Östrogene - Merkmale, Bedeutung und Werte

Östrogene zählen zu den Sexualhormonen der Frau. Eine große Bedeutung kommt ihnen etwa bei der Beteiligung am Menstruationszyklus sowie auch bei der Fortpflanzung zu. Der Hauptentstehungsort liegt in den Eierstöcken. In geringen Mengen werden Östrogene auch im männlichen Körper hergestellt. Informieren Sie sich hier ausführlich über Östrogene.

Gracia Sacher
Von Gracia Sacher

Östrogene - Merkmale und Bedeutung

Östrogene oder auch Estrogene bzw. Follikelhormone sind die wichtigsten Sexualhormone der Frau und gehören zur Klasse der Steroidhormone. Zu den Östrogenen gehören mehr als dreißig verschiedene Hormone, darunter zum Beispiel Estradiol, Estron und Estriol. Ihre Wirkung ist breit gefächert.

Bildung von Östrogenen

Estrogene entstehen in erster Linie in den Ovarien (Eierstöcken) in Gelbkörper und Follikel. Ein kleiner Teil der Östrogene wird aber auch in der Nebennierenrinde gebildet. Im Verlauf einer Schwangerschaft kommt es zusätzlich im Mutterkuchen (Plazenta) zur Herstellung der wichtigen Hormone.

Östrogene durch Biosynthese

Zur Entstehung von Östrogenen kommt es, indem männliche Geschlechtshormone umgewandelt werden. So entsteht vor allem durch die Umwandlung des männlichen Hormons Testosteron Estradiol, auch Östradiol genannt. Katalysiert wird die Umwandlung durch das Enzym Aromatase.

Wirkung von Östrogenen

In der Pubertät sorgen sie für die Ausprägung und Entwicklung der Geschlechtsmerkmale, wie Brust oder auch Haarwuchs. Östrogene sind zudem wichtig, um eine befruchtungsfähige Eizelle reifen zu lassen. So sorgen die Geschlechtshormone dafür, dass die Schleimhaut der Gebärmutter gut durchblutet wird.

Dadurch kann sich der Muttermund öffnen. Außerdem lässt das Gebärmutterhalssekret die männlichen Spermien durch.

Darüber hinaus erhält die Hypophyse (Hirnanhangsdrüse) von den Östrogenen das Signal, dass die Eizellreife erfolgt, was zur indirekten Auslösung des Eisprungs (Ovulation) führt. Während des weiblichen Zyklus kommt es zu starken Veränderungen bei der Konzentration der Östrogene.

Die Steuerung der Hormonproduktion erfolgt von der Hypophyse. Im Anschluss an die Menopause der Frau verringert sich die Östrogensynthese erheblich.

Der Transport der Östrogene im Blut findet in der Regel eiweißgebunden statt. Bestimmte Organe wie die Gebärmutter und die Brüste verfügen über spezielle Östrogenrezeptoren, von denen die Östrogene gebunden werden. Da die Hormone unmittelbar zum Zellkern gelangen, können sie Einfluss auf die Aktivität der Zellen nehmen.

Östrogene haben auch eine physische Wirkung auf die Knochen. Daher besteht bei Östrogenmangel die Gefahr, dass es zu Knochenschwund (Osteoporose) kommt.

Auch das Immunsystem wird von den Sexualhormonen angeregt. Des Weiteren sind Östrogene wichtig für das Hörvermögen sowie das Speichern von Gedächtnisinhalten, die Sprache und Geräusche betreffen.

Auch spielen sie für den Stoffwechsel eine wichtige Rolle. Sie sorgen dafür, dass die Durchblutung gesteigert wird; außerdem führen sie zu Wassereinlagerungen. Die Eiweißproduktion wird angekurbelt, Triglyzeride und Cholesterin steigen an.

Östrogene beim Mann

Übrigens werden auch in den Hoden des Mannes geringe Östrogenmengen produziert. In diesem Fall bezeichnet man sie als Östradiol.

Sie sind wichtig beim Fettstoffwechsel und weiteren Stoffwechselprozessen. Außerdem gelten sie als Stimulus der männlichen Sexualität.

Östrogentypen: natürliche und synthetische Östrogene

Bei Östrogenen unterscheidet man zwischen natürlichen und synthetischen Estrogenen. Zu den natürlichen Östrogenen gehören

  • Estradiol
  • Estriol
  • Estron und
  • Estetrol.

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Synthetische Östrogene sind

  • Mestranol
  • Ethinylestradiol
  • Moxestrol und
  • Turisteron.

Letztere werden zur Verhütung eingesetzt und sind Bestandteil der Antibabypille. Zudem lassen sie sich auch während der Wechseljahre zur Behandlung von Beschwerden verwenden. Es handelt sich stets um ein rezeptpflichtiges Medikament.

Pflanzliche Östrogene und Östrogene in Lebensmitteln, z.B. Milch

Es gibt zahlreiche Pflanzen und Lebensmittel, in denen sich natürliche Östrogene finden lassen. Zu diesen gehören etwa

Häufig wird der Anteil an Östrogenen in Kuhmilch kritisiert. Die Mengen gelten jedoch als so gering, dass sie nicht als gesundheitsschädlich einzustufen sind.

