Flussblindheit (Onchozerkose)
Bei Flussblindheit handelt es sich um eine chronische Wurmerkrankung, die in tropischen Gebieten vorkommt. Verursacht wird sie von Fadenwürmern.
In der Medizin bezeichnet man Flussblindheit auch als Onchozerkose oder Onchozerkiasis. Die Krankheit kann in manchen Fällen sogar zur Erblindung führen.
Infektion
Flussblindheit tritt vor allem in tropischen Gegenden wie West- und Zentralafrika oder Mittel- und Südamerika auf. Verursacher der Krankheit sind Filarien aus der Gruppe der Fadenwürmer.
Dabei handelt es sich um den Fadenwurm Onchocerca volvulus. Dieser gelangt in den menschlichen Organismus durch die Stiche der blutsaugenden Kriebelmücke.
Nach der Übertragung wandern die Larven (Mikrofilarien) durch den Körper, wo sie schließlich nach zehn Monaten zu geschlechtsreifen Würmern heranwachsen. Am liebsten nisten sich die Parasiten, die bis zu siebzehn Jahre alt werden können, im Unterhautfettgewebe ein, wo sie sich bindegewebig abkapseln.
Durch diesen Vorgang kann es zur Bildung von bis zu fünf Zentimeter großen Knoten auf der Haut, so genannten Onchozerkomen, kommen. Die Wurmweibchen sind in der Lage über einen Zeitraum von mehreren Jahren nach ihrer Befruchtung bis zu tausend Larven täglich freizusetzen, die sich im ganzen Körper verteilen.
Gelangen die Parasiten bis zu den Augen, besteht die Gefahr, dass es zur Erblindung des Betroffenen kommt. Dies ist bei ca. zehn Prozent aller Erkrankten der Fall.
Verbreitung
Dass man die Onchozerkose als Flussblindheit bezeichnet, liegt daran, dass die als Zwischenwirte fungierenden Kriebelmücken in der Nähe von Flüssen leben. Auf der ganzen Welt sind über achtzehn Millionen Menschen von dieser Wurmerkrankung betroffen, wobei die meisten Krankheitsfälle in Afrika auftreten.
Der Zeitraum zwischen Ansteckung und Ausbruch der Krankheit liegt bei ungefähr einem Jahr. Im Gegensatz zu vielen anderen Wurmerkrankungen ist bei der Flussblindheit eine Übertragung von Mensch zu Mensch ausgeschlossen.
Symptome
Durch die Wurmlarven entstehen bei der Onchozerkose Immunreaktionen des Körpers, die teilweise sehr heftig ausfallen. So kann es zu Symptomen wie
- schmerzlosen Knoten an Brustkorb, Beckenkamm und Kopf
- entzündlichen Ausschlägen
- starken Juckreiz
- Pigmentstörungen
- Hautatrophie und
- vergrößerten Lymphknoten
kommen. Im schlimmsten Fall werden die Augen befallen, was eine Hornhautentzündung sowie eine Entzündung des Zillarkörpers und der Iris zur Folge hat, wodurch die Patienten nach einigen Jahren erblinden, wenn sie nicht rechtzeitig medizinisch behandelt werden.
Diagnose
Um die Flussblindheit diagnostizieren zu können, müssen die Wurmlarven nachgewiesen werden. Zu diesem Zweck entnimmt man dem Patienten Gewebeproben der Haut oder der Onchozerkome.
Innerhalb der Hautknoten befinden sich auch ausgewachsene Fadenwürmer. Mithilfe einer Spaltlampen-Untersuchung wird festgestellt, ob auch die Augen von den Mikrofilarien befallen wurden.
Behandlung
Die Flussblindheit vollständig zu heilen, ist möglich.
Wurmmittel
Dazu kommen wurmabtötende Medikamente wie Ivermectin und Suramin zur Anwendung. Durch die Wirkstoffe werden sowohl die Mikrofilarien als auch die Adultwürmer bekämpft.
Allerdings kann die Therapie in manchen Fällen zu beträchtlichen Nebenwirkungen führen. Man vermutet, dass diese durch ausgeschiedene Substanzen der sterbenden Larven hervorgerufen werden. Im schlimmsten Fall droht deswegen sogar ein anaphylaktischer Schock.
Antibiotika und Operation
Ein neuartiger Therapieansatz ist das Verabreichen des Antibiotikums Doxycyclin, das sich vor allem gegen Wolbachia-Bakterien richtet, die eine Symbiose mit den Fadenwürmern eingehen. Das Antibiotikum bewirkt, dass die Wurmweibchen nach einiger Zeit steril werden. Bestehen in der Nähe des Kopfes Onchozerkome, müssen diese chirurgisch entfernt werden, um zu verhindern, dass die Wurmlarven zu den Augen weiterwandern.
Vorbeugung
Es gibt einige Maßnahmen, mit denen man der Infektion vorbeugen kann. Dazu gehören Insektenschutzmittel, mit denen die unbedeckten Hautbereiche behandelt werden sollte. Schwitzt man stärker, so ist das Auftragen entsprechend öfter zu wiederholen.
Vor den Fenstern helfen Fliegengitter, die Insekten abzuwehren. Befindet man sich in risikoreichen Gebieten, so sollte man unter einem engmaschigen Moskitonetz schlafen.
Bei einem bevorstehenden Aufenthalt im Freien ist es ratsam, auf Cremes und Parfüm zu verzichten, da deren Duftstoffe die Mücken anziehen. Flusstäler sowie fließende Gewässer gilt es zu meiden.
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