Rot-Grün-Sehschwäche und Rot-Grün-Blindheit
Ursachen, Symptome und Diagnose
Zu den genetisch bedingten Sehschwächen zählen die Rot-Grün-Sehschwäche und Rot-Grün-Blindheit. Die Farben Rot oder Grün werden unterschiedlich intensiv erkannt und können kaum oder gar nicht voneinander unterschieden werden. Ist man gänzlich blind für die entsprechende Farbe, spricht man von einer Rot-Grün-Blindheit. Lesen Sie alles Wissenswerte über die Rot-Grün-Sehschwäche und Rot-Grün-Blindheit.
Rot-Grün-Schwäche - Generelle Merkmale
Bei der Rot-Grün-Schwäche, auch Rot-Grün-Sehschwäche oder anomale Trichromasie genannt, handelt es sich um eine Form der Sehschwäche, die zu den Farbsinnesstörungen gezählt wird. Die Farben Rot oder Grün werden in unterschiedlicher Intensität erkannt; Betroffene haben Schwierigkeiten, sie voneinander zu unterscheiden.
Fehlt das Sehvermögen für die entsprechende Farbe gänzlich, ist man also blind für diese Farbe, so spricht man von einer Rot-Grün-Blindheit. Es lassen sich zwei Sehschwächen unter den Begriff der Rot-Grün-Schwäche zusammenfassen:
- Menschen mit Rot-Sehschwäche (Protanomalie) sehen die Farbe Rot schwächer und können sie von der Farbe Grün nur schwer unterscheiden.
- Menschen mit der Grün-Schwäche (Deuteranomalie) sehen die Farbe Grün schwächer und können sie von der Farbe Rot nur schwer unterscheiden.
Die Sehschwächen sind beide genetisch bedingt und haben Auswirkung auf die Sinneszellen, die für das Farbensehen verantwortlich sind.
Rot-Grün-Schwäche: Verbreitung und geschlechtliche Unterschiede
Generell betrifft die Rot-Grün-Schwäche das männliche Geschlecht deutlich häufiger. Deutschlandweit sind etwa 8 Prozent der Männer von einer Rot-Grün-Schwäche betroffen. Unter den Frauen sind es hingegen nur drei pro tausend.
Über das Farbensehen und mögliche Störungen
Beim Farbensehen läuft folgender Vorgang ab: das, was man sieht, reflektiert Licht von unterschiedlichen Wellenlängen, welches drei unterschiedliche Sinneszellen in der Netzhaut der Augen erreicht:
- Blau-Zapfenzellen (B-Zapfen/S-Zapfen, kurzweiliges Licht)
- Grün-Zapfenzellen (G-Zapfen/M-Zapfen, mittelwelliges Licht)
- Rot-Zapfenzellen (R-Zapfen/L-Zapfen, langwelliges Licht)
Innerhalb der drei Zapfen gibt es ein Pigment mit der Bezeichnung Rhodopsin, bestehend aus dem Protein Opsin sowie dem Molekül 11-cis-Retinal. Opsin kommt je nach Zapfen in einer jeweils anderen Struktur vor, was sich in Unterschieden in der Lichtempfindlichkeit zeigt; so kann es etwa sehr intensiv auf kurz-, mittel- oder langwelliges Licht reagieren.
Die Blau-Zapfen reagieren in einem Wellenbereich von etwa 430 Nanometer am empfindlichsten. Bei den Grün-Zapfen sind es 535 Nanometer, bei den Rot-Zapfen 565 Nanometer. Auf diese Weise ist die Abceckung des gesamten Farbspektrums möglich.
Beim Auftreffen des Lichts einer bestimmten Wellenlänge auf das Opsin des jeweiligen Zapfens, kommt es zur Strukturveränderung des 11-cis-Retinals, wodurch unter anderem Nervenzellen aktiviert werden, die für die Weiterleitung von Lichtimpulsen an das Gehirn sorgen.
Dort werden sie sortiert und interpretiert, sofern alle Zapfenzellen richtig arbeiten. Im Fall einer Rot-Grün-Schwäche weisen die Posine der Grün- oder Rot-Zapfen Funktionsstörungen auf: das Maximum der Empfindlichkeit verschiebt sich, wodurch beispielsweise stärker auf grünes Licht reagiert wird - umso weniger Rotfarbtöne können erkannt werden. Bei der Rot-Grün-Blindheit ist die Funktion der Grün- oder Rot-Zapfen vollständig verlorengegangen.
Rot-Grün-Schwäche beim Führerschein und im Berufsleben
Die Rot-Grün-Schwäche gilt beim Autofahren als Unsicherhetisfaktor; es ist dennoch möglich, den Führerschein auch mit dieser Sehschwäche zu machen und zu bestehen. Auch wenn man Probleme bei der Erkennung der Ampelfarben hat, ist es deutlich, an welcher Position das Licht leuchtet.
Auch bei Brems- sowie Rückleuchten muss man als Betroffener genauer hinsehen. Vor allem bei Nebel kann es passieren, dass man plötzlich aufleuchtende Hecklichter zu spät erkennt.
