Typische Leiden von Berufsmusikern und die Behandlung durch Musikermediziner
Viele Musiker leiden unter berufsbedingten Erkrankungen. Mit der Behandlung typischer Leiden von Berufsmusikern befasst sich die Musikermedizin. Besonders Gelenke, Muskeln und Sehnen sind - je nach Beruf - von Verschleißerscheinungen betroffen, doch auch Hörprobleme bis hin zum Tinnitus sowie diverse instrumentenspezifische Probleme können auftreten. Lesen Sie, von welchen typischen Leiden Berufsmusiker betroffen sein können und wie die Behandlung durch einen Musikermediziner aussieht.
Berufsmusiker sind erheblichen Belastungen ausgesetzt. So müssen sie ihr Instrument perfekt beherrschen und stehen häufig unter psychischem Stress.
Außerdem kommt es beim Spielen in einem Orchester zu erheblicher Lautstärke. Auch Haltungsschäden sind keine Seltenheit.
Daher ist es kein Wunder, dass zahlreiche Berufsmusiker unter bestimmten Beschwerden und Erkrankungen leiden, die durch ihre künstlerische Tätigkeit verursacht werden. Gesundheitsexperten vergleichen die Belastungen von Berufsmusikern mit denen von Profisportlern. Letztere haben allerdings den Vorteil, dass sie regelmäßig medizinische Betreuung bekommen und einem Gesundheitscheck unterzogen werden.
Dagegen erhalten Berufsmusiker nach Ansicht der Experten zu wenig ärztliche Betreuung. Mittlerweile gibt es jedoch ein medizinisches Fachgebiet, das sich speziell mit der Behandlung von Musikerkrankheiten befasst. Dieses wird als Musikermedizin oder Musikmedizin bezeichnet.
Leiden von Berufsmusikern
Studien der DOV (Deutsche Orchestervereinigung) zufolge, leidet allein in Deutschland rund die Hälfte aller Berufsmusiker unter chronischen körperlichen Beschwerden. Nicht wenige der Künstler müssen deswegen sogar ihren Beruf aufgeben.
Es gibt eine Reihe von typischen Erkrankungen, die vor allem bei professionellen Musikern auftreten. So leiden die
unter starken Verschleißerscheinungen. Besonders betroffen sind Hände und Arme.
Zu den häufigsten Musikerkrankheiten zählen
- Sehnenreizungen
- Sehnenscheidenentzündungen
- Arthrosen des Daumensattelgelenks und der Fingergrundgelenke
- Nervenkompressionssyndrome wie das Ulnarisrinnensyndrom oder das Karpaltunnelsyndrom
- eine fokale Dystonie (Musikerkrampf)
- ein Schultergürtel-Kompressionssyndrom (Thoracic-outlet-Syndrom)
- Bandscheibenschäden
- Lärmschwerhörigkeit und
- Hörstürze.
Aber auch Beschwerden an der Halswirbelsäule und Kopfschmerzen sind keine Seltenheit. Ein häufiges psychisches Problem stellt das so genannte Lampenfieber dar.
Ursachen: wer ist besonders betroffen?
Dass es durch das häufige und regelmäßige Spielen eines Instruments zu körperlichen Schäden kommt, ist nicht verwunderlich; generell ist es so, dass es bei fast jedem Instrument zu einer unnatürlichen bzw. problematischen Körperhaltung kommt. Hierbei sind eine Verdrehung des Körpers oder auch das Gewicht des Instruments, welches zu einer problematischen Spannung führt, verantwortlich.
Doch auch die Arbeitsbedingungen können zum Auslöser werden. Typisches Beispiel ist der Orchestergraben im Theater; dabei handelt es sich um den Arbeitsplatz der Musiker in Form einer Vertiefung zwischen Bühne und Zuschauerraum. Mögliche Problematiken stellen hier
- eine schlechte Beleuchtung
- unergonomische Stühle oder auch
- Zugluft.
Zu diesen Schwierigkeiten kommt die beachtliche Lautstärke, denen die Musiker ausgesetzt sind, und das über mehrere Stunden - Hörprobleme bis hin zum Tinnitus sind eine mögliche Folge; schlimmstenfalls kann es zu Berufsunfähigkeit kommen.
