Hypochondrie - Ursachen, Symptome und Behandlung
Unter einer Hypochondrie versteht man eine psychische Erkrankung, bei der Betroffene sich permanent einbilden, krank zu sein. Verschiedene Ursachen können zu einer Hypochondrie führen; häufig sind Betroffene mit dem Thema Krankheit aufgewachsen. Die Behandlung gestaltet sich oft schwierig; die Diagnostik ist umfangreich. Lesen Sie alles Wissenswerte über die Hypochondrie.
Krankheitsbild Hypochondrie
Es fällt nicht immer leicht, die ständige Einbildung von Krankheiten ernst zu nehmen. Doch für die Hypochonder ist die Einbildung harte Realität. Die Hypochondrie ist eine ernstzunehmende psychische Erkrankung, die mit der ständigen Angst einhergeht, schwer krank zu sein oder zu werden.
Obwohl die Betroffenen zumeist bei bester Gesundheit sind, beobachten sie voller Sorge die kleinsten Veränderungen und schließen sogleich auf einen lebensbedrohlichen Gesundheitszustand. Um ihren Verdacht zu untermauern, kontrollieren sie permanent ihre Körpertemperatur, den Blutdruck oder tasten sich nach Knoten ab.
Verbreitung der Hypochondrie
Forscher des Psychologischen Instituts der Universität Mainz nahmen nun die Verbreitung der Hypochondrie unter die Lupe. Es zeigte sich, dass gute sieben Prozent der Deutschen übertriebene Krankheitsbefürchtungen haben.
Dieses Ergebnis steht im Gegensatz zu einer Umfrage von Forschern der Universitäten Marburg und Dresden. Sie befragten 4.181 Deutsche im Alter von 18 bis 65 Jahren in einem standardisierten Interview.
Nur drei von ihnen zeigten Symptome einer schweren Hypochondrie, weniger als drei Prozent litten unter ausgeprägten oder unrealistischen Krankheitsbefürchtungen (Psychosomatic Medicine 2006, Nr. 68: 770-777). Die Befragung brachte außerdem ans Licht, dass Männer und Frauen ungefähr gleich häufig betroffen und alle Altersklassen vertreten sind.
Subgruppen der Hypochondrie
Die Hypochondrie lässt sich in verschiedene monosymptomatische Formen einteilen. Dazu gehören
- die Dysmorphophobie, bei der man meint, man sei missgebildet oder sehr hässlich
- die Stuhlganghypochondrie, bei der man sich dem Stuhlgang besonders widmet
- die Parasitosis, bei der man meint, man sei von einem Parasiten befallen sowie
- die Bromosis, bei der man meint, man verströmt einen üblen Geruch.
Ursachen - Wodurch entsteht die Hypochondrie?
Hypochonder sind meist ängstliche Menschen, die oftmals bereits mit dem Thema Krankheit aufgewachsen sind. Beispielsweise wurde ein kranker Angehöriger lange Zeit gepflegt oder ein Elternteil ist plötzlich verstorben. Auch in den Medien wird heutzutage viel über Krankheiten und deren Symptome berichtet.
Jeder gesunde Mensch verspürt hin und wieder Symptome wie Durchfall oder Magenbeschwerden. Gesunde Menschen wissen jedoch, dass dies vorübergehende Symptome oder ein kurzzeitiger Virus sind und man anschließend wieder völlig gesund wird. Patienten mit einer Hypochondrie steigern sich in diese Symptome hingegen derart hinein, dass sie Verdauungsstörungen sofort als Darmkrebs vermuten oder Magenbeschwerden als Magenkrebs.
Eine eindeutige Ursache für die Entstehung einer Hypochondrie ist noch nicht bekannt. Ärzte vermuten auch, dass innere Konflikte zur Entstehung dieser psychischen Erkrankung führen können. Die von den Patienten beklagten körperlichen Symptome können dabei Ausdruck ihrer seelischen Ängste sein. Wenn ein Patient beispielsweise eine bestimmte Situation nicht sehen möchte, verspürt er Beschwerden an den Augen.
