Primäre und sekundäre Fettstoffwechselstörungen - Ursachen, Beispiele und Behandlung
Bei einer Fettstoffwechselstörung verschiebt sich die Zusammensetzung der Blutfette. Ärzte unterscheiden zwischen primären und sekundären Fettstoffwechselstörungen.
Fettstoffwechselstörungen werden auch als Lipidstoffwechselstörungen, Dyslipidämie oder Dyslipoproteinämie bezeichnet. Dabei verändert sich die Zusammensetzung der Blutfette.
Fettstoffwechselstörungen sind weit verbreitet. So leidet in den westlichen Industrieländern etwa die Hälfte aller Menschen über 40 an erhöhten Cholesterinwerten.
Fettstoffwechsel
Eine wichtige Rolle für den Fettstoffwechsel spielen die Lipide (Fette), da sie der Hauptenergielieferant des Organismus sind. Der Körper erhält die Lipide teilweise über die Nahrung. Er kann sie aber auch selbst herstellen.
Zu den wichtigsten Lipiden zählen Cholesterin und Triglyceride, die man auch Neutralfette nennt. Diese Lipide entstehen in der Leber.
Außerdem kommen sie in tierischen Nahrungsmitteln vor. Von der Leber und dem Darm aus gelangen die Fette schließlich in die Gewebe und Organe des Körpers.
Kommt es jedoch zu einem zu hohen Anstieg des Blutfettspiegels, besteht die Gefahr von Erkrankungen.
- So kann ein Übermaß an Triglycerid eine Hypertriglyceridämie zur Folge haben,
- während ein zu hoher Cholesterinspiegel zu einer Hypercholesterinämie führt.
- Bestehen sowohl erhöhte Triglycerid- als auch Cholesterinwerte, liegt eine kombinierte Hyperlipidämie vor.
Transport der Fette in Lipoproteinen
Um dem Körper Energie liefern zu können, müssen die Fette über das Blut weitergeleitet werden. Allerdings sind sie nur schlecht wasserlöslich.
Aus diesem Grund erfolgt ihr Transport in Lipoproteinen. Dabei handelt es sich um spezielle Eiweiße. Man unterscheidet vier Lipoproteinarten, die für unterschiedliche Aufgaben zuständig sind:
- Chylomikronen: Transport der Fette aus der Nahrung in unterschiedliche Gewebe
- Very low density lipoprotein (VLDL): Transport der Lipide aus der Leber in das Fett- und Muskelgewebe
- Low density lipoproteins (LDL): Transport des Cholesterins von der Leber in perhiphere Gewebe und Organe
- High density lipoprotins (HDL): Transport des Cholesterins zur Leber
Als Energieträger dienen Triglyceride. Beim Transport kommt es bei den VLDL zu einem Entzug der Triglyceride, was zu einem Übergang in LDL (Low Density Lipoproteins) führt. Die LDL sorgen für den Transport des Cholesterins.
Ein Überangebot an LDL hat jedoch oftmals Fettstoffwechselstörungen zur Folge. So lagert sich das überschüssige LDL an den Wänden der Blutgefäße ab, was wiederum Gefäßverengungen verursacht. Daher wird LDL nicht selten als schlechtes Cholesterin bezeichnet, während HDL (High Density Lipoprotein) als gutes Cholesterin gilt, weil es überschüssiges Cholesterin zur Leber zurückleitet.
Ursachen von Fettstoffwechselstörungen
In der Medizin wird zwischen primären und sekundären Fettstoffwechselstörungen unterschieden. Beide Formen haben verschiedene Ursachen. Ein typisches Merkmal von Fettstoffwechselstörungen ist, dass es dabei im Blut zu einem erhöhten Lipoproteingehalt kommt.
Primäre Fettstoffwechselstörungen
Verursacht werden primäre Fettstoffwechselstörungen durch Gendefekte. Nicht selten treten sie gehäuft innerhalb von Familien auf. Ärzte teilen primäre Fettstoffwechselstörungen in fünf Typen ein.
Hyperlipoproteinämie Typ I
Die Hyperlipoproteinämie Typ I wird auch als Bürger-Grütz-Syndrom bezeichnet. Gemeint ist damit eine selten vorkommende Störung des Stoffwechsels, bei der es zu einem Übermaß an Triglyceriden kommt. Hervorgerufen wird die Stoffwechselstörung durch Fett.
