Viren - Welche Arten gibt es und wie kommt es zu Erkrankungen?
Viren zählen zu den häufigsten und bekanntesten Krankheitserregern. Es gibt zahlreiche unterschiedliche Virenarten. Bei einer Virusinfektion kommt es zum Eindringen von Viren in den menschlichen Organismus, wo sie sich vermehren. Grob lassen sich Viren in behüllte, unbehüllte und Onkoviren einteilen. Lesen Sie alles Wissenswerte über Virenarten und die möglichen Verbreitungswege.
Was sind Viren?
Bei Viren handelt es sich um Parasiten. So benötigen sie für ihre Vermehrung Wirtszellen. Ohne eine solche Wirtszelle können sie sich nicht vermehren.
Aufbau und Eigenschaften von Viren
Viren sind sehr einfach aufgebaut. So setzen sie sich aus
- Proteinen (Eiweißen)
- Nukleinsäuren (Erbmaterial) sowie
- mitunter auch Lipiden
zusammen. Die Größe der Keime ist nur sehr gering. So erreicht ein Virus-Partikel lediglich 22 bis 330 Nanometer. Bakterien können dagegen zwischen 0,2 und 2,0 Mikrometer groß werden.
Erbmaterial der Viren
Das Erbmaterial der Viren besteht entweder aus Desoxyribonukleinsäure (DNA) oder Ribonukleinsäure (RNA). Daher unterscheidet man zwischen DNA-Viren und RNA-Viren. Im Erbmaterial befindet sich der Bauplan für das Viruspartikel, das man nach seinem Aufbau auch Virion nennt.
Einer der größten Unterschiede zwischen Viren und Bakterien besteht darin, dass die Viren weder über Zellorgane noch über einen eigenen Stoffwechsel verfügen. Das bedeutet, dass sie selbst nicht imstande sind, Eiweiße herzustellen. Auch eine Fortpflanzung aus eigener Kraft ist ihnen nicht möglich. Aus diesem Grund werden von den Viren andere Zellen benötigt - so suchen sich die Keime passende Wirtszellen aus, in die sie dann eindringen.
Die Parasiten haben die Fähigkeit, die befallene Wirtszelle umzuprogrammieren. Die Zelle stellt dann mithilfe des Bauplans, der in den Viren enthalten ist, einzelne Virenbestandteile her. Im weiteren Verlauf werden die Einzelteile zu einem fertigen Virus zusammengesetzt.
Anschließend erfolgt das Ausschleusen der Virionen aus der Wirtszelle. Diese befallen dann ihrerseits weitere Zellen. Die Menge der hergestellten Viren hängt von der jeweiligen Virusart ab.
Virusinfektionen - Verbreitung von Viren
Als Virusinfektionen werden Infektionen mit krankheitserregenden Viren wie beispielsweise Grippeviren bezeichnet. Finden die Viren passende Wirtszellen, können sie in diese eindringen und sich vermehren.
Die vier Phasen der Reproduktion
Eingeteilt wird die Reproduktion der Viren in vier Phasen.
- In der ersten Phase heften sich die Viren an die Oberfläche der Zellen,
- danach dringen sie in die Zelle ein und setzen ihr Erbgut frei.
- In der dritten Phase findet die Vervielfältigung des Viruserbguts statt; außerdem werden Viruseinzelteile hergestellt.
- Schließlich kommt es zur Freisetzung der Viren.
Übertragung
In den Körper gelangen die Viren auf unterschiedliche Weise. So zum Beispiel durch
- Tröpfcheninfektion
- Schmierinfektion
- über die Nahrung oder
- durch verletzte Hautstellen.
Vermehrung
Die Viren können sich bereits an der Eintrittspforte vermehren oder über
ihr Zielorgan erreichen, wo anschließend ihre Vermehrung erfolgt. Viren sind jedoch nur dann in der Lage, sich zu reproduzieren, wenn sie Wirtszellen vorfinden, die zu ihnen passen, und in diese eindringen. Da die Viren nicht über einen eigenen Stoffwechsel verfügen, benötigen sie daher den Stoffwechsel der Wirtszelle, um sich zu vermehren.
Nach dem Eindringen in eine passende Zelle wird die Kontrolle von den Viren übernommen. Das heißt, dass die Wirtszelle alles, was für eine Vermehrung der Viren nötig ist, herstellen muss.