Verlauf der Hypochondrie
Oftmals schonen sich die Patienten aufgrund ihrer angeblichen Symptome auch, um diese - nach ihrer Meinung - nicht zu verschlimmern. Durch diese übermäßige Schonung sind die Patienten jedoch auch nicht mehr körperlich belastbar, was sich wiederum in Symptomen äußert. Die Patienten befinden sich hier in einem Teufelskreis, aus dem sie ohne fremde Hilfe nicht herauskommen können.
Hypochonder können nicht einfach mit Medikamenten behandelt werden und sind dann geheilt. Meistens handelt es sich hierbei um eine chronische Erkrankung, die nie ganz geheilt werden kann. Die Patienten werden sich Zeit ihres Lebens intensiv mit den Zeichen ihres Körpers beschäftigen.
Oft bekommen die Hypochonder auch positive Aufmerksamkeit durch ihre angeblichen Krankheiten. Freunde und Verwandte kümmern und sorgen sich um den Patienten. Besonders in diesen Fällen handelt es sich meist um einen langwierigen Krankheitsverlauf, da der Patient dieses Umsorgen als etwas Positives empfindet.
Meist beginnt die Hypochondrie zwischen dem Pubertätsalter und einem Alter von etwa dreißig Jahren. Grundsätzlich kann die Krankheit jedoch in jedem Alter beginnen.
Im Laufe ihres Lebens werden viele Hypochonder arbeitslos, da sie sich auch tagsüber vermehrt mit ihrem Körper und deren Krankheiten beschäftigen. Auch viele Beziehungen gehen durch die Krankheit zu Bruch.
Lassen sich die Patienten jedoch auf eine psychotherapeutische Behandlung ein, können oft gute Behandlungserfolge verzeichnet werden. Patienten, die gleichzeitig noch an weiteren psychischen Krankheiten wie zum Beispiel Depressionen leiden, haben jedoch eine schlechtere Genesungsprognose.
Symptome - eine Hypochondrie erkennen
Eine Hypochondrie ist die Angst davor, eine Krankheit zu haben. Dementsprechend vielseitig ist auch das Krankheitsbild.
Die Patienten meinen immer, irgendetwas könnte mit ihrem Körper nicht in Ordnung sein. Signale des Körpers werden völlig falsch gedeutet und auf eine Erkrankung geschoben. Hypochonder leben in der ständigen Angst, an einer tödlichen oder schwerwiegenden Krankheit zu leiden.
Die Hypochondrie äußert sich dadurch, dass sämtliche Veränderungen des Körpers überinterpretiert werden. Wenn sich die Patienten an einem Gegenstand stoßen und die Stelle sich bläulich verfärbt, leben sie beispielsweise in der Angst, an Hautkrebs zu erkranken. Neben Angst leiden die Hypochonder häufig auch unter Müdigkeit und Erschöpfung.
Hypochonder sind Stammpatienten bei ihrem Arzt und befinden sich sehr regelmäßig in der Praxis. Meist besuchen die Patienten mehrere Ärzte in der Hoffnung, ein anderer Arzt könnte ihre schwere Erkrankung endlich diagnostizieren.
Erfolgt auch hier die Untersuchung ohne Ergebnis, sind die Hypochonder der Ansicht, sie leiden an einer noch unerforschten Krankheit. Die Patienten gehen bei ihrem so genannten Ärzte-Hopping so weit, dass sie sich unzähligen Untersuchungen und Eingriffen unterziehen, nur um eine Diagnose zu bekommen.
Im Zeitalter des Internets ist der Hypochonder ständig Stammgast auf Gesundheits-Webseiten, um dort Informationen einzuholen. Diese verstärken seine Ängste jedoch noch mehr.
Mediziner bezeichnen diese Ausprägung auch als Cyberchondrie. Je größer die Fülle an Informationen über Erkrankungen wird, desto mehr verstärkt sich die Angst des Hypochonders.
Meist bilden sich Hypochonder Krankheiten ein, die in den Medien gerade aktuell sind. Viele Patienten kapseln sich auch von ihrem sozialen Umfeld ab und leben sehr zurückgezogen.
Sie denken ständig über ihre (nicht vorhandene) Erkrankung nach und befassen sich mit dem Tod. Durch diese ständige Angst kann sich eine wahre Erkrankung entwickeln.
