Kontrollzwang - Das zwanghafte Kontrollieren z.B. von Türschlössern und Herdplatten

Beim so genannten Kontrollzwang handelt es sich um eine Zwangsstörung. Dabei leiden die Betroffenen unter zwanghaftem Kontrollverhalten.

Von Jens Hirseland

Unter Zwangsstörungen versteht man psychische Störungen, bei denen die Patienten einen ständigen inneren Zwang verspüren, bestimmte Dinge tun zu müssen. Da sich ihre Gedanken dabei immerzu um die Zwangshandlungen drehen, wird ihre Lebensqualität deutlich beeinträchtigt.

Man unterscheidet zwischen verschiedenen Formen von Zwangsstörungen. Dazu gehören unter anderem

Gründe und Merkmale

Von einem Kontrollzwang spricht man, wenn die betroffenen Personen wieder und wieder die gleichen Dinge überprüfen müssen. Grundlage für dieses Verhalten bildet das Bedürfnis nach Sicherheit. Durch die ständigen Kontrollen möchten die Betroffenen sichergehen, dass alles in Ordnung ist und nichts passieren kann.

Der Kontrollzwang äußert sich sowohl in Form von Gedanken als auch in bestimmten Verhaltensmustern. Um zum Beispiel festzustellen, ob in den eigenen vier Wänden alles in Ordnung ist, werden immer wieder bestimmte Dinge wie beispielsweise

überprüft. Auf diese Weise schließt der Betroffene aus, dass es durch diese Gegenstände zu einer Gefahr kommen kann, obwohl dies in den meisten Fällen eigentlich gar nicht nötig ist, denn häufig bleibt es beim Kontrollzwang nicht nur bei einer einzigen Kontrolle.

So überprüfen manche Menschen die mutmaßlichen Gefahrenquellen wieder und wieder, da sie trotz der Kontrollen immer noch die Angst verspüren, dass doch etwas passieren könnte, weil sie einen Gegenstand übersehen haben. Zum Teil sehen die betroffenen Menschen sogar selbst ein, dass ihr Kontrollverhalten übertrieben ist.

Wenn es zum Gefühl der Sicherheit, dass alles in Ordnung ist, kommt, dann nur von kurzer Dauer zum Kontrollzeitpunkt. Kurz danach steigt die Anspannung wieder an, bis es zum nächsten Kontrollgang kommt.

In vielen Fällen reicht diese normale Kontrolle aber nicht mehr aus. So fangen die Betroffenen schließlich an, komplexere Absicherungsmethoden durchzuführen; beispielsweise stecken sie den Stecker eines Gerätes ein, nur damit sie diesen wieder ausstecken können - das bestätigende Gefühl, diese Handlung ausgeführt zu haben, muss aufkommen.

Je weiter die Patienten sich dann von diesem Objekt entfernen, desto unsicherer und unruhiger werden sie. Manchmal müssen sie aus diesem Grund dann auch wieder zurückkehren; sie können ihre Wohnung nicht verlassen, höchstens für eine kurze Dauer.

Folgen

Da durch die Kontrollen meist viel Zeit vergeht, führt dies oft zu Problemen mit Verwandten oder Freunden. Das Kontrollverhalten, welches häufig als belastend angesehen wird, hat daher eine verminderte Lebensqualität zur Folge.

Verbreitung

In Deutschland leiden rund 2,5 Prozent der Bevölkerung unter einer Zwangsstörung. Zusammen mit dem Reinlichkeitszwang gehört der Kontrollzwang zu den häufigsten Zwangsstörungen. Auftreten kann der Zwang sogar schon im Vorschulalter.

In den meisten Fällen zeigt sich das Zwangsverhalten jedoch ab einem Alter von etwa 18 Jahren. Männer sind vom Kontrollzwang deutlich häufiger betroffen als Frauen. Ohne Behandlung besteht die Gefahr, dass die Zwangsstörung chronisch wird.

Diagnose

Um einen Kontrollzwang diagnostizieren zu können, erhält der Patient bei einer Untersuchung einen speziellen Fragebogen wie den Leyton Obsessional Inventory (LOI) von COOPER. Durch die Beantwortung dieses Fragebogens können verschiedene Zwangsstörungen wie der Kontrollzwang festgestellt werden.

