Polyglobulie - Ursachen und Symptome einer Polyzythämie und Erythrozythose

Bei einer Polyglobulie kommt es zu einer erhöhten Hämoglobinkonzentration im Blut aufgrund eines zu hohen Erythrozyten-Wertes. Das Blut verdickt und führt zu Herz-Kreislaufbeschwerden und Durchblutungsstörungen bis hin zur Thrombose oder Embolie und einem Schlaganfall. Die Ursache kann Sauerstoffmangel sein, aber auch schwere chronische Krankheiten wie Knochenmarkserkrankungen können zu einer Polyglobulie führen. Erfahren Sie hier alles Wichtige zur Polyglobulie.

Von Jens Hirseland
Klassifikation nach ICD-10: D75.0 D75.1
ICD-10 ist ein weltweit verwendetes Klassifikationssystem für medizinische Diagnosen. Der sogenannte ICD-Code ist zum Beispiel auf einem ärztlichen Attest zu finden.

Die Bezeichnung "Polyglobulie" setzt sich aus dem griechischen Begriff "Poly" (viel) und dem lateinischen Wort "Globuli" (Kügelchen) zusammen, was "viele Kügelchen" bedeutet. Gemeint ist mit den "Kügelchen" das Hämoglobin, das zu den Proteinen gehört.

Beim Hämoglobin handelt es sich um ein besonderes Protein, das aus vier Aminosäureketten (Globinen) besteht. In der Mitte dieser Ketten ist ein Eisen-Ion angesiedelt, an das sich Sauerstoff und Kohlendioxid anlagern können.

Die Erythrozyten (roten Blutkörperchen) setzen sich zu 90 Prozent aus Hämoglobin zusammen. Zu ihren Funktionen zählt der Transport von Sauerstoff aus der Lunge in Richtung Zellen. Außerdem transportieren sie das Kohlendioxid wieder zurück.

Erhöht sich durch eine verstärkte Produktion der roten Blutkörperchen deren Anzahl im Blut, fällt auch die Konzentration an Hämoglobin zu hoch aus. Die Ärzte sprechen dann von einer Polyglobulie. Die Polyglobulie bedeutet also einen Anstieg an Erythrozyten und wird auch Erythrozytose genannt.

Durch den Erythrozyten-Anstieg nehmen auch das Hämatokrit, bei dem es sich um den prozentualen Zellenanteil am Blutvolumen handelt, sowie die Bluteindickung (Blutviskosität) zu. Die Verdickung des Blutes kann wiederum zu Durchblutungsstörungen führen, die sich durch verschiedene Beschwerden bemerkbar machen.

Rote Blutkörperchen
Erythrozyten bewegen sich durch die Blutbahn

Polyglobulie-Formen

Die Medizin unterscheidet zwischen zwei Formen der Polyglobulie: Die primäre Polyglobulie (Polyzythämie) sowie die sekundäre Polyglobulie (Erythrozythose).

Primäre Polyglobulie

Im Rahmen der primären Polyglobulie vermehren sich die Blutstammzellen im Knochenmark unkontrolliert. Betroffen von dieser myeloproliferativen Erkrankung sind in erster Linie ältere Menschen.

Sekundäre Polyglobulie

Die sekundäre Polyglobulie entsteht durch einen Mangel an Sauerstoff. Die Verantwortung dafür trägt die Niere. So wird bei einem Sauerstoffmangel von ihr verstärkt das Hormon Erythropoetin abgegeben.

Pseudopolyglobulie

Von einer Pseudopolyglobulie oder scheinbaren Polyglobulie sprechen die Mediziner, wenn nicht die verstärkte Herstellung der roten Blutkörperchen die Ursache für die Polyglobulie ist. Stattdessen entsteht sie durch eine von außen hervorgerufene Verschiebung des Hämatokrits wie Austrocknung oder Verbrennungen.

Weil dies eine Notsituation für den Körper darstellt, kommt es zur Abgabe von Flüssigkeit aus dem Blutplasma an bestimmte Organe. Dieser Vorgang führt wiederum zu einem Anstieg der Blutzellen. Da der Auslöser jedoch nicht in einer vermehrten Herstellung der roten Blutkörperchen liegt, handelt es sich nicht um eine echte Polyglobulie.