Diagnose der Hypochondrie
Ärzte erkennen oft lange Zeit nicht, dass bei dem Patienten eine Hypochondrie vorliegt. Grundlage einer Hypochondrie ist, dass die Angst vor Erkrankungen mindestens ein halbes Jahr lang besteht.
Erst dann kann die Diagnose gestellt werden. Zusätzlich müssen im Rahmen eingehender Untersuchungen auch körperliche Erkrankungen ausgeschlossen werden. Ärzte stellen daher nicht leichtfertig die Diagnose Hypochondrie in der Angst, eine wirkliche körperliche Erkrankung übersehen zu haben.
Der Facharzt für die Behandlung von Hypochondern ist der Psychiater. Meist dauert es jedoch lange Zeit, bis der Hausarzt oder die anderen aufgesuchten Fachärzte den Patienten an einen Psychiater überweisen. Der Patient empfindet dies dann auch als persönliche Beleidigung, da er von körperlichen Beschwerden ausgeht.
Begibt sich ein Hypochonder nach längerer Zeit doch in psychiatrische Behandlung, führt dieser Facharzt ein ausführliches Gespräch mit seinem Patienten und befragt ihn nach seinen genauen Ängsten und ob Angst vor dem Tod besteht. Meist kann der Psychiater auch eine Depression diagnostizieren, die sich durch die dauernde Angst des Patienten vor einer Erkrankung im Laufe der Zeit zusätzlich zur Hypochondrie entwickelt hat.
Im Rahmen der Differenzialdiagnose sollten folgende Krankheiten ausgeschlossen werden, da diese ebenso eine Hypochondrie als Symptom aufweisen können:
- eine Angststörung
- eine Depression
- eine Zwangsstörung
- eine Wahnstörung
- Schizophrenie
Behandlung - Was tun bei Hypochondrie?
Nur wenn die Patienten zusätzlich zu ihrer Hypochondrie weitere psychische Krankheiten wie zum Beispiel Depressionen haben, werden Medikamente, so genannte Antidepressiva verordnet. Anderenfalls wird die Hypochondrie im Rahmen einer psychotherapeutischen Gesprächstherapie behandelt.
Der Therapeut erarbeitet mit dem Patienten eine positive Grundeinstellung zum Leben und zu seinem Körper. Der Patient lernt während der Therapie, die Signale seines Körpers richtig zu deuten und diese nicht überzubewerten.
Im Rahmen einer Verhaltenstherapie lernt der Betroffene, seine Beschwerden richtig einzuordnen und zu bewerten. Anschließend wird ihm vermittelt, nicht bei jedem Nieser nachzuforschen, ob nicht eine schwere Erkrankung dahinter steckt.
In dem Zusammenhang lernt der Hypochonder auch, einen weiten Bogen um medizinische Ratgeber und Gesundheitsportale zu machen, die seine Angst nur nähren würden. Nach der Therapie können die Betroffenen in den meisten Fällen ihren Alltag wieder angstfrei gestalten.
Entspannungsverfahren bei Hypochondrie
Auch Entspannungsmethoden wie
werden im Rahmen der psychotherapeutischen Behandlung erlernt. Die Behandlung einer Hypochondrie ist umfangreich und meist langwierig.
Kann man einer Hypochondrie vorbeugen?
Da genaue Ursachen der Krankheit noch nicht bekannt sind, kann dieser psychischen Erkrankung auch nicht vorgebeugt werden.
- Gesundheits- und Krankheitslehre: Lehrbuch für die Gesundheits-, Kranken- und Altenpflege, Springer Medizin Verlag, 2013, ISBN 9783642369834
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- Repetitorium für die Facharztprüfung Innere Medizin: Mit Zugang zur Medizinwelt, Urban & Fischer Verlag/Elsevier GmbH, 2017, ISBN 3437233165
- Praxisleitfaden Allgemeinmedizin: Mit Zugang zur Medizinwelt (Klinikleitfaden), Urban & Fischer Verlag/Elsevier GmbH, 2017, ISBN 3437224476
- Grundwissen Medizin: für Nichtmediziner in Studium und Praxis, UTB GmbH, 2017, ISBN 3825248860
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