Lymphdrainage - Anwendungsgebiete und Durchführung
Als Lymphdrainage oder auch manuelle Lymphdrainage bezeichnet man eine Behandlungsmethode zur Aktivierung des Lymphsystems. Auf diese Weise wird angestaute Flüssigkeit im Gewebe zum Abfluss angeregt. Dabei kommen unterschiedliche Griffe zur Anwendung. Informieren Sie sich über die unterschiedlichen Anwendungsgebiete sowie die Durchführung der Lymphdrainage.
Lymphdrainage - Merkmale und Nutzen
Unser Lymphsystem besteht aus den lymphatischen Organen wie zum Beispiel Knochenmark oder Thymus und den Lymphgefäßen.
Die Lymphgefäße beginnen blind im Gewebe und vereinigen sich zu größeren Lymphgefäßen, bis sie letztendlich ins venöse System münden. Als Filterstationen sind die Lymphknoten zwischengeschaltet.
Durch die Kontraktion der Lymphgefäße (etwa 10 mal pro Minute) werden pro Tag etwa 2 Liter Lymphe transportiert. Die Lymphe ist eine hellgelbe, wässrige Flüssigkeit. Zu ihren Aufgaben gehört der Abtransport von
- Stoffwechselendprodukten,
- Zelltrümmern,
- abgestorbenen Zellen und
- Fremdkörpern
aus dem Gewebe. Des Weiteren ist sie ein wichtiger Teil des Immunsystems, da sie Abwehrzellen transportiert.
Da die Lymphflüssigkeit an den Druck des Blutsystems gekoppelt ist und nicht über eine eigene Pumpe verfügt, kann es eine gewisse Zeit bis zum Abtransport von Schadstoffen im Blut dauern. Mithilfe einer manuellen Lymphdrainage ist es jedoch möglich, diesen Vorgang zu beschleunigen, indem man von außen bestimmte Bewegungen vornimmt, die den Fluss der Lymphe anregen. Es handelt sich um eine besondere medizinische Massageform, die Teil der Komplexen Physikalischen Entstauungstherapie ist.
Bei einer Störung des Lymphabflusses kann es zu so genannten Lymphödemen (Flüssigkeitsansammlungen im Zwischenzellraum) kommen. Typisches Merkmal eines solchen Ödems ist eine deutliche Schwellung.
In manchen Fällen sind Ödeme angeboren. Deutlich häufiger jdoch entstehen sie durch eine Erkrankung und werden somit als sekundär bezeichnet.
Ziel und Zweck
Ziel und Zweck einer Lymphdrainage, die auch als manuelle Lymphdrainage bezeichnet wird und zu den physikalischen Anwendungen gehört, ist die Behandlung von geschwollenen Körperstellen. Dabei soll eine Entstauung und Entwässerung des Gewebes durch spezielle Handgriffe bewirkt werden. Auf diese Weise kann das Lymphsystem des Körpers wieder aktiviert werden.
Eine Lymphdrainage erfolgt vor allem bei Ödemen oder nach Operationen. Eine Variante ist die Gesichtslymphdrainage, mit der man Falten vorbeugt.
Die Lymphdrainage gehört seit den 60er Jahren zu den etablierten Methoden der physikalischen Anwendungen. In Deutschland wird sie an Krankengymnastik- und Massageschulen gelehrt.
Als Therapeuten fungieren hauptsächlich Physiotherapeuten und Masseure. Für die Anwendung der manuellen Lymphdrainage ist eine spezielle Zusatzausbildung erforderlich.
Die Lymphdrainage kann bei vielen Krankheiten angewandt werden und hat sich als Behandlungsmethode erfolgreich bewährt. Bei einer manuellen Lymphdrainage werden kreisförmige Verschiebetechniken mit leichtem Druck durchgeführt.
Auf diese Weise wird die Flüssigkeit, die sich im Gewebe angesammelt hat, ins Lymphgefäßsystem verschoben. Die Wirkung der Lymphdrainage kommt vor allem im Bereich der Haut und Unterhaut zur Geltung.
Komplexe physikalische Entstauungstherapie
Die Durchführung der Lymphdrainage erfolgt ambulant oder stationär. Bei der manuellen Variante werden unterschiedliche Handgriffe angewandt, sodass die gestaute Lymphflüssigkeit wieder beweglich wird. Grundsätzlich zählen vier Verfahren zur Komplexen physikalischen Entstauungstherapie:
- Manuelle Lymphdrainage
- Hautpflege
- Entstauende Bewegungsübungen
- Kompressionstherapie durch Verbände
Zu den Effekten der Lymphdrainage zählen
- die entstauende
- die schmerzlindernde
- die muskelentspannende sowie
- die Immunsystem stärkende
Wirkung.
Anwendungsgebiete
Zur Anwendung kommt eine manuelle Lymphdrainage:
- bei Ödemen (Schwellung des Gewebes aufgrund eingelagerter Flüssigkeit)
- nach Operationen
- bei Schwellungen
- bei Blutergüssen
- bei Zerrungen
- bei Muskelfaserrissen
- bei Verrenkungen
- bei rheumatischen Erkrankungen
- bei chronischen Entzündungen
- bei Cellulitis
- nach einem Schleudertrauma
- bei Verbrennungen
- zur Akne- und Narbenbehandlung
Sogar zur Linderung von Migräne kann die sanfte Therapie hilfreich sein. Ein weiteres Anwendungsgebiet ist die Schmerzbekämpfung bei orthopädischen und traumatologischen Beschwerden. Bei schweren lymphatischen Krankheiten kann die Lymphdrainage auch mit einer Bewegungstherapie, der Anwendung von Kompressionsverbänden und Hautpflege verbunden werden.