Viruserkrankung als Folge
Ob durch eine Infektion mit Viren auch eine Krankheit wie zum Beispiel eine Erkältung ausbricht und wie schwer diese verläuft, ist von bestimmten Faktoren abhängig. So kommt es vor allem darauf an, wie stark das Immunsystem ist und welchen Umfang die Schädigung der befallenen Zellen hat.
Außerdem kann das Immunsystem durch unterschiedliche Einflüsse geschwächt werden. Dazu gehören unter anderem
- Vorerkrankungen wie AIDS oder Diabetes mellitus
- eine falsche Ernährungsweise
- Stress oder
- die Einnahme von bestimmten Arzneimitteln.
Nicht immer führt eine Virusinfektion automatisch zu einer Erkrankung. So ist es möglich, dass das Immunsystem die Viren wieder entfernt, bevor es zum Ausbruch von Symptomen kommt.
Mögliche Einteilung - Welche Virenarten gibt es?
Viren werden in verschiedene Arten eingeteilt. So unterscheidet man zwischen
- Humanviren oder humanpathogenen Viren, von denen der Mensch infiziert wird,
- animalen Viren, die Tiere infizieren,
- Phytoviren, die Pflanzen befallen und
- Bakteriophagen, die Bakterien infizieren.
Behüllte und unbehüllte Viren
Weiterhin erfolgt eine Unterteilung in behüllte und unbehüllte Viren.
Zu den behüllten humanpathogenen Viren gehören
- Doppelsträngige DNA-Viren = dsDNA
- Einzel(+)-Strang-RNA-Viren = ss(+)RNA
- Einzel(−)-Strang-RNA-Viren = ss(−)RNA
Dazu zählen u.a. die Familien der
- Poxviridae
- Herpesviridae
- Togaviridae
- Retroviridae
- Arenaviridae und
- Bornaviridae.
Bei unbehüllten Virenarten handelt es sich um
- Doppelsträngige DNA-Viren = dsDNA
- Einzelsträngige DNA-Viren = ssDNA
- Doppelsträngige RNA-Viren = dsRNA
- Einzel(+)-Strang-RNA-Viren = ss(+)RNA
Dazu zählen die Familien der
- Adenoviridae
- Papillomaviridae
- Parvoviridae
- Reoviridae
- Caliciviridae sowie
- Hepeviridae.
Onkoviren
Einige Virenarten, so genannte Onkoviren, gelten zudem als krebserregend. Dazu zählen zum Beispiel
- Epstein-Barr-Virus (EBV)
- humanes Papillomvirus (HPV)
- Humanes T-lymphotropes Virus 1 (HTLV-1)
- Humanes Herpesvirus 8 (HHV-8)
- Hepatitis-B-Virus (HBV)
- Hepatitis-C-Virus (HCV)
Auf den folgenden Seiten erhalten Sie detaillierte Informationen zu den einzelnen Virusarten.
Merkmale des RNA-Virus
Viren werden durch verschiedene Merkmale unterschieden. Dazu gehört auch das Erbgut, das bei RNA-Viren aus Ribonukleinsäure (RNA) besteht. In der RNA eines Virus sind sämtliche genetischen Informationen enthalten, die es zur Vermehrung in Wirtszellen benötigt.
Die RNA kann sowohl als Einzelstrang als auch als Doppelstrang vorliegen. Genau wie bei DNA-Viren wird auch bei RNA-Viren das Erbgut schützend von einer Struktur umgeben, die man als Kapsid bezeichnet.
Kapside gibt es in unterschiedlichen Formen wie zum Beispiel der Würfelform. Manchmal verfügt das Kapsid auch über eine Schutzhülle. Da das Erbgut von RNA-Viren nicht so stabil ist, wie das von DNA-Viren, kommt es häufiger zu Mutationen.
Virusfamilien
RNA-Viren werden in unterschiedliche Virusfamilien eingeteilt. Zu den wichtigsten Familien, die Virusinfektionen verursachen können, zählen:
Arenaviren
Zu den Arenaviren (Arenaviridae) gehört unter anderem das Lassa-Virus. Die Viren weisen eine einzelsträngige RNA auf. Diese liegt innerhalb des Virus in zwei ringförmigen Segmenten vor. Diese RNA-Segmente umhüllt ein ringförmiges Kapsid.
