Aufgaben und Stellung des Bundeskanzlers

Beim Bundeskanzler handelt es sich um den deutschen Regierungschef. Von ihm werden die politischen Richtlinien bestimmt. Der Bundeskanzler verfügt dementsprechend über die Richtlinienkompetenz. Ihm wird die administrative Leitung der Geschäfte der Bundesregierung zuteil. Oftmals ist er auch Vorsitzender seiner Partei. Lesen Sie über die Aufgaben und Stellung des Bundeskanzlers.

Von Jens Hirseland

Regierungschef der Bundesrepublik Deutschland ist der Bundeskanzler. Er legt die politischen Richtlinien der Bundesregierung fest und bestimmt die Bundesminister.

De facto ist der Bundeskanzler also der mächtigste deutsche Amtsinhaber. In der protokollarischen Rangfolge steht er jedoch unter dem Bundespräsidenten und dem Bundestagspräsidenten.

Die Wahl des Bundeskanzlers erfolgt vom Bundestag auf Vorschlag des Bundespräsidenten ohne Aussprache. Eine Ablösung vor Ende der Legislaturperiode des Bundestages ist nur dann möglich, wenn ein konstruktives Misstrauensvotum vorliegt. Die Amtszeit ist nicht begrenzt.

Für die Wählbarkeit, dem passiven Wahlrecht, zum Amt des Bundeskanzlers gibt es laut Gesetz keine bestimmten Voraussetzungen. Man geht aber davon aus, dass die Regelungen, die zur Wählbarkeit zum Bundestag gelten, auch hier Gültigkeit haben. Somit wären folgende Kriterien zu erfüllen: deutsche Staatsangehörigkeit, ein Mindestalter von 18 Jahren und kein Entzug des Wahlrechts durch ein gerichtliches Urteil oder auch die Behandlung in einer psychiatrischen Einrichtung.

Aufgaben des Bundeskanzlers

Nach Artikel 65 des Grundgesetzes verfügt der deutsche Bundeskanzler über die Richtlinienkompetenz. Das bedeutet, dass er die Richtlinien der Bundesregierung festlegt und dafür auch die Verantwortung übernimmt. So trifft er die grundlegenden Entscheidungen der Regierung, aber auch wichtige Einzelentscheidungen.

Allerdings gibt es auch Grenzen. So wird durch das Ressortprinzip im Grundgesetz festgelegt, dass die Ministerien von den jeweiligen Ministern in eigener Verantwortung geleitet werden.

Bei einzelnen Sachfragen kann der Bundeskanzler also nicht einfach seinen Willen durchsetzen. Die Minister müssen ihn jedoch über sämtliche wichtigen Vorhaben unterrichten.

Kommt es zu Meinungsverschiedenheiten, gilt das Kollegialprinzip, nach dem das Ministerkollegium über Auseinandersetzungen entscheidet. Das heißt, dass der Bundeskanzler sich im Zweifelsfall dem Bundeskabinett beugen muss.

Privilegien

Zu den Privilegien des Bundeskanzlers gehört auch die Organisationsgewalt für die Regierung. So kann er durch Erlässe die Zuständigkeiten und die Anzahl der Ministerien bestimmen, womit er die Geschäfte der Bundesregierung administrativ leitet. Beschränkungen der Organisationsgewalt bestehen jedoch beim

  • Bundesverteidigungsministerium
  • Finanzministerium und
  • Justizministerium.

Politische Stellung

Trotz des Kollegial- und Ressortprinzips wird der Bundeskanzler in der Öffentlichkeit aufgrund seiner Richtlinienkompetenz als wichtigster Politiker im Land wahrgenommen. So stoßen seine Aussagen auf breites Interesse. Kommt es zu Meinungsverschiedenheiten mit einem Fachminister, zieht dieser trotz des Ressortprinzips meist den Kürzeren.

Nicht selten ist der Bundeskanzler zugleich auch Vorsitzender seiner Partei, wodurch er auf diese großen Einfluss hat. Darüber hinaus ist er oft stark in die Außenpolitik involviert, da diese ihm Gelegenheit bietet, sich zu profilieren.

Vertrauensfrage

Sollte es vorkommen, dass der Bundeskanzler der Ansicht ist, der Großteil des Bundestages würde seine Politik nicht weiter unterstützen, steht ihm das Stellen der Vertrauensfrage zu. Mit dieser wird der Bundestag zum Handeln gezwungen.

Eine Kombination mit einem Gesetzesentwurf oder einer anderen Sachentscheidung ist möglich. Erfolgt die Zustimmung zum Antrag nicht mit absoluter Mehrheit, bestehen folgende Möglichkeiten:

  • Es werden seitens des Bundeskanzlers keine verfassungsrechtlichen Konsequenzen gezogen
  • Es erfolgt ein Vorschlag seitens des Bundeskanzlers gegenüber dem Bundespräsidenten über die Auflösung des Bundestages - dieser entscheidet allein und nach Zusammentritt des folgenden Budestages endet die Amtszeit des Bundeskanzlers (Neuwahl ist möglich)
  • Es erfolgt eine Beantragung seitens der Bundesregierung beim Bundespräsidenten über das Ausrufen des Gesetzgebungsnotstands - als Folge ist eine sechsmonatige Entmachtung des Bundestages möglich

Amtsträger in Deutschland seit 1949

Die folgende Tabelle zeigt eine Übersicht über Deutschlands Bundeskanzler seit 1949.

Deutsche Bundeskanzler seit 1949
NameParteiLänge der Amtszeit
Konrad AdenauerCDU14 Jahre, 1 Monat, 2 Tage
Ludwig ErhardCDU3 Jahre, 1 Monat, 16 Tage
Kurt Georg KiesingerCDU2 Jahre, 10 Monate, 21 Tage
Willy BrandtSPD4 Jahre, 6 Monate, 17 Tage
Helmut SchmidtSPD8 Jahre, 4 Monate, 16 Tage
Helmut KohlCDU16 Jahre, 27 Tage
Gerhard SchröderSPD7 Jahre, 27 Tage
Angela MerkelCDUseit 22. November 2005