: für Nichtmediziner in Studium und Praxis, UTB GmbH, 2017, ISBN 3825248860
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