Spinalkanalstenose (Wirbelkanaleinengung) - Wann helfen Übungen, wann muss operiert werden?
Unter einer Spinalkanalstenose versteht man eine Einengung des Wirbelkanals. In diesem Kanal befinden sich die Spiralnerven und das Rückenmark. Infolgedessen kommt es zu Rückenschmerzen und Nervenschädigungen. Allerdings löst eine spinale Stenose nicht zwangsläufig Beschwerden aus. Diese zeigen sich erst, wenn die Nerven oder die Blutgefäße komprimiert werden. Lesen Sie alles Wissenswerte über die Spinalkanalstenose.
Was ist eine Spinalkanalstenose?
Eine Spinalkanalstenose wird auch Spinalstenose oder spinale Stenose genannt. Gemeint ist damit eine erworbene oder bereits angeborene Verengung des Wirbelkanals, in dem sich die Spiralnerven sowie das Rückenmark befinden.
Lumbale und zervikale Spinalkanalstenose und Co. - Spinalkanalstenose der LWS und HWS
Betroffen von der Stenose ist zumeist die Lendenwirbelsäule (LWS). Ärzte sprechen dann von einer lumbalen Spinalkanalstenose.
Doch auch die Halswirbelsäule (HWS) kann davon betroffen sein. Diese ist sehr beweglich und unterliegt daher eher früher einem Verschleiß.
Besonders betroffen sind meist die Bereiche zwischen dem vierten und siebten Halswirbelkörper. Mögliche Auswirkungen sind Nackenschmerzen bis hin zu Taubheitsgefühlen.
Der Wirbelkanal
Als Wirbelkanal oder Spinalkanal bezeichnet man einen Raum, den sämtliche Wirbelbögen umschließen. Durch den Kanal hindurch verlaufen das Rückenmark sowie die Spinalnerven. Kommt es zu einer Verengung des Wirbelkanals, verkleinert sich sein Raum.
Eine solche Verengung allein führt noch nicht automatisch zu Beschwerden. Erst wenn sich der Spinalkanal derart verengt, dass die dortigen Nerven und Blutgefäße in Mitleidenschaft gezogen werden, macht sich dies durch Symptome wie Schmerzen im Kreuz bemerkbar.
Wie stark diese Beschwerden ausgeprägt sind, hängt vom Ausmaß der Stenose ab. Doch auch die Haltung des Körpers sowie physische Belastungen spielen dabei eine Rolle.
Ursachen der Spinalkanalstenose
Die Ursachen für eine Spinalkanalstenose sind unterschiedlich. In manchen Fällen besteht bereits eine genetische Veranlagung, sodass die Verengung angeboren ist. Aber auch Knochenaufbaustörungen oder Fehlbildungen können der Grund für eine spinale Stenose sein.
In den meisten Fällen sind jedoch der natürliche Alterungsprozess und die damit verbundenen Abnutzungserscheinungen die Hauptursache für eine Einengung des Wirbelkanals. So zeigt sich die Erkrankung vorwiegend bei älteren Menschen über 50 Jahren, während sie bei jüngeren Menschen eher selten auftritt.
Da die Bandscheiben im Laufe der Jahre mehr und mehr an Elastizität und Volumen einbüßen, verkleinern sich die Wirbelzwischenräume. Dies hat oft zur Folge, dass die Wirbelgelenke, Wirbelkörper und Bänder permanent fehlbelastet werden. Außerdem rutschen einige Wirbelkörper zum Bauch hin, was zu Stabilitätsverlust der Wirbelsäule führt.
Aufgrund der Fehlbelastungen entstehen an den Wirbeln Randzacken und abstützende Knochenvorsprünge, die man als Osteophyten bezeichnet. Da die Gelenkfortsätze sowie die Wirbelbögen massiger werden, verdicken sich die Bänder. All diese Veränderungen können schließlich eine Stenose des zentralen Wirbelkanals zur Folge haben.
Weitere mögliche Ursachen für eine Spinalkanalstenose sind
- Unfälle
- Verletzungen der Wirbelkörper
- chronische Erkrankungen der Bandscheiben
- Erkrankungen wie Morbus Paget oder Knochenschwund (Osteoporose)
- Tumore sowie
- hormonelle Veränderungen wie Morbus Cushing.
