Chirotherapie - Bei welchen Beschwerden hilft sie und wie läuft sie ab?

Als Chirotherapie oder auch Chiropraktik wird eine alternativmedizinische Therapiemethode bezeichnet. Dabei werden Gelenk- und Wirbelschmerzen durch bestimmte manuelle Bewegungen behandelt, bei denen ein Chiropraktiker Blockaden durch spezielle Handgriffe löst. Informieren Sie sich über die Grundlagen, unterschiedliche Anwendungsgebiete sowie die Durchführung einer Chirotherapie.

Von Jens Hirseland

Chirotherapie, was ist das? - Ziel und Zweck der Behandlungsmethode

Sinn der Chirotherapie, die auch Chiropraktik genannt wird, ist die Behandlung von Gelenk- und Rückenbeschwerden durch die Anwendung von speziellen Handgriffen.

Auf diese Weise können Gelenke von Armen, Beinen oder der Wirbelsäule wieder eingerenkt werden, wodurch sich schmerzhafte Blockaden oder Verspannungen lösen lassen. Die Gelenke können danach wieder besser bewegt werden.

Die Grundidee bei dieser Form von Therapie ist das Wissen, dass sich viele körperliche Beschwerden auf Blockaden oder Fehlstellungen der Gelenke zurückführen lassen. Deshalb entwickelte man die Behandlung von reversiblen Störungen der Wirbelsäule und Gelenken durch Handgriffe. Die Therapie selbst konzentriert sich auf die Gelenke, die in der Regel lediglich eine Funktionsstörung, aber keine Deformationen aufweisen.

Grundlagen und Anwendungsgebiete der Chirotherapie

Ent- und Belastung der Wirbelsäule
Eine Blockade kann unter anderem Ischiasbeschwerden auslösen

Im Rahmen einer Chirotherapie werden sanfte Dehnungsbewegungen auf die Gelenke ausgeübt. Behandlungsgrundsätze der Chiropraktik sind die so genannten drei Ks, die sich aus

  • kleiner Kraft,
  • kurzem Weg und
  • kurzer Zeit

zusammensetzen.

Um in Deutschland die Chiropraktik ausüben zu dürfen, ist eine entsprechende Weiterbildung erforderlich. Diese dauert zwei bis drei Jahre und besteht hauptsächlich aus berufsbegleitenden Kursen.

Die gesetzlichen Krankenkassen übernehmen die Kosten für eine Chirotherapie nur unter der Voraussetzung, dass die Behandlung von einem ausgebildeten Vertragsarzt ausgeführt wird. Ob die Chirotherapie wirkungsvoll ist oder nicht, ist jedoch nach wie vor umstritten.

Zur Anwendung kommt eine Chirotherapie zumeist bei:

  • akuten Rückenschmerzen
  • eingeschränkter Beweglichkeit von Gelenken
  • Funktionsstörungen von Sehnen und Muskeln

Ziel ist die Beseitigung von Muskelverspannungen und Druckverminderung auf die Nerven durch das Einrenken der Wirbelsäulengelenke. So dient die Chiropraktik vor allem der Behandlung von funktionellen Gelenkbeschwerden.

  • Durch Blockaden der Gelenke können Ischiasbeschwerden sowie Kopf-, Brust- und Magenschmerzen entstehen, die durch ein Lösen der Blockade beseitigt oder gelindert werden können.

  • Zudem kann eine Chirotherapie auch bei schmerzhaften Funktionsstörungen von Muskeln und Sehnen hilfreich sein.

  • Auch und gerade bei Beschwerden am Kiefergelenk ist eine Behandlung zu empfehlen. Zahnärzte sind oftmals ratlos, wenn Patienten über anhaltende Schmerzen im Kiefergelenk klagen und schicken diese dann zu einem Chirotherapeuten.

