Merkmale und Wirkung verschiedener Wachstumshormone (Wachstumsfaktoren)

Als Wachstumsfaktoren bezeichnet man Proteine, die die Signale von Zellen auf andere Zellen übertragen. Auf diese Weise leiten sie Informationen weiter.

Von Jens Hirseland

Spricht man von Wachstumsfaktoren (GF) sind damit Proteine gemeint, die Signale von einer Zelle zu einer anderen Zelle übertragen, wodurch Informationen weitergeleitet werden. Darüber hinaus sind Wachstumsfaktoren für die Regelung unterschiedlicher intrazellulärer Prozesse von so genannten Signalproteinen zuständig. Bei der Entwicklung von mehrzelligen Organismen spielen sie eine bedeutende Rolle.

Biochemische Wirkung

Ihre Wirkung entfalten die Wachstumsfaktoren, indem sie sich an membranständige Rezeptoren mit enzymatischer Aktivität binden. Von diesen Rezeptoren werden extrazelluläre Reize durch das Aktivieren von intrazellulären Proteinen übertragen. Daraufhin kommt es zu einer intrazellulären Weitergabe von Signalen auf diverse Enzyme und Proteine.

Am Ende dieses Vorgangs erfolgt die Aktivierung bzw. Freisetzung von Transkriptionsfaktoren. Diese sorgen dafür, dass der Reiz durch das Aktivieren der Genexpression der Zielgene freigesetzt wird.

Einsatzgebiete und natürliche Steigerung

Wachstumshormone werden vor allem im Bereich des Bodybuilding eingesetzt, da sie

Im Bodybuilding werden häufig Wachstumshormone eingesetzt
Im Bodybuilding werden häufig Wachstumshormone eingesetzt

Sie werden häufig als gesondertes Mittel eingesetzt - auch im Rahmen des Dopings -, lassen sich jedoch auch auf natürliche Weise steigern. Wichtig sind

Familien von Wachstumsfaktoren

Wachstumsfaktoren werden in mehrere große Familien eingeteilt. Dies sind

  • die FGF-Familie (Fibroblast Growth Factor)
  • die TGF-Familie (Transforming Growth Factor)
  • Wingless
  • Ephrine
  • Hedgehog sowie
  • Delta und Serrate.

Im Folgenden gehen wir etwas näher auf die unterschiedlichen Wachstumshormone ein.

FGF-Familie (Fibroblast Growth Factor)

FGF steht für Fibroblast Growth Factor. Gemeint sind damit Fibroblasten-Wachstumsfaktoren, die man als FGF-Familie bezeichnet. Diese Gruppe umfasst insgesamt 23 Mitglieder, die als FGF-1 bis FGF-23 gekennzeichnet werden.

Bei Fibroblasten-Wachstumsfaktoren handelt es sich um Ein-Ketten-Polypeptide, die eine Masse zwischen 16 und 22 kDa aufweisen. Man zählt sie zu den Signalproteinen.

Diese spielen bei der Regulation des Zellwachstums sowie der Differenzierung der Zellen eine wichtige Rolle. Außerdem sind sie für die embryonale Entwicklung von höchster Bedeutung. So können Störungen der FGF-Funktionen schwere Entwicklungsbeeinträchtigungen während der Embryonalzeit zur Folge haben.

Wirkungsmechanismus

FGF-Moleküle haben die Eigenschaft, sich an ihre spezifischen Rezeptoren an der Zelloberfläche zu binden. FGF-Rezeptoren bezeichnet man als FGFR. Dabei handelt es sich um Rezeptor-Tyrosin-Kinasen, deren Aktivierung durch Autophosphorylierung erfolgt. Intrazellulär setzen sie eine Signalkaskade in Gang, deren Folge eine Genaktivierung ist.

Zusammengesetzt werden FGF-Rezeptoren aus

  • einer singulären transmembranösen Helix
  • einer extrazellulären Region sowie
  • einer intrazellulären Domain.

Insgesamt gibt es vier verschiedene FGF-Rezeptoren. Darüber hinaus können durch alternatives mRNA-Spleißen der meisten Rezeptoren weitere Zusatzformen entstehen. Zu den besonderen Eigenschaften der FGFs gehört, dass sie eine starke Affinität zu Heparin, Heparansulfaten und Proteoglycanen aufweisen, wodurch ihr Wirkungsmechanismus deutlich verstärkt wird.

Funktionen

Die FGF-Familie spielt eine überaus wichtige Rolle bei der Entwicklung in der Embryonalzeit sowie für die Organdifferenzierung. Zu den Aufgaben der Fibroblasten-Wachstumsfaktoren gehören

  • die Zellmigration
  • die Zelldifferenzierung sowie
  • die Zellproliferation.

Ohne die FGF-Familie ist eine reguläre Gewebs- und Zelldifferenzierung unmöglich. Bei erwachsenen Menschen sorgen die Fibroblasten-Wachstumsfaktoren für die Steuerung von gewebsreparativen Prozessen. So haben sie einen aktiven Anteil an den Abläufen

Fibroblasten-Wachstumsfaktoren lassen sich in beinahe sämtlichen Körpergeweben nachweisen.