Zu den typischen Symptomen des Bürger-Grütz-Syndroms gehören orangegelbe Knötchen, die sich auf Armen, Brust, Gesäß und Rücken bilden. Darüber hinaus leiden die Betroffenen unter
- Schwindelgefühlen
- Kopfschmerzen sowie
- einer Vergrößerung von Leber und Milz.
Allerdings besteht nur ein geringes Risiko zur Arterienverkalkung. Durch eine gezielte Ernährung lässt sich diese Fettstoffwechselstörung in den Griff bekommen.
Hyperlipoproteinämie Typ II
Als Hyperlipoproteinämie Typ II bezeichnet man eine kombinierte Fettstoffwechselstörung. Dabei bildet sich verstärkt LDL- und VLDL-Cholesterin.
Bemerkbar macht sich die Störung durch orangegelbe Knötchen, die sich an den Ansätzen der Sehnen bilden. Nicht selten tritt auch ein trüber weißer Ring im Auge auf. Außerdem besteht das erhöhte Risiko einer Arterienverkalkung.
Hyperlipoproteinämie Typ III
Auch bei der Hyperlipoproteinämie Typ III handelt es sich um eine kombinierte Fettstoffwechselstörung, bei der erhöhte Triglycerid- und Cholesterinwerte auftreten. Als typisches Symptom gelten knötchenähnliche Fettansammlungen an der Haut. Das Risiko für eine Arteriosklerose ist sehr hoch.
Hyperlipoproteinämie Typ IV
Die Hyperlipoproteinämie Typ IV wird vererbt. Zu den Merkmalen dieser Fettstoffwechselstörung gehören vermehrt auftretende Triglyceride.
Außerdem bilden sich an verschiedenen Körperbereichen orangegelbe Knötchen. Auch hier besteht ein hohes Arterienverkalkungsrisiko.
Hyperlipoproteinämie Typ V
Unter Hyperlipoproteinämie Typ V versteht man eine gemischte Fettstoffwechselstörung. Das bedeutet, dass sie einerseits vererbt wird, aber andererseits auch das Resultat einer erhöhten Zufuhr von Fett und Kohlenhydraten ist. Es liegt jedoch nur ein geringes Arterioskleroserisiko vor.
Sekundäre Fettstoffwechselstörungen
Die meisten sekundären Fettstoffwechselstörungen entstehen durch bestimmte Grunderkrankungen. Dazu gehören vor allem
Weitere mögliche Verursacher sind Krankheiten wie
- eine Schilddrüsenunterfunktion
- Lebererkrankungen
- eine Bauchspeicheldrüsenentzündung sowie
- ein nephrotisches Syndrom.
Aber auch
- übermäßiger Alkoholkonsum
- eine fettreiche Ernährung oder
- die Einnahme von bestimmten Arzneimitteln wie Verhütungsmitteln, Kortikoiden oder Diuretika
können sekundäre Fettstoffwechselstörungen hervorrufen.
Behandlungsmöglichkeiten
Liegt eine Fettstoffwechselstörung vor, ist es wichtig, den Cholesterinwert im Blut zu verringern. Dazu ist es nötig, dass der Patient seinen Lebensstil ändert, indem er sich gesünder ernährt und mehr bewegt.
Medikamente
Reichen diese Maßnahmen nicht aus, um den Blutfettspiegel abzusenken, ist eine medikamentöse Therapie erforderlich. Dabei werden Arzneimittel verabreicht, die die Eigenschaft haben, die Cholesterinwerte zu senken. Zum Einsatz kommen je nach Fettstoffwechselstörungstyp Cholesterin-Synthese-Hemmer (Statine) wie
- Pravastatin
- Fluvastatin
- Lovastatin
- Atorvastatin oder
- Simvastatin,
- Cholesterin-Aufnahme-Hemmer wie Ezetemib,
- Anionenaustauscherharze wie Cholestyramin,
Fibrate wie
- Bezafibrat
- Fenofibrat und
- Gemfibrozil,
- Antiadiposita wie Orlistat sowie
- Nicotinsäure und
- Omega-3-Fettsäuren.
Mithilfe von Diäten und Medikamenten ist es möglich, den Cholesteringehalt um 20 bis 40 Prozent zu verringern. Nur bei wenigen Patienten ist eine Lipidapherese (Blutwäsche) nötig, bei der das Cholesterin aus dem Blut geschwemmt wird.
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