    Mit Erfolg, denn dieser kann sehr gezielt das Gelenk wieder in seine gleitende Form bringen und jahrelange Probleme fast schlagartig auflösen. Zwar stellt sich solch ein Effekt nicht immer gleich bei der ersten Behandlung ein, doch selbst wenn zwei oder mehr Behandlungstermine notwendig sein sollten, zeigt sich die Wirkung recht schnell.

Durchführung der Chirotherapie

Vorbereitung auf die Chirotherapie

Vor der Durchführung der Chirotherapie macht sich der Chiropraktiker ein Bild von den Beschwerden des Patienten, indem er

  • das Ausmaß,
  • die Art und
  • die Dauer

der Gelenk- oder Wirbelprobleme feststellt. Ebenso können mögliche Vorerkrankungen, Operationen, verwendete Medikamente oder die Lebensumstände von Wichtigkeit sein. Falls nötig, kann auch eine Röntgenaufnahme der betroffenen Stelle gemacht werden.

Handgriffe und Techniken der Chirotherapie

Für die Durchführung der Chirotherapie gibt es verschiedene Techniken, die zur Anwendung kommen können.

Manipulationsbehandlung bei der Chirotherapie

Knochen der Wirbelsäule
Knochen der Wirbelsäule

Dazu gehört die Manipulationsbehandlung, bei der die Flächen der Gelenke behutsam aufeinander bewegt werden, damit die betroffenen Gelenke nach ihrer Entlastung wieder die richtige Position einnehmen können. Durch das Lösen der Blockade kann es zu einem lauten Knacken kommen, das aber harmlos ist.

Massagen bei der Chirotherapie

Eine weitere Methode ist die Behandlung von Sehnen und Muskeln durch gezielte Dehnungen und verschiedene Massagen.

Traktion bei der Chirotherapie

Bei einer Traktion entfernt man die Gelenkpartner durch Zug voneinander. Auf diese Weise lässt sich der Druck vermindern, was eine Entlastung und Linderung von Schmerzen bewirkt. Durch die Dehnung von Gelenkkapseln und Bändern kann zudem die Beweglichkeit verbessert werden.

Adjustierung bei der Chirotherapie

Bei einer Adjustierung werden spezielle Handgriffe angewandt, um Subluxationen der Wirbelsäule wieder zu beheben. Dadurch kann der Druck auf das Rückenmark oder die Spinalnerven beseitigt werden, wodurch der Schmerz schon nach kurzer Zeit verschwindet.

Mobilisation / Translatorisches Gleiten bei der Chirotherapie

Bei der Mobilisation bewegt der Chiropraktiker die Gelenkanteile parallel gegeneinander. Auf diese Weise können das verlorene Gelenkspiel und die Beweglichkeit des Patienten wiederhergestellt werden.

Weichteilbehandlung bei der Chirotherapie

Dabei wird die Muskulatur durch bestimmte Entspannungs- und Dehntechniken verlängert, sodass sie sich dem neugewonnenen Gelenkspiel anpassen kann.

Reflextechniken bei der Chirotherapie

Bei der Anwendung von Reflextechniken nutzt der Chiropraktiker Nervenreflexe aus, um die Schmerzwahrnehmung und die Spannung der Muskulatur zu beeinflussen. Mit Hilfe von Reflexbehandlungen lässt sich auch eine Einwirkung auf das zentrale Nervensystem erzielen. Die neurologischen Reflextechniken werden in der Chiropraktik zunehmend verwendet.

Heimübungen im Rahmen der Chirotherapie

Auch die Mithilfe des Patienten ist für die Chirotherapie von Bedeutung. So kann der Patient durch Heimübungen bestimmte Beschwerden rechtzeitig selbst beheben.

Durch individuelle Übungen kann zudem neuen Beschwerden vorgebeugt werden. In manchen Fällen ist jedoch auch eine spezielle Krankengymnastik erforderlich.

