Chronisch-venöse Insuffizienz (CVI) - Ursachen, Symptome und Behandlung
Als chronisch-venöse Insuffizienz bezeichnet man eine Erkrankung der Beinvenen. Dabei kommt es zur Entstehung von Ödemen.
Die chronisch-venöse Insuffizienz (CVI) ist auch unter den Bezeichnungen chronische Veneninsuffizienz oder chronisch venöses Stauungssyndrom bekannt. Bei dieser Erkrankung handelt es sich um eine Gefäßmikrozirkulationsstörung, die durch eine venöse Abflussbehinderung hervorgerufen wird. Dies hat Veränderungen der Venen und der Haut zur Folge. Frauen leiden doppelt so häufig unter einer chronisch-venösen Insuffizienz wie Männer.
Ursachen
Eine chronisch-venöse Insuffizienz ist oftmals die Folgeerscheinung einer Phlebothrombose in den Beinen, was man auch als postthrombotisches Spätsyndrom bezeichnet. Doch auch
- angeborene venöse Angiodysplasien
- arterio-venöse Fisteln oder
- Krampfadern
können der Grund für die Beinerkrankung sein. Da bei diesen Leiden die Venen durch zu hohen Gefäßdruck dauerhaft erweitert sind, werden im Laufe der Zeit die Venenklappen zerstört.
Kommt es zu einer Erweiterung der Vene im Venenklappenbereich, lässt sich diese nicht mehr richtig schließen. So bleibt in der Klappenmitte ein Loch zurück. Durch dieses Loch fließt das Blut wieder zurück, was wiederum dazu führt, dass die Klappensegel weiter auseinanderklaffen. Infolgedessen erweitert sich die Vene erheblich, was schließlich zu ihrem Funktionsverlust führt.
Weil das Blut zurückfließt, erhöht dies den Druck auf die Venenklappe, die sich darunter befindet. Dadurch wird auch diese Klappe undicht und der schädigende Vorgang setzt erneut ein. Die zunehmende Zerstörung der Venenklappen hat letztlich eine chronisch-venöse Insuffizienz zur Folge.
Durch den Rückstau des Blutes versucht das Wasser, das darin enthalten ist, sich einen neuen Weg zu suchen. Ein Teil der Flüssigkeit lässt sich vom Lymphsystem ableiten.
Größtenteils sammelt sich das Wasser jedoch im Gewebe an, wodurch es zu einer Ödembildung kommt. Besonders betroffen davon ist die Knöchelregion.
Risikofaktoren
Es gibt einige Risikofaktoren, die das Entstehen einer chronisch-venösen Insuffizienz begünstigen. Dazu gehören Vorerkrankungen wie
- eine tiefe Venenthrombose
- Venenentzündungen
- ein schweres Beintrauma
- Fettleibigkeit sowie
- ein höheres Lebensalter.
Symptome
Bemerkbar macht sich eine chronisch-venöse Insuffizienz zunächst durch dumpfe ziehende Schmerzen in den Beinen. Verstärkt werden die Beschwerden durch langes Gehen oder Stehen.
Durch das Hochlagern der Beine lassen sich die Schmerzen bessern. Im weiteren Verlauf treten zunehmend Ödeme (Wasseransammlungen) in den Beinen auf. Außerdem kommt es zu Hautveränderungen und schließlich sogar zu offenen Wunden in der Nähe der Knöchel.
Ärzte sprechen dann von einem Ulcus cruris venosum (offenes Bein). Ursache für die Wunden ist die unzureichende Versorgung der Haut sowie des Gewebes, das sich darunter befindet. So können durch den Blutstau nicht mehr genügend Nährstoffe in diese Körperregion gelangen.
Gleichzeitig werden Abfallprodukte nicht mehr in ausreichendem Maße abtransportiert. Schmerzen verursachen die großen, unscharf begrenzten Geschwüre normalerweise nicht.
Krankheitsstadien
In der Medizin teilt man die chronisch-venöse Insuffizienz in drei Stadien ein.
Stadium I
In Stadium I kommt es zur Bildung von Ödemen, die durch das Hochlagern der Beine jedoch wieder zurückgehen. Außerdem entstehen um den Knöchel herum Kölbchenvenen, die als Corona phlebectatica bezeichnet werden. Weiterhin zeigt sich am Fußrand eine dunkle Hautpigmentierung.
Stadium II
Wird das zweite Stadium erreicht, sind die Ödeme von Dauer. Außerdem bildet sich durch die Ablagerung von Blutbestandteilen ein Stauungsekzem, das mit juckendem Hautausschlag einher geht.
Des Weiteren treten
- weiße Flecken (Atrophie blanche) über dem Sprunggelenk
- bräunliche Verfärbungen an den Unterschenkeln sowie
- eine Dermatosklerose
auf. Letztere hat zur Folge, dass die Haut an Elastizität verliert.