TGF-Familie (Transforming growth factor)

Die Abkürzung TGF steht für Transforming Growth Factor. Übersetzt bedeutet der englische Begriff "Transformierender Wachstumsfaktor". Der Transforming Growth Factor ist der Namensgeber für die TGF-Signalwege und gehört zu den Signalmolekülen.

Merkmale

Die TGF-Familie lässt sich in mehrere Gruppen einteilen. So gibt es

  • die TGF-a-Familie
  • die TGF-ß-Familie sowie
  • die BMP-Familie.

TGF-a ließ sich sowohl beim Menschen als auch bei Nagetieren nachweisen. TGF-alpha ist ein hitze- und säureresistentes Protein und verhält sich homolog zum EGF (Epidermal Growth Factor).

Hergestellt wird TGF-a von verschiedenen embryonalen und adulten Zellen, aber auch von veränderten Zellen und Tumoren. So kann es im Harn von Krebspatienten nachgewiesen werden.

Bei TGF-beta handelt es sich um ein als Homodimer vorliegendes, konserviertes Protein. Bei Säugetieren kommt es in drei Typen vor, die man als TGF-ß 1 bis 3 bezeichnet.

TGF-ß-Polypeptide

TGF-ß-Polypeptide haben die Eigenschaft, multifunktional zu sein. So üben sie unter anderem Einfluss auf die Zellproliferation und die Zelldifferenzierung aus.

Seine Wirkung erzielt TFG-ß mithilfe eines Membranrezeptors mit Serin/Theorin-Kinase-Aktivität. TGF-ß steht im Zusammenhang mit den Heilungsabläufen sowie der Fibrosierung von Gewebe.

Bone morphogenetic proteins

Ebenfalls zur TGF-Familie gehören die BMPs (Bone morphogenetic proteins). Übersetzt bedeutet BMP "Morphogenetische Knochenproteine". Zu den Aufgaben der BMPs gehört die Kontrolle von Abläufen in der frühen embryonalen Entwicklung. Außerdem sind sie wichtig für die Organgenese.

Medizinische Bedeutung

TGF-ß ist für die Medizin von großem Interesse. So sagt man ihm eine Schlüsselrolle bei der strahlenbedingten Lungenfibrose nach. Darüber hinaus wird vermutet, dass TGF-ß Anteil an der Entstehung der diabetischen Nierenschädigung hat. Bei Menschen, die unter dem Loeys-Dietz-Syndrom oder dem Ehlers-Danlos-Syndrom leiden, liegen Mutationen in den Genen des Rezeptors vor, der als Rezeptor für TGF-ß dient.

Wingless

Als Wingless bezeichnet man den Wnt-Signalweg. Dabei handelt es sich um einen Signaltransduktionsweg.

Benannt wurde der Wnt-Signalweg nach seinem Liganden, dem Wachstumsfaktor Wnt. Wnt ist ein Signalprotein und übt als lokaler Mediator eine wichtige Funktion bei der Entstehung von tierischen Zellen aus. Zusammengesetzt wird der Begriff Wnt aus Wingless (Wg) und Int-1.

Zu der Bezeichnung Wingless-type kam es durch Beobachtungen der Taufliege Drosophila melanogaster. Mutationen im Wingless-Gen führen zu einer flügellosen Variante dieser Fliegenart. Bei Mäusen ruft das Int-Gen Brustkrebs hervor, sofern es vom Maus-Mammatumorvirus aktiviert wird.

Funktionen

Der Wnt-Signalweg hat Anteil an verschiedenen Vorgängen der Embryogenese. Dazu gehören unter anderem die Bildung von Organanlagen sowie die Ausbildung der Körperachse.

In erwachsenen Organismen ist der Wnt-Signalweg dagegen nicht aktiv. Allerdings kann es in Tumorzellen zu seiner Aktivierung kommen.

Mutationen und Krankheiten

Innerhalb von Tumorzellen lässt sich der Wnt-Signalweg auch ohne den Wnt-Liganden aktivieren, was beispielsweise durch eine loss-off-function-Mutation von einem Protein des destructions-Komplexes, der aus mehreren Proteinen besteht, geschehen kann. Bei Darmkrebs, der durch die Erbkrankheit FAP entsteht, wird der Tumorsuppressor APC beeinflusst, wodurch sich der Komplex nicht mehr bilden kann.

Außerdem wird das in dem Komplex vorliegende beta-Catenin nicht mehr abgebaut, was sich wiederum negativ auf die von beta-Catenin abhängigen Gene auswirkt, die wichtig für die Regulation des Zellzyklus sind. So ist es möglich, dass eine solche Mutation zur Entstehung von Krebs beiträgt.