Mitunter ist eine Spinalkanalstenose bereits angeboren. In solchen Fällen zeigen sich die Beschwerden bereits im jüngeren Alter.
Symptome der Spinalkanalstenose
Eine Spinalkanalstenose muss nicht immer mit Beschwerden verbunden sein und kann mitunter sogar einen symptomlosen Verlauf nehmen. Schreitet die Stenose jedoch so weit voran, dass die dort vorhandenen Nerven gereizt oder sogar gequetscht werden, kommt es zu unterschiedlichen Beschwerden.
Ein typisches Symptom sind Rückenschmerzen in der Lendenwirbelsäule, die häufig bis ins Bein ausstrahlen. Ärzte sprechen dann von einer Lumboischialgie. Darüber hinaus kommt es zu Muskelverspannungen im unteren Rückenbereich und Einschränkungen der Bewegungsfreiheit.
Verengt sich der Wirbelkanal weiter, können in den Beinen auch Missempfindungen auftreten. Dazu gehören vor allem
- Kältegefühle
- Brennen oder
- Kribbeln.
Des Weiteren sind
- Probleme beim Wasserlassen oder beim Stuhlgang
- Schwächegefühle in den Beinen und
- Störungen der Sexualfunktionen
möglich. Zu den klassischen Symptomen der Spinalkanalstenose zählt die Claudicatio spinalis, bei der es zu wirbelsäulenbedingtem Hinken kommt. Zudem leiden die Patienten bei Belastungen unter
- Kreuzschmerzen
- Schmerzen an den Beinen sowie
- Sensibilitätsstörungen und
- Taubheitsgefühlen.
Diagnose der Spinalkanalstenose
Im Rahmen einer ärztlichen Untersuchung wird zunächst die Beweglichkeit der Wirbelsäule getestet. Außerdem beobachtet der Arzt aufmerksam, ob der Patient beim Laufen unter Schwächegefühlen oder Unsicherheiten leidet.
Ist er zum Beispiel nicht in der Lage, mehr als 100 Meter zu gehen, müssen weitere Untersuchungen stattfinden. Dabei kommen bildgebende Verfahren wie eine Computertomographie (CT) oder eine Kernspintomographie (MRT) zur Anwendung. Letztere gilt als besonders gut geeignet zur Darstellung von Bandscheiben, Blutgefäßen und Nerven.
Die Myelographie zur Diagnose der Spinalkanalstenose
Sollten eine Computertomographie und eine Kernspintomographie für eine genaue Diagnose nicht ausreichen, kann auch eine Myelographie durchgeführt werden. Dabei injiziert man dem Patienten ein Kontrastmittel in die Lendenwirbelsäule.
Nach dem Verteilen des Kontrastmittels im Lendenwirbelsäulenbereich lässt es sich mit einem speziellen Durchleuchtungsgerät oder bei einer Computertomographie bildlich darstellen. Dadurch hat der Arzt die Möglichkeit, die Verengungen genau zu lokalisieren. So kann das Kontrastmittel die eingeengten Stellen nicht durchqueren.
Elektromyographie oder Elektroneurographie zur Diagnose der Spinalkanalstenose
Ergänzend sind auch eine Elektromyographie (EMG) oder eine Elektroneurographie (ENG) möglich. Durch eine Elektromyographie, die die Aktivität der Muskeln überprüft, lassen sich Nervenwurzelschäden ermitteln. Im Rahmen einer Elektroneurographie wird die Nervenleitgeschwindigkeit gemessen.
Differenzialdiagnose bei der Spinalkanalstenose
Wichtig ist zudem, bei der Diagnose andere Krankheiten, die ähnliche Beschwerden wie bei einer spinalen Stenose verursachen, auszuschließen. Dazu gehören vor allem
- eine Hüftgelenksarthrose
- traumatische Veränderungen
- Osteoporose
- Bandscheibenvorfälle
- die periphere arterielle Verschlusskrankheit (pAVK)
- eine Hüftgelenks-Arthrose
- neurogene Inguinalsyndrome oder
- ein Aortenaneurysma oder
- Tumore.