Zudem sind instrumentenspezifische Probleme bekannt, wie etwa
- ein schiefer Kiefer sowie Halswirbel- und Schulterprobleme bei der Geige
- chronischer Herpes beim Horn
- beschädigte Fingernerven aufgrund dicker Metallsaiten beim Cello
- krume Zähne (aufgrund von starkem Pressen) sowie erhöhtes Schlaganfallrisiko (durch gleichzeitiges Ein- und Ausatmen, die so genannte Zirkularatmung) bei Blasinstrumenten
- Musikerkrampf mit eingeschränkter Handmotorik beim Klavier
Musikermedizin
Die typischen Beschwerden von Musikern werden von der Musikermedizin untersucht, die zudem nach sinnvollen Behandlungsmöglichkeiten forscht. Im Zentrum der Musikmedizin stehen das Wohlbefinden und die Gesundheit des Musikers.
Darüber hinaus befasst sie sich mit vorbeugenden Maßnahmen, um die typischen Beschwerden und Erkrankungen zu vermeiden. Dabei lässt sie auch psychische Probleme wie Lampenfieber nicht außer Acht.
Musikerambulanz
In Düsseldorf gibt es mittlerweile eine spezielle intradisziplinäre Musikerambulanz, die mit einer Universitätsklinik unmittelbar vernetzt ist. In dieser Einrichtung können sich Musiker untersuchen und behandeln lassen.
Das Besondere an der Musikerambulanz ist, dass die behandelnden Ärzte ebenfalls etwas von Musik verstehen. So verfügen sie neben ihrer medizinischen Qualifikation auch über die Fähigkeit, Noten zu lesen und ein Instrument zu spielen, sodass sie ein gutes Verständnis für die Leiden der Musiker haben.
Die Ärzte der Musikerambulanz gehören unterschiedlichen Fachrichtungen wie
- der Handchirurgie
- der Neurologie
- der Orthopädie
- dem HNO-Bereich
- der Kardiologie und
- der Psychologie
an. Bei ihrer Diagnose und Behandlung berücksichtigen die Musikmediziner sämtliche möglichen Krankheitsauslöser wie zum Beispiel die Haltung des Musikers, dessen Instrumente und Spielweise sowie die Arbeits- und Atemabläufe.
Nach Ansicht von Fachleuten erhalten Berufsmusiker im Unterschied zu Leistungssportlern jedoch noch immer zu wenig medizinische Betreuung. Vor allem bei der Prävention besteht reichlich Nachholbedarf. Darüber hinaus müssen die Musiker die Kosten für vorbeugende Maßnahmen meist selbst tragen.
Musikermedizin noch relativ junges Fachgebiet
Verglichen mit der Sportmedizin, handelt es sich bei der Musikermedizin noch um eine recht junge medizinische Sparte. So wurde hierzulande erst 1994 die Deutsche Gesellschaft für Musikphysiologie und Musikermedizin gegründet.
Neben der Musikambulanz Düsseldorf gibt es noch einige ähnliche Einrichtungen in Deutschland, wie zum Beispiel in Hannover und Freiburg. Allerdings ist dort meist nur ein einziger Arzt tätig, da sie Musikhochschulen angegliedert sind.
Behandlungsmöglichkeiten
Wichtigster Bestandteil der Musikermedizin sind vorbeugende Maßnahmen. Dabei informieren die Musikmediziner die Musiker über Möglichkeiten zur Vorbeugung von möglichen Beschwerden. Zu den wichtigsten Bausteinen der Prävention zählt die Ergonomie. Das heißt, dass die Instrumente an den Körper des Musikers angepasst werden.
Weitere wichtige Vorbeugemaßnahmen sind
- passende sportliche Tätigkeiten
- physiotherapeutische Übungen
- ausreichend Schlaf sowie
- eine gesunde Ernährung.
Als hilfreich gelten zudem verschiedene Entspannungstechniken. Dazu gehören vor allem
Außerdem lassen sich durch Bewegungslehrmethoden wie
- Feldenkrais
- die Alexander-Technik
- Eutonie
- die funktionelle Bewegungslehre und
- Dispokinesis
falsche Bewegungsabläufe und Fehlhaltungen positiv verändern. Die Methoden eignen sich sowohl zur Prävention als auch zur Behandlung von schon vorhandenen Störungen.