Neuroendokriner Tumor - Symptome, Diagnose und Behandlung
Als neuroendokrinen Tumor bezeichnet man eine seltene Tumorform. Er bildet sich aus den Zellen des neuroendokrinen Systems.
Krankheitsbild
Neuroendokrine Tumore werden auch Karzinoide genannt. Sie entstehen aus hormonbildenden (endokrinen) Zellen und entwickeln oftmals selbst Botenstoffe oder Hormone. Besonders betroffen von neuroendokrinen Tumoren sind der Magen-Darmtrakt und die Bauchspeicheldrüse. So entstehen etwa 90 Prozent aller Karzinoide an
Neuroendokrine Tumore kommen nur selten vor und bilden sich zumeist bei älteren Menschen.
Einteilung
Unterteilt werden neuroendokrine Tumore in folgende Hauptgruppen:
- neuronaler Typ (Paragangliome, Neuroblastome, Phäochromozytome)
- epithelialer Typ (Tumore des Gastroenteropankreatischen Systems)
Letztere wiederum unterteilt man in solche mit Freisetzung von Hormonen (funktionell aktiv), solche mit Hormongehalt, aber ohne deren Freisetzung (funktionell inaktiv) sowie solche im Rahmen von Multiplen Endokrinen Neoplasien ((funktionell aktiv oder inaktiv).
In der folgenden Tabelle erhalten Sie einen Überblick über die unterschiedlichen funktionell aktiven Tumore und deren Erscheinungsbild.
Tumor | Haupt- Lokalisationen | Ausgeschüttetes Hormon | Symptome |
---|---|---|---|
Gastrinom (Zollinger-Ellison- Syndrom) | Bauchspeicheldrüse, Zwölffingerdarm | Gastrin | Zwölffingerdamgeschwüre, Durchfälle, vermehrte Magensäure |
Glukagonom | Bauchspeicheldrüse | Glukagon | Diabetes, Gewichtsverlust, Hemmung der Insulinwirkung, |
Insulinom | Bauchspeicheldrüse | Insulin | Unterzuckerung des Gehirns, Störungen im Zentralnervensystem |
Karzinoid- Syndrom | Dünndarm, Bronchien | Vasoaktive Stoffe (z.B. Histamin, Serotonin) | Schweißausbrüche, Durchfälle, Bauchkrämpfe, Herz-Kreislauf-Beschwerden |
Somatostatinom | Bauchspeicheldrüse, Zwölffingerdarm | Somatostatin | Diabetes, Hemmung anderer Hormonproduktion |
Vipom (Verner-Morrison- oder WDHA- Syndrom) | Bauchspeicheldrüse | Vasoaktives intestinales Polypeptid (VIP) | Durchfall, Kaliummangel, Dehydrierung, |
Ursachen
Wodurch ein neuroendokriner Tumor entsteht, ist bislang nicht bekannt. Das liegt auch daran, dass diese Tumorform äußerst selten auftritt, sodass sich die möglichen Ursachen nur schwer ermitteln lassen.
Symptome
Man unterscheidet funktionell aktive sowie funktionell inaktive Tumoren dieser Art. Funktionell aktive Tumoren produzieren Hormone, geben diese in die Blutbahn ab und führen somit zu Beschwerden. Serotonin gilt als das am häufigsten produzierte Hormon.
In vielen Fällen ist ein neuroendokriner Tumor inaktiv und macht sich zunächst nicht durch Symptome bemerkbar. Ungefähr jedes zweite Karzinoid bildet keine Hormone, sodass es erst dann zu Beschwerden kommt, wenn der Tumor durch sein Wachstum umliegende Organe oder Gewebe in Mitleidenschaft zieht.
Bildet sich ein neuroendokriner Tumor in der Bauchgegend, können
auftreten. In manchen Fällen entsteht ein Karzinoid aber auch im Brustraum oder an den Lungen, was sich durch Hustenanfälle und Atemprobleme bemerkbar macht.
Ist ein neuroendokriner Tumor aktiv, werden Hormone in großer Anzahl in der Blutbahn freigesetzt. Welche Symptome dadurch entstehen, hängt von der Art der Hormone ab.
So kommt es bei einer vermehrten Bildung von Gastrin zu Sodbrennen, Magengeschwüren oder Zwölffingerdarmgeschwüren, während bei einer erhöhten Insulinproduktion oft eine Hypoglykämie (Unterzuckerung) auftritt. Wird das Hormon VIP vermehrt hergestellt, hat dies oft chronischen Durchfall zur Folge.
Eine wichtige Rolle spielt auch die Körperregion, in der ein neuroendokriner Tumor auftritt. Bildet sich ein Karzinoid im Mittelabschnitt des Dünndarms, kommt es oftmals zur Freisetzung von Nervensystem-Botenstoffen wie Serotonin, was wiederum ein Karzinoid-Syndrom auslösen kann.
Dabei leiden die Betroffenen unter
- anfallsartigen Gesichtsrötungen
- Schweißausbrüchen
- Durchfall
- Bauchschmerzen
- Herzrasen und
- Atemproblemen.
Diagnose
In den meisten Fällen lässt sich ein neuroendokriner Tumor erst im fortgeschrittenen Stadium feststellen, da zunächst keine typischen Symptome auftreten. Werden von dem Karzinoid übermäßig viele Hormone oder Botenstoffe gebildet, die zu Beschwerden führen, kann dies ein Hinweis auf die Krankheit sein.
Manche Stoffe oder deren Abbauprodukte lassen sich durch Untersuchungen des Blutes und des Urins nachweisen. Besteht ein konkreter Verdacht auf ein Karzinoid, können bildgebende Untersuchungsmethoden wie
- eine Endoskopie (Magen-Darmspiegelung)
- Sonographie (Ultraschalluntersuchung)
- Computertomographie (CT) oder
- Kernspintomographie (MRT)
zur Anwendung kommen. Bei einem Gastrinom, bei dem das Hormon Gastrin gebildet wird, ist auch eine Somatostatin-Rezeptor-Szintigraphie eine Diagnosemöglichkeit.
Behandlung
Um einen neuroendokrinen Tumor zu behandeln, wird in der Regel ein operativer Eingriff vorgenommen. Die Heilungsaussichten gelten als gut, da Karzinoide die Eigenschaft haben, nur sehr langsam zu wachsen. Ist eine vollständige Entfernung des Tumors nicht möglich, besteht die Option, ihn wenigstens zu verkleinern.
In manchen Fällen können auch Metastasen (Tochtergeschwülste) chirurgisch entfernt werden. Bei den meisten Patienten führt man allerdings eine Chemotherapie durch.
Je nach Art des Tumors werden dabei Zytostatika über die Venen verabreicht. Bilden sich Metastasen in den Knochen, können zur Linderung der Schmerzen Bestrahlungen vorgenommen werden.
Im Rahmen der medikamentösen Therapie kommt die Biotherapie mit Wirkstoffen wie Somatostatin, synthetischen Derivaten, Interferon alfa sowie die molekular zielgerichtete Therapie mit Sunitinib, Everolimus oder Telotristat Etipra möglich.
Eine weitere Behandlungsmöglichkeit ist eine Immuntherapie mit Interferon alpha. Sie dient zur Anregung des Abwehrsystems, damit dieses gegen den Tumor vorgeht. Weitere potentielle Therapiemöglichkeiten sind lokal ablative Maßnahmen (z.B. Radiofrequenzablation oder Laserablation) oder eine peptidrezeptor-basierte Radiotherapie (PRRT).
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