Melatonin (Schlafhormon) - Funktion, Wirkung, Vorkommen und Auswirkungen veränderter Werte
Bei Melatonin handelt es sich um ein Hormon, das zu den Neurotransmittern zählt. Es ist wichtig für die Steuerung des Tag- und Nachtrhythmus.
Melatonin ist ein biogenes Amin und gehört zu den Neurotransmittern (Botenstoffen). Hergestellt und ausgeschüttet wird es in der Zirbeldrüse des Gehirns.
Nach der Herstellung erfolgt seine Abgabe in den Blutkreislauf, was vor allem in den Nachtstunden geschieht. Aus diesem Grund wird Melatonin auch Dunkelheitshormon oder Schlafhormon genannt.
Bei Tageslicht erfolgt dagegen nur eine deutlich gehemmte Melatoninproduktion. So liegt der Melatoninspiegel bei Tage ca. zehnmal niedriger als bei Nacht.
Sogar elektrisches Licht sorgt für die Hemmung der Melatoninausschüttung, wenngleich weniger stark. Je älter der Mensch wird, desto mehr nimmt die Melatoninproduktion des Körpers ab.
Funktionen und Wirkung von Melatonin
Zu den Aufgaben von Melatonin gehört vor allem die Beeinflussung des Schlaf-Wachrhythmus. So wird das Einschlafen am Abend von dem Hormon gefördert.
Leichte Schlafstörungen lassen sich sogar mit Melatonin-Tabletten behandeln. Bei schweren Einschlafproblemen sind sie allerdings wirkungslos.
Melatonin bewirkt außerdem die Aufrechterhaltung des zirkadianen Rhythmus. Dabei handelt es sich um die tagesrhythmischen Veränderungen von biologischen Funktionen wie der Nierenfunktion sowie den dazugehörigen Parametern wie Kortisol-Ausschüttung. Weitere Effekte von Melatonin sind
- antioxidative Wirkungen
- das Absenken des Energieverbrauchs und des Blutdrucks sowie
- die Beeinflussung der Ausschüttung von Sexualhormonen.
Darüber hinaus wirkt sich das Hormon auch auf das Gedächtnis und das Lernen aus.
Entstehung
Wie bereits erwähnt, entsteht das Melatonin in der Zirbeldrüse (Glandula pinealis). In kleinen Mengen wird es aber auch von der Netzhaut und im Darm gebildet.
Die Zirbeldrüse schüttet das Melatonin vor allem bei Dunkelheit aus, was sich auch auf den Schlaf auswirkt. Je länger die Dunkelheit andauert, desto mehr wird von dem Hormon ausgeschüttet.
Am höchsten ist die Ausschüttung zwischen ein und drei Uhr nachts. Von Tageslicht wird die Melatonin-Synthese dagegen weitgehend gehemmt.
Auch die Jahreszeiten haben Einfluss auf die Melatoninproduktion. So zirkuliert im dunkleren Winter mehr Melatonin im Körper als im helleren Sommer. Ebenso kann elektrisches Licht die Melatoninherstellung hemmen, wenn es zum Beispiel während des nächtlichen Schlafs angeschaltet bleibt.
Informiert wird die Zirbeldrüse über den Lichtstatus von den Photosensoren in der Netzhaut. Sobald diese Sensoren Lichtreize wahrnehmen, übermitteln sie diese an den Nucleus suprachiasmaticus (SCN), welcher sich im Hypothalamus befindet und wichtig für die innere Uhr des Menschen ist.
Der Nucleus suprachiasmaticus gibt die Informationen über mehrere Stationen an die Zirbeldrüse weiter. Diese schüttet dann, je nach Lichtstatus, entweder mehr oder weniger Melatonin aus.
Wie viel Melatonin gebildet wird, hängt auch vom Lebensalter ab. Am meisten Melatonin bildet sich im menschlichen Körper etwa 12 Wochen nach der Geburt.
Danach sinkt die Melatonin-Konzentration im Laufe der Jahre kontinuierlich ab. Die Stärke der Abnahme ist jedoch von Mensch zu Mensch verschieden.
Melatonin in Lebensmitteln
Als Ausgangspunkt für Melatonin dient die Aminosäure Tryptophan. Diese ist in zahlreichen Lebensmitteln enthalten. Dazu gehören vor allem
Über mehrere Zwischenstufen bildet Tryptophan das Hormon Serotonin, aus dem wiederum Melatonin hervorgeht.
Melatonin in Nahrungsergänzungsmitteln und Medikamenten
Melatonin lässt sich dem Körper aber auch von außen in Form von Nahrungsergänzungsmitteln oder Arzneimitteln zuführen. Nach Angaben der Hersteller sollen Melatonin-Präparate
- freien Radikalen entgegenwirken
- Fett verbrennen und
- einen Anti-Aging-Effekt bewirken.
