Hirnmetastasen - Ursachen, Symptome, Häufigkeit und Prognose
Als Hirnmetastasen oder zerebrale Metastasen werden Absiedlungen von Krebszellen in das Gewebe des Gehirns bezeichnet. Diese sogenannten Tochtergeschwulste haben ihren Ursprung in einer bösartigen Krebsform außerhalb des Gehirns, weshalb die Prognose bei Hirnmetastasen insgesamt schlecht ist. Lesen Sie hier, aus welchen Krebsarten sich besonders häufig Hirnmetastasen entwickeln und an welchen Beschwerden sie zu erkennen sind.
Was sind Hirnmetastasen?
Bei einer Hirnmetastase, in der Medizin auch zerebrale Metastase genannt, handelt es sich um die Tochtergeschwulst eines bösartigen Tumors, der sich außerhalb des Gehirns befindet. Durch Blut, Lymphflüssigkeit oder Nervenwasser können die Krebszellen in Richtung Gehirn vordringen.
Zu den häufigsten Ausgangstumoren zählen
- Brustkrebs,
- Lungenkrebs,
- bösartige Melanome sowie
- Nierenzellkarzinome.
Hirnmetastasen gehören zu den häufigsten Tumoren im Gehirn. Oftmals haben sie Beschwerden wie Kopfschmerzen, Krampfanfälle, neurologische Ausfallerscheinungen sowie Veränderungen der Persönlichkeit zur Folge. Ihre Prognose fällt zudem häufig ungünstig aus. In der Regel handelt es sich bei einer Hirnmetastase um ein Anzeichen für eine weit fortgeschrittene Krebserkrankung.
Häufigkeit
Ungefähr 30 Prozent sämtlicher Tumore innerhalb des Gehirns stellen Hirnmetastasen dar, womit sie zu den am häufigsten vorkommenden Neubildungen im Zentralnervensystem (ZNS) gehören. Etwa ein Viertel aller Krebspatienten leidet unter Tochtergeschwülsten im Gehirn. Sie gelten zumeist als Hinweis für das Endstadium der schweren Krebserkrankung.
Allerdings kommt es nicht bei jeder Krebserkrankung zur Entstehung von Metastasen im Gehirn. Aus welchen Gründen bei einigen Tumorerkrankungen die Bildung von Tochtergeschwülsten erfolgt und bei anderen nicht, ließ sich bislang nicht umfassend klären.
Das größte Risiko für die Bildung von Hirnmetastasen besteht bei folgenden Krebserkrankungen:
- Lungenkrebs
- Brustkrebs
- Schwarzer Hautkrebs
- Nierenkrebs
- Bösartige Tumore im Harntrakt
- Bösartige Tumore in der Magen-Darm-Region
Ursachen
Vor allem der häufig auftretende Lungenkrebs ist oft die Ursache für Hirnmetastasen. So zeigen diese sich bei rund 50 Prozent aller Lungenkrebspatienten. Ebenfalls einen hohen Anteil mit ca. 20 Prozent weisen Brustkrebserkrankungen auf.
Mitunter können Hirnmetastasen auch auftreten, ohne dass sich ein primärer Tumor ausfindig machen lässt. In der Medizin ist dann von einem Primarius unklarer Herkunft die Rede.
Im Falle eines Primärtumors lösen sich einzelne Krebszellen oder sogar Zellgruppen von diesem ab und dringen über Blutgefäße oder Lymphbahnen bis ins Gehirn vor, wo sie sich festsetzen und wachsen. Bei Tumoren in der Hals-Nasen-Ohren-Region oder Knochenkrebs ist auch eine direkte Ausbreitung ohne Blut- oder Lymphbahn möglich.
Erreichen Krebszellen das zentrale Nervensystem, besteht die Gefahr, dass sie sich im Nervenwasser (Liquor) ausbreiten. Das Nervenwasser, welches das Gehirn in der Regel vor Verletzungen schützt, umspült das Gehirn sowie das Rückenmark. Auf diese Weise können sich die Krebszellen über den Liquorweg auf die Hirnhäute ausbreiten.
