Dravet-Syndrom - Seltene und schwere Epilepsieform im Kindesalter
Unter einem Dravet-Syndrom versteht man eine seltene, aber schwerwiegende maligne Form von Epilepsie. Das Syndrom tritt im Kindesalter auf und zeigt sich durch Krämpfe, die meist durch Fieber ausgelöst werden. Begleitend kann es zu autistischen Zügen, Aufmerksamkeitsstörungen, Wahrnehmungsstörungen oder auch Störungen des autonomen Nervensystems kommen. Informieren Sie sich hier ausführlich über das Dravet-Syndrom.
Definition
Spricht man von einem Dravet-Syndrom, ist damit eine selten auftretende myoklonische Epilepsie gemeint, von der Kinder betroffen sind. Das Syndrom ist bösartig und gilt als schwerste Epilepsieform.
Zu einem Dravet-Syndrom kommt es bei normal entwickelten Kindern. Allerdings tritt das Syndrom doppelt so häufig bei Jungen wie bei Mädchen auf. Zum ersten Mal zeigen sich die epileptischen Anfälle zwischen dem dritten und dem neunten Lebensmonat des Kindes.
Am Anfang der Krankheit kommt es zu einem lang anhaltenden Krampf, der zumeist durch Fieber hervorgerufen wird. Dieser Krampf weist das Krankheitsbild eines Grand-mal-Anfalls auf.
Benannt wurde das Dravet-Syndrom nach der französischen Epileptologin und Psychologin Charlotte Dravet. Diese beschrieb die Epilepsieform erstmals im Jahr 1978 und grenzte sie von anderen Epilepsiesyndromen ab.
Auslöser und Symptome
Als Auslöser können allerdings auch Impfungen des Kindes infrage kommen; sie sind aber nicht die eigentliche Ursache des Dravet-Syndroms. Außerdem kann die Empfindlichkeit für einen Anfall durch bestimmte Faktoren erhöht werden. Dazu gehören zum Beispiel
- Wärme
- Badewassertemperaturen, die höher als 35 Grad Celsius sind
- Infektionen
- Schlafmangel
- Übermüdung
- Überanstrengung
- Aufregung
- Lärm
- visuelle Reize wie z.B. Lichtempfindlichkeit sowie
- Photosensibilität.
Doch auch Anfälle ohne Auslöser sind möglich.
Zu den begleitenden Symptomen des Dravet-Syndroms zählen beispielsweise
- autistische Züge
- Aufmerksamkeitsstörungen
- Gangunsicherheit
- oppositionelles Verhalten
- Gleichgewichtsprobleme
- Hypotonie
- orthopädische Probleme
- Wahrnehmungsstörungen
- chronische Infekte sowie
- Störungen des autonomen Nervensystems.
Im weiteren Verlauf
In den folgenden Jahren nach dem ersten Anfall treten weitere Anfälle auf, die von der Art unterschiedlich sein können. Dabei handelt es sich meist um
- halbseitig verlaufende generalisierte klonische und tonisch-klonische Anfälle
- irreguläre Myoklonien
- myoklonische Anfälle
- Blickkrämpfe
- schwach ausgeprägte Zuckungen
- atypische Absencen sowie
- Sturzanfälle und
- fokale Anfälle.
Darüber hinaus kann eine Neigung zum Status epilepticus (lange anhaltender Anfall oder Anfallserie) bestehen.
Ursachen
Ursache für das Entstehen des Dravet-Syndroms ist eine Neu-Genmutation. So lässt sich bei vielen betroffenen Kindern eine Mutation im SCN1A-Gen nachweisen.
Bei solchen Genmutationen handelt es sich um zufällige Spontanmutationen. Für eine Diagnose des Syndroms ist jedoch nicht ein Gen-Test entscheidend, sondern das Krankheitsbild.
Folgeschäden
Durch das Dravet-Syndrom wird die übliche Entwicklung der betroffenen Kinder behindert. So besteht die Gefahr von schwerwiegenden Entwicklungsverzögerungen sowie motorischen Beeinträchtigungen und kognitiven Behinderungen. Darüber hinaus verspätet sich die Lautsprachentwicklung.
In den meisten Fällen wird von den betroffenen Kindern eine Demenz entwickelt. Im schlimmsten Fall kann es auch zu einem tödlichen Atemstillstand kommen.
Behandlung
Leider ist die Prognose beim Dravet-Syndrom meist ungünstig. Kommt es bereits im Säuglingsalter zu dieser Krankheit, liegt in der Regel eine Therapieresistenz vor.
In manchen Fällen können die verabreichten Medikamente die Intensität eines Anfalls oder seine Häufigkeit sogar verschlimmern. Dazu zählen beispielsweise Antiepileptika wie
- Clobazam
- Valproat
- Brom
- Stiripentol oder
- Topiramat.
Bringen Medikamente keine Besserung, besteht zwar die Möglichkeit, dass die Epilepsie früher oder später von selbst aufhört, sie kann aber auch bis ins Erwachsenenalter anhalten.
Zu den kontraindizierten Antiepileptika, die einen Anfall verschlimmern könnten und daher nicht verabreicht werden dürfen, zählen
- Carbamazepin
- Vigabatrin
- Lamotrigin und
- Phenytoin.
Ketone Ernährungsweise
Mitunter kann jedoch die so genannte ketone Diät die Häufigkeit der Krampfanfälle verringern; dabei handelt es sich um eine spezielle Ernährungsweise, die vor allem auf eine ballaststoffarme Ernährung setzt. Da es hierbei jedoch auch zu Nebenwirkungen kommen kann, sollten Eltern sich genauestens informieren und beraten lassen, ob diese Diätform eine Möglichkeit darstellen könnte.
- Gesundheits- und Krankheitslehre: Lehrbuch für die Gesundheits-, Kranken- und Altenpflege, Springer Medizin Verlag, 2013, ISBN 9783642369834
- Medizinwissen von A-Z: Das Lexikon der 1000 wichtigsten Krankheiten und Untersuchungen, MVS Medizinverlage Stuttgart, 2008, ISBN 3830434545
- Lexikon der Krankheiten und Untersuchungen, Thieme Verlagsgruppe, 2008, ISBN 9783131429629
- Netter's Innere Medizin, Thieme Verlagsgruppe, 2000, ISBN 3131239611
- Innere Medizin 2019, Herold, 2018, ISBN 398146608X
- Innere Medizin 2020, Herold, 2019, ISBN 3981466098
- Repetitorium für die Facharztprüfung Innere Medizin: Mit Zugang zur Medizinwelt, Urban & Fischer Verlag/Elsevier GmbH, 2017, ISBN 3437233165
- Praxisleitfaden Allgemeinmedizin: Mit Zugang zur Medizinwelt (Klinikleitfaden), Urban & Fischer Verlag/Elsevier GmbH, 2017, ISBN 3437224476
- Grundwissen Medizin: für Nichtmediziner in Studium und Praxis, UTB GmbH, 2017, ISBN 3825248860
Unsere Artikel werden auf Grundlage fundierter wissenschaftlicher Quellen sowie dem zum Zeitpunkt der Erstellung aktuellsten Forschungsstand verfasst und regelmäßig von Experten geprüft. Wie wir arbeiten und unsere Artikel aktuell halten, beschreiben wir ausführlich auf dieser Seite.