West-Syndrom - Schwere Epilepsieform im Säuglingsalter
Beim West-Syndrom handelt es sich um eine Form von Epilepsie, die nur bei Babys vorkommt. In der Regel tritt das Syndrom zwischen dem dritten und zwölften Lebensmonat auf. Typisch sind so genannte BNS-Anfälle; dabei handelt es sich um Blitz,- Nick,- Salaam-Anfälle: es kommt zu kurzen Beugebewegungen an Rumpf und Kopf, Muskelzucken an Hals und Nacken oder auch langsamen Bewegungen der Hände. Lesen Sie alles Wissenswerte über das West-Syndrom.
Definition
Das West-Syndrom ist eine selten vorkommende generalisierte maligne Epilepsieform bei Säuglingen, die sich nur schwer behandeln lässt. Benannt wurde das Syndrom nach dem englischen Mediziner William James West (1793-1848), der die Erkrankung erstmals beschrieb. Es gibt aber in der Medizin noch weitere Synonyme für diese Epilepsieform wie
- infantile Spasmen
- maligne Säuglingsepilepsie
- BNS-Epilepsie oder
- Propulsiv-Petit-mal.
Unter einem Epilepsie-Syndrom versteht man ein Krankheitsbild, das bestimmte Formen von epileptischen Anfällen aufweist und außerdem über weitere Merkmale verfügt, wie typische EEG-Veränderungen, Krankheitsbeginn in einem bestimmten Alter oder einen charakteristischen Krankheitsverlauf.
BNS-Anfälle
Das West-Syndrom gilt als eine besondere Form von Epilepsie. Dabei kommt es zu infantilen Spasmen oder BNS-Anfällen. Unter BNS versteht man Blitz,- Nick,- Salaam-Anfall.
Bei einem solchen Anfall leiden die betroffenen Babys unter plötzlichen, kurzen Beugebewegungen, die sich an Kopf und Rumpf zeigen. Dabei werden die Arme sowohl nach oben als auch nach innen geworfen.
Außerdem fällt der Kopf nach vorne und die Augen verdrehen sich. Solche Anfälle dauern zwar nur etwa eine Sekunde lang, können aber serienweise bis zu fünfzigmal am Tag auftreten. BNS-Anfälle zeigen sich vorwiegend beim Einschlafen oder unmittelbar nach dem Aufwachen der Kinder.
Nick- und Blitzanfall
Kommt es nur zu Muskelzucken an Hals und Nacken, spricht man von einem Nickanfall. Als Blitzanfall bezeichnet man ein schnelles Vorbeugen von Kopf und Rumpf. Außerdem werden dabei zur gleichen Zeit die Arme nach oben und nach innen geworfen.
Läuft dieser Vorgang langsam ab und werden dabei die Hände vor der Brust zusammengeführt, handelt es sich um einen so genannten Salaam-Anfall, da diese Haltung an den orientalischen Gruß erinnert.
Symptome
Das West-Syndrom ist an bestimmten Merkmalen zu erkennen:
- diese Epilepsie Form nur im Säuglingsalter auf
- Jungen sind häufiger betroffen als Mädchen
- es kommt zu BNS-Anfällen oder infantilen Spasmen
- die Anfälle treten in Serie auf und werden mitunter von anderen Anfallsformen begleitet.
Darüber hinaus besteht oftmals zusätzlich eine geistige Behinderung bei den betroffenen Kindern. Zu den weiteren möglichen Merkmalen, die häufig bei Kindern mit West-Syndrom beobachtet werden, zählen
- psychomotorische Entwicklungsverzögerungen
- nicht übliche Augenbewegungen (z.B. Augenzittern, Abweichung der Augenachse)
- Störungen bei der Kontaktaufnahmefähigkeit
- Muskelhypotonie
- Schwerhörigkeit
- Stimmungsschwankungen
- das Ziehen von Grimassen
- weiße Flecken auf der Haut
Ursachen
Eine einheitliche Ursache für das West-Syndrom gibt es nicht. Man unterteilt das West-Syndrom in verschiedene Subformen.
Symptomatisches West-Syndrom
Dazu gehört unter anderem das symptomatische West-Syndrom, das bei rund zwei Dritteln der erkrankten Kinder vorkommt. In diesem Fall wird das Syndrom durch eine Grundkrankheit wie die tuberöse Hirnsklerose oder Hirnschädigungen hervorgerufen. Zu Hirnschädigungen kann es durch Sauerstoffmangel bei der Geburt, Schädel-Hirn-Verletzungen oder eine Gehirnentzündung kommen. Zu den weiteren möglichen Auslösern zählen
- Mikrozephalie
- Entwicklungsstörungen der Großhirnrinde
- Hirnatrophie
- das Aicardi-Syndrom
- Lissenzephalie
- ein Schlaganfall
- ein Schädel-Hirn-Trauma
- Fehlbildungen am Zentralnervensystem
- allgemein degenerative Hirnerkrankungen
- Fehlbildungen von Blutgefäßen
- eine bakterielle Meningitis
- Hypoglykämie
- angeborene Infektionen sowie
- neurometabolische Erkrankungen.
Idiopathisches West-Syndrom
Bei einem idiopathischen West-Syndrom lässt sich dagegen keine Ursache für die epileptischen Anfälle feststellen. Man vermutet, dass erbliche Faktoren dabei eine Rolle spielen, da das idiopathische West-Syndrom oftmals gehäuft in einer Familie auftritt.
Diagnose und Behandlung
Um ein West-Syndrom zu diagnostizieren, führt man ein EEG durch, da sich auf diese Weise typische Veränderungen in den betroffenen Hirnabschnitten feststellen lassen. Ebenso gängig sind bildgebende Verfahren wie
- der Ultraschall
- die Positronenemissiontomographie
- die Magnetresonanztomografie
- die Computertomographie und
- die Einzelphotonen-Emissionscomputertomographie.
Für die Therapie des Westsyndroms können verschiedene Medikamente zur Anwendung kommen. In vielen Fällen führt man eine Behandlung mit Kortison durch, das entweder gespritzt oder als Infusion verabreicht wird.
Allerdings weist Kortison starke Nebenwirkungen auf. Daher greifen viele Kinderärzte bei der symptomatischen Form lieber auf Präparate wie
- Vigabatrin
- Clobazam
- Felbamat
- Dexamethason
- Prednisolon
- Sultiam
- Topiramat
- Clonazepam oder
- Valproat
zurück.
- Gesundheits- und Krankheitslehre: Lehrbuch für die Gesundheits-, Kranken- und Altenpflege, Springer Medizin Verlag, 2013, ISBN 9783642369834
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