Neben Krebs gibt es aber noch weitere Krankheiten, die sich mit dem Wnt-Signalweg in Verbindung bringen lassen. Dazu gehören

  • Grafik einer Krebszelle auf orange-rotem Untergrund

    © Sebastian Kaulitzki - www.fotolia.de

  • Grafik Anatomie Nebennieren, weißer Hintergrund

    © hakan çorbaci - www.fotolia.de

  • Grafik Krebszelle

    © Sebastian Kaulitzki - www.fotolia.de

  • Frau mit weißen Handschuhen hält sich eine weiße Theatermaske vor das Gesicht, schwarzer Hintergrund

    © andrys lukowski - www.fotolia.de

Ephrine

Als Ephrine werden membranständige Proteinsignalmoleküle bezeichnet. Sie dienen als intrazelluläre Signalgeber und sind wichtig für die Entwicklung des Nervensystems.

Merkmale

Ephrine kommen in Wirbeltieren und Menschen vor. Sie binden sich an Ephrinrezeptoren (Eph) und aktivieren diese. Für die Aktivierung ist ein direkter Kontakt zwischen den Zellen notwendig.

Ephrinrezeptoren

Ephrinrezeptoren teilt man in zwei Unterklassen ein. Dabei handelt es sich um EphA und EphB mit den Genen EPHA und EPHB. Die Unterteilung basiert auf der Bindungsaffinität zu Ephrin-A-Liganden, die Glykosylphosphatidylinositol-verankert sind oder transmembranen Ephrin-B-Liganden. Insgesamt wurden bei Tieren bislang 16 Ephrinrezeptoren entdeckt, während Menschen nur über neun EphA und fünf EphB verfügen.

Ephrine haben die Eigenschaft, sich spezifisch an ihre Unterklassen zu binden. Zu den besonderen Merkmalen der Ephrinrezeptoren gehört, dass sie in der Lage sind, Signaltransduktionen in zwei Zellen gleichzeitig auszulösen.

Delta und Serrate

Delta- und Notch-Genprodukte (DSL-Proteine) sind Transmembranproteine. Sie verfügen über eine extrazelluläre Domäne und weisen ein homologes repititives Sequenzmotiv bei Säugetieren auf.

Merkmale

Delta und Notch haben die Eigenschaft, miteinander heterophile Interaktionen einzugehen, wenn sie sich auf der Oberfläche von Zellen exprimieren. Während Delta sich auf der Seite der Neuroblasten befindet, liegt Notch auf der Seite der Epidermoblasten, sodass es zu einer epigenetischen Wechselwirkung kommt.

Ihre Genprodukte nehmen den Part des Rezeptors bzw. des Signals ein. Dabei wirkt Delta als Ligand von Notch. Die eigentliche Notch-Bindungsregion wird von einem speziellen Sequenzmotiv (Delta-Serrate-Lin) gebildet.

Zwischen den intrazellulären Bereichen der beiden Proteine bestehen erhebliche Unterschiede. So verfügt Notch über eine umfangreiche intrazelluläre Domäne sowie eine Ankyrin-artige Sektion, die aus sechs repetitiven Elementen besteht.

Ankyrin-Sequenzmotive sind als Interaktionsdomänen in zahlreichen unterschiedlichen Proteinen zu finden. Die intrazelluläre Domäne von Notch ist außerdem in der Lage, mit verschiedenen nucleären und cytoplasmatischen Faktoren zu interagieren.

Notch-Signalweg

Eine wichtige Rolle für Notch (Kerbe) spielt der Notch-Signalweg. Dabei handelt es sich um einen Signaltransduktionsweg, mit dessen Hilfe die Zellen in der Lage sind, auf äußere Signale zu reagieren.

Benannt wurde der Signalweg nach dem Notch-Rezeptor. Dieser bindet auf der Oberfläche einer anderen Zelle den membranständigen Liganden Delta.

Die Bindung von Delta an Notch bewirkt die Aktivierung des Notch-Signalweges. Zuerst kommt es zur Abspaltung der extrazellulären Domäne im Bereich der Plasmamembran.

Anschließend erfolgt durch ein Enzym die Abtrennung des cytoplasmatischen Teils des Notch-Rezeptors, der dann in den Zellkern diffundieren kann. Dort bildet das Fragment gemeinsam mit anderen Regulatorproteinen einen Komplex und bindet sich an das CSL-Protein.

Eigenschaften

Der Notch-Signalweg hat Anteil an der Entwicklung zahlreicher Gewebe von tierischen Embryos. Durch Delta-Notch-Interaktionen wird eine laterale Inhibition vermittelt.

Dabei berücksichtigt jede Zelle Informationen von anderen Zellen. Darüber hinaus trägt Notch zur Synchronisation von Entwicklungsprozessen bei.

Entdeckt wurde der Notch-Faktor im Jahr 1917 von dem amerikanischen Zoologen Thomas Hunt Morgan (1866-1945). Dieser beschrieb eine Mutation bei der Fruchtfliege Drosophila melanogaster, bei der sich auf den Flügeln des Insekts Kerben zeigten.