Klaustrophobie (Raumangst) - Auslöser, Symptome und Therapie
Die Klaustrophobie oder auch Raumangst ist eine phobische Störung. Betroffene verspüren dabei eine große Angst vor geschlossenen Räumen. Dabei kann es sich um Wohnräume ebenso handeln wie um U-Bahnen oder Fahrstühle. Die Angst betroffener Personen kann sich in einer klaustrophobischen Panikattacke äußern, bei der das Gefühl einer Ohmnacht entsteht. Die Klaustrophobie ist mithilfe verschiedener Behandlungsmethoden wie der Konfrontationstherapie gut behandelbar. Lesen Sie hier mehr über Ursachen, Beschwerden, Diagnose und Behandlung der Raumangst.
Klaustrophobie - Krankheitsbild
Die Klaustrophobie zählt zu den Angststörungen und ist auch als Raumangst bekannt. Die Bezeichnung Klaustrophobie setzt sich aus dem lateinischen Begriff Claustrum (= Verschluss oder Schloss) und dem griechischen Begriff Phobos (= Angst) zusammen.
In der Umgangssprache wird die Klaustrophobie auch gerne als Platzangst bezeichnet, was jedoch medizinisch nicht korrekt ist, weil die Psychologie die Platzangst der Agoraphobie zuordnet, bei der die betroffenen Personen große Angst vor öffentlichen Plätzen haben - mehr Infos dazu erhalten Sie hier.
Eine Klaustrophobie kann schwere Folge haben. So bekommen einzelne Personen bereits Panikattacken, wenn sie eine geschlossene Tür sehen. Grundsätzlich fürchten sich die Patienten davor, sich in geschlossenen Räumen aufzuhalten oder sogar eingesperrt zu werden. Bei solchen geschlossenen Räumen kann es sich um ganz alltägliche Einrichtungen wie eine U-Bahn, einen Kinosaal oder einen Fahrstuhl handeln.
Häufigkeit
Die Angst vor geschlossenen Räumen gilt als relativ weit verbreitet. So gehen Schätzungen von 5 bis 7 Prozent der Bevölkerung aus, die unter Klaustrophobie leiden. Häufig liegen dabei Kombinationen unterschiedlicher Panikstörungen vor.
Ursachen
Die Furcht vor dem Eingesperrtsein zählt zu den Urängsten der Menschheit. Leidet ein Mensch jedoch unter Klaustrophobie, wird das normale Maß weit überschritten.
Die Ursachen für das Entstehen der Raumangst sind unterschiedlich. Nicht selten wird die Panikstörung durch ein beängstigendes Erlebnis ausgelöst.
Dazu gehören zum Beispiel verschüttet zu werden, als Kind beim Spielen in einem engen Raum steckenzubleiben oder inmitten einer Menschenmenge in eine bedrohliche Lage zu geraten. Allerdings ließ sich noch nicht aufklären, warum solche Situationen bei manchen Menschen zu einer Klaustrophobie führen, bei anderen jedoch nicht.
Eine Rolle bei der Entstehung der Klaustrophobie spielt auch die genetische Veranlagung. So sind manche Menschen von Natur aus verletzlich, sodass bei ihnen das Risiko einer psychischen Störung höher ausfällt als bei anderen Personen. Als besonders gefährdet eingestuft werden Patienten, bei denen in der Kindheit eine Überbehütung stattfand, weil die Eltern äußerst auf die Sicherheit ihres Kindes bedacht waren. Dadurch war das Kind jedoch nicht in der Lage, selbst Verantwortung zu übernehmen und belastende Situationen gut zu überstehen.
In den meisten Fällen kommen verschiedene Auslöser zusammen. So können beispielsweise auch der Tod eines geliebten Menschen, Trennung oder die Einbuße des Arbeitsplatzes eine Rolle bei der Entstehung der Angststörung spielen.
Auslöser einer klaustrophobischen Panikattacke
Sehr unterschiedlich sind auch die Situationen, die eine klaustrophobische Panikattacke hervorrufen können. Sie erzeugen starke Ängste, die bis hin zu einer Panikattacke reichen. Als typische Auslöser gelten:
- der Aufenthalt in einem Fahrstuhl, einem Tunnel oder in einer Sonnenbank
- enge Gänge
- das Fahren mit dem Zug, der U-Bahn, dem Bus oder das Reisen in einem Flugzeug
- enge Toiletten
- überfüllte Räume wie Kino- oder Konzertsaal
- medizinische Untersuchungen, bei denen sich der Patient in eine enge Röhre begeben muss, wie bei einer Magnetresonanztomographie (MRT)
Typische Auslöser
Die typischen Auslöser einer klaustrophobischen Panikattacke im Alltagsleben.