Im Berufsleben hingegen ist es in manchen Branchen nicht möglich, mit einer Rot-Grün-Schwäche zu arbeiten. Fabsicherheit ist beispielsweise
- bei der Polizei
- als Grafiker oder
- als Pilot
eine wichtige Voraussetzung.
Rot-Grün-Schwäche: erbliche Ursachen
Die Rot-Grün-Schwäche ist angeboren; die Ursachen sind somit genetisch bedingt. Bei der Grün-Sehschwäche liegt der genetische Fehler auf dem Gen für Opsin der Grün-Zapfen, bei der Rot-Sehschwäche auf dem Opsin der Rot-Zapfen.
Wie und wie stark die Sehschwäche aufällt, hängt von den Genbereichen ab, welche verloren gehen. So weisen manche von ihnen eine wichtigere Funktion auf. Generell sind Männer häufiger betroffen als Frauen.
Symptome
Menschen mit Rot-Grün-Sehschwäche nehmen deutlich weniger Farben wahr. Es sind immer beide Augen betroffen; Rot und Grün werden von den Betroffenen schwächer gesehen.
Dabei gilt: je stärker die Überlappung der Wellenbereiche der G- und R-Zapfen, desto ausgeprägter die Sehschwäche. Die jeweilige Farbe wird dabei in Nuancen zwischen bräunlich und gräulich beschrieben.
Diagnose
Die Diagnose beginnt mit einer ausführlichen Anamnese, bei der der Augenarzt unterschiedliche Fragen stellt, zum Beispiel
- ob man jemanden in der eigenen Familie kennt, der unter einer Rot-Grün-Schwäche leidet
- ob man nur Blau- und Gelb- bzw Braun- oder Grauntöne sieht
- ob man jemals Rot oder Grün gesehn hat
- ob man nur mit einem Auge kein Rot/Grün sehen kann oder ob beide Augen betroffen sind
Sehtest mit Farbtafeln bei Rot-Grün-Schwäche
Zum Nachweis nimmt man sich so genannte pseudoisochromatische Tafeln, wie etwa beim Ishihara-Sehtest zur Hilfe. Auf diesen sind Figuren und Farben so abgebildet, dass nur ein normalsichtiger Mensch die Figuren erkennen kann.
Es gibt zudem auch Farblegetests, bei denen bestimmte Dinge mit unterschiedlichen Farben sortiert werden müssen. Bei Kindern ab drei Jahren kommt der so genannte Color-Vision-Testing-Made-Easy-Test (CVTME-Test) zur Anwendung.
Anomaloskop
Die Differenzierung zwischen Rot- und Grün-Sehschwäche erfolgt mittels Anomaloskop. Dabei muss der Patient durch ein Rohr sehen und mithilfe von Drehrädern die unterschiedlichen Farben in ihrer Intensität anzugleichen - dabei wird ein Grün-Sehgeschwächter zu viel Grün, ein Rot-Sehgeschwächter zu viel Rot dazumischen.
Rot-Grün-Schwäche bei Kindern
Für Kinder werden beim Augenarzt spezielle Tests angeboten. Statt Zahlen müssen die Kleinen dabei beispielsweise Figuren erkennen.
Zuhause können Eltern eine mögliche Schwäche vielleicht beim Malen erkennen, so etwa, wenn das Gras in einer anderen Farbe als Grün gemalt wird, etc. Diese Aufgabe kommt auch den Kindergärtnern oder Lehrern zu; ist die Schwäche bekannt, sollten sie hingegen darüber informiert werden.
Eine Behandlung für die Rot-Grün-Sehschwäche gibt es bislang nicht.
Arten von Sehschwächen
Auf den nächsten Seiten informieren wir Sie über weitere Ausprägungen von Sehproblemen.
- Grundwissen Medizin: für Nichtmediziner in Studium und Praxis, UTB GmbH, 2017, ISBN 3825248860
- Praxisleitfaden Allgemeinmedizin: Mit Zugang zur Medizinwelt (Klinikleitfaden), Urban & Fischer Verlag/Elsevier GmbH, 2017, ISBN 3437224476
- Gesundheits- und Krankheitslehre: Lehrbuch für die Gesundheits-, Kranken- und Altenpflege, Springer Medizin Verlag, 2013, ISBN 9783642369834
- Medizinwissen von A-Z: Das Lexikon der 1000 wichtigsten Krankheiten und Untersuchungen, MVS Medizinverlage Stuttgart, 2008, ISBN 3830434545
- Lexikon der Krankheiten und Untersuchungen, Thieme Verlagsgruppe, 2008, ISBN 9783131429629
- Netter's Innere Medizin, Thieme Verlagsgruppe, 2000, ISBN 3131239611
- Innere Medizin 2019, Herold, 2018, ISBN 398146608X
- Innere Medizin 2020, Herold, 2019, ISBN 3981466098
- Repetitorium für die Facharztprüfung Innere Medizin: Mit Zugang zur Medizinwelt, Urban & Fischer Verlag/Elsevier GmbH, 2017, ISBN 3437233165
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