Auch gegen bestimmte Krankheiten wie Alzheimer und Krebs sagt man den Mitteln positive Wirkungen nach. Wissenschaftliche Beweise dafür gibt es allerdings nicht.
In manchen Fällen können Melatonin-Präparate aber hilfreich bei Schlafstörungen, wie zum Beispiel durch einen Jetlag oder Schichtarbeit, sein. Zu den weiteren möglichen Anwendungsgebieten zählen
- Angststörungen: bei Ängsten die beispielsweise vor einer Operation auftreten, kann Melatonin beruhigend wirken
- bei Übergewicht in besonderer Situation: Menschen, die Antipsychotika einnehmen, können eine dadurch entstehende Gewichtszunahme durch Melatonin verhindern
- Reizdarmsyndrom: Melatonin hilft bei Verstopfung, Bauchschmerzen und verbessert die Lebensqualität
- Tinnitus: besonders in Kombination mit dem Mittel Sulpirid hilft Melatonin, die Wahrnehmung der Orgeräusche zu mindern und die Schlafqualität zu verbessern
Mögliche Risiken durch Melatonin-Präparate
Werden Melatonin-Präparate nur über einen kurzen Zeitraum eingenommen, stellt dies kein Risiko dar. Über die Auswirkungen bei einer längeren Einnahme ist allerdings bislang nur wenig bekannt, was auch für eventuelle Nebenwirkungen oder Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten gilt.
In den USA bietet man Melatonin auch in Form von Nahrungsergänzungsmitteln an, was jedoch in Deutschland nicht erlaubt ist. Allerdings lassen sich die Präparate über das Internet bestellen.
Problematisch ist, dass Nahrungsergänzungsmittel im Gegensatz zu Arzneimitteln kaum kontrolliert werden. Ob ein bestimmtes Produkt eine gute Qualität hat oder nicht, ist selbst für Experten nur schwer zu beurteilen.
Inzwischen sind auch Kosmetika, die Melatonin enthalten, im Handel erhältlich. Experten warnen jedoch davor, sie zu verwenden, da sie die Fruchtbarkeit beeinflussen können.
Auswirkungen eines zu niedrigen oder zu hohen Melatonspiegels
Als normal gilt der Melatoninspiegel im Blut bei Werten von 10 pg/ml (Pikogramm pro Milliliter) am Tag, was 1 Milliardstel je Milliliter entspricht. Bei Nacht beträgt der Durchschnittswert 100 pg/ml.
Zu niedriger Melatoninspiegel
Ist der Melatoninspiegel im Blut zu niedrig, kann sich dies auf das Allgemeinbefinden negativ auswirken. So leiden die Betroffenen häufig unter Schlaflosigkeit und Müdigkeit. Da ein erholsamer Schlaf zudem wichtig für das Gedächtnis ist, hat ein zu niedriger Melatoninspiegel oft auch negative Auswirkungen auf das Gedächtnis.
Ursachen
Weil die Melatoninproduktion im Alter abnimmt, leiden vor allem ältere Menschen häufig unter Schlafstörungen. Weitere Ursachen für einen niedrigen Melatoninspiegel können
- Serotoninmangel
- lange Tageslichtphasen
- lange Lichtphasen durch elektrisches Licht
- intensive sportliche Aktivitäten in den Abendstunden
- die Einnahme von bestimmten Medikamenten wie Acetylsalicylsäure oder Betablockern
- Stress sowie
- der Konsum von koffeinhaltigen Getränken, Alkohol und Zigaretten
sein.
Erhöhter Melatoninspiegel
Fällt der Melatoninspiegel zu hoch aus, hat dies ebenfalls Schlafprobleme und Müdigkeit zur Folge. Da in den Wintermonaten das Tageslicht nur wenige Stunden andauert und der Melatoninspiegel deswegen auch am Tage erhöht ist, kann dies mitunter zu Winterdepressionen führen.
Experten empfehlen, bei Tageslicht regelmäßige Spaziergänge zu unternehmen. Manchmal ist auch eine Lichttherapie hilfreich.
Ursachen
Neben den langen Dunkelphasen im Winter wird ein erhöhter Melatoninspiegel zumeist durch
- Leberfunktionsstörungen
- eine hochdosierte Einnahme von Vitamin B3 bzw. Vitamin B6, oder
- die Einnahme von bestimmten Antidepressiva oder Tryptophan
hervorgerufen.
Messung des Melatoninspiegels
Um den Melatoninspiegel bei Nacht zu messen, besteht die Möglichkeit, jede Stunde eine Blutprobe zu entnehmen. Diese Proben untersucht man in einem Labor auf das Melatonin-Abbauprodukt 6-Hydroxy-Melatoninsulfat. Als Alternative kommen auch eine nächtliche Speichelprobe oder eine Untersuchung des Morgenurins infrage.