Ablauf der Chirotherapie

Bei der Behandlung kann durch das Lösen einer Blockade ein lautes Knacken zu hören sein, dass aber kein Grund zur Beunruhigung ist. Eine fachgerecht durchgeführte Chirotherapie verursacht in der Regel keine Schmerzen.

Eine Chiropraktik umfasst zumeist zehn Behandlungen. Manchmal können auch unterstützende Maßnahmen wie Krankengymnastik erforderlich sein.

Weiterbildung und Kostenübernahme der Chirotherapie durch die Krankenkassen

In Deutschland müssen Chiropraktiker speziell ausgebildete Ärzte oder Heilpraktiker sein, die eine entsprechende Weiterbildung absolviert haben. Die Weiterbildung, die aus berufsbegleitenden Kursen besteht, nimmt etwa zwei bis drei Jahre in Anspruch. Die Kosten für eine Chirotherapie werden von einigen gesetzlichen Krankenkassen übernommen.

Mögliche Risiken der Chirotherapie

Zu Nebenwirkungen wie Verletzungen der Blutgefäße oder Nerven durch unsachgemäße Behandlung kommt es nur sehr selten.

Nicht durchgeführt werden darf eine Chirotherapie bei:

Geschichte der Chiropraktik

Das Wort "Chiropraktik" wird aus dem Griechischen abgeleitet und bedeutet "Hand (Cheiro)" und "Tätigkeit (Praxis)". Die Chirotherapie hat eine lange Geschichte, die bis in die Antike zurückreicht. Schon in jener Zeit wurde versucht, Krankheiten durch das Einrenken von Gelenken und Wirbeln zu kurieren.

Die Chiropraktik gehört zur manuellen Therapie und zählt zu den Naturheilverfahren. Bereits in der Antike versuchte man durch das Einrenken von Wirbeln und Gelenken Leiden und Beschwerden zu kurieren.

Ende des 19. Jahrhunderts wurde die moderne Chirotherapie von dem Kanadier Daniel David Palmer (1845-1913) begründet. Palmer war der Meinung, dass Fehlstellungen von Wirbeln die Ursache für sämtliche Krankheiten waren.

Im 20. Jahrhundert wurde die Chirotherapie immer weiter entwickelt. In der heutigen Zeit gehört sie zu den gängigsten alternativen Behandlungsmethoden. Chirotherapie wie wir sie heute kennen, wurde u.a. von Dr. Karl Sell in Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg entwickelt.

  • Dirk Teurlings Arbeitsbuch Chirodiagnostik und Chirotherapie, LinguaMed-Verlags GmbH, 1999, ISBN 3928610260
  • Hans P. Bischoff Chirodiagnostische und chirotherapeutische Technik, Spitta Verlag, 2002, ISBN 3934211313
  • Manfred Eder und Hans Tilscher Chirotherapie, Hippokrates, 1998, ISBN 3777312754
  • Ralph Kayser, Lothar Beyer Repetitorium Manuelle Medizin/Chirotherapie: Zur Vorbereitung auf die Prüfung der Zusatz-Weiterbildung, Springer, 2017, ISBN 3662497603
  • Herbert Frisch Programmierte Therapie am Bewegungsapparat: Chirotherapie, Springer, 1996, ISBN 3540613242
  • Henrik Simon Lehrbuch Chiropraktik, Thieme, 2019, ISBN 3132414530
  • Ulrich W. Böhni, Markus Lauper, Hermann-Alexander Locher Manuelle Medizin 1: Fehlfunktion und Schmerz am Bewegungsorgan verstehen und behandeln, Thieme, 2015, ISBN 3131652527

Unsere Artikel werden auf Grundlage fundierter wissenschaftlicher Quellen sowie dem zum Zeitpunkt der Erstellung aktuellsten Forschungsstand verfasst und regelmäßig von Experten geprüft. Wie wir arbeiten und unsere Artikel aktuell halten, beschreiben wir ausführlich auf dieser Seite.