Behandlung der Spinalkanalstenose
In den meisten Fällen wird die Behandlung einer Spinalkanalstenose konservativ durchgeführt. Zu den Behandlungsmöglichkeiten gehört eine Physiotherapie, die sich aus speziellen Bewegungsübungen und muskelentspannenden Maßnahmen zusammensetzt. Weitere Behandlungsansätze sind
- die Einnahme von Schmerzmitteln
- eine Elektrotherapie
- Wärmeanwendungen und
- Orthesen.
Als hilfreich gilt zudem eine spezielle Rückenschule. Eine weitere Therapiemöglichkeit ist das Spritzen von entzündungshemmenden und lokal betäubenden Mitteln. Zur Entlastung der Lendenwirbelsäule ist es wichtig, dass der Patient nicht zu lange steht oder sitzt.
Hilfreiche Übungen bei einer Spinalkanalstenose
Wer die Schmerzen, die durch die Spinalkanalstenose entstehen, mit einem gezielten Training angeht, kann die Beschwerden nachhaltig lindern. Durch Übungen ist eine Entlastung der Engstellen im Wirbelkanal möglich; zudem werden sie erweitert.
Mithilfe der Bewegungstherapie kann die Wirbelsäule an Stabilität gewinnen. Hilfreich ist beispielsweise Vibrationstraining, welches die kleinen Muskeln, von denen die Wirbelsäule umgeben ist, reizt.
Des Weiteren sind Gleichgewichtsübungen zu empfehlen. Auch dadurch lassen sich die kleinen Muskeln erreichen, was zur Stärkung des Rückens führt. Ein solches Training ist bereits durch das Balancieren auf einem Balken oder das Zähneputzen auf einem Bein möglich.
Der Rücken lässt sich zudem durch Nordic Walking trainieren. Besonders die diagonale Körperkern-Stabilität kann dadurch gestärkt werden, was sich auch positiv auf die Aufrichtung auswirkt.
Letztere lässt sich auch dadurch stärken, dass man sich mit dem Rücken an die Wand stellt und das Becken nach vorne kippt - so wird die Lendenwirbelsäule begradigt. Die Position hält man für fünf Atemzüge, lockert sie für zwei Atemzüge und richtet sich dann wieder auf. Entscheidend ist, die Übungen mehrmals täglich fünf Mal hintereinander durchzuführen.
Die Haltung kann auch von Krafttraining für den Rücken profitieren. Hierbei lassen sich Geräte nutzen; alternativ bietet sich das Workout mit dem Theraband an.
Weitere alternative Behandlungsmöglichkeiten bei einer Spinalkanalstenose
Neben den erwähnten Übungen gibt es noch weitere alternative Möglichkeiten, die Spinalkanalstenose behandeln zu lassen. Eine Elektro- oder Wärmetherapie eignet sich dann, wenn man unter Verspannungen leidet. Möglich sind in diesem Zusammenhang
- Moorbäder
- Thermalbäder
- Fango-Packungen sowie
- wärmende Bestrahlungen.
Auch in der Homöopathie finden sich Behandlungsmöglichkeiten. Hier entscheidet der Homöopath je nach Beschwerdebild, welche Mittel die beste Wahl darstellen. Auch Schüßler-Salze und Akupunktur gelten unter Umständen als hilfreich.
Zu den weiteren alternativen Behandlungsmöglichkeiten zählen minimalinvasive Injektionstherapien wie
- die periradikuläre Therapie: Injektion eines betäubenden Mittels am Nervenwurzelaustritt
- die Facettentherapie: Injektion eines örtlichen Betäubungsmittels in die Gelenkkapsel
- die Kryodenervation: Einsatz von Kälte
- die Radiofrequenz-Thermoläsion: Einsatz von Hitze
Operation: Chirurgischer Eingriff bei einer Spinalkanalstenose
Eine Operation muss bei einer Spinalkanalstenose nur in schweren Fällen vorgenommen werden. Lediglich bei zehn Prozent aller Patienten ist ein chirurgischer Eingriff nötig.
Lässt sich eine Operation jedoch nicht vermeiden, erfolgt zumeist eine Dekompression. Das heißt, dass die eingeengten Nerven entlastet werden.