Symptome
Die Symptome, die durch Hirnmetastasen entstehen, sind mannigfaltig. Sie zeigen sich normalerweise erst nach dem Voranschreiten der Metastasenbildung. Welche Beschwerden auftreten, richtet sich nach der Menge der Hirnmetastasen sowie ihrer Position im Gehirn. Eine bedeutende Rolle spielen außerdem ihr Wachstumstempo sowie der Umfang der Flüssigkeitseinlagerungen.
Zu den häufigsten Beschwerden von Hirnmetastasen gehören Kopfschmerzen. Diese gelten als bedenklich, wenn beim Patienten gleichzeitig eine Krebserkrankung wie Hautkrebs oder Lungenkrebs vorliegt. Als weitere denkbare Symptome von Hirnmetastasen gelten:
- Sprachstörungen
- Epileptische Anfälle
- Eine Halbseitenlähmung
- Ungewöhnliche psychische Verhaltensauffälligkeiten des Patienten
Nicht selten kommt es durch Hirnmetastasen zu einem erhöhten Hirndruck. Bemerkbar macht sich dieser durch:
- Müdigkeit
- Übelkeit
- Erbrechen
- Apathie
- Das Sehen von Doppelbildern
- Trübungen des Bewusstseins
- Gangstörungen
Diagnose
Bei Verdacht auf Entstehung von Hirnmetastasen kommen in erster Linie bildgebende Untersuchungsmethoden zum Einsatz. Dazu gehört vor allem die Magnetresonanztomographie (MRT). Sie kann mit oder ohne der Verabreichung eines Kontrastmittels erfolgen. Das Verfahren liefert dem Arzt meist entscheidende Hinweise bei der Diagnostik. Zur Ergänzung oder als Alternativmethode steht außerdem die Computertomographie (CT) zur Verfügung.
Mithilfe dieser Untersuchungsverfahren erhält der Arzt Aufschluss darüber, ob benachbartes Gehirngewebe von den Tochtergeschwülsten verdrängt wird. Denn durch eine Magnetresonanztomographie können Flüssigkeiten und Gewebe optimal dargestellt werden. In manchen Fällen kommt es auch zu Einblutungen in das Hirngewebe, was sich bei einer Computertomographie gut erkennen lässt.
Die bildgebenden Verfahren spielen nicht nur für die Diagnose eine wichtige Rolle, sondern auch für die Verlaufs- und Therapiekontrolle sowie für die Zeit nach der Behandlung.
Für den Fall, dass MRT oder CT nicht genügend Hinweise auf eine Hirnmetastase liefern, erfolgt die operative Entnahme einer Gewebeprobe, was Mediziner als Biopsie bezeichnen. Weiterhin muss der gesamte Körper des Patienten untersucht werden, um festzustellen, ob auch Metastasen an anderen Körperregionen auftreten.
Therapie
Für eine Behandlung von Hirnmetastasen sind Mediziner aus verschiedenen Fachrichtungen erforderlich. Dazu gehören:
- Onkologen für Krebserkrankungen
- Neurologen für Erkrankungen des Nervensystems
- Strahlentherapeuten für Strahlenbehandlungen
- Neurochirurgen für operative Eingriffe an Gehirn, Nerven und Rückenmark
- Radiologen zur Beurteilung von MRT- oder CT-Aufnahmen
Im Rahmen einer Tumorkonferenz wird von den beteiligten Ärzten die Behandlung konkret geplant.
Der Verlauf der Therapie richtet sich nach bestimmten Kriterien. Dazu gehören der Umfang, die Anzahl sowie die Position der Hirnmetastasen. Von Bedeutung ist zudem, um welchen Primärtumor es sich handelt. Erfolgt der Nachweis der Tochtergeschwülste vor der Entdeckung des primären Tumors, suchen die Ärzte nach diesem, um ihn entsprechend zu behandeln.
Behandlung von Symptomen
Beschwerden wie Übelkeit und Erbrechen entstehen zumeist durch Ödeme (Wassereinlagerungen), die sich rund um die Hirnmetastasen bilden. Zu deren Behandlung findet die Gabe von Kortikoiden mit starker Wirkung statt. Diese erzielen einen abschwellenden Effekt, dessen Wirkung jedoch nur von vorübergehender Natur ist. Aus diesem Grund werden weitere Therapieschritte geplant.