Symptome
Das Auftreten einer Klaustrophobie ist mit bestimmten Symptomen verbunden. So empfinden die Betroffenen plötzlich starke Angst, wenn sie sich in einem geschlossenen oder engen Raum aufhalten müssen. Während einige Patienten nur in einem bestimmten Raum, wie zum Beispiel einem Fahrstuhl, Angst verspüren, ist dies bei anderen Betroffenen in sämtlichen engen Räumen der Fall.
Die Beschwerden, die sich während einer Klaustrophobie zeigen, ähneln denen von anderen Phobien. Dazu gehören:
- Herzrasen
- Engegefühl in der Brust
- Aufsteigende Angst bis hin zur Panik
- Zittern
- Schweißausbrüche
- Harndrang oder Stuhldrang
- Übelkeit
- Das Gefühl, nicht mehr atmen zu können
Im weiteren Verlauf sind die Betroffenen oft einer Ohnmacht nahe. Sie befürchten, keine Kontrolle mehr zu haben und aus dem engen Raum nicht mehr herauszukommen, was vor allem in einem Fahrstuhl oder einer U-Bahn der Fall ist.
Der Patient wünscht sich nichts sehnlicher, als der Situation zu entkommen. Er fürchtet sich davor, ohnmächtig zu werden oder sogar zu sterben. Obwohl der Betroffene oft genau weiß, dass seine Ängste übertrieben sind, ist er nicht imstande, die auftretenden Symptome zu verhindern.
Um gar nicht erst in belastende Situationen zu geraten, versucht der Klaustrophobiker, entsprechende Situationen zu vermeiden. Anstatt einen Fahrstuhl zu benutzen, geht er lieber die Treppe hinauf, selbst wenn dies mühseliger für ihn ist.
MRT-Untersuchungen werden aus Furcht vor der Klaustrophobie immer wieder aufgeschoben. Der Alltag der Klaustrophobiker unterliegt mit der Zeit mehr und mehr starken Einschränkungen.
Diagnose
Im Falle einer schweren Klaustrophobie ist es ratsam, einen Arzt aufzusuchen. Dies kann vorerst der Hausarzt sein, der zunächst eine ausführliche Befragung vornimmt. Bestätigt sich dabei der Verdacht auf Klaustrophobie, überweist er den Patienten an einen Facharzt.
Der Arzt empfiehlt zumeist das Führen eines speziellen Angsttagebuchs. Darin vermerkt der Patient, wann und bei welchen Gelegenheiten seine Ängste auftreten. Mit diesem Vorgehen erhält der Arzt genauen Aufschluss über die Beschwerden des Klaustrophobikers.
Auch spezielle Fragebögen sind typisch. Dabei geht es beispielsweise darum,
- wann verstärkte Angst verspürt wird
- welche körperlichen Symptome auftreten, wenn man an solche Situationen denkt
- ob man glaubt, die Angstreaktion sein übertrieben
Um körperliche Ursachen für die Angstzustände auszuschließen, werden zudem einige Untersuchungen durchgeführt wie
- die Kontrolle der Schilddrüse via Sonographie (Ultraschalluntersuchung)
- ein EKG (Elektrokardiogramm) oder
- das Analysieren der Blutwerte.
Außerdem kann eine Magnetresonanztomographie erfolgen, um pathologischen Veränderungen des Gehirns als Auslöser für die Beschwerden auf die Spur zu kommen. Für Klaustrophobiker stellt diese Untersuchung allerdings ein sehr großes Problem dar. Daher gilt der Einsatz von Spezialgeräten als sinnvoll, die mehr Platz für den Patienten zulassen.
Testbogen
Häufig muss der Patient einen speziellen Klaustrophobie-Testbogen ausfüllen, in dessen Rahmen die Symptome der Angststörung ermittelt werden. Dabei soll der Klaustrophobiker beantworten, in welchen Situationen er Angst verspürt, unter welchen körperlichen Beschwerden er leidet und ob er den Eindruck hat, dass seine Angst übertrieben ist. Außerdem möchte der Arzt denkbaren weiteren psychischen Störungen wie Panikstörungen oder Depressionen auf die Spur kommen.
Therapie
Eine positive Nachricht ist, dass sich die Klaustrophobie in der Regel gut behandeln lässt. Je eher mit der Therapie begonnen wird, desto besser fallen die Erfolgschancen aus. Die Heilungsquote beträgt dann rund 80 Prozent. Bei der Behandlung der Angststörung kommen verschiedene Verfahren zur Anwendung, die miteinander verbunden werden können.
Antidepressiva
Durch die Einnahme bestimmter Medikamente wie Antidepressiva lassen sich klaustrophobische Ängste unterdrücken. Die Arzneimittel gelangen vor allem zu Beginn der Behandlung zum Einsatz. Es wird jedoch davon abgeraten, die Antidepressiva über einen längeren Zeitraum einzunehmen, weil sie die Problematik nicht dauerhaft lösen.