Stadium III
Von Stadium III spricht man, wenn es zu einem offenen Bein kommt. Durch ein Ulcus cruris steigt das Risiko von Komplikationen, da schädliche Bakterien in den betroffenen Bereich eindringen und eine Wundrose hervorrufen können. Auch Bewegungseinschränkungen im Sprunggelenk sind möglich.
Diagnose
Bei den meisten Erkrankten lässt sich eine chronisch-venöse Insuffizienz schon anhand der typischen Hautveränderungen diagnostizieren. In einigen Fällen können jedoch weitergehende Untersuchungen erforderlich sein, um die Ursache der Beinerkrankung herauszufinden.
Eine bewährte Methode ist die Farbduplexsonographie, die zu den Ultraschalluntersuchungen zählt. Mit diesem Verfahren lassen sich die Venenklappen, die Venenwände sowie die Geschwindigkeit des Blutstroms darstellen.
Anhand der Messwerte kann der untersuchende Arzt ermitteln, welche Venenabschnitte in Mitleidenschaft gezogen wurden und welche noch unversehrt sind. Liegen ein offenes Bein oder Ulkusnarben vor, wird mitunter eine Phlebographie durchgeführt.
Bei diesem Verfahren injiziert man dem Patienten ein Kontrastmittel in eine Vene im Fußrücken. Über den Blutstrom verteilt sich dieses Mittel dann. Die gefüllten Venen lassen sich anschließend auf einer Röntgenaufnahme gut erkennen und beurteilen.
Differenzialdiagnose
Es gibt einige Erkrankungen, die von einer chronisch-venösen Insuffizienz abzugrenzen sind. Dazu gehören
- Ödeme bei Herz- oder Nierenerkrankungen
- Lymphödeme
- ein arterielles Ulkus
- eine Sichelzellanämie
- ein Erythema induratum sowie
- Pilzinfektionen.
Behandlung
Zur Behandlung einer chronisch-venösen Insuffizienz gibt es verschiedene Möglichkeiten. Bei einer konservativen Therapie wird das Bein mindestens vier- bis fünfmal täglich eine halbe Stunde lang hochgelagert. Auf diese Weise lassen sich die Ödemneigung verringern und die Mikrozirkulation verbessern.
Ein weiterer wichtiger Bestandteil der Behandlung ist das Tragen von speziellen Kompressionsstrümpfen. Diese Strümpfe bewirken auf das Bein einen Druck von ca. 20 bis 30 mmHg, was zur Komprimierung der Venen und zur Annäherung der Venenklappenränder führt. Dadurch haben die Klappenränder die Möglichkeit, ihre Funktion ganz oder zumindest zum Teil wieder aufzunehmen.
Da außerdem die Beinmuskeln gegen den Druck arbeiten, wird der Bluttransport gefördert. So lässt sich das Blutvolumen reduzieren und der Blutrückfluss aus den Venen halbiert sich. Darüber hinaus kann auch das Ödem im Bein abgebaut werden.
Eine weitere konservative Behandlungsmaßnahme ist die manuelle Lymphdrainage. Sie dient zum Abbau von Wasseransammlungen und Stauungen.
Medikamente
In manchen Fällen müssen zur Behandlung einer chronisch-venösen Insuffizienz auch Medikamente verabreicht werden. Dazu gehören zum Beispiel Diuretika zur Verringerung der Ödeme.
So haben diese Mittel die Eigenschaft, das Ausscheiden von Wasser zu fördern, wodurch der Blutrückstau in den Venen verringert wird. Um ein Ulcus cruris zu behandeln, können Antiseptika oder eine Zinksalbe zur Anwendung kommen.
Operation
Liegt eine Insuffizienz der Mündungen der großen oberflächlichen Beinvenen sowie der Verbindungsvenen vor, kann ein operativer Eingriff sinnvoll sein, bei dem man die defekten Venenabschnitte entfernt. Das bedeutet, dass die Vene an der Stelle, an der die Mündung zur Hauptvene besteht, abgetrennt wird.
Bei diesem Verfahren, das auch Venenstripping genannt wird, führt der Chirurg eine Sonde in die oberste Vene, die aus dem Mündungssegment herausragt, ein und befestigt sie an dieser Stelle. Durch das anschließende Zurückziehen der Sonde kommt es zum Umstülpen der Vene nach innen, die dann herausgezogen wird. Danach bindet der Arzt die verbliebenen Venenäste ab.
Ein chirurgischer Eingriff kann auch bei einem umfangreichen Ulcus cruris nötig sein, bei dem man die Wunde ausräumt. Außerdem entfernt der Operateur abgestorbenes Gewebe. Nächster Schritt ist die Transplantation von gesunder Haut auf das freiliegende Gewebe.
Verbindungsvenen, die nicht mehr funktionstüchtig sind, bindet man ab. Durch dieses Vorgehen kann der zu große Druck des venösen Bluts aus dem Ulcus cruris abgebaut werden, was wiederum den Heilungsprozess fördert.
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