Der Brauch des Silvesterklausens in Appenzell

Beim Silvesterklausen handelt es sich um einen alten Brauch aus der Schweiz. Er findet im Kanton Appenzell Ausserrhoden statt. Je nachdem, ob der heutige gregorianische oder der frühere julianische Kalender als Ursprung genommen wird, begeht man diesen Brauch am 31. Dezember oder am 13. Januar. Die Tradition wird von jungen Männern ausgeübt, die das dafür typische Jodeln beherrschen müssen. Lesen Sie hier alles Wissenswerte rund um das Silvesterklausen.

Von Jens Hirseland

Das Silvesterklausen oder Silvesterchlausen ist ein Winterbrauch aus dem Schweizer Kanton Appenzell Ausserrhoden. Man begeht ihn entweder am 31. Dezember oder am 13. Januar.

Der Brauch des Silvesterklausens

Veranstaltet wird das alljährliche Silvesterklausen vor allem im Appenzeller Hinterland in den Gemeinden

  • Stein
  • Hundwil
  • Herisau
  • Schönengrund
  • Schwellbrunn
  • Urnäsch
  • Waldstatt und
  • dem mittelländischen Teufen.

Einerseits begeht man den Brauch nach dem heutigen gregorianischen Kalender, andererseits aber auch nach dem früheren julianischen Kalender.

Dabei gehen die Silvesterkläuse sowohl am 31. Dezember als auch am 13. Januar in kleinen Gruppen, auch Schuppeln genannt, um und wünschen den Menschen jodelnd, singend und mit Schellen ausgestattet, ein frohes neues Jahr. Sollten der 31. Dezember oder der 13. Januar auf einen Sonntag fallen, findet das Silvesterklausen schon am Samstag statt.

Ein Schuppel setzt sich aus sechs Silvesterkläusen zusammen. Den Silvesterklaus, der die Schuppel anführt, nennt man Vorrolli. Zu erkennen ist er an einer weißen Blume, die er in seinem Mund trägt.

Als Rollis oder Rollewiiber bezeichnet man zwei Silvesterkläuse, die Frauenkleider tragen und mit mehreren Rollen bzw. Schellen ausgestattet sind. Ein weiterer Silvesterklaus trägt eine blaue Blume in seinem Mund; ihn nennt man Noerolli oder Nachrolli.

Alle weiteren Silvesterkläuse haben auf ihrer Brust ein bis zwei Schellen. Man kennt sie unter den Bezeichnungen Schellenchläuse, Schelli oder Mannevölcher.

Gemeinsam treten die Silvesterkläuse als Schuppel zum Schtrech (Rundgang) an. Da die Silvesterkläuse unterschiedlich aussehen, teilt man sie in drei Typen ein. Dabei handelt es sich um

  • die Schönen (Schöne)
  • die Schön-Hässlichen (Schö-Wüeschte) und
  • die Hässlichen (Wüeschte).

Da die Kostüme und Schellen ziemlich schwer sind, bleibt der Brauch des Silvesterklausens nur den Männern vorbehalten. Die Schöne fallen durch verzierte und kunstvoll drappierte Kopfbedeckungen auf, die man als Hauben bezeichnet, mit Szenen aus

  • dem heimischen Brauchtum
  • dem bäuerlichen Alltag
  • verschiedenen Bauten
  • dem Handwerk
  • dem Familienleben oder
  • dem Sport.

Die Kleidung erinnert an Trachten. Die Schö-Wüeschte tragen Kleidung aus Naturmaterialen wie Moos oder Tannenreisig, ebenso deren Kopfbedeckungen sind auf diese Weise verziert. Solche Materialien findet man auch bei den Wüeschten, allerdings fällt deren Kostümierung wuchtiger und grober aus; auf dem Kopf wird ein Helm oder Hut getragen.

Die Gesichter aller Silvesterchläuse verbergen sich hinter einer Maske (Larve), welche je nach Typ puppenartig, fein und natürlich oder furchterregend aussieht. Häufig zieht auch Nachwuchs mit (Goofe-Schuppel); hier sieht man in der Regel keine Maske.

Mitunter sieht man noch eine "vierte Variante"; die so genannten Spasschläuse sind jedoch selten geworden. Es handelt sich um die Darstellung von Berufsleuten (wie Köchen, Waldarbeitern oder Bauern) in freierer, einfacher gewandeter Form.

Anstelle von Hauben tragen sie lediglich Kopftücher, Larven oder Zipfelmützen in schwarzer Farbe. Meist stecken traditionsbewusste Jodler und Sänger oder auch ehemalige Silvesterchläuse dahinter; sie möchten den Brauch zwar weiterpflegen, ihm jedoch nicht den typischen Aufwand entgegenbringen.

Geschichte

Seinen Ursprung hat das Silvesterklausen wohl im späten Mittelalter. Es geht auf einen Brauch von Klosterschülern zurück. Da das bunte Treiben eher an Fastnacht erinnerte, beschloss die Kirche, das Klausen von der Adventszeit auf den Silvestertag zu verlegen. Vor dem Inkrafttreten des gregorianischen Kalenders fiel dieser Tag jedoch auf den 13. Januar.

Die erste schriftliche Erwähnung des Silvesterklausens lässt sich bis ins Jahr 1663 zurückverfolgen. Darin protestierte die Kirche gegen das laute Treiben in den Nachtstunden.

1776 kam es sogar soweit, dass man in Appenzell Innerrhoden das Silvesterklausen zeitweilig mit 5 Talern Geldbuße bestrafte. Seither fand der Brauch fast nur noch in Appenzell Ausserrhoden statt.

Silvesterklausen in der heutigen Zeit

Auch in der heutigen Zeit ist das Silvesterklausen in Appenzell Ausserrhoden ein beliebtes Brauchtum, das von jungen Männern ausgeübt wird. Um der Tradition Genüge zu tun, ist es allerdings erforderlich, das typische Jodeln der Silvesterkläuse, auch Zäuerlen genannt, zu beherrschen.

Am Silvestertag treffen sich die Kläuse, schon bevor es hell wird, zum Frühstück. Danach zieht die Schuppel verkleidet und maskiert von einem Bauernhaus zum anderen. Dort tragen die Silvesterkläuse ihre Jodelkünste vor. Am Abend wird dann schließlich ins neue Jahr hineingefeiert.