Psychodynamische Therapie
Ein wichtiges Mittel der Klaustrophobie-Therapie sind Gespräche mit einem Therapeuten. Diese finden im Rahmen einer psychodynamischen Behandlung statt. Dabei überprüft der Therapeut, welche negativen Erfahrungen für die Ängste des Patienten verantwortlich sind. Anschließend arbeiten Therapeut und Patient die Ursachen gemeinsam auf, wodurch die Beschwerden oft verschwinden.
Konfrontationstherapie
Einen weiteren wichtigen Behandlungsschritt stellt die Konfrontationstherapie dar. Bei diesem Verfahren setzt sich der Patient Situationen aus, die ihm Angst machen. Dabei kann es sich um den Besuch eines Konzertes, die Fahrt in einer U-Bahn oder das Verweilen in einem Solarium handeln. Der Patient gelangt durch dieses Vorgehen zu der Erfahrung, dass die Angst letztlich wieder nachlässt und nichts Negatives dabei geschieht. Auf diese Weise erhält er die Möglichkeit, seine Ängste abzubauen.
Um den Therapieerfolg der Konfrontationstherapie zu festigen, gilt auch die Durchführung einer kognitiven Verhaltenstherapie als sinnvoll. Dabei werden dem Patienten vom Therapeuten die Denkmuster vermittelt, die die Angst entstehen lassen. Im Rahmen der Verhaltenstherapie lassen sich die ungünstigen Verhaltensmuster gezielt ändern.
Weitere Behandlungsoptionen
Es können aber auch andere Therapieformen hilfreich sein, wie zum Beispiel das Ausüben von Entspannungstechniken. Mithilfe von Entspannungsmethoden gelingt es manchen Patienten, in furchteinflößenden Situationen Ruhe zu bewahren. Um den Entspannungstechniken zum Erfolg zu verhelfen, bedarf es allerdings viel Geduld und Übung. Zu den bewährten Entspannungsmethoden zählen das autogene Training oder die progressive Muskelentspannung nach Jacobson.
Ebenfalls hilfreich kann das Zusammensein mit anderen Klaustrophobikern in Selbsthilfegruppen sein. Bei diesem Verfahren treffen die Patienten mit anderen Klaustrophobikern zusammen und tauschen ihre Erfahrungen untereinander aus.
Prognose
Die Konfrontationstherapie bietet eine gute Möglichkeit, die Klaustrophobie erfolgreich zu behandeln. Schon nach der ersten Sitzung verspüren bis zu 80 Prozent aller Patienten ein Nachlassen ihrer Beschwerden.
Um die Klaustrophobie dauerhaft in den Griff zu bekommen, ist es jedoch wichtig, sich regelmäßig den angsteinflößenden Situationen auszusetzen. Damit die Ängste nicht überhand nehmen, empfiehlt es sich, sich ihnen zu stellen. Wird die Klaustrophobie dagegen nicht behandelt, droht sie, das Leben der Betroffen zu beherrschen und ihr Leben stark zu beschränken.
Prävention
Eine direkte Vorbeugung der Klaustrophobie ist leider nicht möglich. Bemerkt der Betroffene, dass er Angst und Panik in geschlossenen Räumen verspürt, sollte er nicht zögern, so rasch wie möglich professionelle Hilfe anzunehmen.
- Grundwissen Medizin: für Nichtmediziner in Studium und Praxis, UTB GmbH, 2017, ISBN 3825248860
- Praxisleitfaden Allgemeinmedizin: Mit Zugang zur Medizinwelt (Klinikleitfaden), Urban & Fischer Verlag/Elsevier GmbH, 2017, ISBN 3437224476
- Gesundheits- und Krankheitslehre: Lehrbuch für die Gesundheits-, Kranken- und Altenpflege, Springer Medizin Verlag, 2013, ISBN 9783642369834
- Medizinwissen von A-Z: Das Lexikon der 1000 wichtigsten Krankheiten und Untersuchungen, MVS Medizinverlage Stuttgart, 2008, ISBN 3830434545
- Lexikon der Krankheiten und Untersuchungen, Thieme Verlagsgruppe, 2008, ISBN 9783131429629
- Netter's Innere Medizin, Thieme Verlagsgruppe, 2000, ISBN 3131239611
- Innere Medizin 2019, Herold, 2018, ISBN 398146608X
- Innere Medizin 2020, Herold, 2019, ISBN 3981466098
- Repetitorium für die Facharztprüfung Innere Medizin: Mit Zugang zur Medizinwelt, Urban & Fischer Verlag/Elsevier GmbH, 2017, ISBN 3437233165
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