Savant-Syndrom - Häufigkeit, Fähigkeiten und Ursachen der Inselbegabung

Was ist ein Savant-Syndrom?

Das Savant-Syndrom ist auch als Inselbegabung oder Teilleistungsstärke bekannt. Bei diesem Phänomen leiden Menschen unter kognitiven Behinderungen oder Störungen ihrer Entwicklung, sind aber in bestimmten Teilgebieten, die als Inseln bezeichnet werden, überdurchschnittlich begabt. Bei sechs von sieben Inselbegabten handelt es sich um Männer, außerdem ist rund die Hälfte aller Inselbegabten autistisch.

Häufigkeit

Wie weit das Savant-Syndrom verbreitet ist, lässt sich nicht zuverlässig sagen. Vom Autismusforscher Darold Treffert wurde im Jahr 1989 eine Einteilung in "erstaunliche" und "talentierte" Inselbegabte angeregt.

Als erstaunliche Inselbegabte werden Personen bezeichnet, die tatsächlich herausragende Fähigkeiten besitzen. Die so genannten talentierten Inselbegabten verfügen dagegen nur über ein durchschnittliches Leistungsvermögen, das jedoch wegen ihrer Behinderung als besondere Eigenschaft gilt.

Bei den meisten Betroffenen liegt ein Intelligenzquotient unterhalb von 70 vor. Mitunter fällt er aber auch durchschnittlich gut aus, bei manchen Personen sogar überdurchschnittlich.

Ursachen

Aus welchen Gründen das Savant-Syndrom entsteht, ließ sich bislang nicht genau klären. Beinahe immer ist das Syndrom angeboren. Es besteht aber auch die Möglichkeit, dass es auf erst später im Leben erworbene Hirnschäden zurückgeht.

Ein typisches Merkmal der meisten Inselbegabten ist eine ausgeprägte Unterentwicklung der Sprache. Trotzdem sind einige Betroffene aber auch durchaus in der Lage, schon nach kurzer Zeit eine Fremdsprache zu erlernen. Da Generalisierungen nicht möglich sind, werden die Ursachen überaus unterschiedlich gedeutet.

Gemeinsam haben die meisten Inselbegabten, dass sie über eine verminderte Intelligenz verfügen. Dabei leiden sie entweder unter Autismus wie dem Asperger-Syndrom oder anderen geistigen Einschränkungen. Weil sie in den meisten Lebensbereichen mit Überforderung reagieren, benötigen sie oft ihr Leben lang die Hilfe von anderen Menschen.

Woher kommen die außergewöhnlichen Fähigkeiten beim Savant-Syndrom?

Vor allem die besonderen Gedächtnisleistungen der Inselbegabten sind für die Wissenschaft von großem Interesse. Doch nach wie vor liegen die Gründe für das ausgeprägte Erinnerungsvermögen im Dunkeln. Mediziner und Wissenschaftler entwickelten daher in den letzten Jahren verschiedene Thesen zur Erklärung des Savant-Syndroms.

Einige von ihnen sehen einen Überschuss an dem Hormon Testosteron innerhalb des Fruchtwassers als Auslöser. So beschleunigt das Hormon das Wachstum des Gehirns. Dieses scheint jedoch nicht in der Lage zu sein, wichtige von unwichtigen Informationen zu trennen, was einige Inselbegabte in die Lage versetzt, auf sämtliche Daten zurückgreifen zu können.

Daher gilt es als ungeklärt, ob die Rechengenies auch tatsächlich zum Rechnen befähigt sind oder sich an vielen schon durchgeführten Mustern orientieren und dadurch neue Kombinationen erstellen. Unterstützung erhält diese Annahme durch den Umstand, dass die Inselbegabten auch immer wieder die gleichen Fehler begehen.

Von Interesse ist zudem die Frage, warum manche Inselbegabte imstande sind, Strategien zu entwickeln und andere dagegen nicht. Eine einheitliche Theorie dazu ließ sich noch immer nicht finden.

So weisen die meisten Erklärungsversuche nur eingeschränkte Aussagewerte auf. Erschwert werden die Untersuchungen außerdem durch den Umstand, dass es nur wenige Inselbegabte gibt, wodurch Studien in größerem Umfang nicht durchführbar sind.

Schädigung der rechten Hirnhälfte

Bestätigt ist immerhin die Tatsache, dass sich außergewöhnliche Fähigkeiten vorwiegend in der rechten Hirnhemisphäre zeigen. Es wird angenommen, dass es bei Schädigungen der linken Hirnhälfte auf der rechten Hälfte zu einem Ausgleich der Beeinträchtigungen kommt.

Des Weiteren soll sich zirkulierendes Testosteron innerhalb des männlichen Fötus negativ auf das Wachstum der linken Hirnseite auswirken und zu Einschränkungen der neuronalen Funktionen führen. Dieser Vorgang gilt auch als Erklärung dafür, dass das Savant-Syndrom in erster Linie bei Jungen und Männern zu verzeichnen ist.

Mega-Savant Kim Peek

Zu den bekanntesten Menschen mit dem Savant-Syndrom gehörte der Amerikaner Kim Peek (1951-2009), der als Mega-Savant galt. Obwohl Peek mit schweren geistigen Behinderungen zur Welt kam, war er in der Lage, den Inhalt von ca. 12.000 Büchern auswendig zu lernen. Dabei konnte er sogar zwei Seiten gleichzeitig lesen, also sowohl eine Seite mit dem rechten als auch eine mit dem linken Auge.

Des Weiteren vermochte Kim Peek für jede amerikanische Stadt die Vorwahlnummer, das Postleitzeichen sowie die Highways, die dorthin führten, zu benennen. Zu jedem Wochentag nannte er außerdem das exakte Datum in nur wenigen Sekunden.

Kim Peek diente als Vorbild für den 1988 entstandenen Spielfilm "Rain Man", in dem Dustin Hoffman die Hauptrolle spielte. Durch "Rain Man" erlangte das Savant-Syndrom erstmals größere Bekanntheit.