Ursachen der Polyglobulie

Häufig wird die Polyglobulie durch einen Mangel an Sauerstoff verursacht. Nicht selten ist ein längerer Aufenthalt in großer Höhe, wie zum Beispiel im Hochgebirge, dafür verantwortlich.

Ebenso kann aber auch ein innerer Sauerstoffmangel aufgrund von Erkrankungen des Herzens oder der Lunge der Grund für die Polyglobulie sein. Der Sauerstoffmangel bewirkt, dass der Organismus mehr von dem Hormon EPO (Erythropoetin) bildet.

Durch das EPO entstehen im Knochenmark mehr Erythrozyten. Gelingt es, den Sauerstoffmangel wieder zu beheben, hat dies auch den Rückgang der Anzahl der roten Blutkörperchen zur Folge.

Als weitere Ursachen kommen aber auch proliferative Erkrankungen in Betracht. Dabei steigt gleichzeitig die Anzahl an Leukozyten (weißen Blutkörperchen) an. Verantwortlich für diese Proliferation (Zellenbildung) ist eine Genmutation.

Wegen der vielen Blutzellen tritt eine verstärkte Zähflüssigkeit des Blutes ein. Infolgedessen steigt das Risiko von gefährlichen Thrombosen und Embolien.

Weitere mögliche Auslöser und Risikofaktoren für eine Polyglobulie:

  • Erkrankungen des Knochenmarks, in deren Rahmen unkontrolliert Erythrozyten hergestellt werden
  • Herzschwäche
  • Nierenerkrankungen
  • Tabakkonsum, der sich einschränkend auf die Tätigkeit der Lunge auswirkt
  • Doping mit von außen zugeführtem EPO
  • Vergiftungen

Symptome einer Polyglobulie

Die Verdickung des Blutes durch die Polyglobulie hat zur Folge, dass das Herz mehr Arbeit leistet, was zu einer Erhöhung des Blutdrucks führt. Weil das Pumpen des Herzens erschwert abläuft, leiden die Betroffenen häufig unter Symptomen wie:

Diagnose einer Polyglobulie

Bei einer Polyglobulie ist es wichtig, die auslösenden Ursachen zu finden. Zu diesem Zweck befasst sich der Arzt zunächst mit der Krankengeschichte des Patienten. Anschließend können unterschiedliche Untersuchungsmethoden zur Anwendung kommen wie:

Im Rahmen von Laboruntersuchungen werden die Anzahl der Erythrozyten, das Plasmavolumen, das Hämoglobin, das Hämatokrit sowie der Sauerstoffpartialdruck bestimmt.

Lässt sich keine konkrete Ursache ermitteln, gilt eine primäre Polyzythämie als wahrscheinlich. In diesem Fall findet eine Punktion des Knochenmarks statt.

Behandlung einer Polyglobulie

Nicht immer ist eine medizinische Therapie der Polyglobulie notwendig. Wird sie durch einen Sauerstoffmangel von außen hervorgerufen, geht sie normalerweise von selbst wieder zurück, wenn sich in der Atemluft wieder ausreichend Sauerstoff befindet.

Ist dagegen eine Erkrankung wie eine Herzschwäche für den Mangel an Sauerstoff ursächlich, muss eine fachgerechte Behandlung stattfinden. Verläuft die Therapie der Ursache erfolgreich, geht auch die Versorgung mit Sauerstoff wieder ihren gewohnten Gang.

Lässt sich die Grunderkrankung nicht erfolgreich behandeln, wird zumeist eine Aderlasstherapie durchgeführt. Sie dient dazu, die Anzahl an roten Blutkörperchen zu verringern.

Bei diesem Verfahren nimmt der Arzt dem Patienten ungefähr 300 Milliliter Blut ab, das anschließend durch Flüssigkeit ersetzt wird. Auf diese Weise soll die Blutverdickung reduziert und die Fließeigenschaft des Blutes verbessert werden. Gleichzeitig vermindert sich das Risiko, eine Thrombose, einen Herzinfarkt, einen Schlaganfall oder eine Lungenembolie zu erleiden.