Darüber hinaus lässt sich auch der Schweregrad der Zwangsstörung ermitteln. Für eine Diagnose können aber auch spezielle Verhaltenstests durchgeführt werden, bei denen man die Patienten mit einer Situation konfrontiert, in der sie Kontrollgedanken erleben.

Behandlung

Zur Behandlung des Kontrollzwangs erfolgt eine Psychotherapie, bei der häufig die so genannte Konfrontationsmethode zur Anwendung kommt. Dabei müssen sich die Patienten solange mit ihren Zwangsgedanken befassen, bis sie keine Angst mehr verspüren.

Als weitere Behandlungsmethode kommt die kognitive Umstrukturierung infrage. Die Patienten müssen dabei einschätzen, wie groß die Gefahr, dass die von ihnen befürchteten Situationen eintreten, tatsächlich ist.

Auf diese Weise soll ihnen klargemacht werden, dass ihre Ängste übertrieben sind. Bei starken Ausprägungen des Kontrollzwangs können vorübergehend auch Medikamente zur Anwendung kommen.

  • Justus Sieg Psychophysiologische Prozesse bei Wasch- und Kontrollzwängen, Lang, 2001
  • Nicolas Hoffmann, Birgit Hofmann Wenn Zwänge das Leben einengen, Springer Medizin, 2011, ISBN 3642146651
  • Hansruedi Ambühl, Barbara Meier Zwang verstehen und behandeln, Pfeiffer bei Klett-Cotta, 2003, ISBN 3608897119
  • Nicolas Hoffmann, Birgit Hofmann Fallbericht. Ein Kontrollzwang und seine Therapie, Psychopraxis, 2010 Volume 13, Issue 4
  • Lee Baer Alles unter Kontrolle. Zwangsgedanken und Zwangshandlungen überwinden, Huber, 2001
  • Reinhard Strametz Grundwissen Medizin: für Nichtmediziner in Studium und Praxis, UTB GmbH, 2017, ISBN 3825248860
  • Stefan Gesenhues, Anne Gesenhues, Birgitta Weltermann Praxisleitfaden Allgemeinmedizin: Mit Zugang zur Medizinwelt (Klinikleitfaden), Urban & Fischer Verlag/Elsevier GmbH, 2017, ISBN 3437224476
  • Uwe Beise, Uwe Beise, Werner Schwarz Gesundheits- und Krankheitslehre: Lehrbuch für die Gesundheits-, Kranken- und Altenpflege, Springer Medizin Verlag, 2013, ISBN 9783642369834
  • Susanne Andreae, Peter Avelini, Peter Avelini, Martin Hoffmann, Christine Grützner Medizinwissen von A-Z: Das Lexikon der 1000 wichtigsten Krankheiten und Untersuchungen, MVS Medizinverlage Stuttgart, 2008, ISBN 3830434545
  • Susanne Andreae, Peter Avelini, Melanie Berg, Ingo Blank, Annelie Burk Lexikon der Krankheiten und Untersuchungen, Thieme Verlagsgruppe, 2008, ISBN 9783131429629
  • Frank H. Netter Netter's Innere Medizin, Thieme Verlagsgruppe, 2000, ISBN 3131239611
  • Gerd Herold Innere Medizin 2019, Herold, 2018, ISBN 398146608X
  • Gerd Herold Innere Medizin 2020, Herold, 2019, ISBN 3981466098
  • Malte Ludwig Repetitorium für die Facharztprüfung Innere Medizin: Mit Zugang zur Medizinwelt, Urban & Fischer Verlag/Elsevier GmbH, 2017, ISBN 3437233165

Unsere Artikel werden auf Grundlage fundierter wissenschaftlicher Quellen sowie dem zum Zeitpunkt der Erstellung aktuellsten Forschungsstand verfasst und regelmäßig von Experten geprüft. Wie wir arbeiten und unsere Artikel aktuell halten, beschreiben wir ausführlich auf dieser Seite.