Chirurgischer Eingriff
Bei einzelnen Hirnmetastasen findet ein operativer Eingriff durch einen Neurochirurgen statt. Dieses Verfahren gilt vorwiegend bei Tochtergeschwülsten als sinnvoll, bei denen über einen längeren Zeitraum kein Rückfall eintrat. Eine Operation erfolgt zudem bei größeren Metastasen, die einen Durchmesser von mindestens drei Zentimetern erreichen. Die Operation darf jedoch nur dann vorgenommen werden, wenn es der allgemeine Zustand des Patienten gestattet und sich der Tumor verhältnismäßig einfach entfernen lässt, sodass keine neurologischen Ausfälle drohen.
Leidet der Patient unter mehreren Hirnmetastasen, gilt ein chirurgischer Eingriff als nicht sinnvoll. Allerdings sind auch Ausnahmefälle möglich, wenn sich beispielsweise die ursprüngliche Tumorerkrankung gut behandeln lässt. Dann besteht auch die Option, die Metastasen herauszuoperieren.
Grundsätzlich gilt es vor einem operativen Verfahren, Nutzen und Risiko sorgfältig gegeneinander abzuwägen, da die Gefahr besteht, dass sich der Eingriff zusätzlich negativ auf die Lebensqualität des Patienten auswirkt.
Bestrahlung
Zusammen mit anderen Behandlungsmethoden kann eine ergänzende Strahlentherapie erfolgen. Des Weiteren ist aber auch ihre alleinige Durchführung möglich, wie beim Bestehen von mehreren Tochtergeschwülsten oder wenn eine Operation nicht durchführbar ist. Dabei kann eine Ganzhirnbestrahlung des kompletten Schädels vorgenommen werden.
Radiochirurgie
Eine weitere Therapieoption stellt die Radiochirurgie dar. Sie gilt als sinnvoll zur Behandlung von kleineren Hirnmetastasen, die maximal einen Durchmesser von drei Zentimetern aufweisen. Diese präzise Form der Strahlentherapie greift ausschließlich den Tumor an, verschont jedoch das benachbarte gesunde Gewebe. Bei dem Verfahren richtet sich die Strahlendosis präzise auf den Tumor.
Chemotherapie
Eher selten wird beim Vorliegen von Hirnmetastasen eine Chemotherapie vorgenommen. Bei einigen Patienten kann sie jedoch gemeinsam mit einer Strahlentherapie durchaus Sinn machen. Dabei ist darauf zu achten, dass die Krebsart des Primärtumors auch auf die verabreichten Zytostatika anspricht. Dazu gehören zum Beispiel Hirnmetastasen, deren Auslöser ein Bronchialkarzinom (Lungenkrebs) ist.
Prognose
Grundsätzlich treten Hirnmetastasen im fortgeschrittenen Stadium einer Krebserkrankung auf. Dabei wirken sie sich negativ auf die Prognose der ursprünglichen Tumorerkrankung aus. Aus diesem Grund nimmt die Krankheit in der Regel einen negativen Verlauf.
Wie hoch die Lebenserwartung des Betroffenen ausfällt, richtet sich nach dem Ausmaß und der Behandlung der Tochtergeschwülste. Ohne Therapie tritt der Tod häufig nach nur wenigen Wochen ein. Durch geeignete Behandlungsmethoden lässt sich die Lebenszeit oft um einige Monate verlängern.
Die Krankheitsverläufe sind jedoch derart unterschiedlich, dass sowohl ein rasches Voranschreiten der Erkrankung als auch eine Überlebenszeit von mehreren Jahren möglich ist. Dabei spielen zahlreiche individuelle Faktoren wie die allgemeine Verfassung oder das Lebensalter des Patienten eine Rolle. Rund 50 Prozent aller Patienten versterben letztlich an dem Primärtumor und nicht an der Hirnmetastase.
Als Ausnahme gelten Hirnmetastasen aufgrund von Hodenkrebs. Diese Krebsform ist durch eine Kombinationsbehandlung aus Bestrahlung und Chemotherapie meist relativ gut behandelbar.
Prävention
Direkte Vorbeugemaßnahmen gegen Hirnmetastasen sind nicht bekannt. Als allgemeine Vorkehrungen gelten der Verzicht auf unnötige Bestrahlungen, was insbesondere für Kinder gilt, eine gesunde Ernährungsweise, regelmäßige Bewegung sowie der Verzicht auf Alkohol und Nikotin.
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