Auch während der Schwangerschaft kann es zu Ödemen kommen. Besonders nach langem Stehen sowie abends leiden Frauen darunter.
Kontraindikation
Nicht durchgeführt werden sollte eine Lymphdrainage bei Gegenanzeigen wie:
- kardialen Ödemen
- Herzinsuffizienz
- Thrombosen
- Ekzemen
- akuten, fiebrigen Entzündungen
- Asthma oder
- bösartigen Tumoren.
Für den Fall, dass eine manuelle Lymphdrainage medizinisch notwendig ist, werden die Kosten von den Krankenkassen übernommen.
Durchführung einer Lymphdrainage
Durchgeführt wird eine Lymphdrainage in der Regel von Physiotherapeuten und Masseuren. Für die Behandlung sind normalerweise mindestens zehn Sitzungen erforderlich.
Normalerweise nimmt eine Sitzung etwa 20-60 Minuten in Anspruch. In einem akuten Krankheitsstadium ist eine tägliche Behandlung von etwa 30 Minuten erforderlich.
Später, wenn die Schwellung zurückgegangen ist, genügen ein oder zwei Tage in der Woche. Im Gegensatz zu einer klassischen Massage geht es bei der Lymphdrainage nicht um die Anregung der Durchblutung.
Massagegriffe
Während der Lymphdrainage nimmt der Therapeut spezielle, rhythmische Massagegriffe, wie
- Drehgriffe
- Schöpfgriffe oder
- Pumpgriffe
entlang der Lymphbahnen an der zu behandelnden Stelle vor. Außerdem wird die betreffende Körperstelle unter leichtem Druck solange massiert und verschoben, bis die angesammelte Flüssigkeit aus dem Gewebe in das Lymphgefäßsystem gelangt.
Zu diesen speziellen Massagegriffen gehören:
Drehgriff
Bei dem Drehgriff legt der Therapeut seinen Daumen flach auf die zu behandelnde Hautstelle, während die Finger die Haut mit den Kuppen berühren. Anschließend kreist er mehrmals langsam mit den Fingern über den Verlauf der Lymphbahnen.
Scheibenwischergriff
Der so genannte Scheibenwischergriff eignet sich besonders gut zur Behandlung einer Fibrose. Bei diesem Griff werden die Hände flach nebeneinander auf die Haut gelegt. Dann öffnet und schließt der Therapeut seine Handgelenke wie ein Scheibenwischer.
Hautfaltgriff
Ebenso wie der Scheibenwischergriff dient auch der Hautfaltgriff zur Lockerung von Fibrosen. Dabei wird mit einer Hand eine Hautfalte angehoben, und der Daumen der anderen Hand gegen diese gedrückt. Anschließend presst man den Daumen nach unten.
Ultrafiltrat-Verdrängungsgriff
Bei diesem Griff presst der Therapeut seine Finger fest aneinander und legt eine Hand flach auf das Ödem. Anschließend übt er etwa eine halbe Minute lang Druck in die Tiefe aus. Auf diese Weise wird der Ödemflüssigkeit der Abfluss über den Blutkreislauf ermöglicht.
Schröpfgriff
Beim so genannten Schröpfgriff kreist der Therapeut mit den Fingern in entgegengesetzter Richtung der Lymphbahnen.
Lymphdrainage an unterschiedlichen Körperregionen
Man beginnt die Lymphdrainage in der Kopf-Hals-Region, genauer gesagt in den meisten Fällen an der Schulter, was als Basistherapie bezeichnet wird. Vom Rumpf arbeitet sich der Therapeut bis zu den Extremitäten vor und endet schließlich im gesicht.
Dieser Part gilt als besonders entspannend - nacheinander werden dabei Nase, Stirn, Kiefer und Augen behandelt. An den Extremitäten bzw. an den Armen beginnt man an den Achseln; vom Oberarm bewegt man sich dann in Richtung Hand. Entsprechend beginnt die Behandlung an den Beinen an der Leiste an. Dabei können die Knie sowie das Gesäß mit speziellen Griffen behandelt werden.
Unterstützende Maßnahmen
Nach der Behandlung erfolgt eine Komprimierung der behandelten Stelle in Form einer Bandage oder eines Kompressionsstrumpfes, um eine erneute Schwellung zu verhindern und den Abfluss der Flüssigkeit zu unterstützen. Bei einer fachgerecht durchgeführten Lymphdrainage sind in der Regel keine Nebenwirkungen zu erwarten.
Um den Erfolg der Behandlung zu unterstützen und den Lymphfluss anzuregen, kann der Patient selbst einige Maßnahmen ergreifen, wie zum Beispiel:
Zudem sollte das Tragen von enger Kleidung vermieden werden. Auch auf zu enge Schuhe sowie Uhren und Schmuck sollte verzichtet werden.
Bei Lymphödemen besteht eine Infektionsgefahr. Die Haut sollte sorgfältig gepflegt werden, was am besten mit pH-neutraler Creme erfolgt.
Bei der Nagelpflege sollte man besonders vorsichtig sein; bereits über kleinste Verletzungen können Erreger eindringen. Eine medizinische Fußfplge ist zu empfehlen. Handschuhe bei der Garten- und Hausarbeit sind ein Muss. Zudem ist es sinnvoll, seine Beine regelmäßig hochzulegen.
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- Grundlagen der manuellen Lymphdrainage, Elsevier, München, 2007, ISBN 3437453637
- Lehrbuch der Manuellen Lymphdrainage nach Dr. Vodder, 3 Bde., Bd.1, Grundlagen, Karl F. Haug Fachbuchverlag, 1996, ISBN 3830407661
- Manuelle Lymphdrainage. Theoretische Grundlagen und Techniken., LAU Ausbildungssyst., R., 1994, ISBN 3928537059
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