Bestimmung von Östrogenen: Wissenswertes zu Östrogen-Werten

In folgenden Fällen wird die Östrogen- bzw. Östradiol-Konzentration bestimmt:

  • bei Störungen in der Pubertätsentwicklung
  • bei Zyklusstörungen
  • zur Feststellung, ob Hormone nach den Wechseljahren benötigt werden
  • zur Kontrolle einer Sterilitätsbehandlung
  • in der Tumordiagnostik und -behandlung

Die Bestimmung erfolgt im Blutserum. Meist wählt man das Östrogen mit der stärksten Wirkung: Östradiol. In anderen Fällen überprüft man auch Östriol und Östron.

Normwerte

In der folgenden Tabelle geben wir einen Überblick über die Östrogen-Normwerte bei Kindern.

Östradiol Normwerte bei Kindern
AlterMädchenJungen
0 bis 2 Monate163 - 803 pmol/l60 - 130 pmol/l
3 bis 12 Monate32 - 950 pmol/l25 - 71 pmol/l
1 bis 3 Jahre11 - 55 pmol/l13 - 88 pmol/l
4 bis 6 Jahre16 - 36,6 pmol/l15 - 62 pmol/l
7 bis 9 Jahre12 - 55,4 pmol/l17 - 24,4 pmol/l
10 bis 12 Jahre12 - 160 pmol/l12 - 47 pmol/l

Für Mädchen und Frauen ab 13 Jahren gelten unterschiedliche Werte, je nach Zyklusphase oder Eintritt in die Wechseljahre. In der Zyklusphase im Alter von 13 bis 50 Jahren sind folgende Konzentrationen normal:

  • in der Follikelphase: 46 - 607 pmol/l
  • beim Eisprung: 350 - 1828 pmol/l
  • in der Lutealphase: 161 - 774 pmol/l

Ab 51 Jahren liegt man mit 18,4 - 201 pmol/l in der Norm.

Beim männlichen Geschlecht ab 13 Jahre gelten folgende Normwerte:

  • 13 bis 15 Jahre: 14 - 110 pmol/l
  • 16 bis 20 Jahre: 30 - 169 pmol/l
  • ab 21 Jahre: 28 - 156 pmol/l

Östriol- und Östrionwerte

In der Schwangerschaft kommt es vermehrt zu einer Östriolproduktion. Die Normwerte betragen

  • 2,5 - 10,0 µg/l in der 28. Bis 31. Woche
  • 3,5 - 12,0 µg/l in der 32. Bis 33. Woche
  • 4,0 - 13,0 µg/l in der 34. Bis 35. Woche
  • 5,0 - 17,0 µg/l in der 36. Bis 37. Woche
  • 6,0 - 25,0 µg/l in der 38. Bis 40. Woche

Die Östron-Normwerte liegen bei über 50 pg/ml bei geschlechtsreifen Frauen. Werte bis 40 pg/ml misst man in der Regel nach den Wechseljahren.

Östrogenmangel: Wann sind die Östrogenwerte zu niedrig?

Zu niedrige Östradiol-Werte können auf eine Ovarialinsuffizienz hinweisen. Nach den Wechseljahren gelten diese Umstände als normal; anderenfalls können beispielsweise eine Unterfunktion der Hirnanhangsdrüse sowie das Turner-Syndrom Auslöser sein. Auch eine beeinträchtigte Funktion der Eierstöcke durch eine Strahlen- oder Chemotherapie gilt als mögliche Ursachen. Des Weiteren spielen bestimmte Medikamente eine Rolle.

Ein niedrigerer Östron-Wert kommt nach den Wechseljahren natürlicherweise vor. Ein Krankheitswert liegt in diesem Fall nicht vor.

Liegt ein niedriger Östriol-Wert in der Schwangerschaft vor, sind kindliche oder mütterliche Ursachen möglich. So kann die werdende Mutter etwa mit Antibiotika oder Kortison behandelt worden sein. Auch

  • Rauchen
  • Diabetes oder
  • Nieren- und Lebererkrankungen

wären denkbar.

Infektionen oder Neuralohrdefekte sind möglich kindliche Ursachen. Die Pränataldiagnostik zeigt ein erhöhtes Risiko für Trisomie 21 an, wenn ein verringerter Östriol-Wert gemessen wird.

Östrogen-Überschuss: Wann sind die Östrogen-Werte zu hoch?

Erhöhte Östradiol-Werte bei Frauen sind auf folgende Ursachen zurück zu führen:

Übergewicht nach den Wechseljahren kann zu einem erhöhten Östron-Wert führen, ebenso eine Einnahme von Östradiol. Der Östriol-Wert kann bei einer Mehrlingsschwangerschaft ansteigen. Auch geschädigte Nieren zählen zu den möglichen Ursachen Bei Männern sind Leberzirrhose und Fettleibigkeit typische Auslöser.