Die Übertragung der Arenaviren auf den Menschen erfolgt durch die Ausscheidungen von Nagetieren wie Mäusen. Sie können aber auch unmittelbar von Mensch zu Mensch übertragen werden.
Infektionen
Die Erreger verursachen
Caliciviren
Zur Familie der RNA-Viren gehören auch die Caliciviren (Caliciviridae). Eine typische Eigenschaft ist, dass sie keine Hülle haben und über eine einzelsträngige RNA verfügen.
Infektionen
Durch Caliciviren werden in erster Linie Magen-Darm-Krankheiten wie eine Gastroenteritis (Magen-Darm-Grippe) hervorgerufen. Besonders bekannt unter den Caliciviren ist das Norwalk-Virus, das auch als Norovirus bezeichnet wird.
Coronaviren
Coronaviren (Coronaviridae) verfügen über eine Hülle sowie eine einzelsträngige RNA. Übertragen werden die Viren durch Tröpfchen- und Schmierinfektion.
Infektionen
Verantwortlich sind sie vor allem für
- Erkrankungen der oberen Atemwege
- SARS und
- Magen-Darm-Erkrankungen.
Flaviviren
Zur Gruppe der Flaviviren (Flaviviridae) zählen mehr als 50 Vertreter, von denen etwa die Hälfte Krankheiten beim Menschen verursachen kann.
Infektionen
Dazu gehören unter anderem
- FSME (Frühsommer-Meningoenzephalitis)
- Japanische Enzephalitis
- Dengue-Fieber
- Gelbfieber
- das West-Nil-Fieber und
- die Enzephalitis (Gehirnentzündung).
Übertragen werden die Viren durch Zecken und Mücken.
Filoviren
Durch Filoviren (Filoviridae) kann es zu schweren Erkrankungen wie Ebola oder eine Marburg-Virusinfektion kommen. Bei diesen Krankheiten treten schweres Fieber und starke Blutungen auf. Nicht selten ist der Krankheitsverlauf tödlich.
Hepeviren
Hepeviren (Hepeviridae) können Hepatitis E verursachen. Typisch für Hepeviren ist, dass sie keine Hülle haben und das Kapsid eine zwanzigflächige Form aufweist.
Die RNA ist einzelsträngig. Die Übertragung von Hepeviren erfolgt vor allem durch fäkal-orale Schmierinfektionen. Daher sind sie auch besonders in Regionen verbreitet, in denen schlechte hygienische Bedingungen herrschen.
Orthomyxoviren
Eines der bekanntesten Vertreter aus der Familie der Orthomyxoviren (Orthomyxoviridae) ist das Influenza-Virus, von dem die schwere Grippe verursacht wird. Orthomyxoviren sind mit einem helikalen Kapsid ausgestattet, das über eine einzelsträngige RNA sowie eine Hülle verfügt. Die Übertragung der Erreger erfolgt durch Tröpfcheninfektion.
Picornaviren
Zu den kleinsten RNA-Viren zählen die Picornaviren (Picornaviridae). Das Kapsid der Picornaviren ist hüllenlos und weist eine zwanzigflächige Form auf. Außerdem ist die RNA einzelsträngig.
Picornaviren gibt es auf der ganzen Welt. Übertragen werden sie durch Tröpfcheninfektion oder Schmierinfektion.
Infektionen
Sie können Erkrankungen
- des Magen-Darmtrakts
- der Atemwege sowie
- des zentralen Nervensystems
hervorrufen. Häufig verlaufen die Infektionen aber auch ohne Beschwerden. Zur Familie der Picornaviren zählt man auch die Enteroviren, Hepatoviren und Rhinoviren. Letztere verursachen mit dem Schnupfen eine der häufigsten Viruserkrankungen.
Rhabdoviren
Bekannter Vertreter der Gattung der Rhabdoviren (Rhabdoviridae) sind das Vesikolovirus sowie das Lyssavirus. Zu letzterer Art zählt auch das Rabiesvirus, von dem die lebensgefährliche Tollwut ausgelöst wird.