Zu diesem Zweck entfernt man sowohl den Wirbelbogen, als auch den Dornfortsatz. Als Alternative kommt die Entfernung der randständigen Wirbelbogenteile infrage.
Eine andere Methode ist die Spondylodese, bei der der Chirurg die Wirbel mit Schrauben versteift, damit diese sich nicht mehr gegeneinander verschieben können. Auch die Verwendung von körpereigenem Material ist zu diesem Zweck möglich.
Ebenfalls zu den Operationsverfahren gehört das Einsetzen von interspinösen Implantaten. Diese stellen eine Verbindung zwischen den Dornfortsätzen her. Auf diese Weise verschiebt sich die Wirbelsäule in dieser Region nicht mehr nach vorne oder nach hinten.
Risiken einer OP bei Spinalkanalstenose
Da eine Spinalkanalstenosen-Operation einige Risiken aufweist, sollte sie gründlich überdacht werden. So erfolgt ein operativer Eingriff nur bei maximal 10 Prozent aller Patienten.
In den meisten Fällen reicht eine konservative Behandlung zur Besserung der Beschwerden aus. Als Indikation für eine Operation gelten unerträgliche Schmerzen oder ein Caudasyndrom, bei dem die tiefen Nervenfäden eingeklemmt sind.
Zu den möglichen Risiken einer Spinalkalanstenose-OP zählen
- blutungen und Nachblutungen
- Wundinfektionen und Wundheilungsstörungen
- eine Schädigung der Nervenwurzeln
- eine Verletzung der Haut um das Rückenmark
- eine Instabilität der Wirbelsäule
Rehabilitation nach der Behandlung einer Spinalkanalstenose
Nach chirurgischen Eingriffen zur Behandlung der Spinalkanalstenose wird eine Anschlussheilbehandlung empfohlen. Diese kann sowohl ambulant, als auch stationär durchgeführt werden.
Diese Rehabilitationsmaßnahme hat zum Ziel, die Wirbelsäule zu stärken und sie auf kommende Belastungen - privat oder beruflich - vorzubereiten. Es werden verschiedene Übungen angewandt, die zu Bewegungen führen sollen, welche weder Nacken, noch Rücken unnötig beeinträchtigen.
Arbeitsunfähigkeit: Wie lange ist man nach einer Spinalkanalstenose krank geschrieben?
Wie lang man nach einer Spinalkanalstenose arbeitsunfähig ist, lässt sich pauschal nicht sagen. Es kommt immer darauf an, welche Therapie durchgeführt wurde und wie gut der Patient oder die Patientin darauf anspricht.
Auch der allgemeine gesundheitliche Zustand sowie die ausgeübte Tätigkeit spielen eine Rolle. Generell kann die Dauer der Arbeitsunfähigkeit zwischen wenigen Tagen bis hin zu mehreren Monaten betragen.
- Lumbale Spinalkanalstenose: Von der Diagnose bis zur richtigen Therapie, Der Orthopade, 2019, Band 48, Nr. 2
- Spinalkanalstenose, Der Radiologe, 2014, Band 54, Nr. 11
- Die lumbale Spinalkanalstenose: Eine historische Perspektive, Der Orthopade, 2019, Band 48, Nr. 10
- Die lumbale Spinalkanalstenose, Springer, 2011, ISBN 9783642138423
- Lumbale Spinalkanalstenose: Behandlung durch aktive oder passive Mobilisation, VDM Verlag, 2015, ISBN 9783639792751
- Der enge Spinalkanal, Steinkopff, 2004, ISBN 379851464X
- Mikrochirurgie der Wirbelsäule: Lumbaler Bandscheibenvorfall und Spinalkanalstenose: Indikation, Technik, Nachbehandlung, Georg Thieme Verlag KG, 2004, ISBN 3131283319
Unsere Artikel werden auf Grundlage fundierter wissenschaftlicher Quellen sowie dem zum Zeitpunkt der Erstellung aktuellsten Forschungsstand verfasst und regelmäßig von Experten geprüft. Wie wir arbeiten und unsere Artikel aktuell halten, beschreiben wir ausführlich auf dieser Seite.