Reoviren
Als Reoviren (Reoviridae) bezeichnet man Viren, die über eine doppelsträngige RNA verfügen und hüllenlos sind. Die auf der ganzen Welt vorkommenden Viren verbreiten sich durch Tröpfchen- und Schmierinfektionen.
Der Begriff "Reoviren" stammt daher, weil diese Viren verschiedene Krankheiten im Magen-Darm-Trakt und in den Atemwegen verursachen. Besonders bekannte Reoviren sind die Rotaviren, durch die es bei Babys und Kleinkindern häufig zu Durchfallerkrankungen kommt.
Retroviren
Bei Retroviren (Retroviridae) handelt es sich um kugelförmige Viren, die über eine einzelsträngige RNA verfügen. Eine Besonderheit der Retroviren ist, dass sie das Enzym Reverse Transkriptase transportieren.
Erkrankungen werden vor allem von den Gattungen Deltaretrovirus und Lentivirus verursacht. Zu den Lentiviren gehört auch das berüchtigte HIV-Virus, dass die Immunschwächekrankheit AIDS auslöst.
Togaviren
Zu den typischen Merkmalen von Togaviren gehört, dass sie mit einer Hülle ausgestattet sind und ein zwanzigflächiges Kapsid besitzen, das über eine einzelsträngige RNA verfügt.
Infektionen
Durch Togaviren, die vor allem in tropischen Gebieten vorkommen, werden fiebrige Erkrankungen wie hämorrhagisches Fieber oder Hirnhautentzündungen verursacht. Als Überträger fungieren auch hier Zecken und Mücken.
Merkmale des DNA-Virus
DNA-Viren sind Viren, die ein Erbmaterial aufweisen, welches aus DNA besteht. Bei Viren wird die DNA in Virushüllen und/oder Kapside verpackt, was zur Entstehung von Viruspartikeln führt.
Es gibt einzelsträngig oder doppelsträngig vorliegende DNA. Dabei kann der Strang aus einem sowie auch aus mehreren Stücken bestehen. Ebenso ist ein offener oder auch ein zu einem Ring geschlossener Strang denkbar.
Liegen einzelsträngige DNA-Viren vor, können positive, negative sowie beide Polaritäten vorliegen. Im Gegensatz zu RNA-Viren weisen DNA-Viren ein Genom auf, welches weniger variabel ist; zudem liegt gegenüber umweltlichen Einflüssen eine höhere Stabilität vor.
Die Mutationsrate fällt geringer aus. Die Enzyme, welche eine wichtige Funktion bei der DNA-Vermehrung aufweisen, besitzen eine Korrekturlesefunktion.
Zur Vermehrung werden teils zelluläre Polymerasen genutzt, was beispielsweise bei Papillmaviridae der Fall ist. Dies stellt einen entscheidenden Unterschied zu RNA-Viren dar, bei denen die Vermehrung immer nur über eigene virale Polymerase möglich ist.
DNA-Viren finden sich vor allem im Bereich der Onkoviren, von denen die meisten zu dieser Virusart zählen. Bekannt ist eine Einteilung in die Baltimore-Gruppe 1: Doppelstrang-DNA - dsDNA und Baltimore-Gruppe 2: Einzelstrang-DNA - ssDNA.
Die meisten Onkoviren sind DNA-Viren, z. B. manche Herpesviren, manche humane Papillomviren oder das Hepatitis-B-Virus.[2]- Allgemeine Virologie, UTB GmbH, 2016, ISBN 3825245160
- Molekulare Virologie, Spektrum Akademischer Verlag, 2010, ISBN 382741833X
- Medizinische Virologie: Grundlagen, Diagnostik, Prävention und Therapie viraler Erkrankungen, Thieme, 2009, ISBN 3131139625
- Medizinische Mikrobiologie und Infektiologie, Springer, 2016, ISBN 3662486776
- Mikrobiologische Diagnostik: Bakteriologie - Mykologie - Virologie - Parasitologie, Thieme, 2009, ISBN 3137436028
- Medizinische Mikrobiologie - Infektiologie: mit Virologie, Immunologie, Urban & Fischer Verlag, 2006, ISBN 3437412728
- Viren!: Helfer, Feinde, Lebenskünstler - in 101 Porträts, Springer, 2018, ISBN 3662575434
- The Evolutionary Biology of Viruses, Raven Press, 1994
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